Von Klaus Winter
Seit dem 1. Oktober 1901 gibt es in Dortmund eine Berufsfeuerwehr. Die erste Hauptwache befand sich an der Silberstraße. Das damals erst zwei Jahre alte Gebäude war vorher als Depot der Freiwilligen Bürgerfeuerwehr genutzt worden. Nebenwachen entstanden 1908 an der Stahlwerkstraße und 1911 an der Speicherstraße. Sie wurden im Verlauf des Ersten Weltkrieges aufgehoben. So gab es bei Kriegsende 1918 nur noch den Standort an der Silberstraße. Für eine Stadt, deren Einwohnerzahl sich der 300.000er-Grenze näherte, war das kein akzeptabler Zustand.
Vier Wachen sollten den Feuerschutz leisten
Die unzureichende Situation der Dortmunder Berufsfeuerwehr war den Kommunalpolitikern natürlich bekannt. Deshalb berieten die Stadtverordneten Ende 1919 über dieses Thema.
Ziel war die Einrichtung von vier neuen Wachen: Je eine Wache war in der Nähe der Sonnenstraße („Südwache“), in Dorstfeld („Westwache“), am Zehnthof in Körne („Ostwache“) und an der Münsterstraße („Nordwache“) geplant. Nach deren Inbetriebnahme sollte die Hauptwache an der Silberstraße aufgegeben werden.
Der Süd- und der Westwache wurde zunächst keine hohe Priorität eingeräumt. Dagegen war die städtische Feuerlösch-Kommission der Ansicht, dass die Ost- und die Nordwache unbedingt notwendig waren und deshalb bald gebaut werden sollten.
Stadtverordneten sollten über die Finanzierung entscheiden
Die Maßnahmen zur Verbesserung des Feuerschutzes in der Stadt zogen sich in die Länge. Mehrere große Brände im Jahre 1920 führten dazu, dass die Lokalpolitiker das Problem nicht aus den Augen verlieren konnten.
So kündigte Stadtbaurat Kullrich Ende September 1920 an, dass die Stadtverordneten-Versammlung in einer ihrer nächsten Sitzungen über die Finanzierung des Feuerwachen-Bauprogramms entscheiden sollte.
Es sollte um gewaltige Summen gehen: 4,2 Millionen Mark wurden für den Bau der Nordwache veranschlagt. Der Bau der Ostwache in Körne sollte noch einmal 1,7 Millionen Mark kosten.
Ein weiterer motorisierter Löschzug sollte auch beschafft werden
Neben den neuen Wachen sollte die Feuerwehr auch einen zweiten motorisierten Löschzug erhalten. Denn es hatte sich gezeigt, dass ein solcher im Vergleich zu den mit Pferden betriebenen erheblich günstiger war.
Für den neuen Automobilbetrieb waren 800.000 Mark erforderlich. Die Provinzial-Feuersozietät in Münster, Versicherungsgesellschaften und Industriewerke in der Stadt sollten sich an den Kosten beteiligen. Diese Idee ließ sich aber nicht durchsetzen.
Die automobile Feuerwehrleiter brach zusammen
Die Situation der Berufsfeuerwehr verschlechterte sich während der Diskussion um die Neuplanungen. Die einzige „automobile Leiter“ der Dortmunder Wehr brach zusammen. Ersatz wurde zwar sogleich bestellt, doch befürchte man auch für die Zukunft solche oder ähnliche Probleme.
Die Pläne für die Nordwache und ihre Ausstattung mit motorisierten Fahrzeugen wurden verbessert und vervollständigt. Der Finanzbedarf stieg von 4,2 auf 5,6 Millionen Mark.
Zur Beschaffung des Geldes für die Feuerwehr-Projekte wollte die Stadt eine mit höchstens 5 Prozent verzinsbare Anleihe in Höhe von mehr als 7 Millionen Mark aufnehmen, die mit 1,25 Prozent zuzüglich der ersparten Zinsen getilgt werden sollte.
Die Abstimmung über den Bau der Nordwache endete knapp
Die Notwendigkeit einer „Automobilisierung“ der Feuerwehr war in der Stadtverordneten-Versammlung unstrittig. Doch die Frage, ob die Nordwache gebaut werden sollte oder nicht, löste im März 1921 unter den Stadtverordneten immer noch Diskussionen aus.
Dortmunds bekannter Baurat Kullrich griff energisch in die Debatte ein. Er stellte klar, dass die Hauptwache an der Silberstraße in mancherlei Hinsicht noch auf dem Stand von 1900 wäre, also veraltet. Und 70 Prozent der Brände ereigneten sich im Norden der Stadt. Die Wache an der Silberstraße lag für diese Fälle sehr ungünstig. Die Nordwache war notwendig!
