Etwa 8.400 Menschen benötigen in Deutschland zur Zeit eine Organspende. Damit könnte ihr Leben gerettet werden. Aber weil Organspenden immer noch sehr selten sind, überleben nicht alle das oft jahrelange Warten. In einer dreiteiligen Reihe stellen wir dar, worum es bei Organspenden geht und was in Dortmund dafür getan wird.
Das Sterben ist ein alltäglicher Prozess in drei Phasen
Jeden Tag sterben Menschen. Redensartlich ausgedrückt ist tatsächlich nichts so sicher wie der Tod. Dennoch denken nur wenige Menschen darüber nach, wie sie ihr Lebensende gestaltet wissen wollen.
Dabei gibt es manches, was überdacht und entschieden werden kann, beispielsweise, ob nach dem Tod Organe entnommen und anderen Menschen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Meistens tritt der Tod eines Menschen nicht plötzlich ein. Vielmehr ist das Sterben ein Prozess, der über drei Etappen führt. ___STEADY_PAYWALL___
Eine davon – der unwiederbringliche Ausfall der Hirnfunktionen – ist der eigentliche Tod. Beim gewöhnlichen Sterbeverlauf geht diesem Moment der Stillstand des Herzens und der letzte Atemzug voraus. Das ist der sogenannte Klinische Tod. Und etwa drei Tage nach dem vollständigen Verlust der Hirnfunktionen verstirbt auch noch die letzte Zelle (Biologischer Tod).
In nur vier von 1000 Todesfällen ist die Organspende überhaupt möglich
Dass sich der Tod in einem Prozess des Sterbens ereignet, weiß man seit etwas mehr als 200 Jahren. Der französische Arzt Xavier Bichat hatte Ende des 18. Jahrhunderts viele sterbende Menschen begleitet und den Ausfall der Organe erforscht. Er war es dann auch, der erstmals vom „mort de cerveau”, dem „Tod des Gehirns” sprach.
Heutzutage ist es allerdings so, dass in den Ablauf des Sterbens eingegriffen werden kann, um bestenfalls das Leben zu retten. Wenn das nicht gelingt, ergibt sich in sehr seltenen Fällen die Möglichkeit, nach dem Eintritt des Todes Organe (und Gewebe) für Transplantationen entnehmen zu können.
Durch Erkrankung oder Unfall kann jeder Mensch jederzeit in eine lebensbedrohliche Lage geraten. Glücklicherweise kann auch dann noch durch Notfall- oder Intensivmedizin geholfen werden.
Lebensrettung in der Intensivmedizin durch die Organspende
Immer geht es darum, das Leben der Patient:innen zu retten, aber nicht immer gelingt das. Und nur sehr selten, in vier von 1000 Fällen, ereignet sich der Tod auf eine Weise, die eine Spende der Organe überhaupt ermöglicht.
Prof. Dr. med Richard Ellerkmann, Chef der Anästhesie und Transplantationsbeauftragter am Klinikum Dortmund, hat für uns erläutert, welche Patient:innen das sind:
„Es können Verunfallte sein. In der Neurochirurgie hat man mit dem klassischen Schädel-Hirntrauma zu tun, bei dem man später feststellt, dass das Gehirn so stark beschädigt ist, dass es zum irreversiblen Hirnfunktionsausfall kommt“, so der Mediziner.
„Es kann aber auch der Patient sein, der einen Schlaganfall erlitten hat, bei dem es aufgrund des Sauerstoffmangels zu so einer starken Schwellung kommt, dass ein Absterben des gesamten Hirngewebes folgt.”
Der Hirntod ist Voraussetzung für die Organentnahme
Ellerkmann weiß aber auch von Notlagen zu berichten, die unter ganz anderen Voraussetzungen eintreten können:
„Menschen erleiden, beispielsweise beim Sport, einen Herz-Kreislaufstillstand. Dann kann es zu einer Reanimation durch den Notarzt oder durch Laien kommen, wobei das Gehirn aber bereits schon zu lange ohne Sauerstoffversorgung geblieben ist. Auch dann können wir in der Folge mitunter nur noch den Tod, also den Hirntod feststellen.”
Es sind also drei Ursachen – Unfall, Schlaganfall oder Zusammenbruch –, die einem Tod vorausgehen können, der anschließend eine Organspende möglich macht. „Immer ist es so”, ergänzt Ellerkmann, „dass das Gehirn einen zu großen und irreversiblen Schaden genommen hat.”
Organspenden sind in jedem Alter möglich
Prinzipiell kann also jeder Mensch in eine Lage kommen, in der intensivmedizinisch um sein Leben gekämpft wird. Und es kann dann so sein, dass alle medizinischen Bemühungen nicht ausreichen und der Tod eintritt.
Wenn das unter intensivmedizinischen Bedingungen so geschieht, dass als erstes die Funktionen des Gehirns erlöschen, bevor auch das Herz stillsteht, können die Organe Verstorbener anderen Schwerstkranken aber noch immer das Leben retten. Und weil das (in sehr seltenen Fällen) so ist, lohnt es sich, eine Entscheidung bezüglich der Organspende zu treffen.
Beschränkungen aufgrund des Alters gibt es übrigens nicht. „Manche Menschen glauben, dass sie für eine Organspende zu alt sind”, weiß Richard Ellerkmann. „Aber die Organe können bei Menschen auch im hohen Alter noch sehr gut sein. Im Übrigen freut sich ein Dialysepatient unter Umständen auch über das Organ eines älteren Menschen.”
Weitere Informationen finden Interessierte unter www.netzwerk-organspende-nrw.de und www.lebensritter.de.
(Im zweiten Teil dieser Reihe zur Organspende werden wir uns genauer mit dem Hirntod beschäftigen.)
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