Bewegung bei der Halde Schleswig – im Volksmund auch „Asselner Alm“ genannt. Der markante Aussichtspunkt könnte nach massiver Kritik aus Dortmund künftig doch vom Regionalverband Ruhr (RVR) bewirtschaftet und damit öffentlich zugänglich werden. Der RVR hatte dies zunächst nicht geplant. Im „Rahmen-Nutzungskonzept zur Weiterentwicklung von Haldenstandorten in der Metropole Ruhr“ wurde der Dortmunder Vorschlag noch als möglicher „Imageschaden“ für den RVR gewertet. Gegen diese Einschätzung hatte die Stadt Dortmund scharf protestiert. Der Imageschaden entstehe nicht durch die Halde, sondern bereits durch die „fragwürdige Einschätzung“ des RVR. Nun wird sich in der kommenden Woche die RVR-Verbandsversammlung mit dem Thema beschäftigen.
Die Bergehalden sind für die Metropole Ruhr von großer Bedeutung
Die Bergehalden in der Metropole Ruhr sind dauerhafte und weithin sichtbare Zeugnisse der rund 200-jährigen Bergbaugeschichte der Region. Mit ihren oftmals stattlichen Höhen und besonderen Formen verleihen sie der weitgehend flachen Stadtlandschaft zwischen den Ruhrhöhen im Süden und der Lippe im Norden eine zwar künstliche, aber dennoch eigenständige und einprägsame Topografie.
Darüber hinaus können die Bergehalden nach ihrer Rekultivierung in hohem Maße dazu beitragen, die Erholungs- und Freizeiträume in der dichtbesiedelten Region zu erweitern. Der RVR hat diese Potentiale erkannt und seit 1986 schrittweise insgesamt 37 Halden mit einer Gesamtfläche von rund 1.200 Hektar übernommen.
„In der Verantwortung des Verbandes haben sich diese Halden zu selbstverständlichen Bestandteilen der Regionalen Grünzüge sowie der Erholungs- und Freizeitlandschaften entwickelt“, heißt es in der Studie.
Über individuell entwickelte Gestaltungen von Haldenkörpern und von Künstlern entworfene Landmarken hätten sich einige Halden seit der Internationalen Bauausstellung Emscher Park entlang der „Route der Industriekultur“ auch bereits zu touristischen Destinationen entwickelt. „Deshalb ist es folgerichtig, dass der RVR im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des Steinkohlenbergbaus in der Region die Übernahme von bis zu 23 weiteren Halden prüft“, heißt es in dem Papier.
RVR will 23 weitere RAG-Halden übernehmen – nicht aber die Halde Schleswig
Im Rahmen dieser Studie wurden insgesamt 24 Standorte mit einer Gesamtfläche von rund 1.370 ha untersucht; davon 23 Bergehalden im Eigentum der RAG AG und eine abgeschlossene Industriemülldeponie im Besitz der thyssenkrupp AG. Letztere wurde aufgrund ihrer Lage im Freiraumsystem von der Verwaltung im eigenem Ermessen und auf Bitten der Stadt Dortmund zusätzlich mit betrachtet.
Eine Übernahme der Deponie Schleswig ist – anders als bei den RAG-Halden – nicht vorgesehen. Die Halde geht auf das Bergwerk Schleswig zurück, wo deren Abraum gelagert wurde. Das Areal wurde später zu einer Industriemülldeponie ausgebaut.
Die Deponie ist räumlich mit der Halde des ehemaligen Bergwerks Schleswig verbunden und hat aufgrund der weiten Aussicht von der Halde eine besondere Lage im Raum. Der Deponiebetrieb ist abgeschlossen. Das Areal ist bereits endgestaltet und könnte eigentlich öffentlich genutzt werden.
Fehlende Trägerschaft zur Übernahme der Verkehrssicherungspflicht verhindert Zugang
Das wäre aus Sicht der Stadt Dortmund auch wünschenswert. Aber aufgrund einer fehlenden Trägerschaft zur Übernahme der Verkehrssicherungspflicht gibt es bislang keinen öffentlichen Zugang. Lediglich punktuell wurden die Tore in Absprache mit thyssenkrupp für einzelne Begehungen geöffnet.
