Fraktion Die Linke+ fordert deutliche Reduzierung bei Eintritt für Einkommensschwache in allen Dortmunder Bädern – und scheitert

Wenn in den Ferien kein Geld fürs Freibad bleibt

Ab dem heutigen Freitag öffnet das Freibad Stockheide. Fotos: Alex Völkel
Das war einmal: das Freibad Stockheide im Hoeschpark bleibt wegen Sanierungsarbeiten voraussichtlich bis mind. 2025 geschlossen. Archivfoto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Kindern aus einkommensschwachen Familien sollte für diese Sommerferien in Dortmund ein ermäßigter und mindestens ein kostenfreier Freibadbesuch in allen Bädern ermöglicht werden. So zumindest lautete das Ansinnen der Fraktion Die Linke+, vorgebracht im Finanzausschuss. Der hätte es nun dem Stadtrat für seine heutige Sitzung, Donnerstag, 23. Juni, zur Beschlussfassung empfehlen können. Dies freilich geschah nicht. Damit ist die Initiative vorerst vermutlich gescheitert – zumindest, was die großen Ferien betrifft. Schade für junge Dortmunder:innen, die sich einen Strandurlaub im Süden oder eine Fahrt mit dem 9-Euro-Ticket zur Ost-/Nordsee nicht leisten können.

Dortmund hält vermutlich eine besondere Überraschung für Sommerferien bereit

„Sozialpolitische Meisterleistung – Dortmund überrascht.Dich“ – So bissig und in Anlehnung an ein bekanntes Werbemotto der Stadt könnte jener Vorgang karikiert werden, der bei der heutigen Stadtratssitzung – der letzten vor der Sommerpause – seinen wahrscheinlich vorläufigen wie beschämenden Höhepunkt erreichen wird. Indem außer viel Luft mal wieder nichts geschieht.

Freizeitangebote für Kinder können kostenfrei sein, doch für so manches Vergnügen muss etwas bezahlt werden. Foto: Stadt Dortmund

Zumindest nicht vor Herbst – wenn die Sommerferien vorüber sind und es zu spät ist. Es trifft erneut Kinder- und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien. Um deren Perspektiven fürs Freizeitvergnügen es angesichts einer – in den Augen vieler – menschenunwürdigen Hartz-IV-Gesetzgebung bekanntlich schlecht bestellt ist.

Konkret geht es diesmal um den Eintritt in die vier geöffneten Dortmunder Freibäder während der warmen Jahreszeit. Von Mai bis September werden sie allesamt von der quasi halb-privatwirtschaftlich organisierten Dortmunder Sportwelt betrieben: Hardenberg, Volkspark, Froschloch und Wellinghofen. Andere Bäder werden von Vereinen geführt.

Thema „freier bzw. ermäßigter Eintritt“ in allen Dortmunder Bädern

Nur das verbleibende Freibad Stockheide am Rande des Hoeschparks gehört – über die Sport- und Freizeitbetriebe Dortmund – direkt zur Stadt. Und nur hier gäbe es ermäßigten Eintritt für Menschen mit dem Dortmund-Pass – wenn es denn geöffnet wäre.

Protest gegen die drohende Schließung des Freibades Stockheide, März 2021 Foto: Leopold Achilles für nordstadtblogger.de

Ist es aber nicht: Stockheide wird nach massiven Protesten in der Nordstadt zwar nicht geschlossen, bleibt aber wegen dringend notwendiger Sanierungsarbeiten wohl mindestens bis ins Jahr 2025 geschlossen.

In den zugänglichen, erwähnten vier Dortmunder Freibädern beträgt der Eintritt für Kinder und Jugendliche (bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres) 2,50 Euro. Der Dortmund-Pass führt zu keiner Ermäßigung. Daran knüpft die Initiative der Fraktion Linke+ an.

„Der Rat der Stadt Dortmund beschließt, umgehend, mit Beginn der Sommerferien 2022,
allen DO-Pass-Besitzer*innen einmal wöchentlich einen kostenlosen Besuch in einem Schwimmbad in Dortmund (unabhängig vom Träger) sowie allen Menschen mit einem DO-Pass einen unbegrenzten ermäßigten Eintritt in alle o.a. Bäder zu ermöglichen“, lautet es in ihrem Beschlussantrag für den Finanzausschuss (AFBL).

