Stadt und Eigentümerverband setzen auf Neubau: Kampagne für bezahlbaren Wohnraum in Dortmund gestartet

Luftbild Nordstadt
Dortmund nähert sich der 600.000-Einwohner-Marke. Doch der Wohnraum wird knapp – vor allem der günstige.

Die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum ist eine der wichtigsten Aufgaben für die kommenden Monate und Jahre. Denn Dortmund wächst – nicht nur wegen der Flüchtlinge.

In Dortmund fehlen schon jetzt 4000 bis 6000 Wohnungen

„Für 800 bis 1000 neue Wohneinheiten werden jedes Jahr Bauanträge positiv beschieden. Aber es fehlen 4000 bis 6000 Wohnungen“, verdeutlicht Planungsdezernent Ludger Wilde. „Mit normalen Margen werden wir der Sache nicht mehr Herr. Wir müssen mehr Drive aufnehmen.“

Aktuell gibt es in Dortmund eine Leerstandsquote von etwa zwei Prozent. Benötigt würden allerdings drei bis vier Prozent, um überhaupt von einem Wohnungs-„Markt“ sprechen zu können. Die zwei Prozent sind beinahe eine planerische Null. Denn es befinden sich immer eine gewisse Anzahl von Wohnungen in der Modernisierung.

Kampagne zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum gestartet

Finnisage der Ausstellung, Wir: Echt Nordstadt! am Phoenixsee in Dortmund-Hörde. Planungsdezernent Ludger Wilde
Planungsdezernent Ludger Wilde

„Um attraktiv zu bleiben, müssen wir Wohnraum schaffen“, betonte Wilde bei einem gemeinsamen Gespräch mit dem Verband „Haus & Grund“.

Gemeinsam starteten sie eine Kampagne für bezahlbaren Wohnraum.Vor allem bei Singles und Familien mit vielen Kindern wird es in Dortmund eng.

Die aktuelle Einwohnerzahl am 31.12.2015 beträgt 596.575 Einwohnerinnen und Einwohner. Der quantitative Wohnraumbedarf berechnet sich auf der Grundlage der Anzahl der in Dortmund lebenden Haushalte.

Er hat sich zum 31.12.2014 gegenüber 2013 um circa 4000 Haushalte auf rund 315 700 Haushalte erhöht. Auch 2015 ist die Zahl der Haushalte weiter gestiegen. Konkrete Daten dazu liegen aktuell noch nicht vor.

Bei Singles und Großfamilien ist die Lage besonders angespannt

„Jeder der bauen will, wird von uns unterstützt. Wir begrüßen, wenn vor allem im niederpreisigen Segment investiert wird“, so der Planungsdezernent. Ein Markt, der aktuell vor allem von Studierenden, SeniorInnen, Menschen im Transferbezug und Zuwanderern nachgefragt wird.

Das Dilemma: Die Anzahl der Wohnraumangebote für Flüchtlinge bzw. Asylsuchende reicht nicht aus, was den notwendigen Auszug aus Übergangseinrichtungen konterkariert und die Schaffung weiterer Übergangskapazitäten erfordert.

Neubaugebiet Stadtkrone-Ost
In den vergangenen Jahren war es attraktiver, in hochwertige Neubauten zu investieren als in Sozialwohnungen.

Investitionen in allen Preissegmenten werden begrüßt

Allerdings werden Investitionen in allen Preissegmenten begrüßt und unterstützt. „Wir wollen Wohnungsbau insgesamt ankurbeln“, unterstrich Wilde. Auch hochpreisige Angebote sorgten in anderen Bereichen für Sickereffekte.

„Wir haben Gespräche geführt mit allen in Dortmund tätigen Wohnungsbauunternehmen. In der Summe werden diese Unternehmen für mehrere hundert Wohneinheiten Bauanträge stellen.“

Allerdings reicht das nicht aus. „Es ist eine Anstrengung von Vielen von Nöten“, betont Walter Derwald, Präsident von Haus & Grund.

