„SS-Siggi“ muss in Haft – OLG Hamm bestätigt Freiheitsstrafe wegen Beleidigung  – Heute #WIRSINDMEHR-Kundgebung

Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt (li.) – Galionsfigur der Dortmunder Neonazis – muss in Haft.

Es zeichnete sich ab, jetzt ist es offiziell: Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt, bekanntester Dortmunder Neonazi und Galionsfigur, Gründer der Borussenfront und – obwohl längst in Dorstfeld wohnend – Bezirksvertreter der Splitterpartei „Die Rechte“ in der Nordstadt, muss eine viermonatige Haftstrafe antreten.

Revision des 64-jährigen Neonazis bleibt erfolglos

Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte den Dortmunder zu einer Haftstrafe von vier Monaten ohne Bewährung. Grundlage für das Urteil gegen den bereits mehrere dutzend Male einschlägig verurteilten Rechtsextremisten waren Beleidigungsdelikte gegen Polizeivollzugsbeamte.

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Revision des 64-Jährigen gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Dortmund vom 18. April 2018 als unbegründet verworfen. Die mit dem genannten Urteil des Landgerichts Dortmund gegen den Angeklagten wegen Beleidigung verhängte Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, ist damit rechtskräftig.

Der Verurteilung liegt folgendes Tatgeschehen zugrunde: Am 8. Juli 2017 sollte in Dortmund ab 20 Uhr die Geburtstagsfeier eines Bekannten von Borchardt stattfinden. Hierzu waren Bierbänke auf einem Parkplatzbereich aufgebaut. Gegen 18 Uhr versahen drei Polizeibeamte in diesem Ortsbereich ihren Dienst. 

Nach Ruhestörung die Polizeibeamten als „Spinner“ und „Spasti“ beleidigt

Mitglieder und Unterstützer der Partei „Die Rechte“ begleiteten ihren Ratsvertreter Siegfried Borchardt zum Rathaus.
Siegfried Borchardt hatte Polizisten beleidigt.

Aufgrund einer gemeldeten Ruhestörung für das Gebiet, in dem die Geburtstagsfeier stattfinden sollte, führten die Zeugen eine polizeiliche Kontrolle durch. Dabei forderte ein Polizeibeamter den Angeklagten auf, sich durch einen Personalausweis auszuweisen. Hierauf erwiderte der Angeklagte lautstark: „Den habe ich schon abgegeben, du Spinner!“

Im weiteren Verlauf verlangte der Polizeibeamte von Borchardt, seine Messerhalskette abzulegen und sie der Polizei auszuhändigen. Dieser Aufforderung kam der Angeklagte mit der lautstarken Äußerung nach: „Hier hast du es, du Spasti!“

Wegen dieses Geschehnisses ist der Angeklagte in erster Instanz vom Amtsgericht Dortmund wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1600 Euro verurteilt worden.

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der diese die Verhängung einer Freiheitsstrafe statt der ausgeurteilten Geldstrafe begehrt hat, hat das Landgericht Dortmund mit dem angefochtenen Urteil den Angeklagten – anstelle zu einer Geldstrafe – zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. 

Weil Borchardt bisherige Urteile nicht ernst nahm, kam keine Bewährung in Frage

Diese Freiheitsstrafe könne insbesondere deshalb nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, weil der Angeklagte – so das Landgericht – bislang verhängte Bewährungsstrafen in keiner Weise ernst genommen habe und ohne die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe alsbald wieder mit ähnlichen Taten zu rechnen sei.

Die Revision des Angeklagten gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Dortmund ist erfolglos geblieben, weil der 1. Strafsenat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten bei der Nachprüfung des Berufungsurteils erkennen konnte.

„Das ist ein weiteres Ergebnis unseres unermüdlichen Einsatzes gegen rechtsextremistische Straf- und Gewalttäter. Die konsequente Reaktion des Rechtsstaates ist ein wichtiges Signal“, kommentiert Polizeipräsident Gregor Lange das Urteil. 

In den vergangenen zwei Jahren gab es zahlreiche Urteile gegen Dortmunder Neonazis 

Sascha Krolzig, Co-Bundesvorsitzender der Partei Die Rechte.
Sascha Krolzig, Co-Bundesvorsitzender der Partei Die Rechte. Fotos: Alex Völkel

Inzwischen liegen gegen zahlreiche Führungskader der rechtsextremistischen Szene Dortmunds deutliche Strafurteile vor. Unter anderem ist mit Saschas Krolzig einer der beiden Bundesvorsitzenden der Partei „Die Rechte“ wegen Volksverhetzung und Körperverletzungsdelikten zu einer Haftstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. 

Ein weiterer Rechtsextremist der Dortmunder Szene wurde im Juni dieses Jahres unter anderem wegen Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr ohne Bewährung verurteilt. Nicht abschließend sei an dieser Stelle noch die Verurteilung des früheren Feuerwehrchefs Klaus Schäfer erwähnt, der auf Grund von Volksverhetzung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde.

Auch gegen die sogenannte „Aktionsgruppe Dortmund-West“ aus Dortmund-Marten sind durch verdeckte Maßnahmen der Polizei Dortmund in jüngster Vergangenheit mehrere Strafverfahren eingeleitet worden.

#Wirsindmehr – Kundgebung der Zivilgesellschaft gegen Neonazi-Hetze

Die Zivilgesellschaft möchte heute ab 19 Uhr wieder ein Zeichen gegen Neonazi-Hetze setzen.

„Der jahrelange Strafverfolgungs – und Kontrolldruck der Soko-Rechts zahlt sich aus und bringt zählbare Ergebnisse“, kommentiert Polizeipräsident Gregor Lange.

Inzwischen ist zum Beispiel die Anzahl der rechtsextremistischen Gewaltdelikte von einem Höchststand (50) in 2015 auf den niedrigsten Stand der letzten fünf Jahre (17 in 2017) gesunken. Die Aufklärungsquote der Polizei Dortmund liegt bei rund 88 Prozent und dieser Trend setzt sich in 2018 fort.

„Diesen hohen Strafverfolgungsdruck werden wir hartnäckig fortsetzen und gegen rechtsextremistische und antisemitische Verfassungsfeinde nicht locker lassen“, betont Gregor Lange. Angesichts der widerlichen antisemitischen Parole vom 21. September („Wer Deutschland liebt, ist Antisemit“) stellt der Polizeipräsident noch einmal deutlich heraus: „Die Dortmunder Polizei steht fest an der Seite der jüdischen Gemeinde.“

Wegen dieser Äußerungen gibt es am heutigen Donnerstag um 19 Uhr eine Kundgebung von Demokratinnen und Demokraten. „Nach den erschreckenden Vorfällen durch die Nazis am vergangenen Freitag zeigt die Dortmunder Zivilgesellschaft Gesicht. Unter dem Motto „#Wir sind mehr“ rufen wir dazu auf, um 19 Uhr zum Westenhellweg (Ecke Potgasse) zu kommen. Der Anlass ist eine weitere Kundgebung der Neonazis, die vor den Ruhrnachrichten gegen „mediale Hetze und für Meinungsfreiheit“ demonstrieren.“

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