SERIE (Teil 2): Musiker:innen und Bands aus der Dortmunder Nordstadt

„Schön laut im Norden“: Liedermacherin Janina Beinert machte ihre Leidenschaft zum Beruf

Singer-Songwriterin Janina Beinert arbeitet als Musikvermittlerin beim „Tiny Music House“-Projekt der Dortmunder Philharmoniker. Foto: Florian Janosch

Ein bekannter Mann aus Bochum wies in einem seiner Songs einmal darauf hin, dass unsere Welt zwecks eines besseren Zusammenlebens dringend mehr Geschichten vertragen könnte. Denn – so seine Argumentation – geteilte Erzählungen verbinden, offenbaren Gemeinsamkeiten und helfen dabei, auch mal eine andere Perspektive einzunehmen. Vielleicht hat Janina Beinert das Lied des Herrn G. aus Bo noch nie gehört – seine Botschaft allerdings hat die Liedermacherin mehr als verinnerlicht. Ausgestattet mit ihrer Gitarre und einer Stimme, die so kraftvoll ist, dass selbst das Feierabendhupkonzert auf der A40 keine Chance gegen sie hätte, erzählt sie in ihren Songs von den kleinen und großen Dingen des Lebens.

Songs mit Tiefsinn, Herz und einer großen Portion Humor

Freundschaft, Arbeit, Beziehungen, auch Politisches; jedes Thema geht Janina mit Tiefsinn und einer großen Portion Humor an. So entstehen Lieder, die ihre Geschichten deutlich dichter erzählen, als ein modernes Publikum es gewohnt sein mag.

Oft kann man Janina in der City von Dortmund antreffen und ihren Songs lauschen. Foto: Florian Janosch

Denn Reim-dich-oder-ich-fress-dich ist nicht Janinas Ding. Jedes Wort hat Gewicht, jede Zeile ihre Daseinsberechtigung. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, findet ein Live-Video zu ihrem Song „Besser ohne dich“ am Ende des Artikels. ___STEADY_PAYWALL___

Mitsingen funktioniert trotzdem – nicht nur für das Publikum, sondern auch für kleine angehende Musikerinnen und Musiker. Denn wenn Janina nicht gerade auf der Bühne (oder in der Dortmunder Innenstadt) steht, arbeitet sie als Musikvermittlerin für das Projekt „Tiny Music House“ des Theater Dortmund.

Fünf Fragen an Janina Beinert

Hallo Janina. Dein Weg zur Sängerin, die auf der Bühne steht, war alles andere als typisch. Nimmst du uns einmal mit auf die Reise?

Janina: Klar! Mein Weg zur Musik war alles andere als geradlinig. Gesungen habe ich schon immer, aber eher für mich selbst oder auf (zum Teil dubiosen) Karaoke Veranstaltungen. Meine Geschichte beginnt nicht dort, wo Musikkarrieren normalerweise anfangen: In meinem damaligen Job im Export war ich ziemlich unglücklich und sehnte mich nach einer Veränderung. Etwas, das mir im Leben Halt gibt, worin ich gut bin. 

Die Musikerin in ihrem Element live auf der Bühne. Foto: Florian Janosch

Und seit Jahren wartete da diese verstaubte Gitarre – besser gesagt, Klampfe – in meinem Schrank… Dann kam der Tag, an dem ich all meinen Mut zusammennahm und mich für einen Gitarrenkurs anmeldete. Schon nach der ersten Stunde war mir klar, das ist genau mein Ding! Mit anderen zusammen zu singen und zu spielen hatte fast schon etwas Therapeutisches. Also nahm ich Einzelunterricht und von da aus ging es ziemlich schnell voran.

Jobtechnisch dagegen lief es erstmal nicht so gut: Nachdem ich die Firma gewechselt hatte, wurde ich im neuen Betrieb auch noch gekündigt. Es fühlte sich an, als sei ich komplett gescheitert. Aber vielleicht hatte das alles auch seine guten Seiten: Endlich war mal Zeit, darüber nachzudenken, was ich im Leben wirklich will – und schnell wurde mir klar: Musik, Musik und nochmal Musik; am besten auch in meinem Job.

Also begann ich ein Studium Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Theaterpädagogik hier in Dortmund. Während der Studienzeit fing ich an, meine eigenen Lieder zu schreiben und entwickelte erste kleine Musikprojekte mit Kindern und Jugendlichen. Nach dem Studium stieß ich dann durch Zufall auf meinen jetzigen Job als Musikvermittlerin im „Tiny Music House“.

Das war schon ziemlich verrückt, denn das „Tiny Music House“ hatte ich einige Monate zuvor im Fredenbaumpark gesehen und dachte damals: Wow, was für ein tolles Projekt, da würde ich auch gerne mitmachen! Tja, und jetzt bin ich tatsächlich dabei und stehe außerdem noch mit meiner Gitarre auf der Bühne.

Du hast jahrelang in der Nordstadt gelebt. Hat der Stadtteil deine Musik und deine Texte geprägt?

