Der geplante Auftritt von Dr. Daniele Ganser in der Westfalenhalle 2 – dort, wo auch der Stadtrat während des Rathausumbaus tagt – schlägt in der Politik hohe Wellen. Denn der Historiker ist hoch umstritten und gilt als Verschwörungsideologe. Daher mehren sich die Rufe um die Absage des Auftritts – und Diskussionen darum, warum eine Stadttochter überhaupt einen Raum für diese Veranstaltung vermietet hat. Die Sensibilisierung für Vermietungen von „Rechtsaußen“, die man bisher vor allem privaten Vermieter:innen nahelegt, ist offenbar innerhalb des „Stadt-Konzerns“ nicht so weit fortgeschritten wie erhofft.
Westfalenhallen-Aufsichtsratschef kritisiert die Vermietung scharf
Bei der Stadt gibt man sich noch wortkarg: „Der Stadt Dortmund ist der Sachverhalt bekannt. Sie ist in Gesprächen mit den Westfalenhallen und wird sich dann äußern“, teilt Stadtsprecher Frank Bußmann mit. Doch die Grundhaltung der Stadt scheint eindeutig – hinter den Kulissen wird auf die klare Haltung bei der Absage des Auftritts von Xavier Naidoo im Westfalenpark 2020 verwiesen. Der Sänger hatte in der Vergangenheit oftmals mit rassistischen und intoleranten Bemerkungen auf sich aufmerksam gemacht.
Bei den Westfalenhallen geht man inhaltlich noch gar nicht auf die Nordstadtblogger-Anfrage zu Ganser ein. Dort heißt es nur: „Aktuell kommt es zu einem erhöhten Anfrage-Aufkommen bei gleichzeitig knapper Personalsituation aufgrund hoher Krankenstände. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, jede Anfrage so bald wie möglich zu bearbeiten. Wir möchten Sie daher um etwas Geduld bitten, damit wir Ihre Nachfrage mit der notwendigen Sorgfalt bearbeiten können“, so Unternehmenssprecher Robin Uhlenbruch. (UPDATE: Es gibt mittlerweile eine Stellungnahme – sie steht am Ende des Artikels)
Klartext redet hingegen der Aufsichtsratschef der Westfalenhallen, CDU-Politiker Uwe Waßmann: „Als Aufsichtsratsvorsitzender der Westfalenhallen Unternehmensgruppe GmbH bin ich sehr unglücklich und unzufrieden damit, dass einem Antisemiten und Verschwörungstheoretiker in Dortmund eine Bühne gegeben wird. Die Westfalenhallen sind als städtisches Tochterunternehmen auch den Zielen der Stadt verpflichtet, wenn es um dem Kampf gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus und anderen Formen des Extremismus oder Rassismus geht.“
Waßmann sieht Nachholbedarf bei den städtischen Töchtern
Waßmann hatte sich mit seiner Fraktion noch in der letzten Ratssitzung für eine Erweiterung des Aktionsplans gegen Rechtsextremismus um den Baustein Antisemitismus stark gemacht. Außerdem hatte seine Fraktion erst vor wenigen Tagen eine Veranstaltung der „Grauen Wölfe“ in einer privaten Halle kritisiert und eine stärkere Sensibilisierung von privaten Vermieter:innen eingefordert. Nun fährt ihm die „eigene“ Westfalenhalle in die Parade.
„Hier muss aus meiner Sicht deutlich daran gearbeitet werden, dass die Ziele der Stadt, die durch den Rat der Stadt und in Zusammenarbeit mit zahlreichen zivilgesellschaftlichen Gruppen erarbeitet wurden und aktuell auch fortgeschrieben werden, in den städtischen Tochterunternehmen beachtet und gelebt werden“, so Uwe Waßmann auf Nachfrage von Nordstadtblogger.
„Es scheint nötig, dass noch stärker in das Unternehmen hinein sensibilisiert wird, wenn es um derartige Anfragen am Veranstaltungsort Dortmund geht. Ziel muss es sein, dass die formulierten Ziele der Stadt auch ins Bewusstsein der Beschäftigten der Tochterunternehmen gelangt. Der Aufsichtsrat wird sich in seiner nächsten Sitzung mit diesem Thema befassen“, so der CDU-Politiker.
Die Grünen fordern die Absage der Veranstaltung und Aufklärung
„Daniele Ganser zählt zu den aktivsten Akteuren der verschwörungsideologischen Szene im deutschsprachigen Raum. Er kooperiert mit einschlägigen rechten Magazinen und Formaten wie Russia Today oder KenFM. Seine Verbindungen reichen bis zum Magazin Compact, das vom Bundesamt für Verfassungsschutz seit Dezember 2021 als ,gesichert rechtsextremistisch’ eingestuft wird. Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund stuft Äußerungen von Ganser als antisemitisch ein“, betont die Grünen-Fraktion.
