Fahrrad fahren in Dortmund kann ungemütlich sein. Sei es, dass der 40 Tonner einen dicht überholt, der Radstreifen mal wieder von Leuten zugeparkt wird, die nur mal kurz zum Bäcker wollen, oder es am Ziel einfach keine geeignete Abstellmöglichkeit für das eigene Rad gibt. Das Aktionsbündnis „Aufbruch Fahrrad„ fordert die Verbesserung der Radverkehrs Situation in NRW. Sie wollen, dass der Anteil des Radverkehrs bis zum Jahr 2025 von acht auf 25 Prozent ansteigt. Damit das Land die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft, sammeln die AktivistInnen Unterschriften. Wenn sie bis zum Juni 2019 mindestens 66.000 Unterschriften erhalten, muss sich der Landtag mit ihren Forderungen beschäftigen. In Dortmund haben sie nun ein selbst gesetztes Zwischenziel erreicht. Das Sammeln geht aber weiter.
Die Volksinitiative braucht mindestens 2000 Unterschriften aus Dortmund
Unter dem Motto „Dem Radverkehr mehr Gewicht verleihen“ hatte das Bündnis die Bürger dazu aufgerufen, ihre Unterschriftenlisten „in die Waagschale“ zu werfen. Ein Gewicht von zehn Kilogramm hatten sich die AktivistInnen in Dortmund dafür als Ziel gesetzt, doch mit 14 Kilo Unterschriftenlisten haben sie das Ziel deutlich übertroffen. Wie viele Unterschriften das genau sind, wird noch überprüft.
___STEADY_PAYWALL___
Volksinitiativen sind in NRW eine von drei Möglichkeiten, wie BürgerInnen unmittelbar Einfluss auf den demokratischen Willensbildungsprozess nehmen können. Die Landesverfassung in NRW setzt für solche Volksinitiativen eine Beteiligung von 0,5 Prozent der Wahlberechtigten voraus. Auf Dortmund herunter gerechnet wären das ca. 2000 Unterschriften.
Die in Dortmund gesammelten Unterschriften werden nun dem Einwohnermeldeamt zur Prüfung übergeben und dort bestätigt, erklärt Peter Fricke von Aufbruch Fahrrad. Am 1. Juni wird dann die Zahl aller Unterschriften aus ganz NRW offiziell bekanntgegeben. Damit entscheidet es sich, ob sich der Landtag mit den Forderungen beschäftigen muss. Bis dahin wollen Fricke und seine MitstreiterInnen noch einige Unterschriften sammeln. Helfer sind dabei gerne gesehen.
Neun Forderungen für bessere Bedingungen im Radverkehr in Nordrhein-Westfalen
Die Initiative fordert bessere Bedingungen für den Radverkehr in Nordrhein-Westfalen. Dazu hat das Bündnis neun konkrete Forderungen aufgestellt. Sie fordern zum Beispiel eine Verkehrsplanung, die sich an der „Vision Zero“ orientiert. Das in Schweden entstandene Verkehrskonzept verfolgt das Ziel, die Zahl der Verkehrstoten gegen 0 zu reduzieren. Unter-anderem wird der Verkehr dabei baulich getrennt.
Auch der Ausbau von Radwegen steht auch auf der Liste mit Forderungen. 1000 Kilometer Radschnellwege sollen den Rad- Pendlerverkehr vereinfachen. Zusätzliche fordert die Initiative den Neubau von jährlich 300 Kilometern Radwegen an Bundes- und Landstraßen.
„Und wir wollen mehr Fahrrad Expertise in Ämtern und Behörden, damit die Radwege nicht im Nirgendwo enden“, begründet Fricke eine weitere Forderung. So soll unteranderem ein zentrales Referat für den Radverkehr geschaffen werden, das die Koordination von Planung und Umsetzung übernimmt.
Für das Parken sieht die Initiative eine Million neue Fahrradparkplätze vor. Die sollen mit einem dichten E-Bike Ladenetz ausgestattet werden. Der Ausbau von gesicherten Radstationen ist ebenfalls teil der Forderung.
