Steuergelder für Verkehrskosmetik? – CDU-Dortmund sperrt sich gegen geplanten Radwall: Wirtschaft und Auto vor Umwelt

Nicht nur wegen der Sicherheit beim Radeln muss sich am Dortmunder Wallring was ändern. Der Umwelt zuliebe gehts überhaupt um weniger KFZ-Verkehr im Projekt „Emissionsfreie Innenstadt“. Foto (3): Alex Völkel

Umsteigen auf klimafreundliche Verkehrsmittel im Dortmunder Innenstadtbereich? – Das ist mit der örtlichen CDU durchaus zu haben – solange motorisierter Individualverkehr und Handel nicht leiden. So der (nicht neue) Eindruck. In dieser Woche haben die Christdemokrat*innen dieses Bild an einer gleichsam tagesaktuellen Streitfrage zielsicher reproduziert. Im Mobilitätsausschuss beim Stadtrat mit einem wenig überraschenden Antrag. Es geht um die Umgestaltungsmöglichkeiten des Wallrings im Rahmen des Förderprojekts „Emissionsfreie Innenstadt“. Dem dort zum Umweltschutz anvisierten Radwall wird implizit eine Absage erteilt. Aus Sorge um den KFZ-Verkehr und die lokale Wirtschaft. Stattdessen gibt es viel Luft – um nix. Während die Grünen beflissentlich zaudern, kommt merklicher Gegenwind lediglich vom Projektleiter aus der Verwaltung und von der Fraktion Linke+.

Statt auf dem Radwall um die Innenstadt herum: auf zwei Querungen mit dem Fahrrad durch sie hindurch?

Statt der bisher vier Vorschläge, die zur weiteren Beratung für einen fußgänger- und fahrradfreundlichen Wallumbau vorliegen und die allesamt – mehr oder weniger – zulasten der PKWs gingen, schwebt der CDU nun eine – aus ihrer Sicht alternative – fünfte Option vor: am viel befahrenen Stadtring gar nichts weiter zu tun.

Unter Corona-Bedingungen: Konstituierende Sitzung des neuen Ausschusses Mobilität, irgendwo in den Kellern der Westfalenhalle. Foto (4): Thomas Engel

Zumindest soll dort nicht mehr geschehen als das, was der Stadtrat ohnehin nicht schon beschlossen hat. Diese Maßnahmen beschränken sich allerdings auf Änderungen am Ost- und Schwanenwall. ___STEADY_PAYWALL___

Stattdessen möchte die Dortmunder CDU prüfen lassen, ob anstelle einer ökologischen Ertüchtigung des Rings zum Radwall nicht die „Schaffung von Fahrradachsen quer durch die City“ in Betracht kommen könne: „in nord-südlicher Richtung über die Kleppingstraße und die Kuckelke führend, in ost-westlicher Richtung entlang Brüderweg und Kampstraße“, wie es in dem Antrag heißt.

„Wir haben das Ziel, im Herzen unserer Stadt eine attraktive Radverkehrsinfrastruktur zu schaffen und zum Umsteigen aufs Rad zu motivieren. Die bisherigen Überlegungen der Verwaltung konzentrieren sich auf vier Varianten, die den Radverkehr über den Wallring um die Innenstadt herumführen. Was fehlt, ist eine Betrachtung der Möglichkeiten, den Radverkehr direkt durch die City zu führen“, ließ der mobilitätspolitische Sprecher der Partei, Reinhard Frank, bereits im Vorfeld kurz vor der ersten Sitzung des neu benannten Ausschusses für Mobilität, Infrastruktur und Grün (AMIG) verlauten.

