Von Laura Sommer und Alexander Völkel
Der Deutsche-JournalistInnen-Verbund (DJV) und die Deutsche-JournalistInnen-Union (DJU) in ver.di haben zum landesweiten Warnstreik beim WDR aufgerufen. Seit neun Uhr befinden sich nur wenige ReporterInnen und Kameraleute in den Redaktionen im Einsatz. Die Streikenden versuchen, die aktuelle Regionalberichterstattung zu verhindern. Sie versuchen den Westdeutschen Rundfunk zur Notberichterstattung zu zwingen – und wollen so ihre Forderungen untermauern.
Landesweiter Aufruf zum Streik – alle elf Regionalstudios betroffen
Alle elf Regionalstudios des WDR wurden von den Gewerkschaften zum Streik aufgerufen. Vor dem WDR-Studio in Dortmund halten sich momentan 30 Streikende auf.
In Düsseldorf seien es circa 50 Personen, in Essen circa 30 und in Köln – der WDR-Zentrale – sogar hunderte. Die Streikbereitschaft ist ungewöhnlich hoch, so dass die ZuschauerInnen die Folgen zu spüren und vor allem auch zu sehen bekommen.
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Nachdem beispielsweise vor wenigen Wochen der WDR wegen des Streiks der Kameraleute eine Stunde lang eine Aufzeichnung des Morgenmagazins senden musste, saßen am Dienstag die ModeratorInnen der wichtigen WDR-Sendung nicht nur sprichwörtlich im Dunkeln.
Die Streikenden schalteten im Fernsehstudio die Scheinwerfer aus – auch hier musste der WDR eine halbe Stunde lang eine Aufzeichnung vom Morgen senden.
Der heutige Streik (22. August 2019) richtet sich nun gegen die WDR-Landesstudios und damit gegen die Regionalberichterstattung. Ein Großteil der journalistischen MitarbeiterInnen sowie der Kameraleute – fest angestellt und frei – traten am Morgen in den Ausstand. Ob und in welchem Umfang heute regionale Beiträge tagsüber und am Abend ausgestrahlt werden können, ist zur Stunde noch offen.
Trotz massiver Arbeitsverdichtung sind Einschnitte bei den Freien geplant
Im Interview mit Nordstadtblogger macht der DJV-Landesvorsitzende Frank Stach die gewerkschaftlichen Forderungen deutlich: Sie fordern unter anderem sechs Prozent mehr Gehalt bzw. Honorar für Festangestellte und freie MitarbeiterInnen im WDR. Die Streikenden kritisieren die fehlende Wertschätzung ihrer Arbeit – dazu gehören angemessene Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen.
Denn der Umstrukturierungsprozess innerhalb des größten ARD-Senders führe zu massiven Arbeitsverdichtungen. Denn nicht selten kommt es heute vor, dass ReporterInnen selbst fürs Fernsehen und Online drehen, interviewen und schneiden, parallel einen Hörfunkbeitrag produzieren und dann noch Fotos und Text für das Internet machen müssen.
Trotz dieser deutlich gestiegenen Anforderungen für den Einzelnen plant der WDR im Zuge von Sparmaßnahmen einen Eingriff in die Vergütungsstruktur. Freie MitarbeiterInnen würden schlechter bezahlt. Die Gewerkschaften fordern den WDR dazu auf, von diesem Vorhaben abzurücken.
„Der WDR ist komplett im Umbruch. Die Verdichtung ist eine starke Herausforderung und die KollegInnen wollen das zumindest finanziell honoriert bekommen. Es geht um eine Wertschätzung im eigentlichen Sinne des Wortes“, untermauert Stach die Forderungen.
Streikende kämpfen gegen Ungleichbehandlung von Freien und Festangestellten
Damit steht er nicht allein: Diese Situation treibt viele JournalistInnen in den Streik und auf die Straße, so auch Franz Altrogge, freier Reporter und Autor des WDR Studios in Dortmund. 35 Jahre ist er Gewerkschaftsmitglied, doch dieses Jahr ist er erstmalig im Streik, weil er die Haltung des WDR als zu „starr und hartleibig“ empfindet. Eine Position, die viele Streikende teilen.
Die Forderungen empfinden die Streikenden nicht als übertrieben: Der WDR soll den Abschluss des Öffentlichen Dienstes weiterhin als Orientierungsmarke anerkennen und sich nicht davon abkoppeln. 7,5 Prozent Lohnerhöhung bei 30 Monaten Laufzeit, darauf hatten sich im Frühjahr 2019 die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes verständigt.
„Ich glaube, dass wir mit dem Protest was bewirken. Wir erwarten, dass vom WDR endlich ein Angebot auf den Tisch gelegt wird, was ein wirkliches Angebot ist. Mit dem bisher vorgelegten sind wir sehr unzufrieden“, so Stach. Am morgigen Freitag findet die nächste Verhandlungsrunde statt.
Dabei geht es u.a. auch um eine jährliche Einmalzahlung für freie MitarbeiterInnen in Höhe von zwei Prozent bezogen auf das Jahreshonorar des Vorjahres. Der DJV möchte zudem den Härtefallfonds für Freie verlängern und aufstocken.
Freie MitarbeiterInnen sollen an Schulungstagen künftig mit 200 Euro pro Tag Ausfallentschädigung honoriert werden und Krankengeld ab dem ersten Tag erhalten. Festangestellte MitarbeiterInnen sollen das Recht haben, die Erhöhung des Einkommens in zusätzliche freie Tage umzuwandeln.
https://twitter.com/daniel_bouhs/status/1163701572175638533?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1163701572175638533&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.tz.de%2Ftv%2Fzappenduster-beim-ard-morgenmagazin-darum-ging-ploetzlich-licht-aus-zr-12779640.html
Update:
Der WDR Dortmund wird um 18.09 Uhr und um 19.30 Uhr Lokalzeiten aus Dortmund senden. Auch während des Tages gab und gibt es Radiolokalzeiten. Dies teilt der Sender auf Nachfrage mit.
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