Von Marcus Arndt
Die neonazistische Partei „Die Rechte“ mit Sitz in Dortmund-Dorstfeld um die beiden Bundesvorsitzenden Sascha Krolzig und Sven Skoda sowie Bundesgeschäftsführer Michael Brück haben zur anstehenden Wahl des Europäischen Parlamentes am 26. Mai 2019 ein 25-Punkte-Programm veröffentlicht. Das Programm unterstreicht, warum die Demonstration der Neonazis am Samstag in Dortmund-Hörde unter dem Motto „70 Jahre Grundgesetz – Wir feiern nicht“ steht. Es ist ein programmatischer Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Die Partei „Die Rechte“ fordert eine schlagkräfte „Elite-Armee“ statt der Bundeswehr
In starker Anlehnung an das 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 sowie den damaligen, jedoch auf Druck Hitlers zurückgezogenen Programmentwurf des linken NSDAP-Flügels um Gregor Strasser von 1926 bastelten sich die Rechtsextremisten aus Dortmund ihr provokatives EU-Wahlprogramm und machen somit ihre Ideologie mehr als deutlich.
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Sie übernahmen nicht nur teilweise das NSDAP-Programm, dessen Hauptautor vermutlich der damalige Mitbegründer der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) Anton Drexler war, sondern verschärften es zudem auch in einigen Teilen.
So findet sich unter Programmpunkt 4 der Partei zum „Schutze des deutschen Heimatlandes“ die Forderung: „Söldnertruppe Bundeswehr abwickeln: Für die Bildung eines echten Volksheeres!“ In dem Pamphlet der NSDAP unter Punkt 22 hieß es damals: „Wir fordern die Abschaffung der Söldnertruppe und die Bildung eines Volksheeres.“
Die Neonazis gehen jedoch noch einen Schritt weiter und fordern neben der Wiedereinführung der Wehrpflicht und Bildung eines Volksheeres auch den Aufbau einer „schlagkräftigen Elite-Armee“. Das ist ganz im Stile und Sinne der von Adolf Hitler 1925 gegründeten SS (Schutzstaffel) – seiner persönlichen Leib- und Prügeleinheit.
Die SS galt als paramilitärische Elite-Armee des Dritten Reiches unter Heinrich Himmler und wurde selbst innerhalb der Wehrmacht als extrem grausam, brutal und menschenverachtend bezeichnet. Zu den Gräueltaten der SS und ihrer Kollaborateure gehörten unter anderem die Ermordung von Millionen Menschen in den Konzentrationslagern sowie unzählige Kriegsverbrechen.
Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“ von Parteivorstand Alexander Deptolla als Vorbereitung?
Zur Vorbereitung auf diese „schlagkräftige Elite-Armee“ dürfte nicht ganz unwesentlich das seit Jahren stattfindende rechte Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“ (KdN) von Alexander Deptolla, Mitglied des Parteivorstandes von „Die Rechte“ aus Dortmund beitragen, oder auch die des Russen Denis Nikitin, dieser gilt als die Führungsfigur der europäischen Kampfsport-Szene. Sein Modelabel „White Rex“ organisiert und unterstützt seit mehr als zehn Jahren europaweit rechte Kampfveranstaltungen.
Durch die internationale Vernetzung der Rechtsextremisten entwickelte sich binnen kurzer Zeit auch der KdN zu einer der wichtigsten und größten Kampfsportveranstaltungen der rechtsextremen Szene mit mehreren hundert Anhängern. Diese messen dort ihre Kräfte, vernetzen sich weiter und finanzieren die „Volksgemeinschaft“ durch den Kauf von Merchandising-Artikeln und Spenden.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Wort-Bildmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt 2016 eingetragen wurde. Die zunehmende Professionalisierung ist hauptsächlich auf den Personenkreis hinter dem KdN zurückzuführen, der aus erfahrenen Protagonisten der extremen Rechten besteht.
Es sind besonders die Strukturen der militanten „Hammerskins“ zu nennen, die seit dem ersten „Kampf der Nibelungen“ in die Organisation eingebunden sind. Dabei ist insbesondere eines der führenden Mitglieder der deutschen „Hammerskins“, Malte Redeker aus Ludwigshafen, zu nennen, der außerdem jährlich als Ringrichter fungiert. Darüber hinaus sind es die Dortmunder Neonazis um Alexander Deptolla, dessen Name sich auch als offizielles Impressum auf der KdN-Internetseite findet.
