Von Sascha Fijneman
Die Renaturierung der Emscher schreitet weiter voran. War sie früher als „Köttelbecke“ bekannt, ist entlang des Flusslaufes in den letzten Jahrzehnten so einiges passiert. Die Emschergenossenschaft setzt bei ihren Bauvorhaben voll auf ökologische Nachhaltigkeit, um neue Flächen zu erschließen und neue Nutzungskonzepte zu realisieren. Im Hinblick auf die Internationale Gartenschauaustellung 2027, für die sich die Stadt Dortmund beworben hat und über deren Teilnahme der Rat in seiner Sitzung am 27. September 2018 entscheiden wird, werden weitere Schritte folgen. Das erste Teilstück des Abwasserkanals wird noch im September in Betrieb genommen.
Emschergenossenschaft startete Generationen-Projekt schon in den späten 80er Jahren
Die Emschergenossenschaft ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wurde 1899 im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung des Ruhrgebietes von VertreterInnen der Kommunen, Bergbau-, Gewerbe- und Industriebetriebe der Emscherkulisse gegründet.
Seitdem hat die Non-Profit-Organisation in mehreren Phasen auf die Abwasserbeseitigung und -reinigung, die Grundwasserbewirtschaftung und die Beseitigung von Folgeschäden des Bergbaus an der Emscher und den angrenzenden Kommunen eingewirkt.
Seit Ende der 80er Jahre besteht die Hauptaufgabe der Genossenschaft im naturnahen Umbau des Emschersystems. Mit der Internationalen Bauausstellung Emscherpark (1989–1999) wurde dieses Generationenprojekt eingeleitet. In dieser Zeit wurde ein 430 Kilometer langes Kanalsystem mit vier dezentralen Großkläranlagen installiert. Zusätzlich konnten 340 Kilometer Flusslauf ökologisch nachhaltig umgebaut werden.
Emscherumbau soll in Dortmund bis 2020 abgeschlossen sein
Bis 2020 sollen die Arbeiten im Dortmunder Gebiet größtenteils abgeschlossen sein. Für die gesamte Emscherkulisse wird mit Kosten von rund fünf Milliarden Euro kalkuliert, von denen auf Dortmund rund eine Milliarde Euro entfallen.
„Es ist wichtig, dass die Kommunen der Emscherkulisse für sich begreifen, welche Chancen der Umbau für sie mit sich bringt. Dortmund hat dies schon sehr frühzeitig getan und profitiert immens“, so Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.
Paetzel macht hiermit auf die indirekten positiven Begleiterscheinungen der Renaturierung aufmerksam. So dienen die Maßnahmen auch dem Erhalt der Artenvielfalt, es entstehen neue Arbeitsplätze, Wohnquartiere werden aufgewertet, Freizeit- und Tourismusangebote ausgeweitet und durch neue oder erneuerte Rad- und Fußwege attraktiviert.
Fuß- und Radwegenetz vom Phoenix-See bis zum Mengeder Meer geplant
„Uns schwebt hier die Idee vor, bis zur IGA 2027 ein durchgängig asphaltiertes und barrierefreies Rad- und Fußwegenetz vom Phoenix-See bis zum Mengeder Meer zu präsentieren“, so Paetzelt. Zehn Prozent der Emscherkulisse sollen letzten Endes unter Naturschutz stehen und es soll ein Grünflächenanteil von 60 Prozent erreicht werden.
Die Abwasserfreiheit der Emscher und somit die rein unterirdische Ableitung des Abwassers in Dortmund soll bis 2021 erfolgen. Dass das Abwassersystem der Emschgergenossenschaft eines der besten der Welt sei, machte Ullrich Sierau als Ratsvorsitzender des Verbandes deutlich. „Bei unserer letzten USA-Reise haben die Verantwortlichen der Gemeinden in New York und Buffalo reges Interesse am technischen Know-how der Emschergenossenschaft bekundet“, so Sierau.
