Die BV will Bezahlbarkeit erhalten und Verdrängung verhindern

Städtebauliche Förderung: Wird das „Südliche Nordmarktquartier“ zum Sanierungsgebiet?

In Sanierungsgebieten werden Maßnahmen vorgeschrieben bzw. durchgeführt, um städtebauliche Missstände oder funktionelle Schwächen zu beheben, zu verbessern oder umzugestalten. Das Südliche Nordmarkt-Quartier hat es in Teilen nötig. (Archivbild) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

In der Nordstadt soll erneut ein städtebauliches Sanierungsgebiet ausgewiesen werden – im Fokus ist das „Südliche Nordmarktquartier“. Das wird zwar grundsätzlich von der Bezirksvertretung der Innenstadt-Nord begrüßt. Allerdings gab es kontroverse Diskussionen um einen Ergänzungsantrag von „Die Linke/ Die Partei“, die weitere Sanierungsziele festschreiben will.

Ein Sanierungsgebiet soll helfen, Bereiche zu stabilisieren und aufzuwerten

Um was geht es? In Sanierungsgebieten werden städtebauliche Maßnahmen vorgeschrieben bzw. durchgeführt, um städtebauliche Missstände oder funktionelle Schwächen zu beheben, zu verbessern oder umzugestalten. Das Ziel der städtebaulichen Erneuerung ist es zum Beispiel, das bauliche Erbe zu bewahren, die Wohn- und Arbeitsbedingungen zu verbessern und den Strukturwandel in Wirtschaft und Landwirtschaft durch städtebauliche Maßnahmen zu begleiten. 

Das formulierte Zukunftsbild für die zentrale Nordstadt sieht vor, dass lebenswerte und sozial ausgewogene Quartiere entstehen. Leopold Achilles | Nordstadtblogger

In der Dortmunder Nordstadt laufen seit Jahrzehnten Maßnahmen zur Stadterneuerung, um den Stadtteil zu stabilisieren und aufzuwerten. Das Sanierungsgebiet „Nordstadt-Programm” nutzte ab 1991 das besondere Städtebaurecht, zusammen mit drei anderen Gebieten.

Das Amt für Stadterneuerung erstellte im Jahr 2023 ein neues Integriertes Handlungskonzept für die Zentrale Nordstadt, um Fördermittel für Stadterneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen zu beantragen. Der Stadtrat gab dafür im Dezember 2023 grünes Licht.

Das Ziel sind lebenswerte und sozial ausgewogene Quartiere

Das formulierte Zukunftsbild für die zentrale Nordstadt sieht vor, dass lebenswerte und sozial ausgewogene Quartiere entstehen. Die großstädtischen Blockrand-Strukturen mit ihrer urbanen Mischnutzung, ihrem baukulturellen Wert und ihrem historischen Gebäudebestand sollen wiederhergestellt und erlebbar gemacht werden. Zeitgemäßer Wohnraum und ein attraktives Wohnumfeld sollen eine breite Bevölkerung ansprechen. Öffentliche Räume sollen zum Verweilen, zur Begegnung und Interaktion einladen, wobei die Bewohner kontinuierlich in die Weiterentwicklung einbezogen werden.

Der mögliche Geltungsbereich des neuen Sanierungsgebietes „Südliches Nordmarktquartier“. Karte: Stadt Dortmund

Die Anpassung des Wohnraums an Bedürfnisse und Zielgruppen sowie der Abbau von Barrieren im Wohnungsbestand stehen im Fokus. Maßnahmen umfassen die Reduzierung von Lärm-, Schadstoff- und Hitzebelastungen, die Behebung von Modernisierungsstaus und die Verbesserung der Wohnqualität. Dazu gehören zeitgemäße Ausstattung, Grundrisse, Barrierenabbau und Freisitze. 

