Es war als Zeichen von Vielfalt und Freundschaft gedacht. Doch für Harmonie hat das von der Künstlerin Ulrike Fischer erdachte Objekt „Vielfalt“ nicht gesorgt – zumindest nicht in der Bezirksvertretung (BV) der Innenstadt-Nord. Jetzt soll es endgültig weg.
Objekt hätte nie auf dem Mittelstreifen der Bornstraße aufgestellt werden dürfen
Die BV hat abermals beschlossen, dass die Künstlerin das Objekt auf eigene Kosten abbauen muss. Entstanden ist es im Jahr 2012 im Rahmen der Internationalen Woche – gemeinsam mit Besucherinnen und Besuchern des Festes. Viele von ihnen hätten einen Migrationshintergrund, versichert die Künstlerin. Doch daran stoßen sich die Nordstadt-Politiker nicht. Sie sind sauer darüber, dass das Objekt „illegal“ an der Bornstraße aufgestellt wurde. Denn bereits im Vorfeld der Entstehung hatte sich das Gremium gegen die Aufstellung ausgesprochen. Dass es dennoch auf dem Mittelstreifen gegenüber des „kleinen Hannibal“ aufgestellt wurde, sorgt nun für die strikte Ablehnung.
Fachmännisch aufgestellt – aber temporär angelegt
Die Aufstellung sei fachmännisch gemacht, bestätigt Stadtdirektor Jörg Stüdemann in einer Stellungnahme. Allerdings spreche die Genese des Projekts – als partizipatives Kunstwerk für und während eines Festes – für eine temporäre Aufstellung.
Bezirksvertreter haben Entscheidungshoheit
In die Hoheit der BV kann und will auch der für Kultur zuständige Dezernent nicht eingreifen und riet im Vorfeld der Sitzung zu einer gütlichen Einigung. Daher schlug er auch vor, eventuell einen alternativen Standort vorzuschlagen. Zudem verwies er darauf, dass das er nicht beurteilen könne, in wie weit der Abbau des Objekts in das Urheberrechts der Künstlerin eingreif oder urheberrechtlich relevant sei – die Skulptur sei ja auch Eigentum der Künstlerin.
Künstlerin soll Skulptur auf eigene Kosten abbauen
Doch das interessierte die Masse der Bezirksvertreterinnen und -vertreter nicht: Sie haben erneut beschlossen, dass die Künstlerin ihr Werk auf eigene Kosten abbauen muss. Lediglich Helmut Manz (Linke) sprach sich für eine nachträgliche Genehmigung aus.
„Meine Stimme haben sie – und im Gegensatz zu der des Oberbürgermeisters zählt die hier“, kommentierte Manz den Hinweis der Künstlerin, dass der OB sich ihr gegenüber auch für die Aufstellung ausgesprochen habe.
Kein Kommentar von Ulrike Fischer
Doch auch die Stimme von Manz nützte ihr nichts – es blieb die einzige Stimme. „Es tut mir leid für sie“, schob Manz als amtierender Bezirksbürgermeister nach.
Wie sie sich jetzt verhalten möchte, dazu wollte sich Ulrike Fischer nach der Sitzung nicht (mehr) gegenüber den Nordstadtbloggern äußern…
Reaktionen
Martin Gern
Muß das denn sein ? Stadtteilvertreter der politischen Parteien gegen professionelle Kunst als Beitrag zur Integration in der Dortmunder Nordstadt.
Die Bezirksvertretung der Dortmunder Nordstadt sollte sich über jeden Beitrag zum Integrations-gedanken der durch Eigeninitiative und kreative Ideen von Bürgern und Kunstschaffenden entsteht, freuen. Die Skulptur “ Vielfalt “ der Künstlerin Ulrike Fischer ist ein sichtbarer Beitrag zur Zusammenführung und Identitätsfindung aller Bewohner, Deutsche wie Migranten in der Nordstadt.
Es geht keine Gefährdung von der Skulptur aus. Es setzt nur ein Umdenken der politischen Gremien vor Ort voraus, einen solchen Beitrag zu begrüßen und zu befürworten, zumindest zu tolerieren.
Eine Nachgenehmigung ist ein Leichtes zur Lösung eines heraufbeschworenen Konflikts, der keiner ist. Die Politiker sollten froh über einen solchen bunten und engagierten Vorschlag aus Eigeninitiative von Dortmunder Bürgern sein und die Skulptur zur Genehmigung bringen.
Thomas Bahr
Als Kommunalpolitiker habe ich ebenfalls für den Abbau gestimmt!
Vor etwa einem Jahr haben wir zufällig erfahren, dass auf dem Mittelstreifen der Bornstr. ein Kunstwerk aufgestellt werden soll. Wir haben im Nordstadtparlament damals gefordert, dass zuerst die Urheberrechte der Künstlerin zu klären sind. Wir haben nicht gewollt, dass alle zukünftigen baulichen Entscheidungen bezüglich des Standortes der Erlaubnis der Künstlerin bedürfen. (Der Hansaplatz konnte bsplsw. nicht verändert werden, weil der Künstler, der die dortigen Stehlen erschuf, sein Kunstwerk nicht verändert haben möchte.)
Dennoch ist das Kunstwerk im öffentlichen Raum aufgestellt worden.
Hier hat die Verwaltung geschlafen. Fragen zum Urheberrecht sind auch noch nicht beantwortet worden.
Thomas Haagen
Nun denn „Viel Glück“ mit der eingeschränkten „Viel Falt“ liebe Künstlerin! Das „Viel Glück“-Objekt an der Brackeler Straße von 2009 (siehe http://haagen.de/extern/Ulrike_Fischer/Viel_Glueck.html ) gefällt mir auch heute noch immer wieder gut, doch mit Glück allein kann ein(e) lokale(r) Künstler(in) keine objekthafte Kunst im öffentlichen Raum schaffen. Für solcherlei Ansinnen braucht es Managementfähigkeiten und viele Informationen und Termine über und mit jedem einzelnen Verantwortlichen, die allesamt über die Bespielung eines bestimmten lokalen Ortes zu entscheiden haben. Da müssen im Vorfeld Mehrheiten geschaffen werden. Wenn ein Künstler nicht auch ein wenig Politiker ist, hat er keine Chance.
Guerilla-Kunst für den öffentlichen Raum könnte sicher auch über neue soziale Medien entstehen, ähnlich dem Guerilla-Gardening. Ich denke an eine ganz neue Art von Platform mit einer Landkarte, in die man zu bespielende Orte für neue Kunst und Gestaltungen eintragen und vom Publikum bewerten lassen kann. Es sollte doch wohl – wenigstens einmal experimentell – möglich sein, ohne allzu viel politische Machtspiele den öffentlichen Raum aufzuwerten. Wenn es – wie bei Ulrike Fischer – anscheinend ‚kostenneutral‘ abläuft, ist es doch umso mehr eine positive Aktion. Das dabei „VielFalt“ entsteht, die nicht jeder mitträgt, ist ganz normal.
Also bitte ihr Lieben: Mehr Mut Tut Gut!