Superintendenten Heike Proske: „Die Zukunft beginnt sofort!“

Sommersynode des Ev. Kirchenkreises Dortmund beschäftigt sich mit Klimaschutz und Fußball-WM

Sommersynode im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund. Foto: Stephan Schütze für den Ev. Kirchenkreis Dortmund

„Wir befinden uns immer deutlicher spürbar auf einem Markt von Sinnanbietern. Auf diesem Markt muss man sich behaupten. Unsere Schon-Zeit, in der wir als Kirche gefühlt die alleinige Sinn-Berechtigung in der Öffentlichkeit hatten, ist vorüber.“ Der Einstieg, den Superintendentin Heike Proske zur Eröffnung der Sommersynode des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund gewählt hatte, beschönigt nichts. „Wir müssen zukünftig alles Gute, unsere Ideen und Kräfte bündeln – und damit meine ich: Ab jetzt sofort.“

Wie kann Kirche wieder mehr Menschen für sich begeistern?

Zweimal im Jahr, im Sommer und kurz vor dem Advent, treffen sich insgesamt 219 Vertreterinnen und Vertreter aus den 28 Gemeinden, den gemeinsamen Diensten und Einrichtungen, um die Geschicke der Evangelischen Kirche in Dortmund, Lünen und Selm zu lenken.

Und während im Herbst die Finanzen im Mittelpunkt stehen, blicken die Protestant:innen im Sommer traditionell auf das zurückliegende Jahr, bewerten und versuchen, aus dem Vergangenen kluge Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Und sie arbeiten inhaltlich – denn so wichtig Mitgliederzahlen und Geld auch scheinen, für das Theologische Leitungsteam des Kirchenkreises steht fest: „Unsere Organisation entwickelt sich von ihrem Auftrag her. Verkündigung und Sakramente.“

Am Anfang steht dennoch die Bestandsaufnahme. Sie werden weniger. Weniger Mitglieder, weniger Pfarrerinnen und Pfarrer – aber auch weniger Wahrnehmung? „Wir sind es nicht gewohnt, uns am Markt behaupten zu müssen…“, weiß die Theologin Proske – und fragt sich und die Synodalen: „Wie können wir lebendige Kirche sein und bleiben? Wie wollen wir als Kirche in der Öffentlichkeit attraktiv mit dem überzeugen, was für uns so selbstverständlich ist?“

Superintendentin Heike Proste: „Die Menschen erwarten noch etwas von uns.“

Superintendentin Heike Proske (2.v.r.), sowie ihre Stellvertreter Leonie Grüning (2.v.l.) und Michael Stache blicken auf der Sommersynode als Theologisches Leitungsteam traditionell zurück, um für die Zukunft zu lernen. Foto: Stephan Schütze für den Ev. Kirchenkreis Dortmund

Dazu muss Kirche sich verbessern, modernisieren, an manchen Stellen auch wandeln. Und muss dabei vertraut, vielleicht nicht ganz „die Alte“, aber doch erkennbar und sich treu bleiben.

„Die Menschen erwarten immer noch etwas von uns“, sagt Superintendentin Heike Proske mit Nachdruck – und ihre Stellvertreterin, Leonie Grüning, zeigt Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, wie Kirche seit Beginn des Kriegs in der Ukraine einmal mehr ihrem Auftrag nachkommt, Menschen aufnimmt, ihnen hilft, sie tröstet.

