
Mit der neuen Landeseinrichtung in Dortmund-Aplerbeck könnte sich die Stadt Dortmund Luft verschaffen, in nächster Zeit noch weitere Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Denn die 350 Plätze in der neuen Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes würden voll auf die Aufnahmequoten angerechnet. Dortmund hat zudem derzeit noch einen „ordentlichen Puffer“ an Plätzen.
Beachtliche Zahlen: Stadt Dortmund schafft Aufnahmekapazitäten
Die hohe Aufnahmebereitschaft Dortmunds zeigt sich deutlich in den Zahlen: Seit 2015 wurden der Stadt insgesamt 10.617 Flüchtlinge vom Land zugewiesen – inklusive Menschen aus der Ukraine. Betrachtet man den Zeitraum ab dem 1. Januar 2024, wurden allein in diesem Jahr bereits 698 weitere Flüchtlinge nach Dortmund geschickt. Deutlich wird dabei – wie in jedem Jahr – auch der saisonbedingt typische Anstieg schutzbedürftiger Flüchtlinge von August bis Oktober.

Hinzu kamen bzw. kommen noch die Menschen aus der Ukraine, die ohne Landeszuweisung nach nach Dortmund gekommen sind. Menschen flohen gerade zu Beginn Hals über Kopf aus der Ukraine auch in die Bundesrepublik und fanden bei Verwandten, Bekannten, Freund:innen und hilfsbereiten Menschen Aufnahme.
Die auf diese Weise in die Bundesrepublik eingereisten Ukrainer:innen wurden nicht nachträglich den jeweiligen Kommunen zugewiesen. Aktuell gibt es in Dortmund 8.186 ukrainischen Leistungsbeziehenden. Dazu gehören sowohl Menschen, die Dortmund zugewiesen worden sind, als auch solche, die seit dem 24. Februar 2022 direkt und ohne Zuweisung nach Dortmund gereist sind.
Damit liegt die Aufnahmequote bei 103,08 Prozent und laut Dezernentin Monika Nienaber-Willaredt mit 293 Personen über dem Soll-Zustand. Dies stellt einen eingeplanten Handlungsspielraum dar, um auf potenzielle globale Krisen vorbereitet zu sein.
Dortmund hat noch einen ordentlichen Puffer bei Plätzen für Geflüchtete
Um die Geschehnisse zusätzlich regulier- und steuerbar zu gestalten, werden in Absprache mit der Bezirksregierung in Dortmund durchschnittlich 20 Flüchtlinge pro Woche neu aufgenommen. Dadurch lassen sich mögliche Komplikationen im Vergleich zu anderen Kommunen in Dortmund spürbar verringern.
Denn derzeit hat die Stadt Dortmund fünf kommunale Einrichtungen in Betrieb: Grevendieks Feld (350 Plätze), Mergelteichstraße (300 Plätze), Niederste Feldweg (Plätze 50) ehemaliges Seniorenheim „Weiße Taube“ (170 Plätze) und die ehemalige Hauptschule Derne (Plätze 120). Damit kann Dortmund insgesamt 997 kommunale Plätze vorweisen – davon sind 742 belegt.

Im „Standby-Betrieb“ hat Dortmund derzeit noch das ehemalige Kreiswehrersatzamt in der Leuthardstraße mit 220 Plätzen, die zum 28. Oktober 2024 in Betrieb gehen soll. Zum Höhepunkt der Flüchtlingszuwanderung 2015 bis 2017 wurde das Gebäude bereits dafür genutzt.
Die Immobilie an der Leuthardstraße ist eine von mehreren Objekten, die die Stadt vorsorglich in der Reserve behalten hat, obwohl sie in den vergangenen Jahren nicht für die Unterbringung von Geflüchteten benötigt wurden.
Zum 1. Juli 2025 kann dann noch die ehemalige Frenzelschule für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt werden, sollte dies nötig sein. Zudem stehen im Wohnraumvorhalteprogramm des Sozialamtes aktuell 38 freien Wohnungen zur Verfügung.
Dortmunds Oberbürgermeister fordert Entlastung der Kommunen
Damit hat Dortmund – anders als viele andere Kommunen – noch ausreichend Kapazitäten für Geflüchtete. Doch diese vorausschauende Planung wird seitens des Landes nicht „belohnt“: Die Kosten zum Vorhalten von Gebäuden für die Flüchtlingsunterbringung wird nicht erstattet. Das kritisiert Oberbürgermeister Thomas Westphal zum wiederholten Mal.