CDU möchte Belastungen für PKW und LKW durch mehr Platz für Fahrrad und Fußgänger*innen vermeiden

Und hat dabei selbstverständlich auch Glück wie Interessen der Radler*innen im Sinn:

Reinhard Frank, CDU-Fraktion
Reinhard Frank, CDU. Foto: Archiv

„Die Frage ist doch: Welcher Radfahrer möchte schon über den ganzen Wall fahren, um von A nach B zu kommen, statt die City auf direktem Weg von Norden nach Süden oder von Westen nach Osten zu queren? Deshalb schlagen wir vor, die Pläne zur fahrradfreundlichen Umgestaltung des Wallrings auf die Betrachtung einer direkten Querungsmöglichkeit der Innenstadt für Radfahrer auszudehnen“, lässt der CDU-Mann in einer Pressemitteilung kurz vor der Sitzung bereits erklären.

Denn, was die betrifft, weiß Reinhard Frank dann während der Diskussion im AMIG vorausschauend: Käme jemand beispielsweise von der Märkischen Straße oder die Ruhrallee herunter und wolle zum Hauptbahnhof, „dann benutze ich nicht den Wall, dann fahre ich die kürzeste Strecke, direkt geradeaus“, so der CDU-Sprecher – ergo (irgendwie) durch die Innenstadt.

Schlussfolgerung: Was nottut, ist keine Einschränkung des motorisierten Verkehrs auf dem Wallring, wie auch immer in einem der vier Planfälle gestaltet, um für Radfahrer*innen mehr Platz zu schaffen, weil dabei immer irgendwie Fahrspuren, Räume für PKWs draufgehen. Sondern fürs Rad müssen Wege in der Innenstadt selbst frei werden, um sie zügig von Nord nach Süd und von Ost nach West durchqueren zu können.

Anvisierte Radachsen durch Innenstadt werden den Bedürfnissen lokaler Wirtschaft untergeordnet

Damit käme zu den bislang von der Verwaltung vorgeschlagenen Planfällen nun der CDU-Vorschlag hinzu, wonach – abgesehen von den bereits im Herbst seitens des Stadtrates beschlossenen Radwegen am Ost- und Schwanenwall – an den Führungen einzelner Verkehre am restlichen Wallring eben gar nichts geändert solle, dafür aber besagte Radquerungen stärker in den Blick geraten können.

Doch auch hier soll es nach dem Willen der Christdemokrat*innen eine wichtige Einschränkung für den Radverkehr geben, indem Großveranstaltungen berücksichtigt würden, wie zu den Zeiten des Dortmunder Weihnachtsmarktes, der über die Klepping- wie Kampstraße ginge. Das müsse bei Plan 5 ebenfalls berücksichtigt werden – dass es hier nicht zu Einschränkungen käme, macht der CDU-Sprecher klar. Soll wohl heißen: Das Rad müsste wieder weichen, wo der „Dollar“ rollt.

Es erhellt sich: Bei allem Verständnis für ökologische Themen – wenn es um die Belange der lokalen Wirtschaft und des individuellen KFZ-Verkehrs geht, hört bei der Dortmunder CDU der Spaß auf. Da hat eine ökologisch motivierte Aufwertung der Radwegeinfrastruktur schlicht hinten anzustehen. Das betrifft den Wall, wo scheinbar gar nichts mehr passieren soll, das betrifft den Innenstadtbereich.

Positionen der CDU in Sachen Verkehre reiben sich auf Dauer mit zentralen Anliegen grüner Politik

Das ist nicht neu und überrascht wenig. Was wiederum die Dortmunder Grünen ein wenig in die Zwickmühle bringt. Denn zwischen ihnen und der CDU hat sich in den letzten Monaten ein Koordinationszusammenhang entwickelt, dessen Fragilität an Themen wie „Emissionsfreie Innenstadt“ recht deutlich wird.

Foto: Leopold Achilles

Was sie lediglich eint: Beide Parteien – und nicht nur sie – haben gewissermaßen „den Kaffee auf“ – von der Jahrzehnte währenden sozialdemokratischen Vorherrschaft in der Stadt.

Sie stellten sich gemeinsam hinter den CDU-Bürgermeisterkandidaten Andreas Hollstein, als es Ende September in die Stichwahl gegen Thomas Westphal ging. Das hat bekanntlich nicht geklappt, der SPD-Mann und Wunschnachfolger von Ullrich Sierau konnte im zweiten Wahlgang eine zarte Mehrheit für sich verbuchen. Doch die Grünen fuhren bei der Kommunalwahl massive Gewinne ein.

