In Süditalien schuften afrikanische Migrant*innen sowie Wanderarbeiter*innen auf Obstplantagen. Gerade in der Winterzeit hat die Orangenernte dort Hochkonjunktur. Die rund 2.000 Erntehelfer und Erntehelferinnen bekommen allerdings nur einen Hungerlohn – etwa 25 Euro für einen Tag harter Arbeit. Weil große Konzerne und Handelsketten den Preis diktieren, müssen viele kleinbäuerliche Betriebe ihre Orangen für einen Preis verkaufen, der kaum die Kosten für das Pflücken abdeckt. Dagegen wehrt sich der Verein „SOS Rosarno“ in Kalabrien. Er will Bauern und Saisonkräften menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei fairen Preisen und Löhnen ermöglichen.
25 Euro für einen Tag harte Arbeit: Moderne Sklaverei in Folge des globalen Wettbewerbs
Unter dem Motto „Süß statt bitter!“ startet die Evangelische Kirche von Westfalen über das Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe, Dortmund) eine faire Orangenaktion zur Adventszeit. ___STEADY_PAYWALL___
Mehr als 18 Tonnen Orangen aus Öko-Anbau und fair gehandelt rollen Anfang Dezember in die Region: vom Ruhrgebiet übers Münster- und Sauerland bis nach Ostwestfalen werden dann kistenweise Orangen in Kirchengemeinden, Kitas, Schulen, sozialen Einrichtungen, Weltläden sowie bei Verbraucherzentralen und auch bei Einzelhändler*innen angeboten.
Die Landeskirche unterstützt das Anliegen von „SOS Rosarno“. Der zuständige Dezernent Dr. Ulrich Möller (Bielefeld) erklärt, mit dem Kauf öko-fairer Orangen aus Süditalien könnten Menschen in Westfalen ein Zeichen gegen Ungerechtigkeit setzen. „Gerade in Corona-Zeiten ist gemeinsames Handeln und Solidarität wichtig.“ Auch die Flüchtlingsarbeit der Waldenser Kirche, das Projekt „Mediterranean Hope“, werde mit der Aktion unterstützt. So hilft „SOS Rosarno“ etwa mit Italienisch-Unterricht und Obstspenden in den Flüchtlingslagern.
„Für ein Kilo bekommen Bauern etwa in Kalabrien oft nur zwölf Cent. Das deckt nicht einmal die Produktionskosten von mindestens 20 Cent und reicht nicht für gerechte Löhne“, erklärt Giuseppe Pugliese von „SOS Rosarno.“ Die Bauern müssten die Früchte entweder verfaulen lassen oder die Tagelöhner ausbeuten. Sein Verein stellt stattdessen den direkten Kontakt zwischen Bauern, Arbeitern und Einkaufsgemeinschaften her.
Faire Preise durch Wegfall der Zwischenstufen im Handel möglich
„Zwischenstufen des Handels werden ausgeschaltet“, sagt er. Die Bauern bekämen somit einen angemessenen Preis. Dafür müssten sie den Erntehelfer*innen Tariflöhne zahlen und Öko-Landbau betreiben.
SOS Rosarno organisiere dafür den Vertrieb an kleine Bioläden und Gruppen solidarischen Konsums. „Wir verkaufen und produzieren zu einem fairen Preis“, betont Pugliese. Er freut sich über die Unterstützung der westfälischen Kirche. Dies zeige, „dass Solidarität keine Grenzen kennt.“
Die moderne Sklaverei sei eine Folge des globalen Wettbewerbs, kritisiert Katja Breyer, zuständig für Entwicklungspolitik im Amt für MÖWe. Als eine der Initiatorinnen der Orangen-Aktion will sie Menschen „auf den Geschmack bringen – nach mehr Fairness und Gerechtigkeit.“ Die Resonanz darauf sei überwältigend.
Damit Menschenrechtsverletzungen entlang Lieferketten wirksam verhindert werden können, genügten aber solche Initiativen nicht. „Dafür ist ein Lieferkettengesetz nötig“, so Breyer weiter. Die westfälische Landessynode unterstützt diese Forderung, damit entlang weltweiter Lieferketten Menschenrechte und Umweltstandards geachtet werden. (Beschluss vom 19.11.2020)
- www.sosrosarno.org
- www.mediterraneanhope.com
- www.moewe-westfalen.de/oeko-faire-orangen-fuer-westfalen/
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