Schwerer Einschnitt für die Gewerkschaften: Erstmals seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Jahr 1949 finden keine öffentlichen Feierlichkeiten, Demonstrationen und Kundgebungen zum Tag der Arbeit am 1. Mai statt. Stattdessen wird es in diesem Jahr eine virtuelle Veranstaltung im Internet geben. Selbst wenn man Kundgebungen trotz der Corona-Einschränkungen notfalls gerichtlich durchsetzen könnte, verzichtet man aus Gründen des Gesundheitsschutzes darauf. Die Verantwortung wolle man nicht übernehmen, stellt DGB-Chefin Jutta Reiter klar – auch gegen die Kritik von einigen Gewerkschafter*innen.
DGB warnt vor längerfristigen Einschränkungen bei der Versammlungsfreiheit
„Wir wollen den 1. Mai digital begehen und mit Anstand Abstand halten – dennoch stehen wir zusammen, digital, in den sozialen Netzwerken“, erklärt Reiter. Das diesjährige Motto könnte nicht passender sein: „Solidarisch ist man nicht alleine“. Die Entscheidung dazu sei bereits 2019 getroffen worden. „Da war überhaupt nicht absehbar, dass wir in die Corona-Krise stürzen würden.“ ___STEADY_PAYWALL___
„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Solidarität immer mehr unter die Räder kommt. Wir sprechen von einem Ausverkauf. Die Kluft zwischen Arm und Reich nimmt zu, ebenso wie Alters- und Kinderarmut in Deutschland“ finden die Gewerkschaften. „Den Strukturwandel und die ökologische Wende werden wir nur meistern, wenn wir solidarisch zusammenstehen. Mit der Coronakrise werden die Herausforderungen noch getoppt“, so die DGB-Vorsitzende.
Die Gewerkschaften hätten Verständnis dafür, dass es derzeit keine Massenveranstaltungen geben könne. „Aber die Probleme in diesem Land, auch wegen der aktuellen Politik, sind deshalb nicht weg. Wir müssen sehr klar überlegen, wie man mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit umgeht“, warnte sie die Politik, entsprechende Einschränkungen über längeren Zeitraum aufrecht zu halten.
„Nicht in Urlaub fahren zu können, damit kann ich leben. Aber wenn ich mich nicht öffentlich gegen einen Missstand wehren kann, wenn auch kleinerer oder in symbolischer Form, geht das nicht“, zeigt sich Reiter entschlossen. „Man muss Kritik am Staat oder an Problemen auch jenseits der Sozialen Medien kundtun können.“
Corona verändert die Arbeitswelt grundlegend – großer Schub für Digitalisierung
Nicht nur die Mai-Feierlichkeiten, auch die Arbeitswelt wird sich – wahrscheinlich auch nachhaltig – durch und nach Corona verändern. „Drei Wochen Corona haben in Sachen Digitalisierung mehr bewegt als drei Jahre ohne“, betont die IG Metall-Bevollmächtige Ulrike Hölter.
Innerhalb der Gewerkschaft aber auch in den Unternehmen seien jetzt Videokonferenzen an der Tagesordnung. Das spart Reisekosten und Reisezeit – und es schont die Umwelt“, macht sie als Vorteile aus. Binnen einer Woche seien auch beim DGB Microsoft-Teams eingeführt worden. Die Diskussionen bzw. die Einführung hätte sonst sicher Jahre gebraucht.
„Früher mussten die Kollegen immer aus Bielefeld nach Düsseldorf zur Sitzung fahren. Das ist für zwei Stunden Sitzung umweltpolitisch und zeitökonomisch nicht sinnvoll“, ergänzt Jutta Reiter.
Allerdings – und das gilt für die gesamte Wirtschaft wie auch die Politik – sei der persönliche Austausch und Kontakt wichtig und wertvoll. Und im Umkehrschluss bedeute das aber auch mehr Stress: „Es gibt dann keine Pausen mehr. Im Auto konntest du auch mal Luft holen, den Kopf freikriegen, nachdenken oder ein Telefonat führen. Jetzt geht es mit den Videokonferenzen immer Knall auf Fall“, so Reiter.
„Auch die Einstellung zu Homeoffice hat sich grundlegend geändert“ – mit positiven und negativen Erfahrungen aus den vergangenen Wochen. Was vorher unmöglich schien, wird heute gemacht. Aber der Praxistest in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei nicht überall gelungen.