Was sie zu mehr als einer Art potentiellen Junior-Partner einer der beiden großen sog. Volksparteien – SPD und CDU – macht: sie sind selbst eine geworden. Das gibt ihnen Macht, sie können fortan auf Augenhöhe agieren. Die nun interessante Frage ist nicht die, wie sie basal damit umgehen werden, wenn in den Mühlen des Politalltags der pragmatische Druck wächst.

Wall eines der emotionalsten Verkehrsthemen in Dortmund – das breite Akzeptanz braucht?

Auch Stofftiere wollen am Montag für provisorische Fahrradstreifen demonstrieren. Foto: Tobias Hermesmeyer
Mehr Raum für andere Verkehre neben weniger fürs Auto – das ist das eigentliche Ziel! Foto: Tobias Hermesmeyer

Denn es ist klar: Ihre politischen Positionen werden schmerzlich aufweichen – denn unbeschadet durch die Institutionen zu wandern, um sie von innen heraus zu verändern, das gibt es nicht. Spannend ist vielmehr, wie sich der Prozess in der Kommune konkret darstellen wird, welche Formen die politische Transformation hin zur Adaptilität annimmt.

Grünen-Sprecher Matthias Dudde gibt sich bei seiner Stellungnahme in dem Ausschuss denn auch ausweichend: „Wir begrüßen diese Vorlage“ – und meint damit die der Stadt zu den Umbauoptionen. Ebenso schätze er ausdrücklich die Bemühungen der Verwaltung, selbst „in der Corona-Lage Beteiligung zu ermöglichen“, also den Diskussionsprozess für die Bürgerschaft zu öffnen. Das soll Ende Januar nächsten Jahres in Form einer Beteiligungswerkstatt sein.

Immerhin, so der Grünen-Politiker, handele es sich beim Wall um eines der emotionalsten Verkehrsthemen in Dortmund, sowohl seitens des motorisierten Individualverkehrs wie des Fußgänger- und Radverkehrs. Daher sei eine möglichst breite Diskussion mit dem Ziel einer möglichst breiten Akzeptanz wichtig, vermeidet er wohlweislich eine direkte Konfrontation mit den Kolleg*innen von der CDU.

Wann kommt es zum Showdown zwischen Dortmunder CDU und Grünen in der Verkehrspolitik?

Die aber hätte im Bereich des Möglichen gelegen. Wenn die Grünen auch nur einen Funken ihrer ureigenen Position in Sachen Verkehrswende beibehalten, woran aus Gründen der Glaubwürdigkeit kaum ein Weg vorbeigeht, dann ist ein größerer Showdown mit der Dortmunder CDU nur eine Frage der Zeit; vielleicht soll der auch nur möglichst lange hinausgezögert werden.

Die nächste Gelegenheit dazu wird es jedenfalls schon bald, nämlich am 9. Dezember* im dann tagenden alten Planungsausschuss geben, der in der Angelegenheit – beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens – in der Hauptsache zuständig ist und dann unter der neuen Bezeichnung „Klimaschutz, Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen“ seine Arbeit aufnehmen wird.

Dort könnte sich der Ton durchaus verschärfen. Denn der christdemokratische Vorschlag ließe sich, was seine faktische klimapolitische Substanz betrifft, mit Fug und Recht auch schlicht unter Augenwischerei verbuchen. Dies zeigen ein näherer Blick auf das in Frage stehende Projekt und seine Förderbedingungen ebenso wie die fachlichen Erläuterungen vom Leiter des Projektteams, Andreas Meißner, gegenüber den Ausschussmitgliedern in dieser Woche, schließlich Stellungnahmen aus der Fraktion Die Linke+.

Klimapolitische Vernunft erfordert Umverteilung von Verkehrsräumen zugunsten nachhaltiger Mobilität

Zur Erläuterung den Ausschussmitgliedern präsentiert: Tafeln zu den Inhalten des Förderprojekts „Emissionsfreie Innenstadt“.

