22 Prozent der Beschäftigten in Dortmund haben die Branche verlassen

Wucht der vierten Pandemiewelle macht insbesondere der Gastronomie zu schaffen

Ebbe im Kellner-Portemonnaie: In der 4. Corona-Welle wird in der Gastronomie weniger Kasse gemacht. „Doch danach geht’s weiter: Gegessen und getrunken wird immer“, ist sich Torsten Gebehart von der Gewerkschaft NGG sicher. Wichtig sei allerdings, dass es nach der Welle noch Köche und Kellnerinnen gebe. Dafür müssten deren Jobs jetzt aber deutlich attraktiver gemacht werden. Foto: Gewerkschaft NGG

Reihenweise abgesagte Weihnachtsfeiern machen der Gastronomie zu schaffen. „Die vierte Corona-Welle schlägt voll durch. Dazu kommt die Corona-Variante Omikron. Das sorgt für weniger Weihnachtsfeiern, für immer weniger Gäste in Restaurants, für leere Hotelbetten. Und das bedeutet mehr Kurzarbeit“, sagt Torsten Gebehart von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Kaum eine andere Branche in Dortmund bekomme die Wucht der Welle wirtschaftlich so zu spüren wie das Hotel- und Gaststättengewerbe.

Gerade jetzt Beschäftigte halten – Jobs für die Zeit nach Corona attraktiver machen

Torsten Gebehart ist Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund.
Torsten Gebehart ist Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund. Foto: Klaus Hartmann für Nordstadtblogger.de

In Dortmund würden hier immerhin rund 11.000 Menschen arbeiten, so Gebehart. Der Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund macht sich um deren Jobs Sorgen. Dabei rechnet er nicht mit einem gravierenden Arbeitsplatzabbau.

Ihm geht es vor allem um das „Durchhaltevermögen von Köchen, Kellnerinnen & Co.“: „Das Geschäft wird nach der Welle weitergehen. Aber die Durststrecke bis dahin ist das Problem. Wer in Kurzarbeit geschickt wird und mit 60 Prozent seines Lohnes klarkommen muss, der macht das, was jeder machen würde: Der guckt sich woanders um“, sagt Torsten Gebehart.

Viele Gastronomie-Beschäftigte seien bereits in andere Branchen abgewandert. Besonders in den Handel und in die Industrie – oft in Drogeriemärkte oder in die Lebensmittelindustrie. „Servicekräfte aus der Gastronomie sind taff, eloquent, flexibel und sie können zupacken. Mit diesen Qualitäten müssen sie nicht lange suchen“, so der NGG-Geschäftsführer.

NGG sieht Arbeitgeber in der Pflicht, Branche zu attraktivieren

Obwohl es den Mindestlohn seit mehr als vier Jahren gilt, gibt es noch zu wenig Kontrollen, findet die Gewerkschaft NGG.
Vielen Beschäftigten fehlt die Perspektive. Foto: Gewerkschaft NGG

Gebehart hat dazu Zahlen parat: Vor der Pandemie – im Dezember 2019 – hätten in Dortmund noch 14.100 Menschen im Hotel- und Gaststättengewerbe gearbeitet. Mittlerweile sei die Zahl der Beschäftigten allerdings um 22 Prozent zurückgegangen. Das gehe aus der aktuellsten Statistik der Arbeitsagentur hervor. Die Pandemie-Zahlen stammten aus dem Frühjahr und dürften sich inzwischen nochmals verschlechtert haben, so die NGG.

„Dieser Trend wird sich fortsetzen. Denn die Gastro-Beschäftigten vermissen vor allem eines: eine Perspektive im Job. Da geht es insbesondere um einen ordentlichen Lohn. Aber auch um die Chance, sich im Job weiterentwickeln zu können. Und um eine bessere Ausbildungsqualität“, sagt Torsten Gebehart.

Der Geschäftsführer der NGG-Region Dortmund macht deutlich, dass die im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DeHoGa) zusammengeschlossenen Arbeitgeber jetzt am Zuge seien: „Sie haben es in der Hand, durch einen Lohn von ‚12 plus X Euro‘ die Branche für die Zeit nach der Pandemie deutlich attraktiver zu machen“, so Gebehart.

Forderung nach flexiblerem Lohnstufen-Modell für die nächste Verhandlungsrunde

Foto: Gewerkschaft NGG

Dann werde es ohnehin bundesweit den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde geben, den die Ampel-Koalition in Berlin beschlossen habe. „Wer meint, Beschäftigte in Hotels, Restaurants und Gaststätten mit einem ‚Lohn light‘ knapp oberhalb des Mindestlohnlimits halten zu können, der vertut sich gewaltig“, sagt der Gewerkschafter.

Es komme jetzt bei der nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Mittwoch, 15. Dezember 2021, darauf an, „gegen die ‚Pandemie-Delle‘ ein deutliches Zeichen der Job-Attraktivität in der Branche zu setzen“. Dazu gehöre auch, den Beschäftigten gute Chancen zu bieten, sich im Job weiterzuentwickeln.

„Von der Köchin über den Kellner bis zur Rezeptionistin: Wer lange im selben Betrieb arbeitet und dem Gastgewerbe über viele Jahre die Treue hält, sammelt enorm viel Know-how. Dieses Plus an Erfahrung muss honoriert werden: Ein flexibleres Lohnstufen-Modell würde hier die richtigen Anreize setzen – für mehr Qualifikation und Bindung an die Branche. Als eine ‚Gastro-Karriereleiter‘ sozusagen“, so Torsten Gebehart.

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