Forderung: Das höhere Kurzarbeitergeld muss sofort kommen – nicht schrittweise
Sorge machen sich die Gewerkschaften natürlich, dass durch die Veränderungen und Einbußen Arbeitsplätze bedroht werden bzw. worden sind. „Die Prämie für Beschäftigte in der Pflege war nur ein erster Erfolg. Die Anerkennung ist wichtig. Aber dabei darf es nicht bleiben. Wir brauchen bessere Tarife und andere Pflegeschlüssel“, macht Reiter deutlich.
„Die Arbeitnehmer*innen hätten viel hinnehmen müssen. So wurde das Arbeitszeitgesetz ausgesetzt, geringe Ruhezeiten etc. zugelassen, um den Herausforderungen in medizinischen und pflegerischen Berufen gerecht werden zu können. „Wir müssen strukturiert zur neuen Normalität kommen – mit den alten Arbeitszeiten, aber mit mehr Personal und besseren Gehältern.“
Auch für das höhere Kurzarbeitergeld haben wir uns als Gewerkschaft massiv eingesetzt“, ergänzt Ulrike Hölter. Tarifliche Aufstockungen seien nur in einigen Branchen möglich, die stark zurückgehende Tarifbindung sei ein Problem. „Auch das ist nicht solidarisch. Da wird Wettbewerb auf dem Rücken der Arbeitnehmer*innen gemacht.“
Das Kurzarbeitergeld müsse sofort und nicht erst schrittweise erhöht werden: „Wir brauchen mehr. Mit einem Gehalt von 2200 Euro brutto bekomme ich als Alleinstehender 1600 Euro heraus. Wenn ich dann nur noch 60 Prozent davon bekomme, müssen sich viele Menschen fragen, wovon sie leben wollen, wenn sie die Miete gezahlt haben“, so Hölter. Sie stellten dann SGBII-Anträge. „Das wäre für den Staat linke Tasche – rechte Tasche. Daher kann man auch gleich mehr Kurzarbeitergeld zahlen.“
90 Prozent der von der IG Metall betreuten Unternehmen planen keinen Stellenabbau
Die Stimmung in den von der IG Metall betreuten Betrieben – dazu gehören neben Stahl, Metall und Elektro auch Kfz und Textil-Branche – hat sich massiv eingetrübt. Vor der Corona-Krise hätten 78 Prozent die Lage noch als normal bis sehr gut eingeschätzt.
„Nach Corona sieht die Welt ganz anders aus. Nur noch 13 Prozent bewerten die Lage als sehr gut, 20 Prozent als gut. Schlecht finden sie 25 Prozent, 12 Prozent sogar als sehr schlecht“, berichtet die Ulrike Hölter.
Die Auftragssituation gehe deutlich zurück, 53 Prozent sagen, dass die Produktionsketten gefährdet seien. „Viele konnten mit Resturlaub, der Nutzung von Arbeitszeitkonten und Homeoffice gegenhalten. Jetzt ist die Hälfte der Betriebe in Kurzarbeit – angemeldet haben noch mehr“, so die IGM-Bevollmächtigte.
Über eine tarifliche Aufstockung verfügen nicht mal 50 Prozent – und das trotz relativ guter Tarifbindung. „Wo es keinen Tarifvertrag gibt, gibt es kaum eine Chance, betrieblich etwas zu vereinbaren.“
Kurzarbeit ist für die IG Metall und die von ihr betreuten Branchen ja kein neues Thema. Neu ist allerdings die quasi sofortige Einführung von Kurzarbeit und der damit verbundene Abfall auf 60 Prozent (67 Prozent mit Kindern) des letzten Netto-Gehalts – quasi ohne Vorlauf. „Viele Betriebsräte haben hart für eine Aufstockung gestritten, insbesondere bei kleinen Einkommen“, weiß Hölter.
Doch die Firmen ohne Tarifbindung hätten größtenteils abgewunken – die Rettungsschirme des Staates seien für Unternehmen, nicht für die Beschäftigten gedacht – so deren Argumentation, kritisiert die IG Metall die Haltung von vielen Unternehmensgeschäftsführungen.
Die einzige positive Nachricht: 90 Prozent der befragten Betriebsräte hätten zurückgemeldet, dass die Kurzarbeit nur zur Arbeitsplatzsicherung eingesetzt würde. Ein Arbeitsplatzabbau sei in ihren Betrieben nicht geplant. Da die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes nur schrittweise erfolgen soll – auf 70 (77) Prozent nach drei und auf 80 (88) Prozent nach sechs Monaten – bleibe abzuwarten, ob alle Beschäftigten dies durchhalten könnten.