Nach Einschätzung des RVR übernimmt „die Deponie Schleswig (…) eine Scharnierfunktion, da sie umgeben ist von Siedlungen, was wiederum den Nutzungsdruck enorm erhöht“. Von dem Haldenplateau aus werden vielfältige Sichtbezüge geboten: Kamen (Nord-Osten), Unna (Osten), Flughafen Dortmund (Süd-Osten), Innenstadt Dortmund, Westfalenpark, Phoenix See und Rombergpark (Westen).
„Neben ihrer besonderen Lage im Raum zeichnet sie sich auch durch ihre runde Form aus, die mit altem Waldbestand am Haldenfuß im Südbereich und neu bepflanzten Flanken sowie einem offenen Plateau gestaltet wurde“, so das Konzeptpapier.
Die Studie sieht das Nutzungspotential daher in der Freizeit- und Naherholung im Siedlungsbereich. Für die Deponie belaufen sich laut Studie die errechneten Bewirtschaftungskosten auf rund 56.000 Euro pro Jahr, der einmalige Investitionsaufwand liegt bei 150.000 Euro.
Erneut scharfe Kritik der Dortmunder Stadtspitze an der Haltung des RVR
Doch die Übernahme wird abgelehnt, weil davon ein Imageschaden für den RVR ausgehen könnte – so jedenfalls die AutorInnen der Studie. Doch nicht von der Halde, sondern durch das Verhalten des RVR werde ein Imageschaden verursacht, kritisierte ein sichtlich erboster Dortmunder Oberbürgermeister.
„Das Image des RVR ist aus verschiedenen Gründen in Dortmund ohnehin schon irreparabel beschädigt. Diese Diskussion ist mal wieder so ein Beitrag dazu, das Verständnis zu reduzieren, warum man überhaupt im RVR ist“, schimpfte OB Ullrich Sierau und spielte damit u.a. auf die (Nicht-) Entwicklung des Revierparks in Wischlingen an.
Doch auch im Lager der Grünen machte er Gegenspieler aus: „Da versucht wieder jemand, sein politisches Püppchen zu kochen“, schoss er in Richtung der Grünen im RVR. Er drängt nun den RVR dazu, die Gespräche mit thyssenkrupp fortzusetzen. Allerdings nicht, um die Halde zu übernehmen, sondern lediglich um eine Nutzung in RVR-Regie zu betreiben.
Eine Nutzung der „Asselner Alm“ für die Bevölkerung wäre sofort möglich
„Thyssen will keine öffentlich zugänglichen Räume betreiben. Die Nutzung muss jemand anderes betreiben“, ergänzt Dortmunds Planungsderzernent Ludger Wilde. Er sieht die „Bewirtschaftung als Aufgabe des RVR, weil dieser Hochpunkt von regionaler Bedeutung ist. Darin sehen wir uns durch das Gutachten bestärkt, was beim RVR vorliegt“, so Wilde.
„Inhaltlich spricht nichts dagegen, sie ins RVR-Paket mit RAG und sonstigen Halden einzuschließen. Wir sind gerne bereit, an den Gesprächen mit dem Eigentümer teilzunehmen und an einer Lösung mitzuwirken“, so der Dortmunder Planungsdezernent. „Wir wollen, dass die Halde Schleswig künftig als Ausflugs- und Aussichtspunkt genutzt wird. Nach Einigung und Beschluss kann das Tor jederzeit aufgemacht werden.“
Nach der massiven Kritik aus Dortmund stehen die Zeichen dafür offenbar wieder besser. „Wir sind mit thyssenkrupp im Gespräch auch zu anderen Flächen. Aus fachlicher Sicht wäre eine Nutzung sinnvoll, eine Übernahme aber nicht“, sagte RVR-Pressesprecher auf Nachfrage von Nordstadtblogger. „Aber wir müssen die Verbandsversammlung abwarten“, deutet der RVR ein Umdenken an.
Das würde in Dortmund begrüßt: „Wir hoffen, dass wir dort zwischen dem Enzian Ostereier suchen können – als temporäres Format. Dafür braucht es nur etwas guten Willen“, so Ullrich Sierau. Er warnte davor, viel Zeit ins Land gehen zu lassen. Schließlich habe es auf der „Asselner Alm“ schon Veranstaltungen wie einen Gottesdienst gegeben. „Das zeigt, dass es geht.“
Hier gibt es die komplette Studie als PDF zum automatischen Download (47 MB): rvr-online.(…).Haldenkonzept.pdf