Auch an diesem Montagabend (17. Januar 2022) zogen wieder zahlreiche Gegner:innen der Coronamaßnahmen, Impfskeptiker:innen und Verschwörungstheoretiker:innen durch die Dortmunder Innenstadt. Unter ihnen waren auch wieder einige bekannte Rechtsextremisten. In Dortmund erreichte der Aufzug laut Polizei in der Spitze über 1000 Teilnehmer:innen. Da ab der Grenze von 750 Personen die Coronaschutzverordnung eine „3G“-Regelung vorsieht, stoppte die Polizei die Versammlung kurz vor der Kreuzung Westentor. In Absprache mit der Versammlungsleitung wurde der Aufzug zweigeteilt.
Aufgrund der hohen Teilnehmer:innenzahl wurde der Demozug zweigeteilt
Die Polizei habe verfügt, dass der hintere Teil der Demonstration zurück in Richtung Hansaplatz geht und dort eine Standkundgebung abhält.
Unter diesen Vorraussetzungen habe der vordere Teil wie geplant unter Beachtung der Coronaschutzverordnung den bestätigten Weg auf dem Wall fortsetzen können. Die Versammlung endete auf dem Friedensplatz gegen 20.45 Uhr.
Nach Feststellung der Polizei befanden sich erneut einige Rechtsextremisten innerhalb der Versammlung. Einer von ihnen habe einen Polizeibeamten beleidigt, woraufhin eine Strafanzeige gegen ihn geschrieben worden sei.
Halbherzige Distanzierung von Extremismus jeglicher Art
Wie schon in der Vorwoche distanzierte sich die Anmelderin der Versammlung von jeglicher Form des Extremismus, was jedoch für den Gegenprotest, der sich in einer kleinen Gruppe am Hauptbahnhof formiert hatte, lediglich oberflächliche halbherzige Pflichterfüllung ist.
„Wer mit Nazis läuft, ist Mitläufer“, prangerten die Gegendemonstrant:innen die Unterwanderung der Coronaproteste durch Neonazis und Verschwörungstheoretiker:innen an.
Insgesamt hätten die Beamten 25 Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung festgestellt, in den meisten Fällen Verstöße gegen die Maskenpflicht. Eine Person davon habe sich geweigert, sich auszuweisen. Die Beamten hätten die Person zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen. Weitere vier Personen hätten einen Platzverweis erhalten.
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Antifaschismus ist kein Spaziergang: Gegen die Mobilisierung der Verschwörungsideologen (PM VVN-BdA)
Aufruf des Bundesausschusses der VVN-BdA vom 15. Januar 2022
Die größte verschwörungsideologische Organisation in Deutschland hieß NSDAP. Im Namen der „deutschen Freiheit“ mobilisierte sie gegen eine „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“, die das deutsche Volk vergiften und knechten wolle. Das kann man alles nachlesen in einem der meistgedruckten Bücher deutscher Sprache – Adolf Hitlers „Mein Kampf“.
An dieses Vorbild knüpfen heute der „III. Weg“, die „Freien Sachsen“, die „AfD“ und weitere extrem rechte und neofaschistische Organisationen an. Ihnen ist es in diesen Wochen gelungen, die von Anfang an wissenschaftsfeindliche, egoistische und nach Feindbildern gierende Szene der deutschen Impfgegner:innen in nie dagewesenem Ausmaß bundesweit in vielen Städten zu mobilisieren.
Längst geht es nicht mehr nur darum, inmitten einer Pandemie in völliger Verkennung der Realität lebensrettende Maßnahmen des Infektionsschutzes zu hintertreiben, sondern gegen „das System“ an sich zu mobilisieren. Diese Bewegung ist
– antidemokratisch, indem sie einen angeblichen „Volkswillen“ über demokratische Prozesse stellt;
– mindestens latent antisemitisch, indem sie erneut das altbekannte antisemitische Denkmuster von der Existenz einer angeblichen geheimen Elite mit eben solch geheimen Pläne behauptet;
– sozialdarwinistisch – soll doch sterben, wer nicht gesund genug ist,
– geschichtsrevisionistisch und eine Beleidigung der Opfer des NS-Regimes, indem sie sich selbst als „verfolgt wie die Juden“ gerieren;
– zunehmend verbal und körperlich gewaltbereit gegen Journalist:innen, Beamte und sogar Ärzt:innen, die ohnehin schwer genug an der Pandemie zu kämpfen haben.
