Wurst und Fleisch werden in der Folge noch teurer

Sorgen hinter der Fleischtheke: Fachgeschäfte kämpfen mit hohen Einkaufs- und Energiepreisen

Die Temperatur in Kühlhäusern darf aus Gründen der Lebensmittelsicherheit nicht überschritten werden und die Wurst muss nun einmal bis 70 Grad Celsius Kerntemperatur durchgebrüht werden.
Die Temperatur in Kühlhäusern darf aus Gründen der Lebensmittelsicherheit nicht überschritten werden und die Wurst muss nun einmal bis 70 Grad Celsius Kerntemperatur durchgebrüht werden. Foto: Innung

Frikadellen, Koteletts, Filet, Leberwurst, Fleischwurst, Schinken, Aufschnitt – der Blick in die Auslage macht Appetit. Doch hinterm Tresen wachsen bei vielen Fleischerfachgeschäften in der Region die Sorgen. Denn die Betriebe verbrauchen – wie andere Lebensmittelhandwerke auch – viel Energie. „Angesichts explodierender Kosten für Gas und Strom müssen unsere Betriebe gerade sehr mit dem spitzen Bleistift rechnen“, erklärt Dirk Klusmeier, Obermeister der Fleischer-Innung Westfalen Mitte mit Sitz in Dortmund. „Manche überlegen schon, wann es nicht mehr weitergeht.“

Im Lebensmittelhandwerk gibt kaum Chancen auf Einsparungen

Dirk Klusmeier, Obermeister der Fleischer-Innung Westfalen-Mitte.
Dirk Klusmeier, Obermeister der Fleischer-Innung Foto: Innung

Ein Grund für die Krisensituation: mit Gas beheizte Kessel, große Maschinen und nicht zuletzt Kühlräume und Tresen, die viel Strom verbrauchen. „Da kann man nicht mal eben die Temperatur verändern und Geld sparen – schließlich sind wir an strenge gesetzliche Vorgaben gebunden“, erklärt Klusmeier.

„Die Temperatur in Kühlhäusern darf aus Gründen der Lebensmittelsicherheit nicht überschritten werden und die Wurst muss nun einmal bis 70 Grad Celsius Kerntemperatur durchgebrüht werden“, so der Obermeister der Fleischer-Innung.

In die Klemme geraten die Fleischereien auch dadurch, dass die Schlachthöfe ihre Preise erhöht haben. Sie geben ihre gestiegenen Energiekosten einfach durch einen Preisaufschlag weiter.

Der Fleischer vor Ort, der keine Möglichkeit hat, das Fleisch woanders einzukaufen, kann die zusätzlichen Kosten aber nicht an seine Kunden durchreichen. Denn die achten gerade selbst genau auf jeden Cent.

Kein wirtschaftlicher Spielraum mehr für Fachbetriebe

„Wir sitzen in der Falle. Einerseits haben wir höhere Energiekosten und höhere Einkaufspreise zu verkraften, andererseits registrieren wir eine zunehmende Kaufzurückhaltung bei den Kunden und riskieren weitere Umsatzeinbrüche“, so Klusmeier. „Da kommen wir ohne Hilfe nicht raus.“

In Fleischerfachbetrieben ist es schwer, Energie einzusparen - es gibt gesetzlich vorgegebene Höchst- und Mindesttemperaturen. 
„Wir wollen weiterhin qualitativ hochwertige Waren anbieten, aber die haben einfach ihren Preis.“ Foto: Innung

Wie die Bäckereien haben darum auch viele Fleischerfachbetriebe in den vergangenen Wochen in ihren Filialen das Licht ausgeschaltet, um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen.

„Die Betriebe brauchen Unterstützung, denn der wirtschaftliche Spielraum ist begrenzt“, erklärt Ludgerus Niklas, Geschäftsführer der Fleischer-Innung Westfalen Mitte. „Es wird überall versucht, Energie einzusparen, aber wenn das nicht reicht, stehen letztendlich Arbeitsplätze auf dem Spiel. Im schlimmsten Fall stehen ganze Betriebe vor dem Aus.“

Da, wo die Preise für Fleisch und Wurst in den nächsten Wochen ansteigen, bitten die Innungsbetriebe ihre Kunden um Verständnis. „Wir wollen weiterhin qualitativ hochwertige Waren anbieten, aber die haben einfach ihren Preis“, so Niklas. „Wir denken, dass Verbraucher, die diese Qualität zu schätzen wissen, auch bereit sind, dafür etwas mehr zu bezahlen. Schließlich reden wir von handwerklich gekonnter Verarbeitung eines Lebensmittels und nicht von der Packungswurst beim Discounter.“

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  1. Fleischereien der Region Dortmund und Hagen suchen Auszubildende, nehmen aber gern auch Verkäuferinnen und Verkäufer aus dem Einzelhandel anderer Branchen (PM)

    Die Lage der Fleischerfachgeschäfte in der Region ist seit Jahren angespannt. Auszubildende sind Mangelware, die Billig-Konkurrenz der Supermärkte ist groß. Trotzdem halten sich die Handwerksbetriebe mit bester Fleischqualität, regionalen Produkten, fachlich guter Beratung und einem umfangreichen Service. „Hochwertiges Fleisch aus artgerechter regionaler Tierhaltung ist als Lebensmittel nach wie vor gefragt ”, so der Hagener Lars Eric Flügge, Obermeister der Fleischer-Innung Westfalen Mitte.