Kosten für Eintrittsermäßigungen waren bereits in Stadthaushalt 2021 eingestellt

Bei Zustimmung wäre der Stadtrat der Empfehlung des Finanzausschusses wahrscheinlich gefolgt, weil die Stimmenverteilung unter den Parteien in beiden Gremien ähnlich ist und sich dort die vollzogene Bildung politischer Mehrheiten oder Minderheiten über ihre Positionierung in bestimmten Fragen jeweils hin- und herspiegelt.

Daher darf als sicher gelten, dass der Stadtrat die Ermäßigungsinitiative für sozial Schwache auf seiner heutigen Sitzung nicht stützen wird, weil sie schon im Ausschuss von einer Mehrheit der politischen Kräfte nicht empfohlen wurde. Warum?

Sommertag im Freibad Stockheide. Die strahlende Sonne über Neptuns Kopf
Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

Die Zustimmung des Finanzausschusses bzw. Rates hätte insofern ein finanzielles Engagement der Stadt impliziert, als die privaten Träger für den Teilausfall ihrer Einnahmen gleichsam entschädigt werden müssten.

Skandal oder Ironie: die finanzielle Absicherung der Maßnahme zur Ermöglichung für mehr Chancengleichheit beim „Freizeitplanschen unter Sommersonne“ war bereits auf den Weg gebracht worden. Kostenpunkt nach dem im Dezember 2020 verabschiedeten Haushaltsplan, so die Fraktion Linke+: Ein ermäßigter Eintritt müsste durch die Stadt Dortmund mit 100.000 Euro jährlich gegenfinanziert werden.

Es folgte für das Jahr 2022 laut Linke+ ein ergänzender Antrag der SPD-Fraktion zum Thema. Bis zum 2. Quartal dieses Jahres sollte die Verwaltung „ein Konzept vorlegen, das einmal pro Woche einen kostenfreien Schwimmbad-Besuch für DO-Pass-Inhaber*innen in allen Bädern vorsieht“. Einschließlich eines Vorschlages für Ausgleichszahlungen. – Das 2. Quartal aber endet in einer guten Woche, am 30. Juni. Geschehen ist nichts.

Es wird lediglich „geschoben“: Keine Empfehlung des Antrags durch Finanzausschuss

Angesichts all dessen hätte es weniger gut ausgesehen, wäre der Antrag von Die Linke+ einfach abgelehnt worden. Erfolgreiche Politik zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass sie das, was sie tut, wortreich umverpackt, sondern ebenso kritische Probleme ohne Positionierung aussitzen kann.

Utz Kowalewski (Die Linke+)
Utz Kowalewski (Die Linke+) Archivfoto: Klaus Hartmann für Nordstadtblogger.de

In solchen Fällen sehr beliebt: Strittige Angelegenheiten werden gerne mit dem freundlichen Hinweis, es gäbe „noch Klärungsbedarf“, in das nächste Gremium weitergeschoben. Und so verbringt manche, von einer politischen Minderheit generierte Idee ihre Zeit auf geduldigem Papier, das von einer kommunalpolitischen Körperschaft zur anderen tingelt.

 

Utz Kowalewski, Fraktionschef von Die Linke+, schätzt daher nicht zufällig, dass seitens des Stadtrates der Antrag heute vermutlich und leider in irgendeinen anderen Ausschuss für weitere Beratungen (nach den großen Ferien) geschoben werden wird. Dass gut‘ Ding Weile haben will, gilt erst recht, wenn man gar nicht will.

Zielgruppen: Menschen im Sozialleistungsbezug, in Altersarmut, insbesondere aber Kinder

Bereits Ende 2019 stellte die damalige Fraktion Die Linke & Piraten einen Haushaltsantrag, wonach die in städtischen Bädern greifenden DO-Pass-Ermäßigungen auf die Bäder in Vereinshand und der Sportwelt gGmbH ausweitetet werden sollten. Auch hier wären die resultierende Mindereinahmen zulasten des städtischen Haushaltes gegangen.

