Filmpremiere im sweetSixteen-Kino in der Nordstadt am Sonntag

„Sold City – Wenn Wohnen zur Ware wird“

Das Volksbegehren DWE wurde mit 56,4 Prozent durch die BerlinerInnen angenommen. Alle Wohnkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin sollen vergesellschaftet werden. Foto: Salzgeber Filmverleih

Seit in der Finanzkrise Investoren und Fonds aller Art begannen, vornehmlich in Wohnimmobilien zu investieren, geht es in immer mehr Wohnungen weniger ums Wohnen als um Rendite. Seither entscheidet der Markt, wo Menschen leben. Der Film „Sold City“ ist der dritte Teil einer Trilogie. Mit dem Untertitel „Der marktgerechte Mieter“ beziehen sich die Filmemacher auf die vom Kulturmagazin „Titel, Thesen, Temperamente“ zu den „Best of 2020“ gewählten Filme „Der marktgerechte Mensch“ und „Der marktgerechte Patient“. In Kooperation mit attac Dortmund und dem Dortmunder Mieterverein, lädt das sweetsixteen-Kino im Kulturort Depot in der Nordstadt zur Filmpremiere am kommenden Sonntag, 2. Juni, ab 12 Uhr. Der Film wird in zwei Teilen präsentiert, zwischendurch wird es eine kleine Pause geben.

Mehr Mieter:innen in Großstädten – allein in Berlin 82 Prozent

Seit die Gemeinnützigkeit des Wohnbaus fast überall in Europa aufgehoben ist, gilt Wohnen nicht mehr als Menschenrecht. Nun entscheidet der Markt, wo Menschen leben. Damit hat sich ein beispielloses System der Vernichtung bezahlbaren Wohnraums etabliert, das unsere Gesellschaft im Kern auseinander dividiert.

Plakat: Salzgeber Filmverleih

In Deutschland allgemein und besonders in den Großstädten leben traditionell mehr Menschen zur Miete als in Eigentum. In Berlin sind es sogar 82 Prozent. Diese Menschen sind zunehmend bedroht.

Eine neoliberale Politik seit der Jahrtausendwende, dann aber vor allem die Finanzkrise sind die Ursache dieser Entwicklung. Seitdem kreist sehr viel internationales Kapital um das sogenannte Betongold.

Ein vergleichsweise guter Mieter:innenschutz in Deutschland wurde zum Wohle des Kapitals mehr und mehr aufgeweicht. Seither geht es nicht mehr ums Wohnen, sondern um Geldanlage.

Einziger Störfaktor beim Kassemachen sind die Mieter:innen

„Sold City“ zeigt auf der einen Seite die Ursachen dieses Immobilienbooms, wie die Betroffenen ihn erleben und w ieman sich dagegen wehren kann. Es wird aber auch über den Tellerrand nach Wien oder in das hochkapitalistische Singapur geschaut.

Ein neues Baugesetz in Singapur besagt, dass 100 Prozent der Fläche, die durch Bau verlorengeht, durch Grün im, am Gebäude ersetzt werden muss. Foto: Filmverleih Salzgeber

Hier stößt man auf eine beispielhafte Wohnungspolitik – sinnvoll und denkbar auch hierzulande? Der 1.Teil von „Sold City“ befasst sich unter dem Untertitel „Eigentum vor Menschenrecht?“ mit dem System der Umwandlung von Wohnraum in Konzern-Eigentum. Banken, Fonds und internationales Anlagekapital drängen in die Städte.

Kaum jemand scheint mehr sicher vor dem Verkauf seiner Wohnung. Beim Kassemachen sind die einzigen, die dabei stören, die Mieter:innen. So formuliert es Daniel Dieckmann aus der Habersaathstrasse in Berlin.

Ein Blick über den Tellerrand nach London und Wien

Beim Entmieten und Zwangsräumen werden die Eigentümer mit ihren teils kriminellen Methoden von der Polizei gedeckt. Wohnen ist Daseinsvorsorge und Menschenrecht. Doch die Politik scheint sich völlig von ihrer Versorgungspflicht zu verabschieden.

Foto: Salzgeber Filmverleih

 

Der Sozialwohnungsbau schwindet im Dienste privater Investoren seit Jahrzehnten trotz milliardenschwerer Subventionen. Wie sieht das in anderen Großstädten wie London oder Wien aus um die das Investorenkapital ebenso kreist?

Der zweite Teil des Films widmet sich dem System, das großen Wohnkonzernen erlaubt, mit der Miete hauptsächlich die Dividenden der Aktionäre zu finanzieren. Dies wird zum einen mit der Forderung der Volksinitiative „Deutsche Wohnen & Co“ nach Enteignung großer Wohnungskonzerne verbunden.

In Singapur leben 86 Prozent der Bevölkerung im Kommunalen Wohnungsbau

Zum anderen wird wohnungspolitisch über den Tellerrand in andere Länder geschaut. In London ist die Situation für Mieter:innen noch um einige Zacken schärfer. Anna Minton, Buchautorin und Dozentin beschreibt die Verdrängung der arbeitenden Bevölkerung nicht mehr als Gentrifizierung, sondern als Sterilisierung der Städte.

Die Londoner Mietergewerkschaft ist eine wichtige Organisation in einem Land ohne Mieterschutzgesetze. Foto: Salzgeber Filmverleih

Nur Wien schafft es scheinbar spielend, dass private Investoren zwei Drittel als geförderte Wohnungen bauen müssen und die Mieter:innen darin ihr Leben lang sicher sind. Warum ist das bei uns nicht möglich?

Boden ist ein begrenztes Gut. Wenn viel „freies Kapital“ über dem Boden kreist, explodieren die Bodenpreise. Genau das ist seit der Finanzkrise passiert. Ein unlösbares Problem? Es wird nach Singapur geschaut, einem hochkapitalistischen Stadtstaat.

Dort leben aber 86 Prozent der Bevölkerung im Kommunalen Wohnungsbau. Ein Boden-Enteignungsgesetz macht das möglich. Warum sollte das nicht auch bei uns funktionieren? Interessierte könne sich hier den Trailer zum Film anschauen. (Sollte an dieser Stelle das Videofenster nicht erscheinen, bitte einmal den Browser aktualisieren.)

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