Rechter Kampfsport ist nicht nur in Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
Dass sich nicht nur in Deutschland eine Neonazistische Kampfsportszene etabliert hat, zeigen die Europäischen Vernetzungen untereinander: Diese sind z.B. Duh Voina (Russland), First to Fight (Polen), Propatria (Griechenland), Day of Glory (Frankreich), Reconquista (Ukraine) und Kampf der Nibelungen (Deutschland).
Blut, Schweiß und vor allem der kameradschaftliche Zusammenhalt ist das, was auf den Events zählt und worum es eigentlich geht. Zudem werden Seminare für die Selbstverteidigung, Straßenkämpfe usw. angeboten, zur Vorbereitung auf Schlägereien bei Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner und der Polizei.
All dies dient auch zur Vorbereitung für den von den Rechten viel beschworenen „Tag X“ und die damit verbundene politische Machtübernahme. Fehlen darf in dem Zusammenhang auch nicht die Forderung der Partei „Die Rechte“, Deutschland wieder so herzustellen, wie es zu Zeiten des Nationalsozialismus gewesen ist. Dazu gehört, „deutsche Siedlungsgebiete“ wieder „heim ins Reich“ zu holen“ (…)
Die Macher derartiger Events schwören ihre Anhänger und Kämpfer immer wieder darauf ein, wie wichtig ein gestählter, gesunder und weißer Körper ist. Sie versorgen diese dementsprechend in regelmäßigen Dosierungen mit neuen Artikeln zur Gesunderhaltung und gegenseitiger Motivation des nationalen Kampfgeistes.
Mit Sätzen wie „Kein Sieger glaubt an den Zufall“, „Disziplin ist alles!“ und „Kampf ist das Weltgesetz“ sowie einem exzessiven Germanenkult wird der zukünftige einzelne „Elite-Soldat“ regelmäßig bei Laune gehalten und zugleich für die Zukunft vorbereitet und vor allem zur Wehrhaftigkeit angehalten.
Passend dazu hat sich um rechte Sportler gleich ein ganzes Sammelsurium an Modelabels etabliert. Von Kampfsportartikeln bis hin zu Büchern und CDs wird alles angeboten, was das rechte Herz höher schlagen und bei den Labels und Veranstaltern die „Kriegskasse“ klingeln lässt.
Wiedereinführung der Todesstrafe und Bildung von Volksgerichten als Ziele
Nach Ansichten der Partei „Die Rechte“ müssen alle Politiker (im Programm „Herrschende“ genannt) aus Berlin, Brüssel und Straßburg nach dem besagten „Tag X“ gleich auf die Anklagebank – hierzu bedarf es der Einführung von Volksgerichten.
Ein Volksgericht besteht in der Regel aus zwei Richtern und drei Laien und wurde für die beschleunigte Verurteilung schwerer Straftaten eingerichtet. Passend dazu wird auch gleich eine Forderung zur Bestrafung gefordert: Die Todesstrafe für Hoch- und Landesverrat, Mord und „extreme Fälle von Vergewaltigung und Drogenhandel“.
Im Gegensatz zum NS-Regime, das die Todesstrafe zunächst für bis zu 77 Tatbestände vorsah und ab 1944 letztendlich für jeden Verstoß gegen das „gesunde Volksempfinden“ verhängte, begnügen sich die Rechtsextremisten aus Dortmund mit fünf Tatbeständen – vorerst.
Denn auch ihr großes Vorbild Adolf Hitler sagte damals schon: „Nach zehn Jahren Zuchthaus ist der Mensch sowieso für die Volksgemeinschaft verloren. Solchen Kerl steckt man entweder in ein Konzentrationslager oder tötet ihn. In letzter Zeit ist das letztere wichtiger, um der Abschreckung willen.“
Streichung des §130 StGB (Volksverhetzung) und Entlassung Haverbecks aus der Haft
Unter dem letzten Programmpunkt der neonazistischen Partei heißt es u.a.: „Wir werden die Meinungsfreiheit in unserem Land wiederherstellen und den ,Volksverhetzungs’-Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches ersatzlos streichen.“
Da die Neonazis die Todesstrafe wiedereinführen wollen – vor allem für Hoch- und Landesverrat, ist es schon eine Perversität, von Meinungsfreiheit zu schreiben und diese zu fordern. Da sie die Ideologie der Nationalsozialisten verfolgen und leben, ist es offensichtlich was mit Menschen im Falle der „Machtübernahme“ passiert, die dann ihre Meinung gegen das Regime äußern.
