In Dortmund sollte es endlich eine Ehrenamtskarte geben, um die Arbeit der vielen Menschen wertzuschätzen, die Zeit und Geld opfern, um anderen zu helfen. So hatte es zumindest der Stadtrat mehrheitlich für Anfang 2019 beschlossen und die Verwaltung mit der Umsetzung beauftragt. Stattdessen stellte sich nun im Ausschuss für Bürgerdienste, öffentliche Ordnung, Anregungen und Beschwerden heraus: bislang ist eigentlich und mal wieder nichts geschehen. Das sorgte für Unmut.
Mehrheit des Rats: für eine Dortmunder Ehrenamtskarte, die über NRW-Modell hinausgeht
Am 17. Mai dieses Jahres hatte der Rat der Stadt Dortmund mehrheitlich – gegen die notorischen Stimmen der AfD und bei Enthaltung von FDP/Bürgerliste – die Einführung einer Ehrenamtskarte zum Januar 2019 beschlossen. Dabei handelte es sich um eine ziemlich lange Geburt: von der ersten Initiative damals dauerte es satte acht Jahre, bis das Projekt im Frühjahr auf den Weg gebracht werden konnte.
Um zudem die verhältnismäßig restriktiven Bedingungen des Landes NRW für den Erhalt einer solchen Karte – die zu den verschiedensten Begünstigungen im öffentlichen Leben berechtigt – zu lockern und auf diese Weise eine Anerkennungskultur zu stärken, hatten die befürwortenden Fraktionen die Verwaltung beauftragt, zeitnah entsprechende Vorschläge vorzulegen.
Nach Essener Vorbild beinhaltete der Beschluss des Weiteren, der FreiwilligenAgentur Dortmund jährlich zusätzliche Mittel in Höhe von 25.000 Euro zuzuweisen, „die unbürokratisch an Vereine, Initiativen oder Einzelpersonen zur konkreten Stärkung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Tätige ausgezahlt werden können“, wie es hieß – sofern keine anderweitigen pauschalen Aufwandsentschädigungen geleistet würden.
Nach über sechs Monaten: keinerlei Vorschläge zur geplanten Einführung der Karte
Soweit, so gut – die Mehrheit war sichtlich erleichtert; Anfang 2019 sollte das Ding endlich stehen. Als nun im Ratsausschuss für Bürgerdienste die zuständige Verwaltungsstelle der Stadt über die konkrete Umsetzung der Maßnahme Bericht erstatten sollte, wo das Jahr 2018 immerhin mit seinem Ende droht, kam allerdings Befremdlichkeit auf.
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Christiane Krause, CDU und Ausschussvorsitzende, ist sichtlich pikiert – zumal sowieso erkältet, wie sie sagt – als sie anfangs unter dem betreffenden Tagesordnungspunkt die Geschäftsführerin der FreiwilligenAgentur Dortmund, Karola Jaschewski, darum bittet, ein wenig lauter zu sprechen. Die hatte es allerdings auch nicht leicht: wer (außer PhilosophInnen) redet schon gern über – nichts.
Denn zur Umsetzung jener politisch gewollten Würdigung des Ehrenamtes, die administrativ offenbar nicht erst seit gestern auf wenig Gegenliebe stößt, gab es – wohlgemerkt: über sechs Monate später – wenig, und abzüglich diesbezüglicher Schwierigkeiten, bis eher rein gar nichts zu berichten.
Begrüßung des Ratsbeschlusses durch FreiwilligenAgentur nur eine Verzögerungstaktik?
Im Namen des Trägers der FreiwilligenAgentur – des „Vereins zur Förderung der freiwilligen Tätigkeit in Dortmund e.V.“ – begrüßt die Geschäftsführerin der Koordinierungsstelle für ehrenamtliche Tätigkeiten zwar ausdrücklich den „Antrag“ der Fraktionen wie das implizierte Motiv einer Bekräftigung von Anerkennungskultur.
Doch es gäbe noch einige zu klärende Punkte, kann die städtische Mitarbeiterin im Ausschuss für Bürgerdienste anschließend nichts zu konkreten Fortschritten in Sachen Realisierung der Ehrenamtskarte sagen.