Forderung: Der Staat soll Azubis, Studierende und die Kommunen nicht vergessen
Ein besonderes Augenmerk legen die Gewerkschaften in der Krise auf Azubis und Studierende. Die Azubis könnten ihre Prüfungen nicht beenden. Auch das Thema Übernahme sei schwieriger geworden.
Viele Studierende hätten sich jetzt exmatrikuliert (also das Studium unterbrochen bzw. beendet), weil sie sich das Studium nicht mehr leisten könnten, weil ihre Nebenjobs durch die Krise weggefallen seien.
„Wir müssen die Grundsicherung verbessern, insbesondere für Menschen, die ohnehin schon am gesellschaftlichen Rand stehen. Da dürfen wir nicht weggucken“, so Reiter. Probleme sieht sie auch für Familien kommen, die wegen des Wegfalls der Kinderbetreuung und der Schulen auf Lohnersatzleistungen zurückgreifen mussten – diese gibt es derzeit nur für sechs Wochen. „Wir müssen diese Eltern schützen“, fordert Reiter.
Die Vorsitzende der DGB-Region Dortmund-Hellweg sorgt sich auch um die ohnehin schon klammen Kommunen insbesondere im Ruhrgebiet: Der Staat müsse auch die Kommunen finanziell besser ausrüsten: „Den Rettungsschirm brauchen wir gerade im Ruhrgebiet. Viele Städte hingen schon vorher am Fliegenfänger. Da muss die kommunale Leistungsfähigkeit erhalten bleiben.“
Hoffnung auf einen Neustart nach Corona: sozialer, digitaler, ökologischer und solidarischer
Eine Chance sehen die Gewerkschaften dennoch in der Corona-Krise: Vieles könne danach neu gestaltet werden. „Wir könnten beim Hochfahren vieles neu gestalten“, hofft Reiter – sozialer, digitaler, ökologischer und solidarischer.
Doch der Neustart könne nur mit guter Arbeit gelingen: „Solidarität ist keine Einbahnstraße. Unternehmen können nicht nur Mittel abgreifen, aber ihre Beschäftigten im Regen stehen lassen. Es braucht konjunkturelle und strukturelle Unterstützung für ein Leben danach“, so die DGB-Vorsitzende.
„Die Arbeitswelt nach Corona wird sich verändern. Aber Gesundheitsschutz sowie gute und faire Arbeitsbedingungen müssen her. Dann kann der Staat auch guten Gewissens in die Firmen investieren“, ergänzt Ulrike Hölter.
Ein virtueller Chor wird den Kultsong „You’ll never walk alone“ einsingen
Garantiert nicht im Regen stehen werden die Teilnehmenden beim ersten digitalen 1. Mai ab 11 Uhr im Internet und in vielen Sozialen Netzwerken. Der DGB lädt nicht nur zum Zusehen, sondern auch zum Mitsingen ein.
Es soll einen virtuellen Chor geben, der den nicht nur bei BVB—Fans sehr beliebten Kultsong „You’ll never walk alone“ einsingen will. Jede*r kann seinen Beitrag via Handy und Karaoke einsingen und einsenden. Die ganzen Beiträge sollen zu einem großen Chor der Solidarität vereint werden. (Mehr dazu im Video am Ende des Textes)
Beim virtuellen 1. Mai gibt es viele Videos, Musik, Kabarett und natürlich politische Beiträge. „Auch die DGB-Jugend hat sich beteiligt und einen eigenen Clip gedreht. Da sind spannende Sachen zusammen gekommen“, verrät Filiz Ulusan, Jugendbildungsreferentin des DGB in Dortmund.
Dennoch ist es für die Aktiven nur eine Notlösung. „Es tut uns weh, dass es keinen persönlichen Austausch unter den Kollegen und Mitgliedern geben kann. Unser Familienfest war dafür bekannt, gemeinsam Spaß zu haben. Das ist schon schmerzhaft“, so Reiter. Dennoch verzichte man auf Demo, Kundgebung und Familienfest im Westfalenpark. „Die Verantwortung möchte niemand von uns übernehmen, dass auch nur eine Person angesteckt wird“, weist Jutta Reiter die Kritik an der Absage zurück.
Internationalistisches Bündnis Dortmund hat eine Kundgebung angemeldet
Kritik kam unter anderem vom Internationalistischen Bündnis Dortmund. Es hat die Initiative ergriffen und eine Sondergenehmigung für eine Kundgebung bei der Stadt Dortmund beantragt: Unter dem Motto „Heraus am 1.Mai“ rufen sie zur Kundgebung um 12 Uhr auf dem Platz der Alten Synagoge (Theatervorplatz) auf.
