Von Anastasia Zejneli
Großes hatte die Dortmunder Ortsgruppe von „Fridays For Future“ (FFF) für den Klimastreik am 24. April 2020 vor, besonders nach der Kritik der letzten Großdemo im November. Doch Corona stoppte auch sie in ihrem Aktivismus auf der Straße. Die Nordstadtblogger haben mal genau nachgefragt was die Gruppe in den letzten Monaten geplant hat und was sich seit ihrer Gründung im letzten Jahr verändert hat.
Umdenken: „Das ,Hey wir sind hier und wir sind laut‘ – das ist so langsam ausgelutscht“
5.500 Menschen – so viele nahmen bei dem letzten Globalen Klimastreik in Dortmund Ende November teil. Unter dem Motto Klimagerechtigkeit fanden sich besonders viele junge Menschen zusammen. Doch begeistert waren einige damals nicht – Kritik um die Reden, besonders die der Autonomen Antifa 170 aus Dortmund wurde laut.
Sarah Mack, die sich selbst seit einem guten Jahr in der Gruppe engagiert weiß nun: „Wir hätten die Sache damals anders framen sollen. Ich verstehe, wenn die Demonstrierenden den Auftritt der Autonomen Antifa 170 irritierend fanden, vielleicht hätten wir selbst vorher erklären sollen, warum sich die RednerInnen aus Schutz vor dem Banner verstecken.“
Sie betont jedoch auch den Bildungsauftrag, den FFF habe und weiß: „Wir sind eine Klimagerechtigkeistbewegung und es ist einfach so, dass bestimmte Gruppen stärker von der Klimakrise betroffen sind, das müssen wir auch so aussprechen dürfen. Da steckt auch für mich nichts Politisches hinter, wenn zum Beispiel über Antifaschismus geredet wird, das ist einfach menschlich wichtig.“
Auch Marlon Phillipp der seit Beginn der Gründung der Dortmunder Ortsgruppe dabei ist, will mehr Vielfalt in die Reden auf den Klimademonstrationen bringen, denn „das ,Hey wir sind hier und wir sind laut‘ – das ist so langsam ausgelutscht.“
Klimastreik ist und bleibt viel Arbeit und Organisation – vermehrter Dialog als Ziel
Das Ziel ist und bleibt: Auf die Menschen zu zugehen und vermehrt in den Dialog zu treten, da sind sich die beiden AktivistInnen einig. Besonders die fehlenden Kapazitäten machen der Gruppe dabei zu schaffen. Klimastreik ist und bleibt viel Arbeit und Organisation. Daher hatte die Gruppe im Dezember entschieden nur noch einmal im Monat auf die Straße zu gehen.
Doch müssen die Dortmunder nun das Fridays aus dem Namen streichen? Sarah vereint dies und meint: „Wir sind ja immer noch großenteils freitags unterwegs und es ist einfach kein nachhaltiger Aktivismus, wenn wir nur auf die Straße gehen, weil mal wieder Freitag ist.“ Die Dortmunder Ortsgruppe, war mit dieser Entscheidung nicht allein- viele FFF Gruppen wagten den Schritt in den letzten Monaten. Für viele war der globale Klimastreik das nächste große Ziel, auch in Dortmund. Dieser musste jedoch, wie viele Veranstaltungen aufgrund von Corona abgesagt werden.
„Auch für uns bedeutete Corona erstmal Lähmung und Stillstand.“, erinnert sich Marlon Phillipp. „Unsere Bewegung lebt von der Interaktion und da war es erstmal schwierig, auf Videokonferenzen umzusteigen.“ Die Arbeit blieb die gleiche, Pressemitteilungen schreiben, Aktionen im Internet und für zukünftige Versammlungen planen, doch die Motivation fehlte.
„Eine Bewegung wie unsere lebt nicht von uns, der Orga-Gruppe, sondern von den Menschen, die mit uns auf die Straße gehen. Da waren Aktionen wie die Mahnwache, die man über einen Livestream verfolgen konnte, eher undankbar.“ So sehen die AktivistInnen auch die Zukunft des Klima-Aktivismus nicht online.
Der „NetzstreikfürsKlima“ war ein Erfolg – aber das kann nicht die Zukunft der Bewegung sein
Der Globale Klimastreik, der im April stattfinden sollte, wurde passend zu den Corona Maßnahmen in einen „NetzstreikfürsKlima“ umgewandelt und fand auch in den großen Medien genug Aufmerksamkeit. Über 10.000 Demoschilder erreichten die FFF Gruppe auf Bundesebene und das Bild der niedergelegten Schilder vor dem Bundestag war Teil der Berichterstattung vieler Medien.
