Von Alexander Völkel
Im Wahlkampf-Endspurt erreicht SPD-OB-Kandidat Thomas Westphal die Nachricht, dass die Grünen zur Wahl des CDU-Kandidaten Andreas Hollstein aufrufen. Dies wertet der SPD-Bewerber nicht als ein Zeichen von „Wechselstimmung“, sondern als „Torschlusspanik bei CDU und Grünen. Sie haben keine eigene Mehrheit und wollen jetzt im Hinterzimmer die Wahlergebnisse korrigieren“, kommentiert Westphal den Vorgang.
Westphal: „Ich bin mir sicher, dass die Grünen- und CDU-Wähler*innen das nicht wollten“
Bei einem lange geplanten Besuch in der Kleingartenanlage „Zur Sonnenseite“ in Eving – dem Stadtbezirk mit den noch besten Ergebnissen der SPD – stand er den teils überregionalen Medienvertreter*innen Rede und Antwort. Die griffen dankbar das Ambiente auf – es entspricht dem Klischee der typischen SPD-Idylle im Ruhrgebiet.
Westphal steht vor einer Gaststätte mit schwarz-gelber Fassade. Hier ist allenfalls die Eingangstür zum Gebäude grün. Im Biergarten warten einige der SPD wohlgesonnene und etwas lebensältere Herren – teils mit Bergbau-Biografie – auf den SPD-Kandidaten.
Der muss sich nun mit einer für Dortmund ungewöhnlichen Allianz herumschlagen: „Ich bin mir sicher, dass die Grünen- und CDU-Wähler*innen das nicht wollten“, spricht Westphal in die ihm entgegen gestreckten Mikrophone. Oder anders ausgedrückt: „Die Wähler*innen sind mit den Grünen ins Bett gegangen und wachen jetzt mit der CDU auf.“
Kritik: Politik „für das große Ganze“ statt kurzfristiger machtpolitischer Hinterzimmer-Deals
Ob die Grünen mit der SPD im Vorfeld der jetzigen Wahlempfehlung nur pro forma oder in ernster Absicht gesprochen hätten, will der stellvertretende SPD-Unterbezirksvorsitzende nicht bewerten. „Inhaltlich waren wir viel näher beisammen als es jetzt dargestellt wird“, verweist er auf die Positionen der beiden anderen Parteien. Daher glaubt er auch nicht daran, dass es im Rat zu einer grün-schwarzen Blockbildung kommen wird. Man habe auch in den vergangenen sechs Jahren gute Erfahrungen mit wechselnden Mehrheiten gemacht.
„Die Türen sind nicht zu – nach der Wahl kann man die Nähe wieder deutlich machen, jetzt kann man offenbar darüber nicht reden“, so Westphal weiter. Kopfnicken bei den Umstehenden.
Sie hoffen darauf, dass es mit der SPD an der Spitze weiter geht. In Eving ist die Welt noch in Ordnung, wenn man auf das Wahlergebnis von 40 Prozent blickt und es nicht mit den Ergebnissen der früheren Wahlen vergleicht.
Auch wenn es hier in der Kleingartenanlage „Zur Sonnenseite“ noch Stimmen für die SPD zu holen gibt – doch eine Politik für ein Milieu oder einen Stadtteil will Westphal nicht machen. Gebetsmühlenartig wiederholt er seine Themen und Positionen. Und beteuert, dass er Politik für alle Menschen machen wolle – für das große Ganze und zum Wohl der Stadt.
Dies ist ein Seitenhieb auf die Zugeständnisse, die die Grünen dem CDU-Bewerber abringen konnten: Der Ausbau der L663n geopfert, die Steag-Beteiligung verkauft, der Flughafen rückgebaut…
Warum gab es keinen gemeinsamen Kandidaten von CDU und Grünen?
Der „Hinterzimmer-Deal“ von CDU und Grünen klingt für Westphal eher nach kurzfristigem Machtkalkül als nach einer Gesamtstrategie: „Die Summe der Schnittmengen ist nicht so hoch wie getan wird“ – viel mehr gehe es um kurzfristige Wahltaktik. Denn wenn es so große Schnittmengen gegeben hätte, hätten Grüne und CDU sich ja auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen können. Das wollte man nicht.
Unabhängig davon ist der SPD-Kandidat überzeugt, dass ihm dieses Manöver der Grünen nicht schadet. Im Gegenteil: Er hofft und glaubt, dass die Wähler*innen dies nicht goutieren. Denn hätten die beiden Parteien sich vorher zusammengetan, wäre es „ehrlich und fair“ gewesen. „Aber nicht drei Tage vor der Wahl“, wo zudem schon viele Menschen via Briefwahl abgestimmt hätten.
Westphal hofft offenbar, dass wegen dieses Manövers nun mehr Wähler*innen bei der Stichwahl an die Urne treten werden. Und er erhofft sich offenbar insgeheim einen Denkzettel für die Grünen: „Es wird so getan, als würden einem die Stimmen gehören“, kritisiert er die Wahlempfehlung. Die Grünen hätten ja auch auf eine Wahlempfehlung verzichten können.
„Ich verspüre keinen besonderen Druck, sondern Wind unter den Flügeln.“
Doch beeindrucken lassen will er sich nicht – er werde weiter engagiert Wahlkampf machen. Der mache ihm nach wie vor Spaß. Dass er der erste SPD-Bewerber sein könnte, der nach 74 Jahren nicht auf dem Chefsessel Platz nehmen könnte, glaubt er nicht (oder will es nicht glauben). Auch eine Bürde sieht er darin nicht.
Stattdessen versprüht er weiter Optimismus: „Ich verspüre keinen besonderen Druck, sondern Wind unter den Flügeln. Ich werde weiter zeigen und sagen, was wir für die Menschen getan haben. Ich freue mich drauf“, betont Westphal.
Dann wendet er sich wieder den Kleingärtnern zu. Hier geht es aber gerade nicht um das „große Ganze“. Sie haben aber für einen Kleingarten auch nicht alltägliche Themen auf der Agenda: Es geht hier u.a. um Bienenhotels und einen Naschgarten für Senior*innen….
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Reaktionen
David Grade
Ich bin mit der DOS-Partei ins Bett gegangen und bin mit der Stichwahl zwischen Andreas und Thomas aufgewacht. Nicht meine Traumtypen, bei allem Respekt für beide Kandidaten. Durch keinen fühle ich mich selbst und/oder meine politischen Ansichten repräsentiert.
Andreas Hollstein scheint mir der digitalere, oekologischere und sozialere mit höherer Einbindungskraft, und größerer geistiger Beweglichkeit zu sein.
Ja er hat CDU-Ansichten, ja es schmerzt mich ihn zu wählen. Aus einer für mich bescheidenen Auswahl scheint er der Bessere.