„Emissionsfreie Innenstadt“ ist ein Förderprojekt der EU und vom Land NRW; zum 1. Mai 2019 ging der Förderbescheid bei der Stadt Dortmund ein. Insgesamt ist eine erkleckliche Summe von acht Millionen Euro veranschlagt, von denen knapp 80 Prozent oder 6,3 Millionen von den Mittelgebern bewilligt wurden.

Es geht um den kommunalen Masterplan Mobilität, um „den Einstieg in eine Verkehrswende“, wie Andreas Meißner unmissverständlich klar macht.

„Verkehrswende“ meint im Kern nun nichts anderes, als Mobilität endlich umweltfreundlich zu gestalten. Dass es dabei zwingend an die Pfründe liebgewonnener Privilegien autofahrender Bürger*innen geht, ist unumgänglich, denn was ich klimafreundlichen Verkehren in Ballungsräumen gebe, muss ich irgendwoher nehmen: von den Dreckschleudern.

Insofern – sollte sich die Idee klimapolitischer Vernunft durchsetzen und Verkehrsraum umverteilt werden – führt die CDU für ihre Klientel lediglich ein hoffnungsloses, aber hartnäckig betriebenes Rückzugsgefecht.

Was den Dortmunder Wallring anbelangt, so handelt es sich hier um eine von 16 Maßnahmen in dem Förderprojekt: die einer Verkehrsuntersuchung zum Radwall, welche aus zwei Teilen besteht.

Der eine Teil wurde bereits vom Stadtrat im letzten Herbst beschlossen: das ist der besagte Umbau von Ost- und Schwanenwall, der ab März kommenden Jahres beginnen wird. Geschaffen wird in diesem Abschnitt eine Radverkehrsinfrastruktur mit zwei Richtungsradwegen und bis zu vier Meter Breite.

Diskussion um Dortmunder Radwall: Ohne Einschnitte für den PKW-Verkehr wird es nicht gehen

Dafür werden zwar Parkplätze wegfallen, aber noch keine Fahrspuren. Das aber könne nur der Einstieg sein, so Projektleiter Meißner vorgestern im AMIG. Es bräuchte eine Diskussion um den gesamten Wallring. Da gäbe es andere Stellen, die seien enger und da ließe sich eben nicht ohne Eingriff in die bestehenden Fahrbahnen auskommen. Vor allem für den Radverkehr. Bessere Möglichkeiten der Querung durch Fußgänger soll es ebenso geben wie eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität.

Was etwaige Konsequenzen dessen für den KFZ-Verkehr betrifft, so lässt sich heute manches über Computersimulation darstellen. Andreas Meißner führt es dem Ausschuss am Beispiel einer Innenstadt-Kreuzung vor. Doch die Cyber-Präsentation ist aufwendig und nicht vorab für alle vier Planfälle der Verwaltung durchzuspielen. Er bedeutet: dafür fehlten schlicht die Ressourcen. (Stichwörter für Eingeweihte in der Antragsmaterie: Vorhabensbeschreibung, Bewilligungszeitraum, Fördermittel, usf.)

Und da gibt es ein weiteres Problem: das ist eins der Schnittstelle zwischen Modellierungstheorie und -praxis. Konkret bemerkt es Grünen-Sprecher Matthias Dudde daran, dass vieles an dem Vorgehen „noch zu abstrakt“ bliebe. Sein Punkt: „Verbesserung für den Radverkehr an den Knotenpunkten“. Die sieht er nicht in der Simulation.

Genaue Auswirkungen auf den Fuß- und Radverkehr können (im Projekt) nicht simuliert werden

Gebel, Christian ist stellv. Fraktionsvorsitzender der Linken und Piraten im Rat.
Christian Gebel, Die Linke+. Foto: Archiv

Christian Gebel (Die Linke+) präzisiert in Richtung Projektleiter: Ob denn bei der digitalen Simulation von Planfällen nicht nur die Auswirkungen auf den motorisierten Individualverkehr betrachtet werden könnten, sondern auch auf die Verkehrsströme bei Fußgänger*innen und Radfahrer*innen? Denn das sollte besonders interessieren. Schließlich ginge es darum, deren Anteil zu erhören.

