Von einer Schrottimmobilie zum Vorzeigeobjekt: Die Stiftung Soziale Stadt hat das völlig modernisierte Gebäude Missundestraße 80 in der Nordstadt an die Stadt Dortmund übergeben. Umgebaut wurde es mit Hilfe von Jugendlichen ohne Berufsausbildung und ehemals Langzeitarbeitslosen. Ein Träger der Dortmunder Jugendhilfe wird das Gebäude für ein betreutes und begleitetes Wohnangebot für junge Menschen nutzen. Starten soll das Vorhaben noch in diesem Jahr.
Verwahrlostes Haus wirkte sich negativ auf die Nachbarschaft aus
Vor zwei Jahren erwarb die Stiftung Soziale Stadt das Gebäude Missundestraße 80 in desolatem Zustand. Das verwahrloste Haus mit hohem Leerstand wirkte sich negativ auf das Stadtbild bzw. auf die Erscheinung des Quartiers aus.
Nach der Sanierung – statt zwölf brauchte das Team um Grünbau-Bauleiter Lothar Noskowiak nur neun Monate – ist die Immobilie kaum wieder zu erkennen. Die Herausforderung war groß, die Schäden massiv. Vor allem die Böden und Decken waren völlig marode – das Betreten eigentlich lebensgefährlich.
Daher war ein finanzieller Kraftakt nötig: Rund 1.600 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche wurden investiert, um die ehemalige Schrottimmobilie wieder in Wert zu setzen. Dies ist bei dem Gründerzeithaus gelungen.
Insgesamt 575.000 Euro haben Kauf und Umbau der Schrottimmobilie die Stadt gekostet. Das rechnet sich nicht nur mit Blick auf das Bauvorhaben – der Kauf kommt die Stadt im Endeffekt günstiger. Denn allein die Nettokaltmiete für ein Objekt dieser Größe läge bei 25.000 Euro pro Jahr.
Sanierungsprojekt hat einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen
Der volkswirtschaftliche Nutzen ist noch wesentlich größer, rechnet Detlef Niederquell vom Fachbereich Liegenschaften vor. Schließlich wurden hier nicht nur Fachunternehmen beschäftigt, sondern Grünbau realisierte den Umbau mit ehemals Langzeitarbeitslosen sowie jungen Menschen ohne Berufsausbildung im Rahmen einer Qualifizierung. Sie arbeiten mit den eingesetzten Fachunternehmen Hand in Hand.
„Wir freuen uns, dass wir erneut vertrauensvoll mit der Stadt zusammenarbeiten konnten, betont Grünbau-Geschäftsführer Andreas Koch – zugleich auch Vorstand der Stiftung Soziale Stadt Dortmund – deutlich. Mit im Boot ist nicht nur die Stadt, sondern auch das Jobcenter. Denn wie bei früheren Sanierungsprojekten wird die Qualifizierung auch hier vom Jobcenter finanziert.
Dessen Chef Frank Neukirchen-Füsers ist von dem Modell überzeugt. Andere Städte und ihre Jobcenter blickten neugierig nach Dortmund und informierten sich darüber. „Was für uns gelebte Praxis ist, ist für andere Kommunen undenkbar“, berichtet Neukirchen-Füsers.
Dabei ist das Vorhaben auch deutlich besser für die ProgrammteilnehmerInnen. Denn statt an Übungsvorhaben in überbetrieblichen Ausbildungsstätten arbeiten sie hier an echten Projekten – im konkreten Fall an einer Haussanierung. „Hier werden Werte geschaffen, die über Jahre Bestand haben. Das sorgt für Selbstbewusstsein und gibt den Menschen ihr Selbstwertgefühl zurück“, berichtet der Jobcenter-Chef.
In-Wert-Setzung als wichtiger Beitrag zur Stabilisierung des Quartiers
„Die In-Wert-Setzung leistet zudem einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Quartiers und schafft bezahlbaren Wohnraum und Raum für soziale Zwecke“, unterstreicht Dezernentin Daniela Schneckenburger. Ganz abgesehen davon, dass solche öffentlichen Finanzierungen auch private Investitionen nach sich ziehen: Ein öffentlich investierter Euro zöge acht private nach sich, verwies Schneckenburger an entsprechende Untersuchungen.
An anderen Standorten in der Nordstadt und auch stadtweit ist dies eindrucksvoll nachzuvollziehen: Auch bei früheren Projekten der Sozialen Stadt – aber auch bei anderen privaten und öffentlichen Investitionen – hat sich das positiv ausgewirkt.
Insbesondere links und rechts – also in der direkten Nachbarschaft – führt dies zumeist zu weitere Investitionen. Die Nachbarn ziehen nach, werten auch ihre Häuser auf. Daher engagiert sich die Stadt insbesondere bei Schlüsselimmobilien, die größere Auswirkung auf ein ganze Quartier haben kann.
Betreutes und begleitetes Wohnangebot für junge Menschen geplant
Im konkreten Fall in der Missundestraße haben junge Leute nicht nur am Bau mitgewirkt. Hier sollen auch noch in diesem Jahr junge Menschen einziehen. Die Stadt möchte das Haus einem Träger der Dortmunder Jugendhilfe für ein betreutes und begleitetes Wohnangebot zur Verfügung stellen. Starten soll das Projekt noch im Jahr 2018.
Denn der Bedarf ist groß, macht Jugenddezernentin Daniela Schneckenburger deutlich. Dafür eignet sich das Gebäude: Im Erdgeschoss finden Gemeinschaftsräume, Büro und auch eine Waschküche Platz. In den oberen Stockwerken werden Wohnungen entstehen. Für andere Nutzungen – beispielsweise für eine weitere Kinderstube – reichte der Grundriss des Hauses nicht aus. Dafür wären größere und deutlich teurere Eingriffe in die Gebäudesubstanz nötig gewesen.
Für das nun geplante Jugendhilfeangebot können der Grundriss und teils auch historische Elemente erhalten bleiben. Schön herausgearbeitet ist die Fassade. Aber auch der Fußboden im Eingangsbereich und das historische Holzgeländer wurden wieder hergerichtet. Das Gebäude ist kaum wiederzuerkennen – zumindest für die Leute, die die Schrottimmobilie vorher gesehen hatten.
Erfolgreicher Klebeeffekt: Teilnehmer der Qualifizierung finden Festanstellung
Viel Lob gab es daher für die beteiligten Fachunternehmen und das Team von Grünbau-Bauleiter Lothar Noskowiak. Sie haben der Nordstadt-Problemimmobilie in der Missundestraße 80 neues Leben eingehaucht und sich dabei eine berufliche Perspektive erarbeitet.
Denn bei jeder Maßnahme bleiben Teilnehmer der Qualifizierung bei Grünbau oder den beteiligten Fachunternehmen „hängen“ und fangen dort fest an. Der Klebeeffekt ist erwünscht. Das klappt so gut, dass frühere Teilnehmer heute selbst als Vorarbeiter auf diesen Baustellen sind.
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