Sommerabende in den Ferien: Immer wieder dienstags öffnet seit Jahren der Biergarten an der Lutherkirche

Presbyter Martin Cebulla wendet die Würste und die Hähnchenflügel, die von Küster Georg Geisler (Mitte) bei Metzger Zimmermann kauft.
Presbyter Martin Cebulla wendet die Würste und die Hähnchenflügel.

Von Susanne Schulte

Jeden Dienstag in den Sommerferien hat Küster Georg Geisler den Himmel im Blick. Regnet’s oder nicht? Diesmal hat er nur drei Bierzelt-Garnituren aufgebaut. Gewitter sind angesagt, aber ob die über den Kirchgarten des Lutherzentrums an der Hirtenstraße ziehen, weiß auch er nicht. Vorhin tröpfelte es ein wenig.

Die ersten Gäste des Sommerabends sitzen bereits um kurz nach 17 Uhr drinnen im Gemeindehaus bei Bratwurst und Kartoffelsalat, während andere noch am Grill darauf warten, dass ihre Hähnchenflügel gar werden. „50, 60 Leute kommen immer“, sagt Geisler. Er erlebte bereits den ersten Sommerabend mit. Der muss Ende der 1990er Jahre gewesen sein. Aufs Jahr genau kann er das gerade nicht sagen. „Wir mussten noch zum Spülen ins alte Gemeindehaus.“

Ein Treffpunkt für alle, die sich Gaststätten nicht leisten oder diese nicht erreichen können

Die Idee, diese geselligen Abende in den langen Sommerferien zu organisieren, hatten damals Pfarrerin Carola Theilig und ihr Kollege Sonntag. „Für die Leute, die nicht in die Biergärten gehen können“, erinnert sich Geisler an die Überlegungen.

Feriengrillen im Luther-Kirchgarten. Foto: Wolf-Dieter Blank
Das Team vom Luther-Kindergarten war für Kuchen und Salate zuständig.

Von denen gibt es viele innerhalb des Lydia-Gemeindebezirks. Weil sie nicht das Geld haben, oder weil sie nicht mehr so gut zu Fuß sind. Zudem ist in den Ferien wenig los im Gemeindebetrieb. Viele Gruppen treffen sich erst wieder, wenn auch die Schule beginnt.

Seit den Anfängen der Sommerabende ist das anders. An jedem der sechs Dienstage kümmert sich eine andere Gruppe um die Salate und die Kuchen. Der Luther-Kindergarten zeichnet an diesem zweiten Sommerabend verantwortlich für die Grillbeilagen und den Nachtisch.

Die Erzieherinnen Christine Bittermann und Tanja Erdwich haben Kartoffel- und Nudelsalat gemacht und die Kuchen gebacken.

Für Christine Bittermann, die schon bei der ersten Runde der Sommerabende dabei war, ist es auch der letzte in ihrer Funktion als Erzieherin im Luther-Kindergarten. Sie wechselt nach den Ferien in die neue Kindertagesstätte der evangelischen Gemeinde an die Rolandstraße. „Aber ich glaube, nächstes Jahr mache ich wieder mit“, sagt sie.

Das würde die Kolleginnen sehr freuen. Lange Zeit hat man zusammen gearbeitet. Auch wenn die Rolandstraße nicht außer Welt ist, ist es ein Einschnitt. Bei den Sommerabenden könnten sie wieder für ein paar Stunden gemeinsam arbeiten: an der Wertmarken-Kasse und an der Salat-Theke.

Drei Freundinnen gehören zu den Stammgästen: „Man muss ja mal unter Leute“

50 bis 60 Gäste genießen die Sommerabende an der Luther-Kirche.
50 bis 60 Gäste genießen die Sommerabende an der Luther-Kirche. Fotos: W.D. Blank

Jeden Ferien-Dienstag verabreden sich Hannelore Kind, Ursula Gronitza und ihre Freundin für den Besuch der Sommerabende. „Man muss ja mal unter Leute“, sagt Hannelore Kind und ihre beiden Freundinnen nicken.

Seit Jahrzehnten wohnen sie im Borsigplatz-Viertel und vermissen die guten Einkaufsmöglichkeiten von damals, die Geschäfte: „Hufnagel. Und Röpke. Röpke hatte alles. Kittel, Unterwäsche, wenn du eine Nadel brauchtest – die hatten alles. Da brauchte man nicht in die Stadt.“

Zum nächsten Supermarkt müssen sie bis zur Bornstraße laufen. Wer sich von ihnen ein Monatsticket leisten kann, setzt sich in die Straßenbahn und fährt bis zum Rewe an der Rheinischen Straße. Alle drei sind Sozialdemokratinnen, Ursula Granitza leitete jahrelang die AWO-Begegnungsstätte an der Flurstraße, gegenüber der Lutherkirche. Heute gehen sie regelmäßig zu den SPD-Nachmittagen im Nachbarschaftstreff. „Da sind wir aber auch nicht mehr viele.“

Mittlerweile hat sich Pfarrerin Birgit Worms-Niggemann an den Tisch gesetzt. Das Gespräch kommt auf die Verwendung des Erlöses des Sommerabende. „Wir wollen einen Ständer für die Taufschale kaufen. Die muss jetzt auf dem Altar stehen“, erklärt Worms-Niggemann.

Das Fleisch kommt vom Metzger des Vertrauens aus der Nachbarschaft

Küster Georg Geisler ist die gute Seele der Luther-Kirche und der Sommerabende.
Küster Georg Geisler ist die gute Seele der Luther-Kirche und der Sommerabende.

