Demonstration der Querdenken-Szene verlief ohne Gegenprotest

Verschwörungsmythen und Neonazis: Aufzug „NRW erwacht“ in der Innenstadt von Dortmund

Neben Forderungen nach Frieden und Abrüstung dominierten vor allem Verschwörungstheorien die mehrstündige Veranstaltung.
Neben Forderungen nach Frieden und Abrüstung dominierten vor allem Verschwörungstheorien die mehrstündige Demo. Paulina Bermúdez

Unter dem Motto „NRW erwacht“ zogen am Sonntag (19.03.2023) rund 500 Menschen durch große Teile der Dortmunder Innenstadt. Neben Forderungen nach Frieden und Abrüstung dominierten vor allem Verschwörungstheorien die mehrstündige Veranstaltung.

Die Verschwörungsmythe des „Great Reset“ und der „Fake-Pandemie“

Immer wieder nahmen Redner:innen Bezug auf die Corona-Pandemie. Diese sei eine gezielte Inszenierung, eine „Fake-Pandemie“ gewesen. Wenig verwunderten daher Transparente mit der Aufschrift „Great Reset“. „Der Verschwörungsmythos rund um den „Great Reset“ ist seit einigen Jahren in verschwörungsgläubigen Milieus hoch präsent.

„Great Reset“ auf dem Front-Transparent Paulina Bermúdez | Nordstadtblogger

Dabei wird behauptet, dass eine kleine und machtvolle Elite plant, durch eine Art „Neustart“ die Menschheit zu reduzieren, um so eine „neue Weltordnung“ zu realisieren. Gesellschaftliche Krisen wie z.B. die Corona-Pandemie sollen hierfür ein Vehikel darstellen“, erklärt Micha Neumann von der Antidiskriminierungsberatung und Intervention bei Antisemitismus und Rassismus (ADIRA).

Die Verschwörungserzählung habe grundsätzlich eine deutliche Nähe zum modernen Antisemitismus, dessen zentrales Element die Vorstellung sei, dass Jüdinnen und Juden versuchen würden, die Menschheit unter Ihre Kontrolle zu bringen und sie zu beherrschen. Deshalb sei es besonders problematisch, wenn behauptet wird, Jüd:innen wollten diesen „Reset“, diesen Umbruch herbeiführen, so Neumann.

George Soros als Ausdruck des codierten Antisemitismus

Auch am Sonntag fand sich auf der „Friedensdemonstration“ ein Plakat mit der Aufschrift „Great Reset“, das neben Bill Gates und amtierenden Politiker:innen auch den jüdischen Philanthropen George Soros zeigt. ADIRA zufolge dient der ungarisch-amerikanische Investor immer wieder als Chiffre, um die vermeintliche Macht von Jüdinnen und Juden zu illustrieren.

George Soros und „Great Reset“: Codierter Antisemitismus Paulina Bermúdez | Nordstadtblogger

Micha Neumann beobachtet: „Auf vielen Demonstrationen dieser Art sind diese antisemitischen Markierungen zu beobachten. Auch wenn es sich dabei um eine codierte Form des Antisemitismus handelt, werden aus unserer Sicht auf diese Weise entsprechende Verschwörungsmythen in die Öffentlichkeit gebracht.“

Auch Unterstellungen des „Framings“, der intentionalisierten unwahren Berichterstattung und somit der Unfreiheit der Medien wurden am Rande der Demonstration deutlich zum Ausdruck gebracht. „Sie haben uns so zur Impfung gezwungen. Sie zwingen uns so in den Krieg!“, warf ein aufgebrachter Teilnehmer einem Pressevertreter vor.

Dorstfelder Neonazis liefen ungestört inmitten der „Friedensdemonstration“

Dorstfelder Neonazi mit Transparent Paulina Bermúdez | Nordstadtblogger

Auch zugegen war der Kreisverband „Heimat Dortmund“ der NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands), der erst kürzlich aus der Partei „die Rechte“ hervorging. „Die Grünen sind Deutschlands Untergang“, hieß es auf dem Transparent der Neonazis.

Zehn Personen, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind, liefen ungestört inmitten des Demonstrationszuges. Darunter der Organisator der mittlerweile verbotenen, größten und renommiertesten europäischen Kampfsportveranstaltung der rechtsextremistischen Szene „Kampf der Nibelungen“, Alexander Deptolla, der außerdem den Posten des Vize-Vorsitzenden der „Heimat Dortmund“ besetzt.

Auch Sascha Krolzig, Herausgeber des rechtsextremen Magazins „N.S. Heute“, Inhaber des „Sturmzeichen-Verlags“ und Vorsitzender der „Heimat Dortmund“, fand sich am Sonntag neben vermeintlichen „Friedensaktivist:innen“.

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Reader Comments

  1. Buntes Hattingen singt gegen Rechts: Lieber schräg singen als ver-quer denken(PM)

    Montags gehört die Straße in Hattingen immer öfter selbsternannten „Spaziergänger*innen“ und zweifelhaften Friedensfreund*innen. Dazu erschallen Lieder, die jedes Pazifisten Herz höherschlagen lassen, aber auch Trommelklang, der an schlimme Zeiten erinnert. Die Lieder lassen wir uns nicht nehmen, die Trommeln wollen wir übertönen durchBunte Lieder.

    Von „Blowin ́ in the wind“ bis „Bella Ciao“, von „Die Moorsoldaten“ bis „Schrei nach Liebe“ reicht die Bandbreite des Repertoires. Für jeden Geschmack ist etwas dabei, denn wir wollen gemeinsam singen. Damit alle – auch Brummer und Quietscherinnen – mitsingen können, gibt es Texthefte. Die Musiker von „WIRSINGen“ begleiten uns professionell. Denn Singen verbindet und macht Spaß.

    Buntes Programm

    Hauptsächlich wird natürlich gesungen. Aber der 8. Mai ist ein wichtiger Termin, der Tag der Befreiung von Nazi-Deutschland. Auch diese Zeit begann u.a. mit informellen Märschen unter Trommelbegleitung.

    Daran werden zwei kurze Redebeiträge erinnern:
    • Rainer Sommer für das Bündnis „Buntes Hattingen gegen rechts“ und
    • Thomas Weiß, Stadtarchivar.
    • Dazu gibt es historische Fotos aus den 20er und 30er Jahren des letzten
    Jahrhunderts.

    Buntes Hattingen

    Wir trommeln nur die Leute zusammen, eine hoffentlich bunte Mischung von Hattinger Bürger*innen.
    Singen stärkt das Gemeinschaftsgefühl – und Hattingen ist bunt. Der Untermarkt wird beben.

    Gegen Rechts
    • Am Montag, 8. Mai
    • von 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr
    • auf dem Untermarkt vorm Alten Rathaus

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