Janina: Absolut! Ohne die Erfahrung, die ich in der Nordstadt gesammelt habe, wäre ich heute nicht an diesem Punkt. Ich habe in den sechs Jahren dort viele tolle Menschen kennengelernt, die super engagiert sind und mich inspiriert haben. Unter anderem habe ich bei Jam Sessions wie der Nordstadtsession mitgemacht und mit anderen Musiker:innen improvisiert. 

Singer-Songwriterin Janina Beinert Foto: Florian Janosch

Zu Singen, ohne vorher zu wissen, was man singt, ist schon eine ziemliche Herausforderung an der man wächst. Dazu gehört einiges an Überwindung. Außerdem gibt es so viele schöne Orte in der Nordstadt, die man entdecken kann und wo einen ein tolles kulturelles Angebot erwartet. Allen voran natürlich das Dietrich-Keuning-Haus, wo ich bei der damaligen Reihe „Pottkultur“ zum ersten Mal einen meiner eigenen Songs vor Publikum gespielt habe.

Eine Frage an dich als Expertin: Welche Liedermacher:innen (außer dir) sollte man unbedingt kennen und sich anhören?

Janina: Uff, da gibt es einige, von den bekannteren würde ich sagen: Miss Allie, Dota Kehr, Alin Coen. International mag ich am liebsten Courtney Barnett. Ich habe sie mal live in Köln gesehen. Der absolute Hammer. Außerdem höre ich gerne die Altbekannten wie Hannes Wader oder Georg Kreisler. Meine Geheimtipps: IllUTE und Salma mit Sahne. 

Was genau ist das „Tiny Music House“ und was bitte macht eine Musikvermittlerin?

Janina: Das „Tiny Music House“ ist ein richtiges Tiny House; es ist mobil und in verschiedenen Stadtteilen Dortmunds unterwegs. Das Projekt der Dortmunder Philharmoniker startete vor drei Jahren mit dem Ziel, Musik, vor allem klassische Musik, zu den Menschen zu bringen. So können Barrieren überwunden werden, da es für viele von uns nicht selbstverständlich ist, ins Theater oder in ein philharmonisches Konzert zu gehen. 

Janina bei ihrer Arbeit mit den Kids im „Tiny Music House“. Foto: Sophia Hegewald

Mein Beruf als Musikvermittlerin im Theater und für das „Tiny Music House“ ist dabei sehr vielfältig: Ich konzipiere verschiedene Workshops für unterschiedliche Zielgruppen, vor allem für Kinder und Jugendliche, Erwachsene können aber auch gerne teilnehmen! Songwriting, Hörspiele oder Musiktheaterstücke entwickeln – eigentlich ist so gut wie alles dabei, was irgendwie mit Musik und der Stimme zu tun hat.

Denn Musikunterricht ist sehr kostspielig. Viele Menschen hatten noch nie die Gelegenheit, sich mit einem Instrument zu beschäftigen oder es ist viele Jahre her, dass sie es zuletzt in der Hand hielten. Im „Tiny Music House“ können sie ihrer Kreativität dann freien Lauf lassen uns sich ausprobieren (ohne Bewertung und Leistungsdruck), da wir immer verschiedene Instrumente dabeihaben, von der Geige zum E-Piano. Wir wollen allen Interessierten einen Zugang zur Musik ermöglichen.

Zurzeit studiere ich neben meinem Job außerdem Musikvermittlung in Detmold. Der Schwerpunkt des Studiums liegt im Bereich Konzertvermittlung. Dort lerne ich unter anderem, (Kinder-)Konzerte zu konzipieren. Da ich in meinem Job ja den direkten Praxisbezug habe, kann ich meine Arbeit so noch vielfältiger gestalten.

Du arbeitest außerdem noch als Vocalcoach. Was ist dein Tipp für alle Lenkrad-Sopranistinnen und Dusch-Baritone?

Janina: Traut euch! Was wir mit Singen verbinden, hat viel mit unserer eigenen Bewertung über uns selbst zu tun. Wir müssen lernen, uns dabei nicht selbst im Weg zu stehen. Das ist schon die halbe Miete. Den Rest kann man dann durch Gesangstechniken lernen, die die verschiedenen Muskelgruppen trainieren. Übrigens: Unter der Dusche kann man einige der Übungen direkt durchführen, zum Beispiel: Summen!

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Weitere Informationen:

Steckbrief: Janina Beinert

  • Auf der Bühne seit: 10 Jahren, seit 3 Jahren mit eigenen Liedern
  • Genre: Singer-Songwriterin, Liedermacherin, irgendwas mit Indie Pop
  • Aktueller Release: In Arbeit – im November stehen Studioaufnahmen an
  • Unbedingt anhören: Bei Liebeskummer: „Besser ohne dich!“
  • Gibt’s zu hören bei: janina-beinert.de; auf Facebook und Youtube: Janina Beinert; demnächst auf Spotify
  • Live zu sehen wo und wann: 16. Oktober 2024 Maschinchen Buntes, Witten / 21. November 2024 Unperfekthaus, Essen / 28. November 2024 Vinylcafe Schwarzes Gold, Dorsten

Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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