Besondere Qualitäten von Altbauwohnungen wie historische Elemente sollen erhalten oder kritisch wiederhergestellt werden. Der Ausbau von Dachgeschosswohnungen wird gefördert, unter Berücksichtigung der Integration ins Gebäude und der Schaffung hochwertigen Wohnraums. Es wird Wohnraum für verschiedene Nachfragegruppen gefördert, auch für große Familien. Gemeinschaftliche Wohnformen, wie inklusives Wohnen, werden ebenfalls unterstützt.

Die Stadt plant zudem Maßnahmen zur Verbesserung von Problemimmobilien und zur Erhaltung des historischen Stadtbildes. Dies beinhaltet die Renovierung historischer Fassaden, die Anpassung an energetische Standards und die Schaffung attraktiver Innenhöfe für lebendige Quartiere. Ziele sind die Harmonisierung des Gebäudebestandes, die Schaffung eines einheitlichen Stadtbildes und die Förderung von Mikroklima und Stadtökologie. Die Maßnahmen sollen die Lebensqualität in der Stadt verbessern.

Zusatzantrag fordert den Erhalt von Bezahlbarkeit und Verhinderung von Verdrängung

Die Fraktion „Die Linke/ Die Partei“ begrüßt die Sanierungssatzung: „Es ist gut, dass sie kommt“, betont Sonja Lemke. Kritik hat sie nicht an den formulierten Zielen, wohl aber denen, die ihrer Ansicht nach fehlen.

Sonja Lemke (Die Linke) Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

Sie möchte, dass die städtebauliche Sanierungsmaßnahmen in Dortmund u.a. auch den Erhalt von Bezahlbarkeit und Verhinderung von Verdrängung, die Bevorzugung von Sanierung vor Modernisierung, die Nutzung geeigneter Instrumente wie Senkung der Kappungsgrenze, den kommunalen Erwerb zur Schaffung von Wohnraum für Einkommensarme und Maßnahmen zur Verhinderung eines Anstiegs der Durchschnittsmieten, z.B. durch Ausweitung des vermieteten Wohnbestands im Eigentum der Stadt, als Ziele vorsehen. 

„Aufwertung geht, sofern nicht gegengesteuert wird, meist mit Verdrängung einher: Wohnen wird teurer und Menschen, die bisher dort gelebt haben, werden durch Menschen mit höherem Einkommen verdrängt. Dortmund soll seinem Leitbild gemäß eine inklusive Stadt sein“, macht die Fraktion in ihrem Ergänzungsantrag deutlich. „ Bei Aufwertungsprozessen, auch wenn diese im Grundsatz zu begrüßen sind, werden besonders Einkommensarme, die bisher in sanierungsbedürftigen Immobilien zu geringen Mieten gelebt haben, von Verdrängung bedroht sein. Für diesen sehr einkommensschwachen Teil der Bevölkerung muss durch Anwendung geeigneter Instrumente bezahlbarer Wohnraum gesichert werden.“

SPD: „Es ist erfreulich, dass saniert wird – das ist nötig“

Marko Unterauer (Grüne) findet die Ergänzungen „grundsätzlich okay“, findet es aber kritisch, dass diese als Tischvorlage kamen. Man habe sich daher kaum intensiver damit beschäftigten und sich auch nicht abstimmen können.

Brigitte Jülich (SPD) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Brigitte Jülich (SPD) sah die Ergänzungen da deutlich kritischer: „Wenn ich etwas hochwertig saniere, macht sich das auch in den Mieten bemerkbar. Ich meine hiermit keine Luxussanierung – aber eine angepasste Miete wird da sein. Die Luxussanierung, die hier angenommen wird, wird es nicht geben“, so Jülich.

„Wenn der eine oder die andere herzieht, die nicht in heruntergekommenen Wohnungen leben will, finde ich das gut“, so Jülich.