Inzwischen hätten bundesweit verschiedene Kundgebungen unter Einhaltung der notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz stattgefunden. Auch das Bundesverfassungsgericht habe das vollständige Versammlungsverbot als unzulässig erklärt, heißt es in einer Stellungnahme von Sarah Rissmann von der Koordinierungsgruppe des Internationalistischen Bündnis.
„Ich unterstütze die Anmeldung der 1. Mai Kundgebung! Denn auch in Krisenzeiten muss gekämpft werden – schließlich sind wir akut bedroht von Arbeitsplatzabbau und Werkschließungen. Durch die tagtägliche gemeinsame Arbeit sind wir es gewohnt diszipliniert zu handeln. Deswegen sind wir auch in der Lage geeignete Aktionen diszipliniert durchzuführen“, betont Anne Pfisterer, Mitglied im Betriebsrat von thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) in Dortmund.
Wer an der Kundgebung teilnehmen und mit vorbereiten möchte, kann sich melden unter: ibuendnis.dortmund@web.de.
Anmerkung der Redaktion:
Ob diese Mai-Veranstaltung eine Ausnahmegenehmigung bekommt oder vielleicht sogar gerichtlich durchgesetzt werden muss, ist derzeit noch offen.
Mehr Informationen:
- Den Livestream am 1. Mai 2020 zum Tag der Arbeit gibt es hier.
- Mehr Infos zum virtuellen Chor gibt es hier.
https://www.facebook.com/DGB.Bundesvorstand/videos/1558761344301242/
https://www.facebook.com/DGB.Bundesvorstand/videos/597138411148301/
https://www.facebook.com/DGB.Bundesvorstand/videos/509853506356563/
Reaktionen
AG der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW: Bonuszahlungen in der Pflege dürfen kein Strohfeuer sein (Pressemitteilung)
AG der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW:
Bonuszahlungen in der Pflege dürfen kein Strohfeuer sein
Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Freien Wohlfahrtspflege NRW begrüßt die angekündigten Bonuszahlungen für Mitarbeitende in der sozialen Arbeit und benennt einige Bedingungen. „Corona-Prämien müssen solidarisch finanziert werden, also aus Steuern und Versicherungsbeiträgen. Sie dürfen nicht zu Lasten von Bewohnerinnen und Bewohnern aus Pflegeheimen gehen“, fordert der LAG-Vorsitzende Dr. Frank Johannes Hensel.
„Auch sollte diese Zusatzleistung allen zu Gute kommen, die sich um die Pflege und Betreuung von hilfebedürftigen Menschen verdient machen – sowohl in den ambulanten als auch stationären Diensten der Alten-, Behinderten- und Wohnungslosenhilfe“, so Hensel.
Bonuszahlungen dürften, so Hensel, „kein Strohfeuer sein – eine einmalige Belohnung und dann ist alles wieder gut. Es gilt, die Bedingungen z. B. in der Pflege stabil zu verbessern“. Die Krise führe die enorme gesellschaftliche Relevanz dieser Berufsgruppen vor aller Augen, sagte Hensel. „Boni dürfen jetzt nicht zum Feigenblatt für eine andauernde gesellschaftliche Unterbewertung von Pflege- und Betreuungsleistungen werden.“
Die gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände betreiben allein in Nordrhein-Westfalen 1331 stationäre Pflegeeinrichtungen, in denen über 100.000 pflegebedürftige Menschen leben, dazu 885 ambulante Pflegedienste. Hinzukommen mehr als 800 Einrichtungen des gemeinschaftlichen Wohnens in der Behindertenhilfe und Hunderte von ambulanten Diensten für Menschen mit Behinderung.
Die Dienste und Einrichtungen dieser Verbände arbeiten gemeinnützig, sind unabhängig von Finanzinvestoren und abzuführenden Gewinnen. Bundesgesundheitsminister Spahn räumte unlängst ein, dass Gewinnmaximierung in der Pflege quasi zwangsläufig zu Lasten der Pflegebedürftigen oder des Personals gehen muss. In Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände sind die Löhne in der Regel besser als im Branchendurchschnitt.
Caritas Dortmund begrüßt Mindestlohnerhöhung für Pflegekräfte (Pressemitteilung)
Caritas Dortmund begrüßt Mindestlohnerhöhung für Pflegekräfte
Das Bundeskabinett billigte am vergangenen Mittwoch eine Verordnung, mit der die Empfehlungen der Pflegekommission vom Januar verbindlich werden: Grünes Licht für die Erhöhung der Mindestlöhne in Pflegeberufen. Die Caritas Dortmund begrüßt die Erhöhung dieser Mindestlöhne. „Der Dienst am Menschen, den eine Pflegekraft leistet, ist sehr wertvoll. Diese gesellschaftlich wichtige Aufgabe muss angemessen vergütet werden“, so Georg Rupa, Vorstandsvorsitzender des Caritasverband Dortmund e.V. Besonders vor dem Hintergrund des akuten Fachkräftemangels sei es wichtig, auch monetär ein Zeichen dafür zu setzen, dass sich eine Ausbildung in der Pflege lohnt.
