Wissenschaftler:innen und Wirtschaftsexpert:innen aus Nordrhein-Westfalen bündeln ihre Kräfte im „Wirtschaftsdialog NRW – Kompetenzzentrum für multikulturelles und migrantisches Unternehmertum“. Mit der heutigen Unterzeichnung der Kooperationserklärung zwischen dem Institut Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI) und dem FIAP – Forschungsinstitut für Arbeitsgestaltung und Prävention e.V. und dem Train of Hope (ToH) Dortmund e.V. wurde der Grundstein für die Denkfabrik gelegt.
39 Prozent der Neugründungen in NRW erfolgen durch Ausländer:innen
Nordrhein-Westfalen ist eine Hochburg migrantischer Selbständigkeit. Rund jede:r vierte Selbständige mit Zuwanderungsgeschichte lebt in diesem Bundesland. Auch der Anteil der Selbständigen mit Migrationshintergrund an allen Selbständigen liegt – mit rund 25 Prozent – hierzulande über dem Bundesdurchschnitt. Aktuell erfolgen 39 Prozent der Neugründungen in NRW durch ausländische Staatsbürger:innen.
Migrantische Unternehmer:innen sind in allen Wirtschaftsbereichen tätig, von produktionsnahen Dienstleistungen über Beratungsdienstleistungen, Handel und Gastronomie hin zu digitalen Start-ups mit ganz neuen Geschäftsmodellen. Sie tragen zur Gründungsdynamik im Land bei. So gründen Migrant:innen doppelt so häufig wie Einheimische.
Jünger, weniger risikoscheu und unabhängiger von Hilfen oder Bankkrediten
Studien zufolge sind Migrant:innen bei der Gründung im Durchschnitt jünger, weniger risikoscheu und unabhängiger von öffentlichen Hilfen oder Bankkrediten. Zudem führen sie häufig multikulturelle Unternehmen mit vielfältiger Belegschaft und Kundenstruktur sowie Einbindung in verschiedene Netzwerke.
Damit haben migrantische Unternehmer:innen nicht nur eine wirtschaftliche, sondern zugleich eine integrative Bedeutung, indem sie Menschen und Märkte zusammenführen, Produkte, Dienstleistungen oder das ganze Unternehmen internationalisieren.
Allerdings wird nicht jede Gründung zu einer Erfolgsgeschichte. Manchmal fehlen unternehmerisches Know-how, finanzielle Möglichkeiten und Vorbereitungszeit. Die Förderung und der Erhalt der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale migrantischen Unternehmertums steht im Fokus der neu gegründeten Denkfabrik »Wirtschaftsdialog NRW«.
Wirtschaftsdialog NRW: Think Tank und Bindeglied zwischen Theorie und Praxis
Das Kompetenzzentrum hat sich zum Ziel gesetzt, Gründer:innen und Unternehmer:innen mit Einwanderungsgeschichte in NRW wissenschaftlich in den Blick zu nehmen und Dialogforen zu schaffen, in denen sich migrantische und nicht-migrantische, neue und erfahrene Unternehmer:innen sowie Vertreter:innen wirtschaftsfördernder Institutionen des Landes austauschen und Wachstums- und Internationalisierungsstrategien entwickeln können.
Vertreten durch die Gründungsmitglieder Dr. Alexandra David (IAT), Prof. Dr. Maria Elo (SDU & IAT), Fatma Karacakurtoglu (ToH), Armando García Schmidt, Cem Şentürk (ZfTI), Silke Steinberg (FIAP), Dr. Judith Terstriep (IAT) nimmt die neue Denkfabrik ihre Tätigkeiten NRW-weit auf.
Im Mittelpunkt des gemeinsamen Vorhabens steht die evidenzbasierte Sensibilisierung für multikulturelles und migrantisches Unternehmertum als Wirtschaftsfaktor mit Innovationskraft und damit einhergehend die Wertschätzung der Unternehmer:innen. Die Generierung und Verbreitung neuen Wissens u.a. zur Rolle migrantischer Unternehmer:innen in lokalen Ökosystemen sowie Diaspora- und Netzwerkstrukturen sind dabei zentrale Eckpfeiler.
Die Initiierung gemeinsamer Projekte mit Modellcharakter erscheinen den Macher:innen der Denkfabrik ebenso wichtig wie die Etablierung passender Transfer- und Dialogformate, die Raum für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis schaffen sowie für das Experimentieren mit neuen Ideen und Herangehensweisen. Daneben ist vorgesehen, Beratungsangebote für Städte und Kommunen sowie interessierte Intermediäre anzubieten.