Nein, das ginge zwar prinzipiell, hier aber nicht, so Meißner. Und erspart dem Ausschuss weitgehend technische Details. Nur eins ist klar: den Statistiker*innen fehlt es schon an Daten, um die Rechner zu füttern, Stichwort etwa: Fahrrad-App. – Eine typische Situation: Kommunale Entscheidungsträger hier, dort „Technokratie“ – gebunden an Bewilligungsbescheide. Während die Zeit drängt. Und keiner aus den Parteien so wirklich Bescheid weiß, doch alle auch auf die kommenden Wähler*innen schielen müssen.

Sicher ist: Es geht nun darum, sich für eine der vier vorgeschlagenen Umbauvarianten („Planfälle“) des gesamten Dortmunder Wallrings zu entscheiden. Eine Option, die dann im Folgenden danach untersucht werden müsste, wie sie im Einzelnen zu realisieren sei, auch simulierend und mit Augenmerk auf die weiteren städtebaulichen Implikationen.

Fahrradachsen, wie von der CDU angesprochen: „Die wollen wir sowieso haben!“

Wohlgemerkt: vier Planfälle, zumindest kein fünfter, wie der von der CDU vorgeschlagene des Nichts-Tuns am Wallring. Trotz Herumdruckserei bei den Grünen:

Themenbündel: „Emissionsfreie Innenstadt“. Graphik: Stadt Do

Zwar hatte Matthias Dudde im Ausschuss noch eine Nachfrage zum Ergänzungsantrag der CDU – an die Verwaltung. Die bezog sich aber lediglich auf ein Detail: das einer zeitlichen Einschränkung der Befahrbarkeit der von christdemokratischer Seite gewollten Achsenradwege durch die Innenstadt.

Das Förderprojekt hätte ja klare Themen gehabt, auch die der Fahrradachsen, so der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen. Da habe man jedoch an eine ganzjährige Nutzbarkeit gedacht. Insofern überrasche die CDU-Interpretation. Passe das denn „überhaupt noch in das Projekt rein?“, fragt er, ohne die grundsätzliche Zielrichtung dieser Idee – alle weiteren Umbaumaßnahmen am Wall zu verhindern – überhaupt in Frage zu stellen.

Deutlicher wird da schon die Fraktion Linke+. Für Christian Gebel macht eine fünfte Variante zwar auch Sinn, aber nur als Kombination aus den Planfällen drei und vier. Ansonsten sei die Frage der Fahrradachsen, wie von der CDU angesprochen, völlig losgelöst vom Umbau des Walls – das sei keine Alternative. „Die wollen wir sowieso haben.“ Sieht darin mithin keinen Bestandteil der Planung, wenn es um die Realisierung des ganzen, um den 360-Grad-Radwall geht.

Ohne Funktionstüchtigkeit des ÖPNV wird’s schwer mit der Reduzierung des PKW-Verkehrs

Seine Fraktionsgenossin Sonja Lemke sekundiert: Es ginge doch darum, den Fahrradverkehr zu fördern. Das (aus dem Projekt „Emissionsfreie Innenstadt“) angebotene Modell hingegen rechne allein die Verschlechterungen für den Autoverkehr. Und bedeutet, dass damit das Pferd gleichsam von hinten aufgezäumt werde: wohingegen damit angefangen werden müsse, wo es ökologisch gilt: bei Verbesserungen für Rad- und Fußgängerverkehr.

Rüdiger Schmidt (SPD) weist auf einen von seiner Partei seit langem betonten Aspekt hin: Emissionen abzubauen als Ziel, das bekäme man nur durch Ausbau des Radverkehrs hin – doch dafür müsse gleichzeitig der PKW-Verkehr stark reduziert werden, um massive Staus zu vermeiden, wenn Verkehre umgeleitet würden, so wie in einigen Planfällen vorgesehen.