Der neue Mindestlohn zeige jedoch nur eine Untergrenze auf, so Rupa. „Um die Tätigkeit in der Pflege fair zu entlohnen, setzen wir seit Jahren auf Tarifverträge.“ Die Caritas Dortmund vergütet ihre Mitarbeitenden nach den „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“, kurz „AVR“, einem Tarifvertrag, der an den öffentlichen Dienst angelehnt ist. Dieser beinhaltet auch Jahressonderzahlungen. „Mit unseren Tarifverträgen liegen wir seit jeher über den bisherigen gesetzlichen Mindestlöhnen“, erklärt Georg Rupa.
So verdient ein Berufseinsteiger als Pflegefachkraft im Jahresmittel ohne Zeitzuschläge etwa 18,15 Euro/Stunde. Nach einigen Jahren Berufserfahrung sind es dann etwa 20,07 Euro/Stunde. Die Endstufe gem. AVR für eine Pflegefachkraft liegt aktuell bei 22,58 Euro/Stunde. Diese Werte werden sich auch noch bis April 2022 (und darüber hinaus) aufgrund von Tariferhöhungen erhöhen. „Im Gegensatz zu vielen anderen Arbeitgebern in der Branche zeichnen wir uns aber auch noch über weitere tarifliche Aspekte aus, die über den reinen Stundenlohn hinausgehen“, erklärt Georg Rupa. Dazu zählen beispielsweise die Betriebsrente der Katholischen Zusatzversorgungskasse (KZVK), Sonderzahlungen wie beispielsweise Leistungsentgelt, 6 Wochen Jahresurlaub zzgl. Zusatzurlaub und regelmäßige Tariferhöhungen.
1. Mai Aufruf der CDA Dortmund – Mindest-Kurzarbeitergeld jetzt umsetzen! (Pressemitteilung)
1. Mai Aufruf der CDA Dortmund – Mindest-Kurzarbeitergeld jetzt umsetzen!
Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft Dortmund ruft dazu auf, sich an digitalen Kundgebungen zum Tag der Arbeit zu beteiligen. „Am 1. Mai demonstrieren wir in diesem Jahr wegen Corona nicht auf den Straßen, sondern digital im Netz. Trotzdem stehen wir am Tag der Arbeit 2020 zusammen – digital, in den sozialen Netzwerken. Wir sind da. Wir sind viele. Und wir demonstrieren“, erklärte dazu die Kreisvorsitzende der CDA, Claudia Middendorf.
„Aktuell sehen wir mit Sorge, dass besonders Geringverdiener unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden. Wer ohnehin nur ein geringes Einkommen hat, der kann nicht auf 40 Prozent seines Lohnes verzichten. Diese Menschen dürfen wir nicht im Regen stehen lassen. Deshalb kämpfen wir für ein Mindest-Kurzarbeitergeld, um auch in Corona-Zeiten ein Einkommen auf Mindestlohn-Niveau zu sichern“, erläuterte Claudia Middendorf den Schwerpunkt des Maiaufrufs 2020 der CDA.
„Wer im Einzelhandel, der Gastronomie oder der Logistik arbeitet, hatte schon vor Corona kaum genug zum Leben. Mit einem Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 oder 67 Prozent des Einkommens rutschen viele direkt in die Grundsicherung. Deshalb fordert die CDA ein Mindest-Kurzarbeitergeld. Erreicht der oder die Beschäftigte mit dem Kurzarbeitergeld kein Einkommen über dem Mindestlohn, dann soll die Bundesagentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld auf diesen Betrag aufstocken. Wir wollen nicht, dass Geringverdiener durch Corona zum Sozialamt müssen. Das Mindest-Kurzarbeitergeld schafft unbürokratisch Hilfe“, unterstrich Claudia Middendorf.
Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) ist der Sozialflügel der CDU. Ihre Mitglieder engagieren sich vor allem auf Feldern der Sozialpolitik wie Arbeitsmarkt, Rente, Pflege und Gesundheit. Weitere Infos stehen im Internet auf http://www.cda-bund.de oder http://www.cda-nrw.de
Traditioneller Gottesdienst zum Tag der Arbeit findet nicht statt Geplantes Thema: Herausforderung menschliche Pflege (DGB-Pressemitteilung)
Traditioneller Gottesdienst zum Tag der Arbeit findet nicht statt
Geplantes Thema: Herausforderung menschliche Pflege
Es wäre der 30. Ökumenische Gottesdienst zum Tag der Arbeit gewesen. Wie in den Vorjahren sollte er vor dem Arbeitnehmerempfang des Oberbürgermeisters stattfinden, diesmal am 28. April, also kommenden Dienstag. Aber die Schutzmaßnahmen zum Corona-Virus zwingen Gewerkschaften und Kirchen in Dortmund zu einer historisch einmaligen Absage.
„Wir bedauern das zutiefst. Denn ausgerechnet in diesem Jahr hatten wir das Thema Herausforderung menschliche Pflege vorgesehen, und zwar schon Monate, bevor das Virus alles lahmlegte“, so Friedrich Stiller, Pfarrer des Evangelischen Kirchenkreises. Das Bündnis für „Mehr Personal im Gesundheitswesen“, war bereits in die Vorbereitung eingebunden. „Ausserdem“, ergänzt der stellvertretende katholische Stadtdechant Michael Vogt, „wollten wir in diesem Jahr auch das besondere Jubiläum feiern. Seit 1989 findet der Gottesdienst zur Arbeitswelt statt, das dürfte bundesweit sehr selten sein.“
Aber auch wenn sie ebenfalls die Absage bedauert, ist sich die Dortmunder DGB –Vorsitzende Jutta Reiter sicher: „Das Thema fällt jetzt sicher nicht hinten runter. Im Gegenteil: Bevölkerung und Politik sind durch die Pandemie viel mehr für die Arbeitsbedingungen im Gesundheits- und Pflegebereich sensibilisiert.“ Die Veranstalter wollen sich darum auch in der Zukunft dafür einsetzen, dass sich für die Beschäftigten in Krankenhaus und Pflege wirklich etwas ändert. Nochmals die Gewerkschaftsvorsitzende: „Als Anerkennung und Wertschätzung für die aufopfernde Arbeit der Kolleginnen und Kollegen ist auf Dauer mehr notwendig als ein Applaus vom Balkon. Eine Prämie, wie sie jetzt zugesagt wurde, ist ein erster Schritt, aber auf Dauer brauchen die Beschäftigten gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen.“
Den Gottesdienst zum Tag der Arbeit gibt es in Dortmund seit 1989. Einer der Mitbegründer war der kürzlich verstorbene Gewerkschafter Guntram Schneider. Im Trägerkreis waren von Anfang an der Evangelische Kirchenkreis, die katholische Stadtkirche und der örtliche DGB beteiligt. Im Jahr 2000 wurde ein bundesweiter Liederwettbewerb „Ein Lied für Arbeit und Arbeitswelt“ organisiert, aus dem ein eigenes Liederheft für die Gottesdienste hervorging. Die Themen orientieren sich jedes Jahr am DGB -Motto zum Tag der Arbeit.
1.Mai – Solidarität mit den Beschäftigten im Gesundheitswesen – Stellungnahme des Dortmunder Bündnisses für mehr Personal im Gesundheitswesen
Stellungnahme des Dortmunder Bündnisses für mehr Personal im Gesundheitswesen:
1.Mai- Solidarität mit den Beschäftigten im Gesundheitswesen
Der 1. Mai in diesem Jahr wird sicher in die Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung eingehen: Zum ersten Mal seit 1945 wird es keine Demonstrationen und Veranstaltungen geben. Das Corona-Virus legt viele Bereiche des öffentlichen Lebens lahm. Doch gerade die Arbeitnehmer*innen, die am stärksten von der Corona-Krise betroffen sind, die Beschäftigten im Gesundheitswesen, brauchen jetzt unsere volle Solidarität.
Auch wenn in Dortmund die Infektionszahlen und die Anzahl der mit COVID 19-Verstorbenen im Vergleich zu den landesweiten Zahlen deutlich unterdurchschnittlich ausfallen: Die Belastung der Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ist ebenso wie die der Betroffenen und ihrer Angehörigen enorm. So sind etwa die Tagespflegeinrichtungen in Dortmund weitestgehend geschlossen. Schutzkleidung im ambulanten Pflegedienst vielfach überhaupt nicht vorhanden. Besonders schwierig ist die Situation für die pflegenden Angehörigen.