„Wir stimmen in vielen Punkten zu. Es ist erfreulich, dass saniert wird – das ist nötig. Es ist auch positiv zu bewerten, dass auch Menschen hier wohnen wollen, denen es bisher nicht gut genug war. Aber beim Gang durch die Stadt kann man feststellen, dass wir ganz viele Menschen haben, die jetzt schon nicht wissen, wo sie wohnen sollen. Und das sollen nicht mehr werden“, hielt Cornelia Wimmer (Linke) entgegen. 

Forderung nach Sanierung vor Modernisierung – Verbot von Luxusmodernisierungen?

Es gebe wenige Steigerungsmomente – aber die gebe es. Die Maßnahmen erfolgten immer im Konsens mit den Eigentümer:innen. „Man kann Sanierung vor Modernisierung fördern und sich dafür einsetzen. Eine Sanierung wirkt nicht so mietsteigernd wie eine Modernisierung und Aufwertung“, so Wimmer. 

Cornelia Wimmer (Die Linke) Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Die Stadt müsse endlich wieder als Vermieterin günstigen Wohnraums auftreten. Schon jetzt kaufe sie gelegentlich Schrottimmobilien und kümmere sich um Inwertsetzung, dass das Gebäude wieder funktioniert, aber bezahlbar bleiben kann. Man könne bei einer Sanierung auch geringe Standards zugrunde legen, damit man auch nachher noch günstiges Mieten anbieten könne. „Eine soziale Durchmischung gibt es trotzdem“, glaubt Wimmer.

„Eine Luxussanierung gibt es nicht, nur eine Luxusmodernisierung. Die können mit  acht Prozent auf die Mieten aufgeschlagen werden, eine Sanierung nicht“, hielt Sonja Lemke der SPD-Replik entgegen. „In den meisten Fällen ist es so, dass eine Aufwertung zu einer extremen Mietenexplosion führt. Doch das muss nicht so sein. Das sollte man sich als Ziel setzen und Maßnahmen treffen, die es ermöglichen, dass Menschen dort leben bleiben können.”

„Private Eigentümer entscheiden, wie sie mit der Immobilie umgehen“

Hannah Rosenbaum (Grüne)
Hannah Rosenbaum (Grüne) Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

„Das System funktioniert ja eh nicht so, dass keine Mieten erhöht werden können“, konstatierte Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum (Grüne). Die Einschätzung von Land und Kommunen fiele da offenbar unterschiedlich aus.

„Der Erwerb ist ein großes Ziel, was in der Politik diskutiert wird. Wesentlicher Punkt ist der Erlass einer sozialen Erhaltungssatzung, was auch nicht dazu führt, dass man keine Mieterhöhungen machen kann, sondern nur, dass Modernisierungen unter Genehmigungsvorbehalt stehen“, so Rosenbaum.

„Wir gehen ja mit der Zielsetzung d‘accord: Wir wollen nicht, dass in größerem Maße Menschen verdrängt werden“, sagte Thomas Oppermann (SPD). „Aber die Frage ist, ob ich bei einem Schaufensterantrag beschreibe, was zu tun ist“, kritisierte er das Papier von „Die Linke“ und „Die Fraktion“.

Thomas Oppermann (SPD) Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Private Eigentümer entscheiden, wie sie mit der Immobilie umgehen.“ Nur eine soziale Erhaltungssatzung habe einen entsprechenden Einfluss. „Daher ist es ein Schaufensterantrag, den man in die Tonne kloppen kann, auch wenn wir die Zielsetzung teilen“, so Oppermann. 

Die Mehrheit der Bezirksvertretung wollte den Zusatzantrag der Fraktion „Die Linke/ Die Partei“ aber nicht „in die Tonne kloppen“ – er wurde mit den Stimmen der Grünen gegen die Stimmen der SPD beschlossen. CDU und AfD waren in der Sitzung nicht vertreten. Der Satzungsbeschluss für das Sanierungsgebiet „Südliches Nordmarkt-Quartier“ wurde einstimmig empfohlen. Darüber soll der Rat am 27. Juni 2024 entscheiden.


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