Die Entscheidung in der Stadtverordneten-Sitzung fiel im März 1921 mit denkbar knapper Mehrheit: Mit 32 gegen 31 Stimmen wurde der Bau der Nordwache beschlossen!
Die Nordwache war im November 1922 einsatzbereit
Dortmunds neue Feuerwache an der Münsterstraße 156 wurde am 27. November 1922 in Betrieb genommen. Vor zahlreichen geladenen Gästen sprach als erster Redner Baurat Kullrich.
Kullrich hatte in seiner langen Amtszeit in Dortmund sehr viele und auch prominente Baumaßnahmen geleitet. Dazu gehörten der ältere Teil des Stadthauses, das Hafenamt, die „Wiederherstellung“ des alten Rathauses und die des Steinernen Turms nahe der Westfalenhalle.
Die Nordwache war die zweite Feuerwache des Stadtbaurats Kullrich
Kullrich war auch für die Feuerwache an der Silberstraße zuständig gewesen und hatte sie nach der Fertigstellung 1899 an die Stadt übergeben. Das tat er nun nochmals mit der Nordwache. Dabei erinnerte an den schwierigen Weg den dieses Projekt gegangen war.
Oberbürgermeister Eichhoff, Stadtrat Dr. Dudeck als Dezernet des Feuerlöschwesens und Branddirektor Baehr sprachen weitere Grußworte. Es folgten ein Rundgang durch das neue Gebäude und Übungen am Steigerturm im Hof.
Das Erdgeschoss der neuen Wache dominierte eine geräumige Fahrzeughalle mit drei Einsatzfahrzeugen. An die Halle schloss sich eine Automobilschlosserei an.
Im ersten Stock lag zur Münsterstraße hin der Schlafsaal für 28 Feuerwehrleute. Einige Betten blieben zunächst frei, da die erste Besatzung der Nordwache nur aus 24 Mann bestand.
Ferner befanden sich auf dieser Etage an der Hofseite der Aufenthaltsraum, Brause- und Wannenbäder und eine Küche. Von fast allen Räumen konnte man über Rutschstangen die Fahrzeughalle erreichen. Das Obergeschoss war dem Dienstzimmer und der Wohnung des Brand-Oberingenieurs vorbehalten.
Die alte Nordwache bestand bis in die 1970er Jahre
Die Nordwache bestand deutlich länger als 50 Jahre. Wie viele Einsätze hier begannen, lässt sich wohl nicht mehr feststellen.
Ihre größte Veränderung erlitt sie im Oktober 1944 durch ihre Zerstörung während eines alliierten Bombenangriffs. In den Nachkriegsjahren musste die Wache wieder aufgebaut werden.
Neue Nordwache wurde in Lindenhorst gebaut
Die Nordwache an der Münsterstraße fiel dem Ausbau der Stadtbahn zum Opfer. Sie wurde 1978 aufgehoben und am 18. Dezember des Jahres in einen Neubau an der Lütge-Heidestraße in Lindenhorst verlegt. Der alte Feuerwehrstützpunkt an der Münsterstraße wurde abgerissen und das Grundstück neu bebaut.
Reader Comments
Norbert
Warum stand die Wache dem Stadtbahnbau im Wege? Dort fährt die Bahn oberirdisch in der Mittellage der Münsterstraße?` Die Feuerwehr behauptet das auch . https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/sicherheit_und_recht/feuerwehr/standorte_fw/berufsfeuerwehr_1/2___eving/index.html
Wissen Sie, wann die Pläne für die Ostwache begraben wurden? In Richtung Osten ist ja heute erst in Neuasseln eine Wache.
In die Zeit der Aufgabe fällt auch die neue Hauptwache in der Nordstadt.
https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/sicherheit_und_recht/feuerwehr/standorte_fw/berufsfeuerwehr_1/1___stadtmitte/index.html
Klaus Winter
Dass die Wache dem Stadtbahnbau entgegenstand, habe ich der Literatur („Feuerwehr Dortmund 1901-2001) entnommen, die allerdings auch keine nähere Begründung liefert. Leider.
Mit der Ostwache habe ich mich noch nicht beschäftigt.
Die Eröffnung der neuen Wache an der Steinstraße ist eine eigene Geschichte.
Norbert
Die „Chronik der Dortmunder Stadtwerke AG“ von ca. 1982 gibt in den Jahren 1977-1980 keine Hinweise. In Zander/Treppe Die Straßenbahnen in Dortmund 1881-1992 finde ich auch nichts.
Ich würde mal im Drehscheibe-Forum nachfragen. Da tummeln sich viele Leute mit historischem Detailwissen auch zum städtischen Nahverkehr.
Bebbi
Die Antwort
https://www.drehscheibe-online.de/foren/read.php?005,10067908,10068543#msg-10068543
Es wurde eine mögliche Tunnelverlängerung in offener Bauweise gebaut.