Auch Fördermaßnahmen des Landes sind teil der Forderungen. So soll das Land zum Beispiel die Anschaffung von Lastenrädern im Handwerk und Außendienst bewerben und mit einer Kaufprämie unterstützen. Kommunen sollen bei dem Bau von Fahrrad Infrastruktur gefördert werden.
Weitere Forderung sind die kostenlose Rad-Mitnahme im Nahverkehr und Werbemaßnahmen für mehr Radverkehr
Starker Verbesserungsbedarf auf auf den vielen Straßen in Dortmund
Fricke sieht auch in Dortmund eine starken Verbesserungsbedarf bei den Radverkehrs Bedingungen. Er findet die Gesamtqualität in Dortmund äußerst unbefriedigend. Eins von vielen Problemen sei, dass die Fahrradschutzstreifen viel zu schmal sein und quasi vollständig im Bereich von Parkenden Autos verlaufen.
Er wirft der Stadt vor, viel anzukündigen, aber nur wenig davon umzusetzen oder es zu stark zu verzögern. Insgesamt würde er der Dortmunder Radinfrastruktur die Schulnote mangelhaft oder ungenügend vergeben. Nur etwa zehn Prozent der Infrastruktur sei mit ausreichend zu bezeichnen.
„Wir brauchen eine Situation, wo Radfahren für alle attraktiv ist. Wo auch Kinder oder ältere Leute mit dem Rad fahren wollen. Wo es insgesamt so attraktiv ist, dass diejenigen, die heute noch Auto fahren bereit sind, das Verkehrsmittel zu wechseln“, formuliert Fricke.
Die Dortmunder Infrastruktur reiche noch nichtmal aus, um denn derzeitigen Radverkehr abzuwickeln. Das reiche nicht aus, um Leute davon zu überzeugen, statt dem Auto das Rad zu nehmen.
Auch in der Nordstadt sieht Fricke Probleme. Im vergangenen Jahr sind hier drei FahrradfahrerInnen ums Leben gekommenen. Bereits im Dezember hatten mehrer Verkehrsverbände daher einen gemeinsamen Forderungskatalog veröffentlicht. Eine akute wichtige Forderung sei es, die Ampelphasen für die motorisierten Rechtsabbieger und den geradeaus fahrenden RadfahrernInnen zu trennen. Damit hätten die drei Todesopfer verhindert werden können, meint Fricke. Die Stadt hingegen versucht weitere Unfälle mit roten Bodenmarkierungen zu verhindern.
Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:
Reader Comments
BIKER
Fahrradfahren in der Dortmunder City ist eine Katastrophe und hoch gefährlich. Absurd auch, dass bei der Neugestaltung der östlichen Kampstraße an vieles gedacht wurde-eben nur nicht an einen Radweg..
Ansonsten gilt für Dortmund -auf der Straße drohen Unfälle mit Autos, auf den Radwegen oder – bei sehr gefährlicher Straßenlage auf dem Bürgersteig – Unfälle mit Fussgängern.
Immerhin treibt die morgendliche Fahrt durch die City zur Arbeit den Adrenslinspiegel derart in die Höhe, dass man auch ohne einen starken Kaffee nicht sofort am Schreibtisch einpennt.
Auch die -faktisch nicht existenten -Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern in den viel zu kleinen Dortmunder Straßenbahnen – die 403 und 408 gehören wahrscheinlich weltweit ohnehin zu den engsten und unbequemsten – sind an Jämmerlichkeit nicht zu überbieten.
Ich finde die Forderungen der Initiative sehr gut -kann man auch online unterschreiben, dann kämen wohl ein paar tausend Stimmen hinzu?-, doch geht mir das Gequassel der Lokalpolitiker vom Ruhrradschnellwrg insofern auf die Nerven, dass man dann zwar in der freien Fläche vorankommt, aber das Spießr(o)utenfahren , sobald man in irgendein Stadtgebiet einföhrt, von Neuem beginnt.