„Das kann aber nur dann gelingen, wenn der ÖPNV vernünftig funktioniert. Und da sehe ich bei uns im Moment wirklich Schwierigkeiten“, mahnt der sozialdemokratische Ratsvertreter aus dem Stadtbezirk Scharnhorst. So etwa die Ost-West-Verbindung. Oder wenn es darum ginge, über die Bundesbahn von außerhalb Dortmunds in die Innenstadt zu kommen. Da würden, seiner Erfahrung nach, viele das Auto wählen, um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen.

Bewertung des Projektleiters „Emissionsfreie Innenstadt“: CDU-Vorschlag ist der „Null-Fall“

Was den CDU-Vorschlag betrifft – Errichtung von Fahrradachsen und der Wall bliebe quasi im Status quo –, ist Projektleiter Meißner unmissverständlich, denn es wäre der „Null-Fall“: das ergäbe keine Änderung, was den KFZ-Verkehr betrifft. Hat also letztendlich wenig mit der Projektidee zu tun: mit Klimaschutz, weil der Autoverkehr auf dem Wall dann unangetastet bliebe. Jetzt ginge es um eine Vorzugsvariante unter den vorgelegten Optionen, mit der dann konkrete Folgewirkungen simuliert werden könnte, macht er klar.

Und genauso klar ist, was damit gemeint ist: Es muss etwas mit dem KFZ-Individualverkehr am Dortmunder Wall passieren. Und das kann nichts anderes sein als dessen signifikante Reduktion, soll eine „emissionsfreie Innenstadt“ bei dringend gebotenem Klima- und Umweltschutz nicht nur eine Worthülse bleiben.

Stellung nehmen wollten übrigens weder der Grünen-Vertreter noch sein Kollege von der CDU zu einem der bislang eingebrachten Vorschläge. Einigkeit im Grunde bei allen Fraktionen: über die in der Vorlage dargestellten Handlungsoptionen solle und könne an Ort und Stelle nicht entschieden werden. Ergo: Fortsetzung der Debatte im dafür direkt zuständigen Planungsausschuss, also am 9. Dezember*.

Anekdote: Bei der gestrigen Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt-West stand die Verwaltungsvorlage zur weiteren Beratung über die vier Planfälle zur Wallertüchtigung zwar auf der Tagesordnung, wurde aber von den Parteien als Empfehlung ohne weitere Wortmeldung einstimmig durchgewunken. Es war schlicht zu kalt: nach drei Sitzungsstunden im Freizeitzentrum West (FZW) bei wegen Corona laufender Klimaanlage und lediglich sporadisch eingeschalteter Heizung. Außerdem hatte CDU-Fraktionssprecher Jörg Tigges aus Sorge, er könne sich erkälten, bereits den Saal verlassen.

*In einer ursprünglichen Fassung des Textes hieß es, der Ausschuss tage am 16. Dezember. Dies haben wir entsprechend korrigiert.

 

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Reader Comments

  1. Claus

    Ich habe mal von anderen Städten gelesen, dass der Einzelhandel profitiert hat, wenn mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger geschaffen wurde.