Private Eigentümerinnen und Eigentümer sollen aktiviert werden

Vor allem die privaten Eigentümerinnen und Eigentümer seien jetzt gefragt. Denn es geht nicht nur um Neubauprojekte auf der „grünen“ Wiese.

Im Gegenteil: Verdichtung im Bestand beispielsweise durch Aufstockung, Aus- und Anbauten sowie das Schließen von Baulücken sowie (falls zulässig) Hinterhausbebauung, ohne dabei die Wohnumfeldqualität zu beeinträchtigen, wird ausdrücklich begrüßt.

Mit den Gebührenbescheiden wird die Stadt alle Grundstücks- und Hauseigentümer auch anschreiben und zum Bau animieren. Denn sie halten die meisten Flächen, auf denen Bauprojekte möglich wären.

Grundstücke für bis zu 7000 Wohneinheiten wären baurechtlich sofort nutzbar

Bundesministerin Barbara Hendricks zu Gast in der Nordstadt. Das Haus an der Brunnenstraße
Auch die Herrichtung von Problemhäusern ist wichtig.

7000 Wohneinheiten ließen sich rechnerisch auf Grundstücken schaffen, die baurechtlich sofort nutzbar wären.

„An Grundstücken wird es nicht scheitern. Bei Wohnbauflächenangebot sind wir gut aufgestellt“, ergänzte Wilde.

Entscheidend sei allerdings die Bereitschaft zum Bauen – oder zumindest zum Verkauf der Flächen. Die Stadt ist prinzipiell auch bereit, als Käufer aufzutreten.

„Rund 61 Prozent des Wohnraums wird von privaten Anbietern gedeckt“, verdeutlicht Michael W. Mönig, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund.

„Wir haben Zeiten gehabt, in denen sozialer Wohnraum leer stand. Die Zeiten und die Zahlen haben sich geändert. Sozialer Wohnungsbau kann sich wieder rechnen“, unterstrich Mönig.

Anlaufstelle für Interessenten und Bauwillige 

Um private Eigentümer zu aktivieren, haben Stadt und Eigentümerverband eine Kooperation abgeschlossen.

Dazu wird eine Anlaufstelle für Interessenten und Bauwillige im Dienstleistungszentrum Wirtschaft (DLZW) mit entsprechenden Ansprechpartnern eingerichtet.

Robert Litschke und Detlef Kunert stehen für eine Erstberatung rund um Fragen zum Planungs- und Bauordnungsrecht sowie Fördermöglichkeiten zur Verfügung.

Bei dem Eigentümerverband Haus & Grund in Dortmund steht Julian Mönig als Ansprechpartner zur Verfügung.

Hier erhalten Sie eine Erstberatung, was bei einem Wohnungsbauprojekt zu berücksichtigen ist, welche Kriterien zur Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen sind und wie ein Grundstück und ein Immobilie vermarktet werden kann.

Kontaktvermittlung zwischen Bauwilligen und Grundstückseigentümern

Die Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger werden neben der Beratungstätigkeit (Baurecht, Förderung, Wirtschaftlichkeit, Verwaltungsverfahren) auch den Kontakt mit EigentümernInnen aufnehmen, die zwar über Wohnbauflächen verfügen, aber selbst nicht beabsichtigen, zu bauen.

Auch die Stadt stellt sich der Herausforderung und hat deshalb die Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft (DSG) reaktiviert.  Sie soll auch im Rahmen der Wohnraumschaffung bzw. -bewirtschaftung eingesetzt werden. 200 bis 300 Wohneinheiten sollen planerisch in diesem Jahr vorbereitet werden.

Hier gibt es das Faltblatt als PDF zum Download: Wohnraum-Flyer

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Reaktionen

  1. Linke & Piraten

    Fraktion DIE LINKE & PIRATEN: Weg mit der „Angemessenheitsgrenze“ bei Sozialwohnungen

    Hilfe-Empfänger in Dortmund, die in eine sanierte oder neu gebaute Sozialwohnung umziehen wollen oder müssen, dürfen nicht länger benachteiligt werden. Das fordert die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN. Die Fraktion beantragt deshalb, die Richtlinien in der Stadt Dortmund für die „Kosten der Unterkunft“ anzupassen und die „Angemessenheitsgrenze“ abzuschaffen.

