
Karneval hat in Dortmund Tradition. Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts zogen kostümierte Menschen durch die Straßen der Stadt. Kurz nach dem Revolutionsjahr 1848 wurden sie von den Behörden aber misstrauisch beobachtet. Denjenigen, die sich beim bevorstehenden Karneval maskiert auf den Straßen oder Plätzen zeigen wollten, schrieb der Magistrat im Februar 1850 vor, eine polizeiliche Legitimationskarte mit sich zu führen. Für die Ausstellung der Karte musste eine Gebühr gezahlt werden, die der Armenkasse überwiesen wurde. Wer ohne Legitimationskarte angetroffen wurde, konnte mit einer Geldstrafe belegt werden.
Nördliche Karnevals-Gesellschaft wurde 1905 gegründet
Einige Jahre später war dann die erste Organisation der Karnevalisten der Stadt aktiv. Im Dezember 1858 hatte der „kleine Rat des allgemeinen Carneval-Vereins“ die Vorbereitungen für die Feierzeit des kommenden Jahres aufgenommen. Geplant war ein Maskenzug zu Fastnacht.
Anfang 1905 wurde mit der Nördlichen Karnevals-Gesellschaft ein neuer Verein gegründet, der sich rasch großer Beliebtheit erfreute und dem viele Bürger beitraten. Am 12. Januar 1905 veranstaltete der Verein seine erste karnevalistische Sitzung. Dazu engagierte man die in der Stadt bekannte Merkertsche Kapelle. Die zweite Sitzung fand bereits eine Woche später statt.
Das Restaurant „Zum Blücher“ war Vereinslokal
Die Nördliche Karnevals-Gesellschaft, ab 1908 der Nördliche Karnevals-Verein, bot Mitgliedern und Gästen das volle Programm: Kappensitzungen, Herrensitzungen und Sitzungen mit Damen sowie Maskenbälle mit Prämierungen. Geboten wurden Büttenreden und Musik. Nach den Sitzungen wurde noch zum Tanz geladen.

Festlokal des Nördlichen Karneval-Vereins war das Bier- und Weinrestaurant Zum Blücher im Haus Münsterstraße 77. Der Inhaber G. E. Baecker hatte es Anfang Juli 1904, also etwa ein halbes Jahr vor der Gründung des Karnevalvereins eröffnet. Das Restaurant verfügte über einen großzügigen Saal und war deshalb für Vereinssitzungen aller Art bestens geeignet.
Der Verein war auch außerhalb der Karnevalssession aktiv
Da der deutsche Kaiser Wilhelm II. in der Faschingszeit Geburtstag hatte (27. Januar), verband die Nördliche Karnevals-Gesellschaft schon mal eine Sitzung mit der Geburtstagsfeier und kündigte das auch so an. Offensichtlich wurde diese Fest-Kombination nicht als Majestätsbeleidigung gewertet.

Gelegentlich organisierten mehrere Vereine gemeinsame Veranstaltungen. So beteiligte sich die Nördliche Karnevals-Gesellschaft an einer Sitzung der Köln-Dortmunder Karnevals-Gesellschaft „Henkelpöttche“ in „Julius Fischers Welt-Etablissement Zillertal“, das am Beginn der Münsterstraße lag.
An der ersten Sitzung der Nördlichen der Session 1908 nahm auch der neu gegründete Verein Kleiner Rat teil. Auch außerhalb der Faschingszeit war der Nördliche Karnevalsverein bemüht, seine Mitglieder zu unterhalten. Beispielsweise veranstalte er Ende Juli 1912 ein Sommerfest mit italienischer Nacht.
Aktivist Willy Michels leitete den Verein mehrere Jahre
Auch in einem Karnevalsverein gab es selbstverständlich Unruhen und Streitigkeiten. Gleich zu Beginn des zweiten Jahres des Bestehens trat der Präsident Borgmann nach Meinungsverschiedenheiten mit dem Vereinskassierer Kemper von seinem Amt zurück und aus dem Verein aus, was er auch öffentlich Kund tat.
Über die Zeitungen wurden auch Zeugen gesucht, die beobachtet hatten, dass zwei Vorstandsmitglieder und ein Mitglied des Vereins, alle bekleidet mit der Vereinsmütze, an einem Samstagabend kurz vor Mitternacht vor dem „Zillertal“ öffentlich Beleidigungen ausgestoßen hatten. Das hatte einen Menschenauflauf verursacht.
Der bekannte Karnevalist Willy Michels hatte 1908 das Präsidium der Nördlichen übernommen. Für seine Organisationsarbeit, aber auch für seine Auftritte wurde er regelmäßig von der Tagespresse gelobt. Ab 1913 war Michels dann Präsident der Großen Allgemeinen Karnevals-Gesellschaft, die im Gewerbeverein in der Altstadt tagte.
Der Fredenbaum hatte seine eigene Karnevals-Gesellschaft

Neben dem Nördlichen Karnevals-Verein bestand im Bereich der heutigen Nordstadt ab 1909 noch die Karnevals-Gesellschaft am Fredenbaum, die ihre Sitzungen natürlich im Saalbau Fredenbaum veranstaltete.
Beide Vereine stellten nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ihr Veranstaltungsprogramm ein. Nach Kriegsende scheinen sie vorübergehend nur noch auf dem Papier bestanden zu haben. Veranstaltungen sind nicht mehr feststellbar.
Der Karneval spielt in der Nordstadt aber bis heute eine besondere Rolle. Denn der Rosenmontagszug formiert sich seit vielen Jahren auf dem Eberplatz und zieht dann über die Münsterstraße zum Wallring.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!