Peter Fricke
Können wir den Satz mit dem Kaffee in die Zitatesammlung über den Radverkehr in Dortmund aufnehmen? 🙂
Online unterschreibe ist leider nicht möglich. Das Verfahren bei einer Volksinitiative ist gesetzlich genau geregelt und Onlineunterschriften sind nicht vorgesehen. Man kann aber den Unterschriftenbogen unter aufbruch-fahrrad.de herunterladen und dann per Post an die angegebene Adresse in Köln schicken oder in einer der Sammelstellen abgeben, die auf aufbruch-fahrrad.de gelistet sind, z.B. die Radstation am Hbf oder viele Fahrradläden.
Und Du kannst gerne mitmachen! Einfach melden unter dortmund@aufbruch-fahrrad.de oder zu einem der Infotreffen ins Klubhaus 1249 in die Berswordthalle am Friedensplatz kommen: 7. März, 2. April und 29. April, jeweils 19 Uhr. Wir retten nicht nur die Welt, sondern haben auch noch ne Menge Spaß dabei! 🙂
Bebbi
Andere Radentscheide sind bereits daran gescheitert, dass ihre Forderungen rechtlich nicht geprüft waren, obwohl sie sich auf rechtliche Themen bezogen oder ihre Forderungen viel zu unklar. „Bessere Bedingungen für den Radverkehr“ verschließt sich kaum jemand wie der Forderung nach besseren Schulen. Nur gibt es in beiden Fällen sehr unterschiedliche Ansichten darüber was das heißt und beides mal sind wissenschaftliche und Internet-Sicht nicht deckungsgleich.
Peter Fricke
Deckungsgleich ist so Einiges nicht. Zum Beispiel die tatsächliche wissenschaftliche Sicht und das, was Einige gern dafür halten würden. Der tatsächliche Stand der Diskussion ist deutlich differenzierter, als manche, die von „Internet-Sicht“ reden, gerne wahrhaben würden. Dazu muss man allerdings auch Veröffentlichungen, die nicht ins eigene Weltbild passen, wahrnehmen.
Was das vermeintliche „Scheitern“ einiger Radentscheide angeht: Das läuft dann oft so, wie gerade in Stuttgart. Ein Rechtsgutachten erklärt die Forderungen für unzulässig, und anschließend beschließt die Politik Maßnahmen, die weitgehend den Forderungen des Radentscheids entsprechen. In einem Artikel auf velocityruhr.net wird das gerade angesprochen: https://velocityruhr.net/blog/2019/02/27/radentscheid-stuttgart-rechtlich-unzulaessig-und-trotzdem-erfolgreich/
Norbert
Also auch für mich ist das Scheitern, wenn man das Ziel nicht erreicht, das „Volk“ über seine Forderungen abstimmen zu lassen.
Wenn dann die Politik, die von den Radfahrern für ihr mangelndes Engagement für den Radverkehr kritisiert wurde, weitergehende Forderungen beschließt, nachdem sie bescheinigt bekommen lassen hat, dass kein Grund zur Panik besteht, darf man schon fragen, woher der Sinneswandel kommt. Haben ein paar Radfahrer mal so eben einen kompletten Gesinnungswandel erreichen können? Warum gelingt das sonst keinem mal so eben? Bis klar wird, dass diese ganzen Beschlüsse die gleichen Luftnummern sind, wie alle Radförderbeschlüsse vorher, wird sich die Szene verlaufen haben und keinem fällt auf, dass man höchstens noch mehr s. g. Schutzstreifen erreicht hat.
Peter Fricke
Nur noch bis 1. Mai werden Unterschriften für die Volksinitiative Aufbruch Fahrrad gesammelt! Wichtigster Teil des Endspurts ist das E-Bike-Festival vom 5.-7. April in Dortmund mit 55.000 Besuchern. Während des ganzen Zeitraums wird gesammelt. Es werden noch Helfer*innen gesucht! Interessierte können sich unter dortmund@aufbruch-fahrrad.de oder 0162/7419440 melden.