    „Berufe im Fleischerhandwerk liegen derzeit allerdings leider nicht im Trend. Darum suchen wir in der Branche intensiv nach Verkaufskräften.” Das verdeutlichen auch die Zahlen der Agentur für Arbeit: 961 offenen Ausbildungsstellen zum/zur „Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Fleischerei” in ganz NRW standen im vergangenen Jahr gerade einmal 30 gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber gegenüber.

    Umfangreiche Ausbildung

    Die Voraussetzungen für eine Ausbildung sind moderat – in der Regel reicht schon ein Hauptschulabschluss. Bewerberinnen und Bewerber erwartet eine dreijährige Lehre – zweigleisig im Betrieb und in der Berufsschule. Die vielfältigen Inhalte umfassen wirtschaftliche und kaufmännische Grundkenntnisse, Ernährungslehre, Kenntnisse auf den Feldern Hauswirtschaft, Warenpräsentation, Verkaufsförderung und Werbung, Gestaltung von Fleisch- und Wurstplatten sowie Zubereitung besonderer Spezialitäten.

    Später im Berufsalltag sorgen Fachverkäuferinnen und -verkäufer für den reibungslosen Ablauf des „Tagesgeschäfts“ in den Metzgereien – von der kaufmännischen Seite bis zur Warenpräsentation. Sie beraten die Kunden beim Kauf von Fleisch und Wurst mit sachkundigen Informationen zu Qualität und Zubereitung. Weitere Arbeitsbereiche umfassen die Herstellung von Salaten und Fleischgerichten sowie Aufgaben im Party- und Platten-Service.

    Attraktive Arbeitsbedingungen

    Dafür bekommen Azubis und auch spätere Angestellte eine tariflich ansprechende Vergütung und attraktive Arbeitszeiten. „Je nach Betrieb kann es sein, dass z. B. auf dem Land über die Mittagszeit geschlossen ist und am Samstag um 13 Uhr Feierabend. Da bleiben dann auch ein echtes Wochenende und genug Zeit für die Familie übrig”, erklärt Lars Flügge, der selbst gelernter Koch, Fleischsommelier und zertifizierter Grillmeister ist.

    „Das ist gegenüber dem Schichtdienst in großen Supermarktketten, wo man zum Teil bis um 22 Uhr arbeiten muss, schon sehr attraktiv. Außerdem haben wir hier im Handwerk in der Regel Familienbetriebe. Die können ganz anders agieren als ein Konzern. Das heißt, man kann direkt mit dem Chef über alles reden, wenn man z. B. ein krankes Kind zu Hause hat oder dringende Erledigungen machen muss.”

    Einstieg aus anderen Branchen möglich

    Für bereits gelernte Verkäuferinnen und Verkäufer insbesondere aus dem Lebensmittelhandwerk ist auch der Seiteneinstieg ins Handwerk möglich. „Was wir in Dortmund und Hagen erwarten, sind grundlegende Kenntnisse im Verkauf. Wer eine Ausbildung als Verkäufer vorweisen kann und motiviert ist, hat bei uns gute Chancen”, erklärt Michael Vollmer, Fleischermeister und Fleischsommelier aus Dortmund.

    „Bewerberinnen und Bewerber sollten von Hause aus Spaß am Umgang mit Menschen, Freundlichkeit, Sinn für Hygiene sowie die Bereitschaft, im Team zu arbeiten, mitbringen.” Wichtig ist auch eine positive Einstellung zum Produkt Fleisch an sich. „Das Fleischerhandwerk lässt sich nicht automatisieren. Die Kunden erwarten in einem Fleischerfachgeschäft eine gute Beratung und umfassendes Fachwissen rund um das Thema Fleisch und seine Verarbeitung”, so Sebastian Baranowski, Geschäftsführer der Fleischer-Innung Westfalen-Mitte.

    „Durch die Kollegen und den Chef lässt sich in der täglichen Praxis schon viel lernen. Das Fleischerhandwerk bietet aber auch Kurse an, die helfen, auf den neuesten Wissensstand zu kommen.” Wer sich für eine Ausbildung und einen Seiteneinstieg als Verkaufskraft interessiert, kann sich die an die Geschäftsstelle der Innung wenden:

    Fleischer-Innung Westfalen-Mitte
    Sekretariat: Wibke Birkholz
    Lange Reihe 62
    44143 Dortmund
    Tel. 0231 5177-142
    E-Mail: birkholz@kh-handwerk.de

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