Von Klaus Winter
Mehr oder wenige große Wohnungsbauprojekte waren der Tagespresse zu allen Zeiten eine Berichterstattung wert. So blieb auch ein Vorhaben des Spar- und Bauvereins e. G. m. b. H., als es Ende 1936 bekannt wurde, nicht unbeachtet. Der Artikel, der am 20. November 1936 in der „Dortmunder Zeitung“ erschien, war sogar vergleichsweise üppig illustriert. Denn das Bauvorhaben wurde nicht allein durch Worte und eine zeichnerische Darstellung vorgestellt, man veröffentlichte zusätzlich einen Grundriss der baugleichen Obergeschosse.
Die Häuser begrenzten einen zur Straße offenen, gärtnerisch gestalteten Hof
Durch einen neuen Wohnblock des Spar- und Bauvereins sollte die letzte Baulücke an der Brackeler Straße zwischen Borsigplatz und Im Spähenfeld geschlossen werden. Dazu hatte der Architekt Arthur Groos fünf Häuser geplant, von denen aber nur das erste und das fünfte in der vorhandenen Bauflucht lagen. Für diese beiden Häuser waren vier Stockwerke vorgesehen, damit sie sich an die gleich hohen Nachbarhäuser übergangslos anschließen konnten.
Die drei dazwischen liegenden, nur dreistöckig geplanten Häuser begrenzten einen zur Straße offenen, gärtnerisch gestalteten Hof. Die Anordnung der Neubauten hatte mehrere Vorteile: Die Ansicht des Straßenabschnitts wurde aufgelockert, der vorhandene Bauplatz optimal genutzt und das natürliche Licht und die Belüftung konnten besser genutzt werden als bei Neubauten, die nur in der Bauflucht gestanden hätten.
In fünf Häusern sollten 42 Wohnungen entstehen
Insgesamt sollten in den Häusern 36 Wohnungen mit zwei Zimmern und Küche sowie 6 Wohnungen mit drei Zimmern und Küche entstehen. Die Zimmer hatten eine Durchschnittsgröße von 17,5 qm. Zu jeder Wohnung gehörten ferner ein Bad mit WC, Speisekammer, Besenschrank und ein eingebauter Schrank in der Nische des Küchenfensters. Auf die Anlage von Balkonen verzichtete man, um den Küchen kein Licht zu nehmen. Stattdessen wurden die Flure etwas breiter, so dass darin auch Möbel und Sitzgelegenheit aufgestellt werden konnten.
Das äußere Erscheinungsbild der neuen Häuser wurde schlicht gehalten. Die Mauerflächen sollten lediglich mit einem Putz versehen werden. Nur für den Sockel und verschiedene Streifen hatte man eine Klinkerverblendung vorgesehen.
Reichsbahndirektion beteiligte sich an dem Bauvorhaben
Der Bauplatz an der Brackeler Straße lag in der Nähe des erst kurz zuvor in Betrieb gesetzten Triebwagen-Abstellbahnhofes der Reichsbahn. Die neuen Wohnungen sollten deshalb Arbeitern, Angestellten und Beamten dieses Bahnhofes zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grunde unterstützte die Reichsbahndirektion in Essen das Bauvorhaben des Spar- und Bauvereins. Als Baubeginn für die Häuser Brackeler Str. 28-36 wurde Anfang 1937 angekündigt.
Die nächste Abbildung, eine Architektenzeichnung der Straßenfront des Wohnblocks, wurde als Illustration zu einem weiteren Zeitungsartikel im Mai 1937 veröffentlicht. Sie belegt, dass man von dem zunächst vorgestellten Plan teilweise Abstand genommen hatte. Der von der Straße zurückliegende Teil des Blocks sollte nun auch vierstöckig gebaut werden. Aus welchem Grund die Planänderung erfolgt war, wurde in dem Pressebericht nicht erläutert.
Durch das Aufstocken der von der Straße zurückliegenden Häuser von drei auf vier Etagen änderten sich die Zahl und der Zuschnitt der Wohnungen. Jetzt sollten 2 Zweizimmer-, 32 Dreizimmer- und 8 Vierzimmerwohnungen entstehen. „Die Wohnungen werden mit allen Bequemlichkeiten ausgestattet, die Häuser entsprechen allen Erfordernissen der Neuzeit. Eine große Grünanlage und ein Garten an der Rückseite werden die unmittelbare Umgebung des Häuserblocks bilden, so daß auch die Forderung nach gesundem Wohnen erfüllt ist.“
Alle Baumaßnahmen waren nach einem Jahr abgeschlossen
Anfang 1938, also nach nur einjähriger Bauzeit, war der neue Wohnungsblock bereits bezugsfertig. Zeitgleich durchgeführte Kanalisationsarbeiten auf der Brackeler Straße hatten den Baufortschritt nicht wesentlich behindert.
Die Hälfte der Wohnungen wurde von Eisenbahnbediensteten bezogen. Für sie verkürzte sich dadurch der tägliche Weg zur Arbeit. Die Kinder der Eisenbahnerfamilien konnten sich ebenfalls freuen, denn es wurde auch ein geräumiger Kinderspielplatz mit Sandkasten angelegt.
Der 1938 fertiggestellte Wohnblock des Spar- und Bauvereins an der Brackeler Straße wurde wie zahllose andere Häuser im Umfeld im Verlauf des Zweiten Weltkriegs zerstört, aber in der Nachkriegszeit wieder aufgebaut, wenn auch nicht in seiner ursprünglichen Gestalt.
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