Es zeigt sich außerdem, dass sowohl Behörden und Polizei als auch etablierte Politiker:innen dem Druck des Mobs zu weichen beginnen.
Stattdessen fordern wir:
– Gesetzte Regeln für das öffentliche Leben, die Leib und Leben retten sollen, müssen auch durchgesetzt werden.
– Infrastruktur und Personal des Gesundheitswesens wie auch Journalist:innen sind zu schützen.
– Mordaufrufe in Sozialen Medien sind genauso zu verfolgen wie in der realen Welt.
– Tatsächliche soziale Verwerfungen, die durch die Pandemie verstärkt werden, gehören auf die Tagesordnung, u.a. die Unterfinanzierung des Gesundheitswesens.
– Wir brauchen klare Kante gegen die Ideologien des Egoismus und der Verschwörungsmythen.
Halten wir dagegen!
Offener Brief an alle demokratischen Parteien und Organisationen in Dortmund (PM DIE PARTEI)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Westphal, liebe demokratische Parteien,
liebe Gewerkschaften,
liebe Zivilgesellschaft,
seit nunmehr einem Monat stellt sich Die PARTEI Dortmund zusammen mit der Antifa Montag für Montag gegen VerschwörungsidiologX, AntisemitX und Nazis. Wir sind bestürzt und finden es beschämend, dass Dortmund es nicht schafft, ein klares Zeichen zu setzen, während der Querdenkerprotest immer größer wird.
Wir verstehen, dass angesichts steigender Inzidenz es für die Vernünftigen schwer ist, großen Protest auf die Straße zu bringen. Allerdings ist es auch sehr gefährlich, sich wegzuducken und zu ignorieren. Hier trägt jedX DortmundX und vor allem Sie als Oberbürgermeister eine demokratische Verantwortung.
Die Querdenkenden skandieren auf der Straße Frieden und Freiheit, zusammen mit Nazis. In ihren Chatgruppen beobachten wir eine zunehmende Radikalisierung. Die demokratische Grundordnung wird infrage gestellt, krude antisemitische Verschwörungstheorien und gefährliche Falschinformationen verbreitet. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Stimmung innerhalb der Bewegung endgültig kippt. Rechte Gruppierungen haben schon in anderen Städten längst die Bewegung gekapert oder sogar mitbegründet und nutzen die Mobilisation für ihr antidemokratisches Gedankengut, sie träumen von der Machtergreifung.
Soziale Ungleichheit (die durch Corona verdeutlicht wurde), schlechte Kommunikation in der Pandemie und Korruption sorgen für einen enormen Vertrauensverlust in die Politik. Dies und schweigende Mehrheiten sind der Nährboden für demokratiefeindliche Strukturen. Umso wichtiger wäre es jetzt, Bürgernähe zu zeigen und sich geschlossen gegen diese Ideologie zu stellen.
In unseren Nachbarstädten bilden sich Aktionsbündnisse, BürgermeistX halten Reden, der Gegenprotest ist größer als die Zahl der Querdenkenden. Warum nicht hier?
Unsere Versammlung wird auch nächsten Montag (ab 18 Uhr auf dem Platz der Deutschen Einheit) wieder stattfinden. Wir würden uns sehr freuen, möglichst viele DortmundX, Gruppierungen, demokratische Parteien, Gewerkschaften und den Oberbürgermeister begrüßen zu dürfen. Wir wollen viele verschiedene Fahnen sehen und gemeinsam ein Zeichen für unsere Demokratie und ein aufgeklärtes Dortmund setzen. Die schweigende Mehrheit darf nicht länger still sein!
Mit freundlichen, aber mahnenden Grüßen
Die PARTEI Kreisverband Dortmund