Darum genügt jetzt nicht, es den Kliniken und Pflegeeinrichtungen zu überlassen, wie sie damit umgehen. Die Krankenhaus- und Gesundheitspolitik der letzten Jahre hat uns in den Personalnotstand geführt. Jede Einrichtung für sich. Alle gegeneinander. Unterversorgung hier, Überversorgung dort. Je nachdem was die Fall- oder Pflegepauschalen hergeben. Und immer weniger Personal einstellen, um mehr Gewinne zu machen oder die fehlenden Zahlungen der Bundesländer für Investitionen auszugleichen. Das Motto: Der Markt soll es regeln. Die Corona-Krise trifft auf absoluten Personalmangel in allen Bereichen, der schon im Normalzustand zu gefährlichen Situationen führt. Und die Organisation in den Kliniken ist in vielen Häusern mehr auf Gewinnmaximierung als auf fachlich sinnvolles Handeln zum Wohle der Patienten ausgerichtet.
Was jetzt nötig ist: eine Umkehr um 180 Grad! Das bedeutet eine vollumfassende Koordinierung und Kontrolle des Gesundheitswesens durch die öffentlich Verantwortlichen unter Beteiligung von Beschäftigten aller Berufsgruppen aus den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Diese Koordinierung und Kontrolle finden derzeit nicht statt, und das ist unverantwortlich.
Darum fordern wir
— Anweisung zur Einrichtung erweiterter Krisenstäbe an allen Kliniken und Pflegeeinrichtung.
Ihre Aufgabe muss es sein, wirkungsvolle Schutz- und Testmaßnahmen zu gewährleisten. Qualifikationsketten, Trainings und Protokolle und den verantwortungsvollen Einsatz von Auszubildenden und Berufsgruppen z.B. aus der Therapie und Neu- und Wiedereinsteigern zu organisieren. Die psychologische Betreuung von Beschäftigten und Patienten aufzubauen. Und generell eine verbesserte Information, z.B. über Materialbestände und Maßnahmen in den Häusern zu gewährleisten. Die erweiterten Krisenstäbe müssen unter der Kontrolle von Gesundheitsbehörde und Gesundheitsämtern stehen.
— Ausreichend Schutzmaterial
Zentrale Koordinierung der Verteilung von Schutzmaterial an die Häuser und Einrichtungen aber auch an diejenigen, die ihre Angehörigen zuhause pflegen.
Umrüsten von Produktionsstätten für Masken, Schutzkittel, Schutzbrillen, Handschuhe und Desinfektionsmittel wie in Bayern und Baden-Württemberg.
Aktuell konkurrieren die Häuser untereinander um die Beschaffung von Material.
Umfassendes flächendeckendes Testen aller Berufsgruppen und Patienten
Mit regelmäßigen Tests könnte sogar der unter Umständen überlebensnotwendige regelmäßige Besuch von Angehörigen und Helfenden in Heimen ermöglicht werden.
Und Aufbau von Laborkapazitäten zur Auswertung von Tests an Kliniken und in der Stadt organisieren. Beschäftigte aus Risikogruppen müssen selbstverständlich bei Lohnfortzahlung freigestellt oder in patientenferne Bereiche versetzt werden.
— Sofortige Anweisung zur Aufstockung von Reinigungspersonal
Viel zu wenig Reinigungspersonal in den ausgelagerten Firmen konnte schon vor der Krise häufig nur Sichtreinigung machen, mit den bekannten hygienischen Folgen. In der Krise ist Reinigung von Kontaktflächen und Entlastung z.B. der Pflege von Reinigungsarbeiten entscheidend. Das Personal muss sofort aufgestockt werden, koste es was es wolle. Die Kollegen müssen Trainings und Einweisungen in feste Bereiche bekommen.
— Konsequente Mobilisierung von Ressourcen
Das Gesundheitsamt muss eine tatsächliche Melde- und Koordinationsstelle für Gesundheitsarbeiter*innen werden, die uns in dieser Situation in den Krankenhäusern unterstützen wollen.
Diese Krise macht deutlich, dass Marktlogik im Gesundheitssystem nichts zu suchen hat. Selbstverständlich fordern wir daher klare Bekenntnisse der politisch Verantwortlichen in NRW zu
— Kostendeckender Finanzierung statt Fallpauschalen — Verbindliche Regelungen zur bedarfsgerechten Personalbemessung — Insourcing ausgegliederter Bereiche.