    „Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN hat im Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen deshalb einen wohnungspolitischen Antrag eingebracht“, sagt Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski. „Unsere Forderung: Die Stadtverwaltung soll die Richtlinien für die „Kosten der Unterkunft“ (KdU) anpassen: Die Mieten für öffentlich geförderte Wohnungen (Sozialwohnung) sollen bei der Übernahme von „Kosten der Unterkunft“ grundsätzlich immer als angemessen gelten.“

    Nicht jede Miete, die für eine Sozialwohnung verlangt wird, gilt derzeit als „angemessen“. Manchmal ist die Quadratmeter-Miete für Leistungsempfänger um einige Cent zu teuer. Oder im Behördendeutsch: „Die Miete übersteigt die zulässigen Angemessenheitsgrenzen.“

    Die Folge: Nicht alle Wohnungen, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung des Landes NRW neu gebaut oder saniert wurden, dürfen von Menschen im Transferleistungsbezug angemietet – oder schlimmer: weiter bewohnt werden. Für die Leistungsbezieher würden die „Kosten der Unterkunft“ in einem solchen Fall nicht übernommen.

    Hilfeempfänger in Dortmund erhalten staatliche „Kosten der Unterkunft“ lediglich für Wohnungen, die nicht mehr als 5,24 Euro pro Quadratmeter (Nettokaltmiete für eine „Single“-Wohnung bis zu 50 Quadratmeter) kostet. Bei größeren Wohnungen liegt die Obergrenze bei 4,86 Euro bzw. 5,24 Euro, wenn der Energiebedarf einer sanierten Wohnung 60 kwh/qm/Jahr nicht übersteigt.

    Diese Obergrenzen reichen aber oft nicht aus. Denn bis zu 5,65 Euro pro Quadratmeter darf ein Vermieter für eine energisch sanierte oder neu gebaute Sozialwohnung verlangen.

    Die Folge: Trotz des immer knapper werdenden Wohnraums in Dortmund können Hilfeempfänger in vielen Fällen nicht in neue oder zumindest sanierte Sozialwohnungen einziehen. Ein solcher Einzug wird ihnen sogar verwehrt, wenn dieser „nicht angemessene“ Mietzins erst in einigen Jahren greifen sollte (Staffelmiete).

    „Die Stadt Dortmund will mehr öffentlich geförderten Wohnraum schaffen, um einerseits Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen und andererseits auch Engpässe für Studenten und Menschen mit niedrigem Einkommen, darunter Leistungsbezieher als Kerngruppe, abzubauen. Das ist lobenswert. Aber es vor allem wichtig, dass solche Wohnungen auch für alle betroffenen Personengruppen anmietbar sind. Deshalb muss die ohnehin gedeckelte Miete von Sozialwohnungen – ­unabhängig vom Quadratmeterpreis – immer als „angemessen“ bewertet werden“, so Utz Kowalewski.

  2. Stadt Dortmund

    Geplantes Wohnquartier macht Wickede für Familien attraktiv

    Die Stadt Dortmund beabsichtigt, am nordwestlichen Rand des Ortsteils Wickede ein Wohngebiet mit ca. 150 Wohneinheiten zu entwickeln. Grund ist die anhaltende Nachfrage nach Flächen für den Wohnungsneubau. Da die Bevölkerungszahlen der Stadt Dortmund weiter steigen, ist eine Ausweitung des Wohnbauflächenangebotes erforderlich. Der Bebauungsplan Br 196 – Wickede West – soll die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das neue Wohnquartier schaffen.

    Gegenüber früheren Bebauungskonzepten für den Ortsrand von Wickede bezieht sich die neue Planung auf einen deutlich reduzierten Geltungsbereich. Der am 15.05.2002 gefasste Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Br 196 – Wickede-West – soll daher aufgehoben und ein neuer Beschluss für den aktuellen Geltungsbereich gefasst werden.

