Von Klaus Winter
In seiner „Denkschrift zur Feier der Hafeneinweihung am 11. August 1899“ widmete der Regierungs- und Baurat Hermann Mathies auch den Betriebseinrichtungen des Dortmunder Hafens ein eigenes Kapitel. Er beschrieb darin das Wasserleitungsnetz im Hafengebiet und die Versorgung mit Elektrizität zum Antrieb von Motoren und zu Beleuchtungszwecken, aber auch den Kohlenkipper, die Erzumladevorrichtung und die Krane.
Schubkarren, Schüttrinnen und viel Handarbeit bei Ladevorgängen
Das Be- und Entladen von Kanalschiffen stufte Mathies als leichter zu bewerkstelligen ein, als das bei Schiffen in Seehäfen der Fall war. Das Hafenbecken hatte nur eine Tiefe von wenigen Metern, folglich mussten keine technischen Vorrichtungen geschaffen werden, um Güter tief aus einem Schiffsbauch hervorzuholen oder dort zu verstauen.
Mathies meinte, dass die gegenüber seetauglichen Schiffen kleineren Kanalschiffe oft vom Schiffspersonal mit der Hand, durch Auskarren, mit Hilfe von Schüttrinnen und ähnlichen Hilfsmitteln geleert werden konnten. Auf Krane wollte er im Dortmunder Hafen aber doch nicht ganz verzichten.
Erster Kran stand schon bei der Hafeneinweihung
Tatsächlich war bei der Hafeneinweihung 1899 bereits ein Kran vor dem Speicherhaus am Stadthafen in Betrieb. Ein zweiter befand sich im Bau. An ihnen sollte getestet werden, wie Krane im Hafen am wirkungsvollsten eingesetzt werden könnten.
Bei dem ersten Kran am Hafen handelte es sich um einen so genannten Portaldrehkran, der parallel zur Kaimauer auf Schienen fahren konnte, zwischen denen Eisenbahnschienen lagen. Auf letztere wurden die Wagons zum Kran geschoben, um die Ladevorgänge durchzuführen. Dazu konnte das Maschinenhaus des Krans mit seinem Ausleger und der Last gedreht werden.
Das technische Wunderwerk Portalkran verfügte über drei Motoren: ein Motor diente zum Hochziehen und Ablassen der Ladung am Ausleger, einer ermöglichte das Drehen des Maschinenhauses auf dem Portalgerüst und der dritte wurde benötigt, um den Kran auf seinen Schienen zu bewegen. Alle Motoren wurden elektrisch betrieben.
Zahl der Krane im Hafen stieg rasch an
Im Januar 1906 berichtete die Dortmunder Zeitung, dass die Zahl der Protalkrane am Stadthafen auf vier erhöht wurde. Alle wurden mit Elektrizität betrieben und verfügten über eine Tragfähigkeit von 1,5 bis 1,8 Tonnen.
Im Sommer desselben Jahres wurde das Ostufer des erweiterten Stadthafens, des heutigen Schmiedinghafens, an die Spedition Hemsoth verpachtet, die hier ein dreistöckiges, 100 Meter langes Lagerhaus errichtete. Vor dem Lagerhaus sollten drei gesellschaftseigene Portalkrane mit einer Tragfähigkeit von sechs Tonnen aufgestellt werden.
Ärger um die Nutzung der Krane
Wie groß der Nutzen der Portalkrane war, geht aus einem Artikel der Dortmunder Zeitung hervor, der im September 1906 erschien.
Um bei dem erwartungsgemäß großen Warenverkehr in den Herbstmonaten gerüstet zu sein, mietete eine Transportaktiengesellschaft von der Stadt den städtischen Lagerschuppen sowie zwei Krane für die gesamte Zeit vom 15. September bis 31. Dezember des Jahres.
Das hatte natürlich Folgen für den gesamten Warenumschlag im Hafen. Denn für die übrigen Reeder standen jetzt nur noch begrenzte Lagerkapazitäten und lediglich zwei städtische Portalkrane zur Verfügung. Über das Vorgehen der Transportaktiengesellschaft herrschte deshalb einiger Ärger.
Ein Fazit nach zehn Jahren
Auch in der Denkschrift über den Ausbau und die Entwicklung des Dortmunder Hafens im ersten Jahrzehnt seines Bestehens ging der damalige Hafendirektor Georg H. Schmidt auf die Krane und ihre Bedeutung ein. Er stellte fest, dass Mathies‘ Annahme, dass die Schiffe häufig vom Schiffspersonal von Hand gelöscht würden, nicht eingetreten war.
