„Wachwechsel“ in der Nordstadt: Nach 12 Jahren beendet Harald Landskröner seine Tätigkeit als Fachreferent für Kinder- und Jugendförderung in der Nordstadt. Seit August 2015 ist er stellvertretender Leiter Bereich des Bereichs Kinder- und Jugendförderung im Jugendamt und hatte seine frühere Aufgabe noch kommissarisch erledigt. Seit Januar hat er einen Nachfolger: Mirza Demirovic.
Vom AWO-Streetworker zum Fachreferenten für Kinder- und Jugendförderung
Der „Neue“ ist ein „alter Bekannter“ in der Nordstadt: Demirovic war bis Ende September Streetworker bei der AWO in der Nordstadt.
Zum 1. Oktober war er zum städtischen Jugendamt gewechselt, wo er eigentlich die Leitung einer Jugendeinrichtung übernehmen wollte. Doch er sprang ein und kümmerte sich um neue Einrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
Damit, dass er nun doch keinen Jugendtreff leitet, sondern Fachreferent für die Nordstadt geworden ist, kann Mirza sehr gut leben. Er will nun da weitermachen, wo sein Vorgänger und neuer Chef Harald Landskröner aufgehört hat.
Er wird daran arbeiten, die vielen positiven Angebote und Entwicklungen nachhaltig zu sichern und neue zu entwickeln.
Denn klar ist: Die Aufgaben für die Kinder- und Jugendarbeit in der Nordstadt werden nicht weniger. Im Gegenteil: „Es kommen immer neue Leute und neue Herausforderungen. Das ist das Spannende an der Nordstadt – sie ist wie ein Durchlauferhitzer“, sagt Mirza Demirovic.
Nun muss er seine neue Rolle verinnerlichen. Er ist nicht mehr der Streetworker eines freien Trägers. Als Fachreferent muss er das große Ganze im Blick haben. „Die Aufgabe ist es, neue Anforderungen zu erkennen, mit allen Beteiligten zu kommunizieren und gemeinsam Maßnahmen abzustimmen“, erklärt Landskröner.
Die Arbeit in der Nordstadt ist vielschichtiger als in anderen Stadtbezirken
Es ist immer der Versuch, die Seilenden zusammenzubringen. Gemeinsam mit vielen freien Trägern und anderen Partnern werden die Weichen für die Kinder und Jugendlichen im Stadtteil gestellt. Erst dann beginnt die operative Arbeit von Erziehern, Pädagogen und Sozialarbeitern.
„Die Arbeit in der Nordstadt ist vielschichtiger als in anderen Stadtbezirken. Ich habe es selbst aber nie als schwierig empfunden“, hat Landskröner seine insgesamt 17 Jahre als Fachreferent – fünf in Mengede und zwölf in der Nordstadt – in guter Erinnerung. „Wir haben eine ganze Menge an guten Partnern und eine gute Zusammenarbeit mit der Politik in Bezirksvertretung und Rat.“
Daran kann Mirza Demirovic anknüpfen. Eine Einarbeitung und einen Netzwerkaufbau braucht er nicht. Er muss „nur“ das Verwaltungsgeschäft lernen und sich von seiner bisherigen Rolle lösen. Er übernimmt einen Stadtbezirk mit einer guten Infrastruktur.
Größte Herausforderung „Big Tipi“: Vom Abenteuerspielplatz zur Erlebniswelt
Die hat Harald Landskröner maßgeblich mitgestaltet. Die erste große Veränderung kam mit dem großen Indianerzelt „Big Tipi“ der EXPO 2000 in Hannover: Es wurde das neue Herzstück der Nordstadt-Anlage, als im Jahr 2001 der Abenteuerspielplatz Fredenbaum in eine Erlebniswelt verwandelt wurde.
„Ich habe 2003 angefangen und die Bauleitung für den zweiten Abschnitt übernommen“, erinnert sich Landskröner. Das große Baustellenschild hat er noch heute in seinem Büro an der Märkischen Straße hängen.
Er kümmerte sich um den Ausbau und die komplette Umstrukturierung des pädagogischen Konzepts. „Zum Standort gehörten immer erlebnispädagogische Angebote. In der Neuentwicklung haben wir die gute Mischung aus Hüttenbau und Feuerstelle beibehalten und mit Klettern, Mountainbike und anderen Trendsportarten zusammengebracht“, so Landskröner.
„Für mich und die Nordstadt insgesamt war das ein Erfolgskonzept.“ Denn die Erlebniswelt mit dem „Big Tipi“ hat sich zu einem guten Aushängeschild und zur Anlaufstelle entwickelt – nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch ganze Familien.
Die Erlebniswelt hat eine überregionale Anziehungskraft: Speziell am Wochenende kommen auch Gäste aus Münster – und dem Sauerland. „Die Anlage ist sehr gelungen – für alle Beteiligten“, zieht Landskröner ein positives Resümee.
Übergabe von Einrichtungen an freie Träger und Entwicklung der Angebote
Die Erlebniswelt Fredenbaum ist das Flaggschiff der Jugendarbeit und befindet sich weiter in Trägerschaft des Jugendamts. Andere Einrichtungen wurden an freie Träger übergeben.
Landskröner hat maßgeblich an der Gründung und Entwicklung des Trägerverbandes „3x4plus“ mitgewirkt, der mehrere Nordstadteinrichtungen übernommen hat. „Die Übergabe war das eine. Es gilt allerdings auch, die Arbeit mit den freien Trägern weiterentwickeln. Es hat sich eine äußerst gute und effiziente Zusammenarbeit entwickelt.“
Ein Ergebnis daraus ist der Neubau der Jugendeinrichtung „Stollenpark“ im Rahmen des EU-Programms Urban II. Der Planerladen hat als neuer Träger das Haus übernommen. Gemeinsam haben sie die Angebote weiterentwickelt.
Das Jugendforum Nordstadt mit der guten Kinder- und Jugendbeteiligung und die Gewaltprävention an weiterführenden Schulen – beide Projekte sind mittlerweile in der Nachhaltigkeit.
Zuwanderung aus Südosteuropa hat die Jugendarbeit vor neue Herausforderungen gestellt
Auf die Kinder- und Jugendförderung – speziell in der Nordstadt – kommen durch die Zuwanderung immer neue Herausforderungen zu. „Wir hatten schon immer viele Jugendliche mit Migrationshintergund – türkische, arabische und kurdische.
Mit der Zuwanderung aus Südosteuropa hat sich die Arbeit sehr verändert, auch von Bevölkerungsstruktur her“, berichtet Landskröner. Die meisten Neuzuwanderer sind im Norden gelandet.
Gemeinsam mit Partnern und anderen Ämtern der Stadt hat das Jugendamt Projekte entwickelt. „Wir haben viele rumänische und bulgarische Kinder und Jugendliche integriert – vor allem rund um den Stollenpark“, freut sich Landskröner
„Bei den Integrationsbemühungen wurde viel geleistet und vieles ist auf den Weg gebracht – auch in Zusammenarbeit mit dem Interkulturellen Zentrum und dem AWO-Streetwork.“
Vertrauensaufbau ist für die Arbeit mit Familien aus Südosteuropa zentral
Eine Arbeit, die Mirza Demirovic nur zu gut kennt: Schließlich hat er sehr intensiv mit den Neuzuwanderern gearbeitet. „Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendhilfe haben sich verändert“, beschreibt Landskröner die Situation.
Es sind neue sprachliche, pädagogische und kulturelle Herausforderungen. „Aber es sind auch andere Problemlagen und pädagogische Anforderungen“, vor allem wenn man auf Roma-Familien blicke.
„Sie sind ja nicht ohne Grund weggegangen und haben oft am Rande der Gesellschaft, am Rande der Städte gelebt“, weiß Demirovic.
„Sie waren nie integriert und haben ein anderes Empfinden für Regeln und Umgang und eine andere Sozialisation“, erklärt der ehemalige Streetworker. „Ihnen das Regelwerk nahezubringen und konsequent dabeibleiben, damit sie es aufnehmen können“, sei die Herausforderung.
Erfolgreiches Netzwerk in der Nordstadt entwickelt
Doch zuallererst müsse das Vertrauen gewonnen werden. Denn die Menschen aus Südosteuropa hätten nie Hilfsprojekte erlebt und Behörden nur als korrupt oder Repressionsorgane erlebt. „Ihnen war nicht bewusst, dass Behörden auch Helfer und Unterstützer sein können“, betont Demirovic.
In der Nordstadt gibt es ein großes Netzwerk, in dem das Jugendamt und seine Dienste eine wichtige Rolle spielen. „Alle Akteure ziehen am gleichen Strang – von der Kinder- und Jugendförderung bis zum Jobcenter. Aber dennoch ist noch lange nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Es ist noch viel zu tun.“