Neben all diesen aus unserer Sicht zwingend erforderlichen Schutzmaßnahmen ist es darüber hinaus für uns ebenso wichtig, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen nicht nur während der jetzigen Krise Anerkennung und Wertschätzung erhalten. Gerade der 1. Mai ist das Datum, um zu fordern, dass der Wert der Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sich nachhaltig erhöht. Denn zeitweise gezahlte Zulagen von 500 Euro für Pflegekräfte sind gut, aber längst nicht ausreichend. Zur Wertschätzung der Pflege gehört auch, Belastungen für die Beschäftigten zu verringern und nicht noch durch die Lockerung des gesetzlichen Arbeitsschutzes zu erhöhen: Wir fordern die Rücknahme der Arbeitszeitverordnung, die eine 60 Stunden Woche ermöglicht!
Pressemitteilung GRÜNE Dortmund zum 1. Mai: Solidarisch sind wir nicht allein – Nur klatschen reicht nicht! (Pressemitteilung)
Solidarisch sind wir nicht allein – Nur klatschen reicht nicht!
Dieser 1. Mai findet in einer außergewöhnlichen Zeit statt. Zum ersten Mal seit der Gründung der Bundesrepublik können die Arbeitnehmer*innen auch in Dortmund am 1. Mai ihre Rechte und Forderungen nicht auf der Straße und damit in der Öffentlichkeit vortragen. Dabei steht für die Dortmunder GRÜNEN fest: Gerade jetzt ist eine starke gewerkschaftliche Stimme unter dem diesjährigen Motto „Solidarisch sind wir nicht allein“ notwendiger denn je. Denn die Corona-Pandemie wirkt wie ein Brennglas für soziale und arbeitsmarktpolitische Probleme.
„Gerade jetzt muss es darum gehen, Beschäftigten den Rücken stärken. Wir sind solidarisch mit den Menschen, die aktuell um ihre Arbeitsplätze fürchten, weil Handel und Gastronomie, weil Tourismus und Dienstleistungen wie auch andere Branchen sich in der mutmaßlich schwersten Krise seit Gründung der Bundesrepublik befinden. Wir sind solidarisch mit den denjenigen, die im Gesundheitswesen, als Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altenheimen, aber auch an der Kasse in den Lebensmittelgeschäften und bei der Reinigung von Büros und Haushalten an der Grenze der Belastbarkeit arbeiten. Ihre Arbeit ist wirklich systemrelevant und das muss endlich auch politisch begriffen werden und zu Konsequenzen führen. Klatschen als Zeichen der Wertschätzung reicht dafür nicht.“, so die Sprecher*innen des GRÜNEN Kreisverbandes, Katja Bender und Julian Jansen.
Aus Sicht der GRÜNEN muss dieser 1. Mai deshalb zum Ausgangspunkt auf dem Weg zu einem nachhaltigen und inklusiven Arbeitsmarkt werden. Alle Beschäftigten sind wirklich leistungsgerecht zu entlohnen. Insbesondere Menschen in systemrelevanten und sozialen Berufen – viele davon Frauen – brauchen dringend bessere Gehälter und Arbeitsbedingungen. Prekäre, nicht abgesicherte Jobs müssen endlich der Vergangenheit angehören. Zusätzlich braucht es mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge, einen deutlich höheren Mindestlohn, weniger Minijobs, eine bessere soziale Absicherung und einen besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz. Nur dann werden wir als Gesellschaft gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.
Dazu stellt die Kandidatin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für das Amt der Oberbürgermeisterin in Dortmund, Daniela Schneckenburger, fest:
„Es war schon vor Corona klar, wer systemrelevant ist – jetzt kann man sich aber nicht mehr vor einer Neubewertung der Tätigkeiten im pflegerischen und medizinischen Bereich, im Handel und in der Bildung drücken. Wir müssen uns als Gesellschaft der Frage stellen, wie wir zu einer gerechteren Entlohnung kommen. Für diese Aushandlungsprozesse braucht es starke Gewerkschaften, die die Interessen aller ArbeitnehmerInnen im Blick behalten.
Und eine weitere Lehre aus der Corona-Krise sollten wir gemeinsam ziehen: Die kommunale Daseinsvorsorge, die Leistungsfähigkeit des Staates ist Voraussetzung für seine Schutzfunktion in der Krise – das gilt neben der Pandemie auch für weitere Krisen. Darum: Wer jetzt den Kommunen die Handlungsfähigkeit für die nächsten Jahre raubt, nimmt in Kauf, dass die nächste krisenhafte Situation auf einen schwachen Staat trifft. Das wäre fahrlässig. Darum brauchen die Städte einen Rettungsschirm, der die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes dauerhaft garantiert und verhindert, dass unsere Städte zum Opfer der nun einsetzenden Haushaltskrise der kommunalen Haushalte werden“.