Schon lange lodert auf Phoenix kein Feuer mehr. Dort, wo sich einst Elias glühend durch die Nacht schob, tummeln sich heute laufwütige Menschen. Die Stahlstadt von einst ist Dortmund nicht mehr. Und dennoch: Ein Dortmunder Unternehmen, weit abseits von Thyssen und Hoesch, exportiert weiter ungebrochen Stahlprodukte in die ganze Welt. In der Güntherstraße liegen die Werkstätten von E.C.S. und fertigen Steelpans; jenes Instrument, das auf der Karibikinsel Trinidad erfunden wurde und bei dem jeder einzelne Ton klingt wie eine Piña Colada am Strand. Okay, vielleicht nicht jeder Ton. Denn einer Steelpan etwas Klangvolles zu entlocken, ist gar nicht so einfach. Da trifft es sich, dass aus Dortmund nicht nur Stahltrommeln von Weltruhm kommen, sondern auch ein Mann, der sie spielen kann wie wenige andere: Martin Buschmann.
Auf seiner ersten Steelpan spielte Buschmann Ende der Siebziger
Ursprünglich – und trotz Hang zum Rock – als Orchestermusiker ausgebildet traf Buschmann irgendwann Ende der Siebziger auf seine erste Steelpan; auf einem Konzert im domicil (zu dieser Zeit noch in der Leopoldstraße), gespielt von Andy Narell, dem vielleicht größten Pan-Virtuosen weltweit, damals wie heute. Seitdem hat Buschmann das Instrument nicht mehr losgelassen:
Eckhard C. Schulz (dem E.C.S. seinen Namen verdankt) ließ ihn auf seiner ersten eigenen Steelpan trommeln – und gemeinsam mit Schulz und dem Musiker Jürgen Lesker und gründete Buschmann auch den Verein Pankultur. Ihr erklärtes Ziel: Der Pan in unseren Breiten mehr Bekanntheit zu verschaffen.
Mit verschiedenen Steelbands ist Buschmann außerdem schon auf dem halben Globus aufgetreten; in Europa, Asien, Afrika, Lateinamerika und natürlich auch in der Karibik. Er bekam Preise, hielt Vorträge, besitzt einen eigenen Eintrag auf Wikipedia, ist nicht zuletzt Mitgründer des Musiksyndikats Ruhr – und macht vor allem immer noch Musik. Alles über Martin Buschmann zu erzählen, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Deshalb beschränken wir uns auch diesmal auf:
Fünf Fragen an Martin Buschmann
Hallo Martin, wer deine Musik kennt, denkt natürlich sofort an die Steelpan. Was macht dieses Instrument deiner professionellen Meinung nach so außergewöhnlich?
Martin: Es sind genau drei Sachen. Da wären erstens ihr einzigartiger Sound. Egal, wie es dir gerade auch immer gehen mag, wenn du eine Pan hörst, kannst du gar nicht anders, als dich fröhlich zu fühlen. Zweitens ist es die Verbindung von rhythmischem und melodiösem Spiel. Diese Kombination findest du bei wenigen anderen Instrumenten.
Und drittens kenne ich kein anderes melodiöses Instrument, mit dem es selbst für totale Anfänger:innen möglich ist, schon nach zwei bis drei Stunden als Band gemeinsam ein einfaches, fünfstimmiges Musikstück zu spielen. Genau das macht die Pan zu einem wunderbaren musikalischen Einstiegsinstrument für Erwachsene und vor allem auch für Kinder.
Du machst schon dein ganzes Leben lang Musik, warst auf der ganzen Welt unterwegs; in Lateinamerika, Afrika und natürlich Europa. Was ist das Außergewöhnlichste, was dir auf deinen vielen Reisen passiert ist?
Martin: Außergewöhnliche Geschichten gibt es jede Menge. Woran ich mich gerne erinnere ist, als ich anlässlich der Eröffnung einer neuen Flugroute Frankfurt-Bahamas, gemeinsam mit der Sunshine Coconuts Steelband vom Konsul des Bahamas Tourist Office persönlich auf die Insel eingeladen wurde. Wir sollten dort an einem College einen Vortrag über Steelpans halten.
Die Studentinnen und Studenten haben schon ein wenig verwundert geguckt, als wir Europäer in den Hörsaal marschiert sind. Noch größer wurden die Augen dann, als wir unsere Instrumente aufgebaut haben. Steelpans sind auf den Bahamas nämlich ähnlich unbekannt wie bei uns; Trinidad, das Heimatland der Pan ist weit weg. Aber alles wurde locker, als wir angefangen haben zu spielen. Vorträge mit Musik sollte es wohl viel öfter geben.
Hier in Dortmund hast du den Verein Pankultur mitgegründet. Worum geht es dort genau und können Menschen bei Pankultur auch lernen, selbst Steel Drums zu spielen?