Die Begründung seinerzeit ist heute für die Fraktion Linke+ gleichermaßen aktuell. Es geht um Menschen, die Sozialleistungen beziehen oder von Altersarmut betroffen sind, insbesondere aber um Kinder aus einkommensarmen Familien, die häufig erst sehr spät oder möglicherweise gar nicht schwimmen lernen.

In solchen Soziallagen kann es eine große Rolle spielen, ob ein Kind regulär 2,50 Euro oder nur 50 Cent ermäßigten Eintritt bezahlt. Daraufhin wurden Gespräche angekündigt – bis heute (nach zweieinhalb Jahren) ohne offizielles Ergebnis, beklagt Die Linke+.

Kurze Debatte im Finanzausschuss über ein verschlepptes Thema

Ingrid Reuter ist Fraktionssprecherin der Grünen-Ratsfraktion in Dortmund.
Ingrid Reuter, Fraktionssprecherin der Grünen-Ratsfraktion in Dortmund, sieht noch Beratungsbedarf in der Sache. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Die knappe Debatte in dem Fachausschuss für Finanzen brachte in der letzten Woche denn wenig hervor, was nicht absehbar gewesen wäre.

Ingrid Reuter von Bündnis 90/Die Grünen signalisiert, ab hier immer laut nicht-genehmigter Niederschrift, „Beratungsbedarf zum Antrag, zumal dieser auch noch nicht vom Fachausschuss beraten worden sei. Der Antrag solle daher ohne Beschlussfassung an den Rat weitergeleitet werden“.

Kämmerer Jörg Stüdemann informiert die anwesenden Fachleute, „dass es einen gültigen Betreibervertrag zwischen der Stadt Dortmund und der Sportwelt GmbH gebe, der Modalitäten für Do-Pass Inhaber ausdrücklich ausschließe. In dem neu abzuschließenden Vertrag werde man diese Regelungen dann aufnehmen, nachdem man diese auch finanziell beziffert habe“.

Sascha Mader (CDU) und Christina Alexandrowiz (SPD) „schlagen vor, die Angelegenheit noch einmal in die Haushaltsberatungen aufzunehmen, wenn bekannt ist, wie hoch die finanzielle Belastung sein wird“.

Am Ende heißt es: „Der Antrag wird ohne Empfehlung an den Rat der Stadt weitergeleitet.“

  • Weitere Informationen:

  • Antrag der Fraktion Linke+ im Wortlaut und nicht-genehmigte Niederschrift aus dem Finanzausschuss dazu; hier:
  • Sport- und Freizeitbetriebe Dortmund, Jahresabschluss 2021; hier:
  • Dortmunder Sportwelt; hier:

 

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  1. Entlastung für Familien: Beiträge für Kita und OGS bis 30.000 Euro Jahreseinkommen der Eltern entfallen! (PM CDU und Grüne)

    Der Haushaltsantrag von GRÜNEN und CDU zur Entlastung von Familien wird ab August umgesetzt. Etwa 1200 weitere Familien werden entlastet und beitragsfrei.

    „Ein guter Tag für die Familien in unserer Stadt!“, freuen sich Britta Gövert (GRÜNE) und Christian Barrenbrügge (CDU). „Mit der heutigen Ratssitzung entlasten wir etwa 1200 Familien mit geringerem Einkommen. Für sie werden künftig keine Elternbeiträge für Kita, Kindertagespflege und OGS fällig. Familien, die davon profitieren, haben künftig 80 bis zu 130 € pro Monat mehr im Geldbeutel.“

    Änderung der Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kitas, Kindertagespflege und OGS

    Zur Entlastung von Familien und Alleinerziehenden mit niedrigem Einkommen werden in der Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kitas, Kindertagespflege und OGS ab dem Kindergartenjahr 2022/23 Jahreseinkommen bis 30.000 Euro beitragsfrei gestellt. Ein Haushaltsantrag von GRÜNEN und CDU aus dem letzten Jahr findet somit nun Anwendung. Der Haushalt des Jugendamtes wird entsprechend aufgestockt.

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