Zurzeit sitzt die notorische Holocaustleugnerin und Spitzenkandidatin zur Europawahl Ursula Haverbeck (90) im geschlossenen Vollzug der JVA Bielefeld. Die Rechtsextremen haben zwei Gutachten bei ihren Anwälten in Auftrag gegeben, was bei einem Einzug von Haverbeck ins EU-Parlament passieren müsse. Beide Anwälte kommen zu dem Schluss, dass Haverbeck für die Sitzungen im EU-Parlament Langzeitausgang gewährt werden müsse.
Dass der Langzeitausgang nicht dazu dient, quer durch Europa zu fahren, um an Sitzungen teilzunehmen, wird ganz außer Acht gelassen – zumal sich der Gefangene in Deutschland aufhalten muss. Nebenbei muss die Gefangene sich zuvor bewährt haben, um Hafturlaub zu bekommen.
Notorische Holocaustleugnerin verweigert sich in der Haft allen Resozialisierungsmaßnahmen
Das trifft auf Ursula Haverbeck nicht zu: So heisst es selbst in einem Gutachten: „Die Kandidatin lehnt jede Zusammenarbeit mit der JVA im Rahmen einer sog. ,Resozialisierung’ ab und hält an den ihrer zur Verurteilung führenden Überzeugungen fest. Sie hat sich nicht freiwillig zum Haftantritt gemeldet, sondern musste polizeilich zugeführt werden.“
In zwei Sätzen wurde somit die negative Antwort auf Gewährung eines Langzeitausganges selbst beantwortet. Derzeit sitzt Haverbeck seit dem 9. Mai 2018 ihre zweijährige Haftstrafe (Urteil des Landgerichts Verden) in der JVA Bielefeld im geschlossenen Vollzug ab. Eine offene Form kommt wegen Fluchtgefahr durch unterstützende Sympathisanten nicht in Frage.
Direkt im Anschluss daran folgt die nächste Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten – verhangen vom Landgericht Detmold. Zudem muss Ursula Haverbeck sich noch vor dem Landgericht Hamburg ebenfalls wegen Volksverhetzung verantworten.
Dass die Abgeordneten des EU-Parlaments einer Inhaftierten Holocaustleugnerin Immunität verschaffen werden, gilt ebenso mehr als unwahrscheinlich. Eine Anfrage an das Bundesministerium für Justiz für einen solchen Fall wurde an das Landesjustizamt NRW verwiesen. Die Beantwortung in dieser Frage noch allerdings noch aus.
Nachtrag: Illegale Plakate?
Was kann die Stadt Bochum, was die Stadt Dortmund nicht kann? Wir haben nachgefragt. Hier ist die Antwort der Stadt Dortmund:
In Bochum liegt der Partei Die Rechte eine solche Erlaubnis nicht vor. Die Gestaltung der Plakate liegt im Verantwortungsbereich der jeweiligen Parteien, sie bestimmen Art und Stil ihrer Wahlpropaganda. Nach der herrschenden Rechtsprechung ist dabei eine großzügige Gesamtbetrachtung zugrunde zu legen. Strafrechtlich relevante Inhalte der Plakatwerbung bilden die Grenze und wären unzulässig. Die Jüdische Gemeinde Westfalen-Lippe bei der Staatsanwaltschaft Dortmund Strafanzeige eben wegen dieser Plakattexte erstattet. Eine finale Einschätzung durch die Staatsanwaltschaft steht noch aus.
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Reaktionen
Ein Leser
Danke für den guten Artikel und Recherchearbeit. Ea fehlen einem die Worte was die Nazis alles so ungestraft dürfen
AndiN
Fordern darf man alles.
Die Schwachmaten leben aber echt in ihrer eigenen Welt, wenn die meinen, die werden jemals an die Macht kommen.