Von Solveig Wright
Welche Strafe ist für einen Überfall und Drogenhandel angemessen? Diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) dem Landgericht Dortmund gestellt, weswegen nun ein Fall neu verhandelt wird, dessen erstes Urteil die obersten Richter teilweise aufgehoben haben.
Insgesamt angemessenes Strafmaß statt Addition der Einzelstrafen
Im Dezember 2023 hatte das Landgericht den Angeklagten Andreas Uwe W. schuldig gesprochen, an einem Raubüberfall in Unna beteiligt gewesen und mit Amphetaminen gehandelt zu haben.
Für die Mittäterschaft an dem Raub bekam der Angeklagte Andreas W. ein Jahr und neun Monate Haft, für den Handel mit Amphetaminen ein Jahr und sechs Monate. Insgesamt verhängten die Dortmunder Richter eine Strafe von drei Jahren – und damit, so befanden die Richter am BGH, hatten sich die Dortmunder Richter vertan. ___STEADY_PAYWALL___
Denn für eine Gesamtstrafe dürften nicht allein Einzelstrafen zusammengezählt werden, sondern es müsse eine insgesamt angemessene Strafe gebildet werden.
Nach Überfall findet die Polizei über 700 Gramm Amphetamine bei Angeklagtem
Andreas W. hatte im Oktober 2021 gemeinsam mit einem Komplizen eine Spielbank in Unna überfallen. Der Angeklagte hatte die Spielbank ausgekundschaftet, seinem Komplizen eine Schreckschusspistole zur Verfügung gestellt und ihm ein Zeichen gegeben, dass er den Überfall durchführen konnte.
Bei der Tat schoss der Komplize in den Boden, traumatisierte eine Angestellte schwer und erbeutete eine Kaffeekasse mit 30 Euro. Ob Andreas Uwe W. etwas von dem erbeuteten Geld erhielt, wurde nie geklärt. Der Komplize gab ihm jedoch die Schreckschusspistole wieder. Die Polizei fand sie bei der Verhaftung von Andreas Uwe W. in einer Rumpelkammer.
Bei der Verhaftung fand die Polizei außerdem 726 Gramm Amphetamine unter seiner Matratze. Das Gericht erkannte einen Eigenbedarf von 62 Gramm für einen Monat an. Beim Rest unterstellte das Gericht gewerbsmäßigen Handel.
Bundesrichter kritisieren Einweisung in eine Entziehungsanstalt
Andreas Uwe W. hatte nach eigenen Angaben ein Drogenproblem. Täglich nahm er zwei Gramm Amphetamine und kiffte seit seiner Jugend. Der Lagerist war zum Zeitpunkt des Überfalls arbeitslos und wohnte nach längerer Obdachlosigkeit wieder bei seinem Vater.
Das Gericht erkannte wegen seines Drogenproblems ein vermindertes Urteilsvermögen an und verordnete die Einweisung in eine Entziehungsanstalt zur Behandlung der Sucht. Insgesamt verbrachte Andreas Uwe W. 18 Monate in Untersuchungshaft, bevor er wieder zu seinem Vater zog, um dieses zweite Verfahren abzuwarten.
Eine Entziehungskur hat er bisher nicht angetreten, da die endgültige Strafe für den Überfall und den Drogenhandel noch nicht abschließend bestimmt ist. Die Einweisung in eine Entziehungsklinik bemängelte der BGH:
Für die Einweisung in eine Entziehungsanstalt müsse es die begründete Annahme geben, dass die Drogensucht überwunden wird und damit der Angeklagte absehbar weniger gefährlich wird. Dies hatten die Dortmunder nach Ansicht der Revisionsrichter nicht ausreichend belegt.
Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt
Die 18 Monate Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Dortmund haben Andreas Uwe W. schon verändert. Bei der Verhandlung am gestrigen 1. Juli sagte er aus, dass er seit seiner Haft keine Amphetamine mehr nehme, nicht trinke und nur wenige Male mit Freunden Cannabis geraucht habe.
Er habe eine neue Partnerin, lebe mit seinem Hund bei seinem Vater und kümmere sich um den Haushalt. Ansonsten helfe er im Familienbetrieb aus und gehe selten feiern.
„Wenn keine Drogensucht mehr besteht, dann wird die Einweisung in eine Entziehungsanstalt natürlich schwierig“, kommentierte der Vorsitzende Richter Alexander Pahnke. In den kommenden Terminen soll ein Gutachter seine Einschätzung dazu abgeben, ob Andreas Uwe W. noch von einem Entzug profitieren kann, oder ob er seine Strafe noch im Gefängnis verbüßen muss.
Nach erster Einschätzung der Kammer sei die Gesamtstrafe zu hoch, sagte Pahnke zum Abschluss. Neben dem Gutachter wird das Gericht in den kommenden Tagen die Frau zu Wort kommen lassen, die Opfer des Überfalls war und seitdem schwer traumatisiert ist. Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt.
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