    Der Bedarfslage entsprechend soll ein ausgewogenes Wohnangebot entstehen, das sowohl Einfamilien- als auch Mehrfamilienhäuser umfasst. Als Übergang zur Bestandsbebauung an der Eichwaldstraße sollen bis zu dreigeschossige Stadtvillen mit jeweils sieben bis acht Wohneinheiten realisiert werden. Zur freien Landschaft hin ist eine lockere Bebauung in Form von Einfamilienhäusern geplant, die sich zu kleinen „Nachbarschaften“ gruppieren.

    Das Wohnquartier wird von offenen Entwässerungsmulden durchzogen, die zwischen den privaten Grundstücken liegen. Über diese wird das Niederschlagswasser zu einem flachen, in die Landschaft integrierten Regenrückhaltebecken westlich des Wohnquartiers geführt, bevor es in den angrenzenden Grüningsbach eingeleitet wird. Im Rahmen der notwendigen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen soll der Landschaftraum in diesem Bereich aufgewertet und durch eine nach Süden führende Fußwegverbindung erlebbar gemacht werden. Das städtebauliche Konzept zeichnet sich durch seinen klaren Bezug zum angrenzenden Freiraum und seine aufgelockerte Baustruktur aus.

    Das geplante Quartier wird das Wohnungsangebot in Wickede verbreitern und den Ortsteil weiter aufwerten. Insbesondere für Familien soll attraktiver Wohnraum geschaffen werden, um diese im Ortsteil zu halten bzw. Wickede als Wohnstandort interessant zu machen.

  3. Marco Bülow

    Kritik von Marco Bülow: Bundeskabinett lässt Ruhrgebiet im Regen stehen

    Das Bundeskabinett hat Anfang Februar in Berlin einen Gesetzentwurf zur Einführung einer steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus gebilligt. Mit der Einführung einer zeitlich befristeten Sonderabschreibung soll die Schaffung neuer Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment in ausgewiesenen Fördergebieten steuerlich gefördert werden. Diese steuerliche Förderung soll aber nur in Gebieten ab Wohngeldstufe vier gelten. Dies bedeutet, für nahezu das gesamte Ruhrgebiet, welches höchstens die Stufe drei hat, dass es von diesem Programm nicht profitieren wird.

    Dazu erklärt der Dortmunder SPD-Bundestagabgeordnete Marco Bülow:
    „Die geplante steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus greift zu kurz. Das Kriterium des Bundeskabinetts die Sonderabschreibung an die Wohngeldstufe zu koppeln und dies nur drei Jahre laufen zu lassen, geht an der Realität vorbei. Besser wäre es die steuerlichen Vorteile für Städte ab 100.000 Einwohner und eine längere Laufzeit zu gewähren. Sinnvoller wäre es ein Gesamtpaket zur Förderung des Baus von neuen Wohnungen und vor allem des sozialen Wohnungsbaus zu schnüren. Kurzfristige, steuerliche Maßnahmen beinhalten die Gefahr von Mitnahmeeffekten.

    Der Bedarf an Wohnungen im Ruhrgebiet wächst. So hat Dortmund aktuell eine Leerstandsquote von gerade mal 2%. Dortmund ist eine boomende Stadt. Durch den Zuzug von Studenten aber auch von Flüchtlingen wird ein jährlicher Neubau von 4000 bis 6000 neuen Wohneinheiten gefordert. Aktuell werden nur 1000 Wohneinheiten pro Jahr geschaffen, das ist deutlich zu wenig.

    Ich werde mich in meiner Fraktion dafür einsetzen, dass der soziale Wohnungsbau stärker gefördert wird und, dass der Vorschlag des Bundeskabinetts zumindest überarbeitet wird, sodass das Ruhrgebiet und Dortmund davon profitieren können. Ich werde mich an die anderen MdBs im Ruhrgebiet wenden, sodass wir hier gemeinsam Druck entwickeln.“

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