Ein „Hindernis“, das den Trägerverein offenbar seit langem aufhält, die Ehrenamtskarte umzusetzen, umschreibt Karola Jaschewski in ihrer Stellungnahme mit den viel- wie nichtssagenden Worten, dass der Vorstand des Vereins sich mit der Angelegenheit befasst habe; jetzt ginge es um „Detailklärung“.
Denn, ablesbar an der Reaktion auf ihr Statement, sofern überhaupt eine kam: es fehlt allein der Glaube. Daran, dass die FreiwilligenAgentur die Ehrenamtskarte wirklich will. Vielmehr scheint im Ausschuss die Annahme auf Verzögerungstaktik seitens des Trägervereins vorzuherrschen.
Trägerverein für ehrenamtliches Engagement fürchtet lediglich um seine Gemeinnützigkeit
Für Dieter Siegmund vom Seniorenbeirat waren nach dem Beschluss des Stadtrates eigentlich nur noch zwei Punkte zu klären, um die Ehrenamtskarte in Dortmund abseits der verhältnismäßig restriktiven NRW-Regularien einzuführen: wie lang im Unterschied dazu ehrenamtliche Tätigkeit nachgewiesen werden müsse bzw. die Ehrenamtskarte ohne sie gültig sei.
Damit hat sich der Vorstand des Trägervereins aber scheinbar nicht wirklich auseinandergesetzt; zumindest war davon im Bericht von Karola Jaschewski kein Wort zu hören. Einziges Problem, das von ihr in der Ausschusssitzung kommuniziert wurde: ein Förderfonds für die Ehrenamtskarte (=25.000 Euro), der beim Verein angesiedelt sei, müsse so gestaltet werden, dass seine Gemeinnützigkeit nicht verloren ginge.
Ende Januar gäbe es dazu eine abschließende Beratung des Vereinsvorstandes; sie ginge davon aus, dass im ersten Quartals des kommenden Jahres dann das Konzept definitiv vorgestellt werden könne. – Mehr gab es nicht an Stellungnahme, von positiven Vorschlägen zur Einführung einer besonderen Dortmunder Ehrenamtskarte ganz zu schweigen. Demnach reduzierte sich der Auftrag an die Verwaltung im Kern auf ein vereinsrechtliches Problem.
Sollte die Ehrenamtskarte in Dortmund nicht besser woanders angesiedelt werden?
Doch solche Verkürzungen überzeugten erwartungsgemäß nicht. Er habe in Stellungnahmen der Freiwilligenagentur gelesen, so Dieter Siegmund, dass sie eigentlich gegen eine solche Karte sei, und fände die Kehrtwende jetzt erstaunlich: „Ich verstehe das nicht“. Und mahnt Druck an; denn es kämen immer wieder Nachfragen von Ehrenamtlichen, wann es soweit sei.
Christiane Krause, die sich schon auf der Zielgeraden in der Debatte für die Einführung einer Ehrenamtskarte stark gemacht hatte, reicht es jedenfalls: es ginge hier schließlich nicht um die Freiwilligenagentur, sondern um die Ehrenamtskarte. Konkrete Worte zur Weise, wie sie eingeführt werden solle, vermisse sie. Außerdem habe sich niemand gemeldet, dass es zeitlich nicht hinkäme.
Sie sei sehr enttäuscht, wiederholt sie gleich mehrfach – und hat offenbar den Kaffee auf: seit acht Jahren würde in der Sache trotz damaliger Zustimmung des Rates immer wieder verzögert, getrödelt. Der Ausschuss Bürgerdienste (wo zuvor der spätere Stadtratsbeschluss im Vorfeld entscheidend geformt wurde) scheine, nicht zum ersten Mal, wohl nicht ganz ernst genommen zu werden
Dann wird sie konkreter: „Wenn Sie als Freiwilligenagentur sagen, die Ehrenamtskarte ist nicht unser Kind, wir wollen das nicht, dann müssen wir uns darüber unterhalten, dann muss die Ehrenamtskarte woanders angesiedelt werden.“
Weitere Informationen:
- Satzung des „Vereins zur Förderung der freiwilligen Tätigkeit in Dortmund e.V.“, hier:
- Bundesarbeitsgemeinschaft der FreiwilligenAgenturen e.V., hier:
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