Die Löhne waren in den letzten Jahren dauernd gestiegen, und wie in der Industrie setzte man auch bei der Güterumladung auf Maschinen. Handkarren und ähnliche Hilfsmittel würden verdrängt.
Am Dortmunder Hafen hatten sich die vier hafeneigenen Portalkrane von unterschiedlichen Herstellern, aber fast gleicher Konstruktion bewährt. Sie waren nach teilweise zehnjährigem Betrieb einer gründlichen Revision unterzogen worden und arbeiteten wie neue Krane.
Zwei Krane überdauerten die Zeiten
Beim zehnjährigen Hafenjubiläum war Regierungs- und Baurat Mathies nicht mehr in Dortmund. Er bleibt aber mindestens als Namensgeber eines Hafenbeckens im Gedächtnis der Stadt.
Seit etwa Mitte der 1990er Jahre stehen auch keine Portaldrehkrane mehr am Stadt- und Schmiedinghafen. Sie sind allerdings nicht ganz verschwunden. Zwei dieser Zeugen aus den ersten Jahren des Dortmunder Hafens haben die Zeiten immerhin überdauert.
Krane sollten nach Waltrop versetzt werden
Zu Beginn der 1990-er Jahre wurden die beiden Krane mit den Baujahren 1906 und 1908, die zu der Zeit längst außer Betrieb gesetzt waren und vor sich hin rosteten, mit samt den Gleisanlagen unter Denkmalschutz gestellt.
Das geschah sehr zum Leidwesen eines Unternehmens, das das Gelände, auf dem die Krane standen, gepachtet hatte und für seine gewerblichen Zwecke benötigte.
Es wurde vorgeschlagen, die Krane am neuen Standort des Westfälischen Industriemuseums in Waltrop aufzubauen. Doch dazu kam es nicht. Versetzt wurden die Krane trotzdem, nämlich auf ein städtisches Grundstück an der Franziusstraße in unmittelbarer Nähe der Kanalbrücke.
Ein Brand verursachte massive Schäden
Seit dem Umsetzen schenkte man den Kranen wenig Beachtung. Von der Kanalbrücke aus war zu erkennen, wie sich im Laufe der Jahre der Zustand der Hafenkrane stetig verschlechterte.
Im Jahre 2010 brannte der 1908 von Lohmann & Co. in Duisburg gebaute Hafenkran und wurde dadurch schwer beschädigt. Das Maschinenhaus musste von dem Portalgerüst gehoben und neben diesem abgestellt werden.
Nun soll der erste der beiden Portaldrehkrane, nämlich der, der 2010 gebrannt hatte, wiederhergestellt werden und dann als Blickfang die neue Promenade am Stadthafen zieren. Es ist sogar beabsichtigt, ihn bei Dunkelheit mittels Bodenstrahlern zu beleuchten. Sein neuer Standort ist bereits vorbereitet.
Umfangreiche Restaurierung: Es gibt viel zu tun
Am Portalkran selber ist aber noch viel tun. Vor allem das Maschinenhaus hatte unter dem Feuer stark gelitten. Die komplette Einhausung ist dadurch verloren gegangen und muss jetzt rekonstruiert werden.
Durch die Hitze entstanden auch Brandverformungen. Das Portalgerüst wird mit Hilfe eines Trockeneisstrahlers gereinigt. Dieses Verfahren schont die Substanz des Gerüsts.
Alle Arbeiten finden unter freiem Himmel statt. Insofern beeinflusst das Wetter den Arbeitsfortschritt. Doch im Oktober des Jahres soll alles beendet sein.
Um den restaurierten rund 35 Tonnen schweren Portaldrehkran mittels eines Transportschiffs an seinen neuen Standort zu bringen, werden Ausleger und Gegengewicht demontiert. An der Promenade erfolgt dann der Aufbau des Portaldrehkrans.
Der Startschuss für die Herrichtung ist erfolgt
Die Arbeiten werden ausgeführt vom Restaurierungsatelier Die Schmiede GmbH aus Duisburg. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Restaurierung von Technischem Kulturgut und in der Baudenkmalpflege.
Den Startschuss für den Beginn der Restaurierungsarbeiten gaben nun Uta Wittig-Flick und Heike Junk vom Amt für Stadterneuerung gemeinsam mit Ralf Herbrich von der Denkmalbehörde. Die Kosten für Restaurierung, Transport und Montage des neuen alten Blickfangs an der Hafenpromenade belaufen sich auf rund 400.000 Euro.
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