Die Stadt Dortmund will die zugewanderten Kinder in der Nordstadt noch stärker in den Fokus nehmen. Der Anlass: Es gibt immer mehr Kinder, die noch nicht im Schulsystem angekommen sind. Dies ist die Wahrnehmung von mehreren Akteuren der Sicherheitsforen, in denen städtische Ämter mit Polizei, Verbänden und Institutionen zusammen sitzen.
100 Kinder auf der Warteliste für einen Platz in Willkommen-Klassen
„Seitens der Polizei kam die Frage auf, welche Kinder sich tagsüber auf der Straße aufhalten – vom Eindruck her seien viele von ihnen schulpflichtig“, verdeutlicht Sozialdezernentin Birgit Zoerner.
Die Leitfrage, die die Stadtspitze nun umtreibt: Stehen sie schon auf der Warteliste für einen Schulplatz oder sind es andere Kinder? „Wir werden das Thema sehr genau betrachten und klären, wie wir damit umgehen.“
„Wir haben einen permanenten Zufluss aus Südosteuropa und eine Warteliste im Schulverwaltungsamt“, berichtet Schuldezernentin Waltraud Bonekamp. „Aktuell haben wir rund 100 Kinder auf den Listen, die in den nächsten Wochen einen Platz in einer der Auffangklassen bekommen.“
Diese Klassen – neuerdings „Willkommensklassen“ genannt – nehmen die Kinder auf, die nicht sprachkompetent sind und auch den Kulturkreis nicht kennen. „Die Kinder haben Nachholbedarf und sind sehr wissbegierig.“
Sorge: Nicht alle Kinder sind im Schulsystem angekommen
Doch offensichtlich sind nicht alle Zuwandererkinder im Schulsystem angekommen: „Es haben wohl noch nicht alle Eltern Anspruch auf einen Schulplatz erhoben – meiste jene in schwierigen Wohnsituationen“, vermutet Bonekamp.
„Wir müssen aber alle Kinder erfassen, erreichen und sie in Schule bringen, um Sprache zu vermitteln“, so Bonekamp. „Die Kinder wollen integriert werden. Schule ist da der richtige Weg.“
„Wir werden die Eltern aufsuchen und deutlich machen, dass Schulpflicht herrscht“, ergänzt Zoerner. „Denn Integration wird nur über Bildung gelingen können. Dieses Generationenprojekt gelingt nur, wenn Kinder und Jugendliche eine mehr oder minder ungebrochene Schulkarriere haben.“ Daher sieht auch OB Ullrich Sierau die Notwendigkeit entschlossenen Handelns: „Wir müssen vermeiden, dass zu viele Kinder nicht ins Schulsystem kommen.“
Aufsuchende Arbeit wird intensiviert – schon 60 Sozialarbeiter im Dienst
Personell hat die Stadt jetzt mehr Möglichkeiten, die Eltern aufzusuchen und anzusprechen.
Mittlerweile sind 60 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in verschiedenen Beratungsstellen und Einrichtungen aktiv – größtenteils finanziert durch das Land. „Daher können wir jetzt über weitere Schritte nachdenken“, so Zoerner.
Die Beratungsstelle „Willkommen Europa“ gehe ja schon jetzt von der Bornstraße aus auf die Menschen zu. Jetzt geht es um Systematisierung und die Klärung, welche Herausforderungen bestehen. „Wir müssen uns erst Klarheit über das Gesamtbild verschaffen“, warnt Zoerner vor Aktionismus.
Niederschwellige Angebote und Zugänge zur Community
In einem ersten Schritt wird verwaltungsintern geklärt, ob und in welcher Form beim Einwohnermeldeamt angemeldete Kinder ans Schulverwaltungsamt übermittelt werden. Einen automatischen Abgleich gibt es bisher nicht. „Dem werden wir sehr intensiv nachgehen. Das soll noch in diesem Jahr erfolgen.“
Sollte der Bedarf offensichtlich werden, würden zügig weitere Schritte erfolgen. Das qualifizierte Personal sei da, ebenso wie niederschwellige Beratungsangebote: „Die Ausgangslage ist besser als vor einem Jahr, weil wir das Personal und auch Zugang zur Community haben“, freut sich die Sozialdezernentin. „Wir schließen immer mehr Lücken im System. Das ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.“
Deutlich gestiegene Zuwandererzahlen: Bereits 50 „Willkommens-Klassen“
Schon jetzt ist der Druck auf die Sozial- und Schulverwaltung hoch: „Wir haben 120 Prozent mehr Zuwanderer aus Südosteuropa im ersten Halbjahr. Ihnen müssen wir schnell Klassen und Lehrer zur Verfügung stellen“, so Bonekamp.
Dazu müssen auch die Lehrerinnen und Lehrer qualifiziert werden. „Aber die Klassen machen durchaus einen guten Eindruck, auch bei der hohen Anzahl von Kindern.“
Aktuell gibt es 50 Willkommens-Klassen – schon lange nicht mehr nur im Dortmunder Norden. In der Nordstadt halten aber alle Schulformen Klassen vor. Doch die Kapazität reicht schon lange nicht mehr aus, sodass immer mehr Klassen in anderen Stadtteilen eingerichtet werden. „Wir gehen jetzt stärker in die Peripherie“, berichtet Bonekamp.
800 Kinder werden auf den Regelschul-Alltag vorbereitet
800 Kinder werden aktuell auf den Schulalltag vorbereitet. Doch sie kommen nicht nur aus Südosteuropa. In diesen Willkommens-Klassen sind alle Kinder, die noch nicht die ausreichende Deutschkompetenz haben. Sobald sie die Sprache sprechen, wechseln sie ins Regelschulsystem.
Bei den Kindern aus Bulgarien und Rumänien ist dies mitunter oft deutlich aufwändiger: „ Viele haben noch keine Schule von innen gesehen“, verdeutlicht der OB die Herausforderungen.
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