Menschen, deren Leben durch eine Organspende gerettet werden kann, läuft buchstäblich die Zeit davon. Die Bedarf ist viel größer als die verfügbaren Spenden. Eine Änderung der gesetzlichen Regelungen könnte – jedenfalls zum Teil – dazu beitragen, die offensichtliche Not etwas zu lindern.
Die entnommenen Organe werden zu festgelegten Transplantationszentren gebracht
Wenn für eine Organspende entschieden wurde, erfolgen mehrere Untersuchungen des künftigen Spenders. „Lunge und Herz werden noch mal angeschaut, ebenso wird Blut untersucht”, erklärt Richard Ellerkmann, Chef der Anästhesie und Transplantationsbeauftragter am Klinikum Dortmund. Wesentlich ist dabei, dass die intensivmedizinischen Maßnahmen nicht eingestellt werden.
Mit den Untersuchungen sollen möglichst viele Daten gewonnen werden, die eine möglichst verträgliche Transplantation gewährleisten. Ebenso wird die Entnahme der Organe medikamentös vorbereitet. „Alle diese organprotektiven Maßnahmen finden statt, um die Sicherheit für den Organempfänger so gut wie möglich zu gewährleisten. Das geht alles relativ schnell.”
Eine Organentnahme erfolgt im Operationssaal eines Krankenhauses in einem Rahmen und Ablauf, der einer großen Operation vergleichbar ist. In der Regel arbeiten dabei mehrere Teams zusammen, die fachlich für die Entnahme jeweils verschiedener Organe zuständig sind.
Es können also auch mehrere Organe in einer Operation entnommen werden. Die Entnahme wird von Chirurg:innen vorgenommen, die in der Regel von den Transplantationszentren zum Entnahmekrankenhaus kommen.
Die entnommenen Organe werden schließlich zu den vorher festgelegten Transplantationszentren gebracht, um dort den Organempfängern eingesetzt zu werden. Vorher wurde die Verteilung der Organe durch die Organisation „Eurotransplant” eingeleitet, die – länderübergreifend – auch für die Organverteilung in Deutschland zuständig ist. Ein ausgeklügeltes System gewährleistet eine möglichst große Verträglichkeit und Verteilungsgerechtigkeit.
In Deutschland besteht derzeit noch eine Zustimmungsregelung
Die Todeserklärung führt, insofern es nicht zur Organspende kommt, zum Behandlungsabbruch. Auch das ist ein für sich genommen sehr wesentlicher Schritt, dessen Sinnhaftigkeit aber nur selten bezweifelt wird. Ein nur noch scheinbares Fortleben, das nur durch den Einsatz von Technik möglich ist, wird von den allermeisten Menschen als unethisch bewertet und in der Regel nicht gewünscht. Für eine Organentnahme ist die Fortsetzung der intensivmedizinischen Maßnahme über den Tod hinaus allerdings notwendig.
Die Entscheidung über die Entnahme von Organen ist im Sinne unserer Rechtsordnung vom frei gefassten Beschluss des davon betroffenen Menschen abhängig, insofern dessen Wille über seinen Tod hinaus zu respektieren ist. In Deutschland besteht derzeit noch eine Zustimmungsregelung.
Derzeit wird von einigen Abgeordneten des Bundestages eine parteiübergreifende Initiative betrieben, die gegenwärtig noch gültige Rechtslage zu verändern. Aus der Entscheidungslösung – Organentnahme nur bei aktiver Zustimmung – soll eine Widerspruchslösung – Organentnahme immer, insofern nicht aktiv widersprochen wird – werden.
Von einer solchen veränderten Rechtsgrundlage, die derjenigen vieler europäischer Länder entspricht, erhofft man sich mehr Organspenden als es jetzt der Fall ist. Aber würde das tatsächlich so sein?
In Spanien, wo schon lange die Widerspruchslösung gilt, gibt es zwar deutlich mehr Organspenden, aber die Organisation der klinikinternen Abläufe ist auch wesentlich straffer. Der Organspende wird darum viel mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht. Wie verhält es sich damit am Klinikum Dortmund?
Die Fragen rund um Sterben und Tod werden im Leben oftmals umgangen
Dazu erläutert Richard Ellerkmann im Gespräch mit Nordstadtblogger: „Unsere Oberärzte sind mit dem Thema sehr vertraut und handeln aufmerksam. Das wird durch Fortbildungsmaßnahmen gefördert. Aber es ist so, dass es auch immer wieder vorkommt, dass Angehörige der Organspende nicht zustimmen, weil sich der Patient zu Lebzeiten nicht zum Thema geäußert hat.”
Dass die Fragen rund um Sterben und Tod von vielen Menschen oftmals umgangen und verdrängt werden, erweist sich als entscheidendes Dilemma. Darum ist es so wichtig, dass jeder Mensch sich mit der Organspende beschäftigt und für den Fall seine Todes eine Entscheidung dokumentiert.
Zuversichtlich fügt Ellerkmann hinzu: „Ich bin persönlich davon überzeugt, dass die Zahl der Organspenden aufgrund der Widerspruchslösung zunehmen kann. Vielleicht wird die Zunahme immer noch nicht ausreichend sein, aber jede Zunahme für sich genommen ist ja bereits erfreulich.”
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
Das sind die Teile der Nordstadtblogger-Serie:
Über 8.000 schwerkranke Patient:innen warten bundesweit auf eine Transplantation
SERIE (3. und letzter Teil): Organspenden retten Leben – doch wie kann ihre Zahl erhöht werden?
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Netzwerk Organspende begrüßt die Entscheidung des Bundesrates zur Widerspruchslösung
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