Wenn der Bundespräsident kommt: Eindrücke hinter den Kulissen beim Deutschen Städtetag in Dortmund

Wer, wann, wen und wie in Empfang nimmt, ist wohl alles andere als Zufall: Gestern hatten Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages, und der Dortmunder OB Ullrich Sierau das Vorrecht, den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier als erstes begrüßen zu dürfen. Foto (2): Stadt Dortmund/Roland Gorecki

Nicht alle Tage ist ein Bundespräsident in Dortmund zu Besuch. Frank-Walter Steinmeier kommt diesen Monat aber sogar zweimal vorbei: gestern zum Deutschen Städtetag und in zwei Wochen zum Kirchentag. „Vorbeikommen“ ist dabei wohl untertrieben. Was es wirklich bedeutet, wenn das Staatsoberhaupt sich ankündigt – die Logistik, Sicherheitsvorkehrungen, Presseauflauf –, zeigte sich hinter den Kulissen des Städtetages. Trotz des ganzen Rummels schaffte es Steinmeier aber, die versammelten KommunalpolitikerInnen zu begeistern und sein Interesse und Verständnis zu bekunden.

Just zum Deutschen Städtetag fertig: letzte Bauzäune am Vorplatz des neuen Messezentrums abgebaut

Die Ankunft von Bundespräsident Steinmeier war nicht zu übersehen. Foto (4): Karsten Wickern

Der Platz vor dem neuen Teil des Messezentrums der Westfalenhallen ist just zum Deutschen Städtetag  fertig geworden. Einige Baucontainer stehen zwar noch, aber die letzten Bauzäune sind weg: ein offener Ort, umringt von den Glasfronten des neuen Gebäudeteils – das Raumkonzept wird endlich erkennbar.

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Die Treppen runter und von der B1-Brücke kommen Menschen in Business-Kleidung, überqueren den Platz, zielstrebig zum Eingang-Nord hin. Die meisten im Anzug – Frauen sind zwar auch dabei, aber eher in Unterzahl.

Die Sicherheitskontrolle in der Eingangshalle erweist sich als weniger dramatisch als gedacht – aber nach Voranmeldung hat das BKA ja auch bereits alle Teilnehmenden überprüft. Der  Kameramann von Nordstadtblogger wird trotzdem weiter hinten vom BKA zur Seite genommen – ebenso wie andere PressevertreterInnen. Sprengstoffhunde untersuchen – also beschnüffeln – die Ausrüstung: Alles okay, der Kollege darf weiter.

Routinierter Empfang des Bundespräsidenten durch OB Sierau und den Präsidenten des Städtetages

„Und jetzt bitte alle recht freundlich“ (v.l.): Ulrich Maly, Markus Lewe, Frank-Walter Steinmeier, Ullrich Sierau, Helmut Dedy beim Fototermin mit der Presse.

Eine Viertelstunde später: Im Hauptsaal haben die 1.300 Delegierten und Gäste des Städtetages bereits Platz genommen und warten auf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Pressemitglieder sind vor der Fotowand im neuen Glasdurchgang – mit Blick auf den Vorplatz – versammelt.

Die Kameras sind ausgerichtet. Gelegentlich fährt die eine oder andere Limousine vor. Aber Steinmeier lässt noch etwas auf sich warten. Mit einer Viertelstunde Verspätung trifft dann die unverkennbare Kolonne aus vier schwarzen Limousinen ein, eine davon mit Deutschlandadler-Wimpel.

Empfangen wird der Bundespräsident von Markus Lewe, Oberbürgermeister aus Münster und aktueller Präsident des Deutschen Städtetages, und dem Dortmunder OB Ullrich Sierau. Sich betont angeregt unterhaltend kommt die Gruppe beim Fototermin an. Einmal in diese Kamera geguckt und einmal in jene – und weiter geht es in die Haupthalle.

Sierau betont die Errungenschaften der Stadt Dortmund in den letzten Jahren

1.300 Delegierte und Gäste warteten gespannt auf das Staatsoberhaupt.

Die Eröffnung der Hauptversammlung kann also losgehen – ein repräsentatives Flair liegt über dem Raum: Lewe spricht Worte der Begrüßung. Um Inhalte – um die Kernthemen des diesjährigen Städtetages – geht es erst in seiner späteren Rede. (Nordstadtblogger berichtete bereits über die Auftaktpressekonferenz)

Sierau ist als nächster Redner dran: Er nutzt die Gelegenheit, hier und da immer wieder Errungenschaften der Stadt Dortmund in den letzten Jahren und Jahrzehnten einzustreuen: der Strukturwandel, Nachhaltigkeitskonzepte, eine Stadt mit 63 Prozent Grünanteil,  die Auszeichnung „Digitalste Stadt“ und so weiter.