Der Emscherumbau sei ein Großprojekt, dass ungewöhnlich reibungslos ablaufe. Bisher konnten sowohl Zeit- als auch Kostenplan eingehalten werden. Aus diesem Grund sei auch die Landesregierung vom Projekt überzeugt. Das Teilgebiet der Emscher von der Quelle in Holzwickede bis zur Kläranlage in Deusen gilt sowohl für Sierau als auch für Paetzel als Teststrecke für die gesamte Emscherkulisse. Holzwickede bezeichnet sich neuerdings sogar stolz als Emscherquellgemeinde. Hier ist für die Verantwortlichen ein Vorzeigeprojekt für die Region entstanden. Auch am Phoenixsee seien die positiven Auswirkungen augenscheinlich.
Aktuell stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität zur Debatte
„Durch die Renaturierungsbemühungen der Emscherkulisse hat die Bierstadt Dortmund jetzt sogar ihre ersten zwei Weinberge am Phoenix-See und am Rüpingsbach in Dortmund-Barop“, freut sich der Dortmunder Oberbürgermeister. Auch nach Abschluss der Arbeiten 2021 rechnet die Emschergenossenschaft jährlich mit Investitionssummen zwischen 200 und 300 Millionen Euro für Instandhaltung, Pflege und Reparaturen.
Der Umweltausschuss des Stadtrates diskutiert gerade Maßnahmen zur Aufwertung der Wasserqualität in Dortmund. Auch hier will die Emschergenossenschaft sich einbringen und setzt auf eine vierte Reinigungsstufe in den Kläranlagen, um Mikroplastik und Medikamentenrückstände auszufiltern. Uli Paetzel macht diesbezüglich jedoch darauf aufmerksam, dass entschieden werden müsse, wer die Kosten für die nötigen Maßnahmen aufbringen soll. Denn hier könnte auch nach dem Verursacherprinzip vorgegangen werden, wodurch Krankenhäuser, Viehzucht- und Industriebetriebe, die ihr Abwasser in die Emscher ableiten an den Kosten beteiligt werden könnten.
„In diesem Zusammenhang ist es wichtig, nicht erst am Ende, also an der Kläranlage anzufangen. Wir haben festgestellt, dass die Hormonbelastungen des Emscherwassers größtenteils durch Tierhaltung entstehen, während große Mengen Mikroplastik durch den Abrieb von Autoreifen das Wasser verunreinigen. Hier sind also auch HerstellerInnen und BetreiberInnen in Industrie und Wirtschaft gefragt, alternative, ökologisch nachhaltige Alternativen zu entwickeln und anzubieten“, erklärt Paetzel.
Am 24. September wird erstes Kanalteilstück zwischen Dortmund und Bottrop in Betrieb genommen
Am kommenden Montag, den 24. September 2018, wird die Emschergenossenschaft den Abwasserkanal schrittweise im Abschnitt zwischen Dortmund und Bottrop in Betrieb nehmen.
Auf einer Länge von 35 Kilometern wird nach und nach das Emscher-Abwasser eingeleitet werden, der Fluss wird dadurch in den kommenden Jahren immer sauberer. In diesen Teil des modernsten Abwasserkanals Europas investierte die Emschergenossenschaft mehr als eine halbe Milliarde Euro.
Der Abwasserkanal Emscher (AKE) ist in Dortmund 6091 Meter lang. Dafür wurden in den vergangenen Jahren bereits insgesamt 1430 Rohr-Elemente mit einem Gesamtgewicht von 16.010 Tonnen vorgetrieben. Insgesamt wurden zwischen Dortmund und Bottrop 10.661 Rohr-Elemente mit Innendurchmessern zwischen 1,60 und 2,80 Meter und einem Gesamtgewicht von 213.747 Tonnen verlegt.
Neben dem Abwasserkanal Emscher zwischen Dortmund und Bottrop wird die Emschergenossenschaft im Herbst auch die beiden in rund 40 Meter Tiefe liegenden Abwasser-Pumpwerke in Gelsenkirchen und Bottrop in Betrieb nehmen. Die 5 Milliarden Euro für den kompletten Emscherumbau tragen die Mitglieder der Emschergenossenschaft – also Industrie, Kommunen und Bergbau zu 80 Prozent. Den Rest übernehmen das Land NRW und die EU mit Fördermitteln.
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