Um den Kopf frei zu haben für wichtige inhaltlich Aufgaben, müssen die Rahmenbedingungen stimmen – Michael Stache, ebenfalls stellvertretender Superintendent, berichtet über neue Wege in der IT, Konzentration in der Struktur und über Weichenstellung für die Zukunft, etwa im Bereich Klimamanagement. Und leitet so über zum zentralen inhaltlichen Tagesordnungspunkt: Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Zentrales Thema der Synode war der Klimaschutz

Das Thema Energie beschäftigt nicht nur die Umwelt-Gruppen der Gemeinden, sondern auch die Kirchmeister. Bei steigenden Energiekosten ist Sparen das Gebot der Stunde. Foto: Stephan Schütze für den Ev. Kirchenkreis Dortmund

Begrünte Dächer, papierschonendes Arbeiten, moderne Heizungsanlagen und Wildblumenwiesen im Pfarrgarten – die Aktivitäten in den Gemeinden in Sachen Ökologie sind bereits vielfältig. Doch es soll alles in den Blick genommen werden – vom Blumenschmuck auf dem Altar über den Kaffee in der Frauenhilfe bis hin zum Thema Mobilität.

Und natürlich die kirchlichen Häuser. „Zu viel unserer Energie fließt in die Gebäude“, mahnt Oberkirchenrat Jan-Dirk Döhling in seinem Impulsreferat und meint das im konkreten wie im übertragenen Sinne. 80 Prozent der Emissionen, die in Kirche und Gemeinden entstehen, gehen auf Gemeinde- und Pfarrhäuser, Kirchen, KiTas und Kapellen zurück.

Dabei beschäftige das Klima eben nicht nur die Klima-AG, sondern auch die Finanzkirchmeister: „Steigende Energiekosten und sinkende Steuereinnahmen – das frisst uns die Haare vom Kopf!“

Abschied von alten Gebäuden: „Wir werden sie uns aus dem Herzen reißen müssen.“

Wie kann Kirche auch in Zukunft noch attraktiv und relevant bleiben? Die Weichen dafür müssen heute gestellt werden – eine Aufgabe, der sich die Synodalen mit großer Ernsthaftigkeit stellen. Foto: Stephan Schütze für den Ev. Kirchenkreis Dortmund

Beim Sanieren soll technisch ein Klimamanager helfen, den der Kirchenkreis Dortmund einstellen wird. Das Reduzieren wird eine Gemeinschaftsaufgabe – der Abschied von Gebäuden ist schmerzhaft, weiß der Oberkirchenrat: „Wir werden sie uns aus den Herzen reißen müssen.“

Pfarrer Friedrich Stiller bringt schließlich einen Beschlussvorschlag ein, mit dem sich die Synode zum Ziel Klimaneutralität bis 2035 bekennt: „Die nächsten Schritte müssen konsequent gegangen werden. Grundlegend sind die Themen Gebäude und Mobilität.“

Dortmund als größter Kirchenkreis in Westfalen habe eine besondere Verantwortung – der sich die Synode mit überwältigender Zustimmung stellt: „Wir wollen ein verbindliche Klimaschutzkonzept.“

Bewusster Verzicht auf  Public Viewing zur Fußball-WM

Pfarrer Ralf Greth brachte als Sportbeauftragter eine Empfehlung zum Umgang mit der Fußball-WM in Katar ein. Foto: Stephan Schütze für den Ev. Kirchenkreis Dortmund

Die zweite inhaltliche Einbringung kommt vom Sportbeauftragten des Kirchenkreises, Pfarrer Ralf Greth. Mit der Vergabe der Fußball-WM nach Katar hätten die Christ:innen nicht nur deshalb so ihre Probleme, weil sie mitten im Advent stattfindet.

Viel gravierender seien die Menschenrechtsverletzungen im Emirat am Persischen Golf, wo Ausländer Menschen zweiter Klasse sind und wo mehr als 6500 Arbeiter beim Bau der Sportstätten ihr Leben verloren haben.

Zum Boykott ruft Greth, selber Sportler und Fußballfreund, nicht auf – doch seiner Empfehlung, dass die Gemeinden bewusst aufs Public Viewing verzichten und stattdessen auf den Advent und auf die Menschenrechtssituation im Wüstenemirat hinweisen sollten, stimmten die Synodalen des Kirchenkreises mit großer Mehrheit zu.

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