Martin: 1994 habe ich gemeinsam mit Jürgen Lesker und Eckhard Schulz den ersten Steeldrum-Orchesterworkshop an der Musikschule Dortmund gegeben. Vielleicht war es der sogar der erste Steeldrum-Workshop in Deutschland überhaupt? Auf jeden Fall waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ziemlich begeistert: Alle Teilnehmer wollten weiterspielen. Also haben wir kurzerhand am Tresen in der damaligen Szenekneipe CheCoolalla den Verein Pankultur zur Förderung der Steeldrumkultur gegründet.
Seitdem, also seit 30 Jahren, haben etliche Erwachsene und Kinder bei Pankultur Kurse besucht und gelernt, die Steelpan zu spielen. Dabei sind etliche Formationen entstanden, von denen viele heute noch aktiv sind. Auch im Ganztagsbereich an den Schulen in Dortmund und Umgebung hat es jede Menge Kurse gegeben.
Seit vielen Jahren veranstaltet Pankultur außerdem ein Karibisches Neujahrskonzert im Fritz Henzßer Haus, auf dem die Gäste die aktuellen Formationen gemeinsam mit weiteren Gästen erleben oder sich einfach informieren können. Das nächste Konzert findet am 18. Januar 2025 statt und wer jetzt schon mehr wissen oder mitmachen möchte, kann sehr gerne unsere Webseite besuchen.
Apropos Homepage: Bei Pankultur gibt es ein wunderschönes Foto, das zeigt, wie du und andere Musiker:innen mit euren Trommeln im Fanzug von Borussia Dortmund mitmarschieren. Bist du Borusse?
Martin: Na, hömma! Ich bin Dortmunder Junge und habe mit sieben Jahren beim Kirchdörfer SC angefangen, Fußball zu spielen. Meine ersten Spiele der Borussian habe ich Ende der 60iger Jahre gesehen. Von einem Baum aus, der vor der Nordkurve des Stadion Rote Erde stand. Leider wurde der inzwischen gefällt. Aber heute sitze ich eh lieber und wenn ich kann, bin ich mit meinen Geschwistern auf der Osttribüne im Westfalenstadion und fiebere mit meiner Mannschaft mit!
Die letzte Frage an dich mit all deiner Erfahrung: Wie ist es um Künstler:innen in Deutschland bestellt? Können Menschen davon leben, Musik zu machen oder braucht es in diesem Bereich mehr soziale Gerechtigkeit?
Martin: Ich finde, in unserer Gesellschaft bräuchte es grundsätzlich mehr soziale Gerechtigkeit, dazu außerdem Respekt, Toleranz und Engagement. Aber gerade die Situation der freiberuflichen Künstler:innen hat sich in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert. Nur ein ganz kleiner Teil der Musikszene kann von seinen Einnahmen leben, der Großteil der freiberuflichen Künstler:innen, die in Rente gehen, rutschen unter die Armutsgrenze.
Dazu kommt, dass die Auftrittsmöglichkeiten für Musiker:innen seit zehn bis 15 Jahren immer weniger werden. Früher standen in jedem kleinen Jugendzentrum am Wochenende ein paar Bands auf der Bühne und konnten sich wenigstens ein paar Euro verdienen. Heute kannst du kleine Konzerte mit der Lupe suchen. Und dieser Umstand zieht weite Kreise: Immer weniger gut ausgebildete junge Musiker:innen sehen eine Zukunftschancen in ihrem Berufsfeld und wechseln lieber in andere Jobs. Unsere Kulturlandschaft wird ärmer, da hilft auch das Internet nicht. Die beste Musik ist immer live.
Aus all diesen Gründen habe ich gemeinsam mit anderen Musiker:innen 2017 das Musiksyndikat Ruhr gegründet. Wir versuchen, wieder mehr bezahlte Auftrittsmöglichkeiten zu schaffen und setzen uns gleichzeitig für mehr Diversität, Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit in der Musikszene ein. Ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Dortmunder Nordstadt, wo wir zusammen mit Nordmarkt Records die Konzertreihe „Dortmund Unplugged“ im Langen August organisieren. Wer mehr wissen möchte, ist herzlich eingeladen, dort vorbeizuschauen.
Weitere Informationen:
Steckbrief: Martin Buschmann
- Auf der Bühne seit: 1979
- Genre: Rock, Jazz, Worldmusic
- Aktueller Release: „Mabea“mit Salon4b und „Yellow Man“ mit dem PADI Orchestra
- Unbedingt anhören: „Mabea“ und „Yellow Man“, natürlich
- Gibt’s zu hören auf: YouTube
- Live zu sehen wo und wann: 28.12.2024 Henrichshütte, Hattingen (BängBäng Steelpan Orchester) / 18.01.2025 Fritz Henßler Haus, Dortmund (Karibisches Neujahrskonzert)