Und nun endlich der Bundespräsident – es ist nicht zu leugnen: Er ist ein guter Redner, kann die Menschen mitnehmen. Er wirkt souverän, aber nicht unnahbar. Klar, um knallharte politische Verhandlungen und Strategien geht es heute nicht. – Heute geht es darum, Interesse und Verständnis für die versammelten KommunalpolitikerInnen zu zeigen.

Steinmeier empört über Hass und Gewalt gegen KommunalpolitikerInnen

So begrüßt Steinmeier den Dortmunder OB betont vertraut mit  „Lieber Ulli Sierau“. Es folgt eine Metapher zum „Hashtag“ des Mottos der Hauptversammlung (#Zusammenhalt in unseren Städten): Die parallel verlaufenden Linien kreuzten sich an vier Stellen, so wie es möglichst viele Begegnungen zwischen Menschen verschiedener Milieus in den Städten geben solle, so, oder so ähnlich, Steinmeier.

Nicht nur bei KommunalpolitikerInnen – sondern auch beim Bundespräsidenten selbst – ist Sicherheit ein großes Thema.

Weiter betont er die Relevanz der Städte und Kommunen im politischen System Deutschlands. Zum Beispiel: „In der Hauptstadt wird um die Verkehrswende gerungen, Sie bringen neue Nahverkehrskonzepte auf die Straße.“ Weiter greift er die Kernthemen der Versammlung auf – Klimaschutz, Integration und vor allem bezahlbares Wohnen – und ermutigt die KommunalpolitikerInnen, Unterstützung von Bund und Ländern einzufordern.

So weit, so erwartet. Wirklich emotional wird es, als Steinmeier auf die steigende Anzahl an Übergriffen auf KommunalpolitikerInnen und den erschossenen Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke eingeht. Er kritisiert die anschließende Hetze und Verleumdungen im Netz scharf: diese sind für ihn „zynisch, geschmacklos, abscheulich, in jeder Hinsicht widerwärtig. […] Wir werden das in unserem Land nicht hinnehmen.“

Dass er dies so meint, dass ihm dieses Thema wirklich am Herzen liegt – es nicht nur ein rhetorischer Kniff war – könnte offensichtlicher nicht sein. Steinmeier hat einen Nerv getroffen und fand die richtigen Worte – am Ende seiner Rede gibt es damit stehende Ovationen für ihn.

Auf ein Wiedersehen in zwei Wochen beim Kirchentag in Dortmund

In zwei Wochen kommt der Bundespräsident beim Kirchentag ein weiteres Mal nach Dortmund.

Noch einmal ergreift Lewe das Wort und dann ist die Auftaktveranstaltung des diesjährigen Deutschen Städtetages auch schon wieder vorbei. Es folgt der Schaulauf vom Anfang noch einmal – in umgekehrter Reihenfolge:

Lewe und Sierau – wieder in eine betont angeregte Unterhaltung mit Steinmeier verstrickt – begleiten ihn zurück zu seiner Limousine. Die Kolonne fährt ab – Lewe und Sierau winken brav zum Abschied. Und da war der Bundespräsident auch schon wieder weg. – auf ein Wiedersehen in zwei Wochen beim Kirchentag in Dortmund.

Nach der Mittagspause wiederholt sich das ganze Spektakel – nur mit ein oder zwei Limousinen weniger – bei Ankunft von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Nach dessen Rede gibt es Raum für die Teilnehmenden, sich in fünf verschiedenen Foren an Diskussionen zu den genannten Kernthemen zu beteiligen.

Sierau diskutiert mit Luise Neubauer von „Fridays For Future“ über kommunalen Klimaschutz

Luise Neubauer: Stadt Dortmund in Sachen Klimaschutz so „lala“. Foto: Anna Lena Samborski

Sierau diskutierte zum Beispiel in einer Halle mit Luise Neubauer als prominentestes Gesicht der deutschen „Fridays for Future“ und Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe, über Möglichkeiten und Herausforderungen des kommunalen Klimaschutzes.

Die Stadt Dortmund bewertet Neubauer in Sachen Klimaschutz so: „Hier haben sie die Klimaziele verfehlt. Außerdem ist die Stadt Teilhaber bei RWE. Andererseits unterstützt die Stadt uns mit unserer ‚Fridays For Future‘- Konferenz. Also so lala.“ Neubauer plädiert für das Konzept des kommunalen Klima-Notstandes.

Diesen hat die Stadt Dortmund nicht ausgerufen. Für Sierau wäre dies nämlich ein „Eingeständnis, dass man nicht genug getan hat“. Beim Thema Klimaschutz fühle er sich von Bund und Ländern „im Stich gelassen“. Er kritisierte die Klimapolitik – auch innerhalb der eigenen Partei – auf Bundesebene scharf, das Klimaschutzgesetz müsse her.

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Weitere Informationen:

  • Homepage des Deutschen Städtetages, hier:

Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:

„Ausbildungspakt“ beeindruckt – Bundespräsident Steinmeier besucht Anne-Frank-Gesamtschule in der Nordstadt

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