  2. Moritz Döring

    Die aktuelle Artikelfolge im Nordstadtblogger-Feed entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Lässt der planungspolitische Sprecher der Dortmunder CDU, Uwe Waßmann, im Kontext der politischen Diskussion um den Ausbau der OWIIIa noch verlauten, man müsse nunmehr, um „eine nachhaltige, sozialverträgliche und bürgerfreundliche moderne Mobilität“ zu erreichen „die unterschiedlichen Interessen aller Verkehrsteilnehmer GLEICHBERECHTIGT behandeln und miteinander in Einklang bringen“ (LINK: https://www.nordstadtblogger.de/dortmunder-cdu-gruene-und-linke-wollen-planungsstopp-fuer-weiterbau-der-owiiia-in-den-kommenden-fuenf-jahren/), so entlarvt sein eigener Parteigenosse Reinhard Frank diese so überraschende wie sinnvolle Aussage im nächsten Atemzug gleich wieder als heiße Luft: Fahrradachsen quer durch die Innenstadt ANSTELLE von einem Fahrradring um die Stadt. Wie attraktiv eine solche Lösung ist, darf Reinhard Frank gern dann zur Zeit des innerstädtischen Weihnachtsmarkts oder auch nur an einem ganz normalen Shopping-Samstag am eigenen Leib erfahren: Absteigen, ausweichen, sich von den Ostenhellweg traversierenden Fußgängern anmaulen lassen, ggfs. einen kleinen Unfall bauen und dann, schwups, weiter Richtung Hauptbahnhof am Nordende der Innenstadt. Aber halt! Liegt dieser Hauptbahnhof überhaupt am Ende der von der CDU in den Blick genommenen Kleppingstraße/Kuckelke? Nein, tut er nicht. Ein, zwei Gedankenschritte weitergedacht, dürfte doch selbst dem letzten kommunalpolitisch aktiven Autofetischisten klar werden, dass es mit einer Durchquerung der Stadt nicht getan ist, da die Anfahrtsziele sich in aller Regel nicht in unmittelbarer Nähe zu irgenwelchen Nord/Süd- und Ost/West-Traversen befinden dürften. Der CDU-Vorschlag schickt den Radfahrer nach erfolgter Durchquerung der Innenstadt also wieder auf den Wall, um sein Ziel zu erreichen (bspw. den Hauptbahnhof). Das macht den Umstieg aufs Rad natürlich hochattraktiv. Zu Franks Frage, welcher Radfahrer schon über den ganzen Wall fahren möchte, um von A nach B zu kommen: Na all die Fahrradfahrer deren Start- und Zielpunkt nicht auf irgendwelche Achsen liegen, die DURCH die Stadt führen. Es soll auch Menschen geben, die von der südlichen in die östliche Innenstadt wollen oder von der nördliche in die westliche etc. Der grüne Anstrich des CDU-Wahlkampfs blättert beginnt also bereits abzublättern…

  3. Neue Software soll Planung von Radwegen in Dortmund verbessern (PM CDU Ratsfraktion Dortmund)

    Neue Software soll Planung von Radwegen in Dortmund verbessern

    Die Datengrundlage, auf die sich städtische Verkehrsplaner bei ihrer Arbeit stützen, ist oftmals spärlich. Eine spezielle Software zur Simulation von Verkehrsströmen könnte Abhilfe schaffen, glaubt die Dortmunder CDU-Fraktion. Durch die Anschaffung eines solchen Tools sollen Investitionen zukünftig zielgerichteter gesteuert und die Radwegeplanung in Dortmund optimiert werden.

    Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten

    Für Uwe Waßmann, den planungspolitischen Sprecher der Christdemokraten, liegen die Vorteile einer solchen Software auf der Hand: „Dauerzählstellen, manuelle Erhebungen und sonstige Verkehrsmodelle liefern immer nur punktuelle Daten. Das erschwert eine nachhaltige Planung. Mittlerweile gibt es jedoch eine Vielzahl digitaler Möglichkeiten, die Verkehrsströme anhand bestehender Routen-, Geo- und Verkehrsdaten simulieren. Auch die Eigenschaften bestimmter
    Streckenabschnitte können digital verändert und die Wirksamkeit von Baumaßnahmen besser abgeschätzt werden.“

    Dresden als Vorbild

    An der Technischen Universität in Dresden wurde der Prototyp einer solchen Planungssoftware bereits entwickelt. „Auch in Dortmund sollten wir hier dringend nachrüsten. Die Chancen, die die Digitalisierung im Bereich der Verkehrsplanung eröffnet, müssen wir nutzen. Denn neben mehr Personal fördert vor allem die Ausstattung mit moderner Software eine nachhaltige Radwegeplanung in unserer Stadt“, fasst Waßmann zusammen.

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