„Das war doch vorher alles da. Wo ist das denn alles geblieben?“, fragt eine aus dem Frauen-Trio. Beim Umbau der Kirche, erklärt die Pfarrerin, habe man den festen Sockel herausschlagen müssen. Ja, der Umbau. An dem scheiden sich auch die Geister. „Man muss zu ebener Erde in eine Kirche reingehen“, meint eine der drei Freundinnen.

Nein, ihr gefällt der Kirchraum im ersten Stock gar nicht. „Mal ist es kalt, dann klappt die Heizung nicht.“ Sie komme nicht mehr zum Gottesdienst. Aber für den nächsten Sommerabend am kommenden Dienstag verabredet sie sich wieder mit ihren Freundinnen. Dann ist die Frauengruppe vom Bezirk Johannes für die Salate zuständig.

Am nächsten Dienstag nicht dabei ist Presbyter Martin Cebulla. Dafür steht er heute am Grill und wendet die Würste und die Hähnchenflügel, immer vom Küster gekauft beim Metzger Zimmermann. Das Geld soll ja in der Nachbarschaft bleiben.

Erfahrung mit Garzeit und gutem Geschmack hat Cebulla. Bei vielen Festen in der Gemeinde übernimmt er diese Aufgabe, beim Sommerabend war er noch nie. „Da sind wir immer im Urlaub.“ Cebullas wohnen nicht mehr im Einzugsbereich der Gemeinde. Sie sind nach Holzwickede gezogen. Doch ihrer Kirchengemeinde blieben sie treu.

Kostenloser Fahrdienst bringt Bewohner aus dem Westen bis zum Kirchgarten im Osten

Angelika und Wolfgang Burmeister mit Klaus Riskopp im Gespräch über Gott und die Welt.
Angelika und Wolfgang Burmeister mit Klaus Riskopp im Gespräch über Gott und die Welt.

Das gilt auch für Angelika und Wolfgang Burmeister. Sie wurde in der Lutherkirche konfimiert, feierte hier Hochzeit – und auch die Silberhochzeit. „Das war gerade während des Umbaus. Ich wollte so gerne, dass die Glocken läuten.  Frau Theilig sagte, das ginge nicht, wegen des Umbaus. Aber als wir dann die Flurstraße runterkamen, fingen doch die Glocken an zu läuten.“

Für dieses eine Mal hatte die Pfarrerin eine Ausnahme machen können. Burmeisters sind heute noch gerührt darüber. Angelika Burmeisters Eltern, die ebenfalls an der Brackeler Straße wohnen, schaffen es gesundheitlich nicht mehr zu kommen.

Wer innerhalb der Lydia-Gemeinde, die ja den ganzen Dortmunder Norden bis zum Hafenviertel umfasst, den weiten Weg zu Fuß oder mit der Bahn bis zur Hirtenstraße nicht schafft, kann einen Fahrdienst in Anspruch nehmen. Klaus Riskopp, Pfarrer Laker und dessen sein Kollege Brach teilen sich an drei Abenden die Aufgabe.

„Manchmal fahre ich zweimal“, erzählt Riskopp. Das passiert dann, wenn an den Haltestellen Paulus-Gemeindehaus (16.30 Uhr), Markuskirche (16.45 Uhr) und Johanneskirche (16.50 Uhr) mehr Menschen stehen, als auf einmal in den Bus passen. Anmelden muss man sich nicht. Der nächste Fahrdienst wird für den 21. Juli angeboten.

Rund um den Grill gibt es vieles zu erzählen und zu bereden

Feriengrillen im Luther-Kirchgarten. Foto: Wolf-Dieter Blank
Rudi Banscherd nutzt gerne den Fahrdienst vom Westen in den Osten der Gemeinde.

Der 85-jährige Rudi Banscherd ist einer von denen, die sich heute von Klaus Riskopp chauffieren ließen. Er wohnt am Hackländer Platz, an der Münsterstraße, nah am Klinikum Nord. Banscherd kommt schnell mit allen ins Gespräch, hat viel zu erzählen.

So von seiner Rolle in einer Arte-Dokumentation, in der er den Arzt Sigmund Freud darstellte. Der Regisseur, an dessen Namen er sich nicht mehr erinnert – „Das war noch zu D-Mark-Zeiten“ – entdeckte ihn im Publikum beim Geierabend. Drei, vier Drehtage verbrachte Banscherd in einer Wittener Villa, musste unter anderem eine Verführungsszene drehen und erhielt 500 oder 600 Mark Gage.

Wer mit all diesen Leuten selbst einmal sprechen möchte, kommt zu den nächsten Sommerabenden. Es gibt keinen Verzehrzwang, die Preise sind sehr, sehr moderat: Ein Stück Kuchen kostet 50 Cent, ebenso die Tasse Kaffee, das Mineralwasser, die Apfelschorle und ein Hähnchenflügel. Fünf Hähnchenflügel gibt’s für zwei Euro, für die Bratwurst zahlt man 1,50 Euro. Eine Portion Salat kostet einen Euro genauso wie das Glas Bier und das Glas Cola.

Die Termin der Sommerabende: 14. Juli, 21. Juli (mit Fahrdienst), 28. Juli, 4. August (mit Fahrdienst). Beginn ist um 17 Uhr, das Ende offen.

Write a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert