Keine Frage, der Dortmunder Süden ist schon ansehnlich. Ziemlich grün, mit Blick aufs Ruhrtal, die altehrwürdige Syburg hoch oben – da freut sich der Postkartenfotograf. Vielleicht ist es zwischen SUV-Carports und über die Schulter geknoteten Pullovern aber auch ein wenig langweilig. Zu langweilig, um kreativ zu sein. Wie sonst sollte es sich erklären, dass ausgerechnet am anderen Ende Dortmunds, mitten in der Nordstadt, das musikalische Herz unserer City schlägt? Denn hier stehen nicht nur das Musik & Kulturzentrum, die Glen Buschmann Jazzakademie oder das mex. Vor allem haben etliche Musiker:innen und Bands im Norden ihre Wurzeln, wenn nicht sogar ihre Heimat.
Video zu „She kissed me“ wurde in der Nordstadt gedreht
Sie vollständig aufzuzählen, wäre ein mühsames Unterfangen – wahrscheinlich sind es mehrere hundert Acts, die heute auf den kleinen und großen Bühnen unseres Landes auftreten. Noch mehr Rampenlicht hätten sie alle verdient.
Ein wenig davon soll ihnen diese Reihe bieten: In regelmäßigen Abständen stellen wir Musiker:innen und Bands aus der Nordstadt vor. Denn der Norden ist nicht nur bunt und vielfältig, sondern eben auch schön laut. Den Anfang macht: „Macky Messer“, Indie Rock mit neuer Single. ___STEADY_PAYWALL___
Eigentlich startete „Macky Messer“ als Soloprojekt. Aber da „eigentlich“ eigentlich kein Wort ist und Musik alleine vor allem live ziemlich einseitig klingt, erhielt und erhält Gründer Menny Leusmann regelmäßig Unterstützung von anderen Musikern. Auf der Bühne und im Studio regelmäßig dabei sind aktuell Jens Vetter, Jochen Müller und Conrad Rehkemper.
Der Sound von „Macky Messer“ gehört dabei eindeutig in die Kategorie Indie-Rock und sollte gar nicht erst versuchen, Einflüsse von Bands wie „Queens of the Stone Age“ abzustreiten. Zwischen treibenden Drums und melodischen Gitarrenriffs könnte sich anstelle von Leusmann auch Josh Homme ans Mikro verirrt haben.
Songwriting für das neue Album „All for the Goo“
So laut guter Rock aber auch sein muss – in den letzten Jahren war es um „Macky Messer“ ein wenig stiller. Von 2016 bis 2023 legte die Band eine ausgedehnte Pause ein. Anfang 2024 meldete sie sich endlich zurück; zunächst mit einem Re-Release ihres Albums „Insomnia“.
Da Aufgewärmtes aber nicht jedermanns Sache ist, sollte auch Neues folgen: Leusmann verbrachte die letzten Monate im Studio, um gemeinsam mit Jens Vetter an neuen Songs zu arbeiten. Sieben Tracks sind so bislang entstanden – genug für ein neues Album, das in den nächsten Wochen unter dem Titel „All for the Goo“ erscheinen wird.
Einen Vorgeschmack gibt es jetzt schon: Seit dem 30. August ist die Singleauskopplung „She Kissed Me“ auf allen bekannten Streamingplattformen zu hören und als Video zu sehen (siehe Ende des Artikels).
Fünf Fragen an Menny Leusmann von „Macky Messer“
Schön, dass ihr wieder da seid. Warum wart ihr so lange weg?
Menny: Ich habe mich 2017 mit meinem eigenen Tonstudio „Monkey Moon Recordings“ selbständig gemacht. Es hat natürlich viel Zeit und Energie gekostet, dieses Projekt zu realisieren und anschließend in der Musikwelt zu etablieren. So blieb wenig Platz, um an eigenen Musikstücken zu arbeiten.
Als das Studio lief und sich einen Namen gemacht hatte, habe ich langsam zurück zu eigener Musik gefunden und an verschiedenen Projekten gearbeitet. Aber im Rückblick hat sich das alles zunächst nicht richtig angefühlt.
Erst, als ich mit dem Studio 2022 in die Dortmunder Nordstadt gezogen bin, kam bei mir wirklich das Gefühl auf, „Macky Messer“ endlich aus dem Tiefschlaf erwecken zu müssen. Als ich mir die alten Songs auf der Gitarre wieder selbst beigebracht habe, hat sich das so gut angefühlt, dass ich wusste: Das ist es, hier geht der Weg weiter.
Apropos Studio: Als Produzent arbeitest du für zahlreiche Künstler:innen. Wie fühlt es sich an, auf der anderen Seite der Mikrophone zu stehen?
Menny: Wenn ich als Musikproduzent arbeite, ist das vor allem Gelegenheit, Neues zu lernen. Nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich. Neben Künstler:innen wie „KMPFSRT“, „Daily Thompson“ oder „Gaupa“ durfte ich letztes Jahr zum Beispiel auch mit Konstantin Wecker an einer Songaufnahme arbeiten.
Das war ein wenig nostalgisch und vielleicht auch melancholisch. Ich weiß nicht, wann Konstantin zuletzt Songs aufgenommen hat. Natürlich war er absoluter Vollprofi, aber hat auch ein bisschen erzählt. Von seinen musikalischen Anfängen und wie sehr sich alles über die Generationen verändert hat; nicht nur das Musikgeschäft. Es war wirklich spannend, ihm zuzuhören.
Am 30. August ist deine neue Single „She Kissed Me“ erschienen. Es gibt Songs, an denen sich Generationen von Menschen abarbeiten und sich an einer Interpretation des Inhalts versuchen. Um dem vorzubeugen, bitte einmal vom Künstler persönlich: Worum geht es wirklich in „She Kissed Me“?
Menny: „She Kissed Me“ ist ein klassischer Liebessong und gleichzeitig eine Liebeserklärung, die die stürmischen und emotionalen Seiten einer Beziehung beschreibt; meine Beziehung, um genau zu sein. Zum Beispiel den Moment, in dem mich meine Freundin das erste Mal küsste und ich ziemlich genau wusste, dass ich auf dieses Gefühl nie wieder verzichten will.
Das klingt jetzt ziemlich schnulzig und bestimmt denkt gerade irgendwer: „Oh, nein! Noch ein Love Song!“ Aber mit den harten Gitarren und dem bizarren Gerüst, das sich um die Nummer schließt, ist der Titel alles andere als eine Liebesballade. Also: Anhören und selbst ein Bild machen.
Geplant ist außerdem ein neues Album „All for the Goo“. Haben sich einfach genug Songs angesammelt oder steckt eine größere Geschichte hinter der Entstehung – und wenn ja, welche?
Menny: Das Album kommt nicht auf einen Schlag raus, sondern wird Song für Song veröffentlicht. Die Musikwelt hat sich verändert und ist nicht mehr ganz so romantisch, wie sie mal war. Alles ist schnelllebiger geworden; wenn du als kleiner Künstler ein Album direkt mit allen Titeln herausbringst, hören sich die Leute die ersten ein oder zwei Tracks an und skippen dann zum nächsten Interpreten. Es sei denn, du heißt Taylor Swift.
Aber als ich anfing, die alten „Macky Messer“-Stücke neu zu lernen, kamen mir viele Ideen für neue Songs in den Kopf, die ich als Notiz festgehalten habe. Kurze Zeit später habe ich dann Songstrukturen mit der Gitarre aufgenommen, für die Jens das Schlagzeug gespielt hat.
So haben sich die Titel Instrument um Instrument aufgebaut. Es war ein Prozess ohne Absicht – alles hat sich direkt bei den Aufnahmen entwickelt und schließlich so zusammengefügt, dass es sich zu einem Album geformt hat.
Dein Studio liegt mitten in der Nordstadt; das Video für „She Kissed me“ wurde in der Nordstadt gedreht. In wie weit hat der Stadtteil mit seinen Orten, Menschen, Situationen deine Musik beeinflusst?
Ich kann gar nicht genau sagen ob es die Nordstadt ist, die mich bei meinen Songs beeinflusst hat. Ich mag es einfach, wenn es ruppig und kantig ist und nicht alles glattgeleckt erscheint. Es kommt mir vor, als würde man heutzutage darauf trainiert, alles in einem perfekten Standard abzuliefern. Nichts darf mehr wirklich echt sein, alles wirkt irgendwie künstlich und geradegezogen.
Wenn ich Songs im Radio höre, kommt es mir oft so vor, als liefe da eine Endlosschleife: auf jeder Stimme derselbe Effekt, jeder Beat eintönig und langweilig, alles künstlich, keine Fehler. Die Nordstadt hat Fehler. Sie ist sicher nicht perfekt, aber lebendig und lebhaft. Mit Brüchen und ein wenig Dreck. So, wie gute Musik.
Sollte an dieser Stelle das Videofenster nicht erscheinen, bitte einmal den Browser aktualisieren.
Weitere Informationen:
Steckbrief: Macky Messer
Gegründet: 2011
Genre: Indie Rock
Mitglieder: Menny Leusmann; live außerdem: Jens Vetter, Jochen Müller, Conrad Rehkemper
Aktueller Release: She Kissed Me
Unbedingt anhören: She Kissed Me (am besten beim Feiern, Autofahren oder Kochen)
.
Gibt’s zu hören bei: Spotify und allen anderen bekannten Streamingdiensten
Online: Facebook / Instagram
Live zu sehen wo und wann:
- 12. Oktober Jugendcafé Waltrop, VVK: 10 Euro / AK: 15 Euro
- 07. November Nansen, Dortmund
- 09. November Güterbahnhof, Lippstadt
- 30. November EDP, Köln
- 08. Dezember Kulturschlachthof, Düsseldorf
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!