„Wenn wir als Kommunen in eine engere finanzielle Situation kommen, müssen wir auch überlegen, ob wir die Mittel zur Vorhaltung überhaupt noch haben“, appelliert der OB.
Wenn aber keine Unterkünfte vorgehalten werden, müssten geflüchtete Menschen im Falle der Fälle beispielsweise in Turnhallen untergebracht werden, was für Westphal sowohl aus humanitären wie auch gesellschaftspolitischen Gründen nicht zielführend ist.
Die Geflüchteten stünden dann in Konkurrenz zur orginären Nutzung für den Schul-, Vereins- und Leistungssport, was gesellschaftliche Konflikte noch weiter verschärfen könne, so Westphal. Doch positive Signale, dass sich etwas bei der Kostenübernahme ändert, gibt es vom Land nicht. Dort setzt man eher auf die Schaffung von Landeseinrichtungen, die die jeweiligen Kommunen durch die Anrechnung der Plätze entlasten würde.
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Notunterkunft Mergelteichstraße für obdachlose Menschen GRÜNEN hinterfragen Konzeption der Einrichtung (PM)
An der Mergelteichstraße in Brünninghausen gibt es auf dem Parkplatz des Zoos schon seit 2015 eine Kommunale Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete. Die Unterkunft dient seit mehreren Jahren zusätzlich auch als Notunterkunft für Obdachlose, die keinen Übernachtungsplatz in den regulären Übernachtungsstellen finden. In den letzten Wochen kam es dabei zu Vorfällen an der angrenzenden Rudolf-Steiner-Schule mit obdachlosen Personen, die sich tagsüber auf dem Schulgelände aufgehalten haben. Nach Aussage der Schule war dabei der Konsum von Alkohol ebenso ein Problem wie die Nutzung der Büsche als Toilette sowie Hinterlassenschaften wie Flaschen oder auch Spritzen. Zusätzlich übernachteten Personen in den Eingangsbereichen der Gebäude. Das alles hatte Auswirkungen auf den Schulalltag. Das Sozialamt hat inzwischen gegen zwei Nutzer*innen der Notunterkunft Hausverbote erlassen.
Vor diesem Hintergrund hat die Ratsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nun für die nächste Sitzung des Sozialausschusses eine umfangreiche Anfrage an die Verwaltung gestellt.
„Es geht uns GRÜNEN um eine gute Unterbringung von Geflüchteten. Es geht uns genauso um eine gute Versorgung von obdachlosen Menschen. Und es geht uns um die Akzeptanz der Einrichtungen an der Mergelteichstraße in der Nachbarschaft. Aufgrund der Vorfälle der letzten Wochen wollen wir deshalb wissen, wie die Verwaltung die aktuelle Situation beurteilt, wie die Unterbringungskonzeption aussieht und ob sie angepasst werden muss, um den Ansprüchen aller Beteiligten besser gerecht zu werden”, erläutert Benjamin Beckmann, Mitglied der GRÜNEN im Sozialausschuss, die Initiative seiner Fraktion.
Die GRÜNEN wollen unter anderen wissen, bis wann die Notunterkunft an der Mergelteichstraße abends geöffnet ist und was mit Menschen passiert, die erst nach einer eventuellen abendlichen Schließung der Einrichtung dort ankommen.
Benjamin Beckmann: „Wenn man vor geschlossenen Türen steht, sucht man sich in der Nacht zwangsläufig eine andere Schlafmöglichkeit in der Umgebung. Dazu kommt, dass die Unterkunft explizit kein Tagesaufenthalt für Obdachlose ist. Das heißt, dass die betroffenen Personen die Einrichtung morgens wieder verlassen und aus Brünninghausen zurück in die Stadt müssen, um dort in den regulären Unterkünften eine Schlafstelle für die nächste Nacht zu finden. Das ist für viele der betroffenen Menschen problematisch.“
Die Verwaltung soll deshalb erläutern, wo sich die nächste fußläufige Möglichkeit eines Tagesaufenthalts für obdachlose Menschen befindet bzw. welche Notwendigkeit für die Einrichtung eines Tagesaufenthalts in der Nähe der Notunterkunft Mergelteichstraße gesehen wird. In diesem Zusammenhang stellen sich auch die Fragen nach einer vorhandenen sozialarbeiterischen Unterstützung für die Nutzer*innen der Notunterkunft und ob die wohnungslosen Menschen bei einer Rückfahrt in die Stadt unterstützt werden – zum Beispiel mit kostenlosen ÖPNV-Fahrscheinen.
„Einzelne Träger der Wohnungslosenhilfe haben inzwischen die gemeinsame Unterbringung von Geflüchteten und obdachlosen Menschen an dieser Stelle hinterfragt. Hierzu wollen wir wissen, wie aus Sicht der Verwaltung die gemeinsame Unterbringung funktioniert und welche Maßnahmen die Verwaltung für ein gutes Miteinander ergriffen hat und noch ergreifen wird“, so Benjamin Beckmann abschließend.