Marlon und Sarah sehen nur teilweise einen Erfolg in der Aktion: „Klar war es für die Verhältnisse, in denen wir uns befanden, ein Erfolg, jedoch kann jeder, der über das Thema nicht Bescheid wissen will, den Hastag einfach blockieren. Wenn ich aber auf der Straße bin, dann werde ich gesehen, auch von den Leuten, die mir lieber aus dem Weg gehen.“
Nach langer Pause begann die Ortsgruppe im Mai mit einer ersten Mahnwache, gefolgt von einer Fahrraddemo. „Fahrraddemos lassen sich besonders gut mit den Abstandsregeln vereinbaren und es macht ja auch Spaß auf der Straße zu fahren, während die Autos nur zugucken dürfen.“, so die Schülerin.
„Fahrradfahren und besonders die Demos boomen gerade einfach, weil es der kleinste gemeinsame Nenner für eine Verkehrswende ist, wenn wir selbst hier die Infrastruktur nicht ausgebaut kriegen, was schaffen wir dann?“, kritisiert der 27-jährige. Auch nach Datteln zum Steinkohle-Kraftwerk reist die Demogruppe mit dem Fahrrad an, erst am Sonntag geht es wieder zu dem umstrittenen Kraftwerk.
Sichtbarer Grund für Protest: „Datteln ist ein schönes Thema, was Aktivismus angeht“
Für Sarah hat Datteln 4 ein besonderen Stellenwert: „Datteln ist ein schönes Thema, was Aktivismus angeht, weil man dahinfährt und das Problem direkt vor sich stehen hat, man sieht einfach wogegen man kämpft.“ Bestärkt von solchen Aktionen plant die Ortsgruppe vermehrt Demos auf der Straße, denn es wirke so, als wäre wieder Energie da. „Natürlich ist es hart, wenn man ein Jahr gekämpft hat und erst durch Corona der Bund bereit ist Geld in die Hand zu nehmen.“
Das Konzept der schwarzen Null und der damit verbundene Argwohn Investitionen gegenüber verstehen die beiden AktivistInnen daher nicht wirklich. Marlon Phillip freut sich, dass auch Geld in den Verkehr fließt, aber weiß auch, dass dies auf Lasten der Jüngeren geschieht. In die Politik gehen und selbst Entscheidungen fällen?
Das ist nicht der Anspruch von Fridays For Future Dortmund: „Wir hatten das Angebot einer Partei eine/einen KandidatIn für die Bürgermeisterwahl aufstellen zu können, aber nach langer Überlegung haben wir uns dagegen entschieden. Wir wollen ja überparteilich bleiben.“ Ein Thema sind die Kommunalwahlen natürlich trotzdem für die Klima AktivistInnen- Aktionstage und sogar eine siebentägige Mahnwache sind geplant. „Für viele von uns ist es das erste Mal, dass wir wählen gehen dürfen- für mich selbst auch, und das beschäftigt einen natürlich sehr.“
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FOTOSTRECKE: Fridays for Future am Frauentag – Schülerinnen und Schüler demonstrieren in Dortmund
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Demonankündigung von Fridays for Future Dortmund für eine klimagerechte Krisenpolitik (17.07., 14 Uhr)
Demonankündigung von Fridays for Future Dortmund für eine klimagerechte Krisenpolitik
Die Corona-Krise stellt die Welt vor eine noch nie da gewesene Herausforderung und ebenso vor noch nie da gewesene politische Möglichkeiten. Jedoch werden diese Möglichkeiten unter dem Aspekt Klimagerechtigkeit bei weitem nicht ausgenutzt. Daher findet am Freitag, dem 17. Juli, um 14 Uhr eine von Fridays for Future Dortmund angemeldete Demonstration auf dem *Platz der alten Synagoge* statt.
In Form der Demonstration weist Fridays for Future Dortmund auf die ungerechte Verteilung von Krisenmitteln insbesondere in Hinblick auf soziale und ökologische Aspekte hin. Politische Vorschläge wie die Abwrackprämie für den Neukauf von Verbrennern schienen bereits durch mediale Aktionen von Fridays for Future verhindert, durch die Hintertür „Plug-in Hybrid“ werden jedoch zahlenmäßig besonders emissionsreiche SUVs gefördert, mit 5.000-6.000 € pro Fahrzeug. Doch dies ist aus der Sicht von Fridays for Future Dortmund nur eine von vielen Baustellen. Gerade die Flugbranche zählt zu den klimaschädlichsten Branchen überhaupt. Trotzdem wird die Lufthansa ohne Klimaauflagen, wie in Frankreich, “gerettet”. Obwohl die Coronakrise zeigt, wie systemrelevant Pflegekräfte sind, wurde der Pflegebonus so zusammengestrichen, dass am Ende Pflegekräfte in Krankenhäusern leer ausgehen.
Wichtige Themen, auf die Fridays for Future Dortmund mithilfe der Demonstration hinweisen möchte, um eine klimagerechte und sozial gerechte Zukunft für alle Menschen zu schaffen.
Luna, Aktivistin bei Fridays for Future Dortmund, fasst das Ganze gut zusammen: „Es kann doch einfach nicht sein, dass wir uns in einer Krise befinden, unendlich große Summen an Finanzmittel bereitgestellt werden und nur das wenigste eine nachhaltige Zukunft als Ziel hat.“