„Vor diesem Hintergrund sind wir fassungslos, dass die städtische Tochter Westfalenhalle Räumlichkeiten für eine Veranstaltung mit Ganser zur Verfügung stellt. Das ist umso unverständlicher, da das nach unseren Informationen nicht das erste Mal ist. Schon vor zwei Jahren hat die Westfalenhalle anscheinend versucht, vor dem genannten Hintergrund aus einem Vertrag mit Ganser herauszukommen. Wir wollen geklärt haben, wie und warum der erneute Vertrag zustande gekommen ist“, betonen Ingrid Reuter und Christoph Neumann auf Nachfrage von Nordstadtblogger.
In einem demokratischen Staat, in dem die Meinungsfreiheit ein hohes Gut sei, gelte es jedoch auch, die demokratischen Räume zu schützen und zu verteidigen. Die letzten Jahre hätten gezeigt, wie Verschwörungsideolog:innen mit ihrer demokratiefeindlichen Propaganda versucht hätten, den öffentlichen Diskurs zu bestimmen. „Sie verfolgen damit nur ein Ziel: Die Gesellschaft zu spalten, um schlussendlich die Demokratie zu zerstören. Das lassen wir nicht zu“, so die Grünen.
„Der Rat der Stadt hat sich in der Vergangenheit mehrfach klar gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus und rechtes Gedankengut positioniert. Deshalb werden wir sowohl im Rat als auch im Aufsichtsrat der städtischen Westfalenhalle den Vorgang thematisieren mit der klaren Zielsetzung, dass die Westfallenhalle den Vertrag für die Veranstaltung mit Daniele Ganser kündigt“, heißt es weiter.
Auch die SPD will die Veranstaltung in Dortmund nicht haben
„Die SPD-Ratsfraktion setzt sich seit jeher gegen jede Form von Extremismus ein und dafür, dass keinem, der unsere Gesellschaft spalten möchte, Zeit und Raum in unserer Stadt eingeräumt wird. Die Veranstaltung von Herrn Ganser tut Dortmund nicht gut und wir wollen sie hier nicht haben“, betont die SPD-Fraktionsvorsitzende Carla Neumann-Lieven.
„Daher werden wir auch nochmal gemeinsam mit Verwaltung, städtischen Unternehmen und Polizei überlegen, wie solche Veranstaltungen unterbunden werden können. Wir müssen uns dort auf ein einheitliches Vorgehen einigen“, so die SPD-Fraktionschefin.
„Auch die Dortmunderinnen und Dortmunder wollen Herrn Ganser und seine kruden Ideen nicht in ihrer Stadt und werden ihn das mit westfälischer Unaufgeregtheit und Ignoranz spüren lassen“, so Carla-Neumann-Lieven.
„Man gibt Rechtsradikalen und Faschisten keine Bühne“
„Es ist im Grunde ganz einfach, egal ob AfD, Graue Wölfe oder Verschwörungsideologen, man gibt Rechtsradikalen und Faschisten keine Bühne, man verschafft ihnen keine Reichweite“, betont Olaf Schlösser, Vorsitzender der Fraktion „Die Fraktion“ von der Partei „Die Partei“ im Rat der Stadt Dortmund.
„Es mag sein, dass die Fredenbaumhallen als Privatunternehmen keine Compliance diesbezüglich haben und jeder Depp die Räume anmieten darf, von den Westfalenhallen als städtisches Tochterunternehmen erwarte ich aber mehr. Oder vielleicht auch doch nicht, immerhin haben sie mit der bald stattfindenden Messe ,Jagd & Hund’ eine Veranstaltung, wo Waffen und das Töten von Giraffen, Eisbären und Co. vermarktet werden“, so Schlösser weiter.
„Zumindest mit der Resolution gegen Antisemitismus könnte die Stadt, bzw. der Rat, einen Hebel haben, um diese unsägliche Veranstaltung vielleicht doch noch zu verhindern“, betont der Kommunalpolitiker.
Keine Räume für Verbreiter von antisemitischen Thesen und Verschwörungstheorien
Damit ist „Die Partei“ ausnahmsweise auch auf einer Wellenlänge mit der CDU: „Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Dortmund zeigt sich irritiert darüber, dass die Westfalenhallen Unternehmensgruppe GmbH als städtisches Tochterunternehmen einem Verbreiter von antisemitischen Thesen und Verschwörungstheorien ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Als Ratsfraktion stellen wir uns unmissverständlich gegen jegliche Form des Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus“, betont die CDU auf Nachfrage von Nordstadtblogger.
„Das klare Zeichen muss sein, dass es hierfür keinen Platz in Dortmund gibt und geben darf.“ Entsprechende politische Beschlüsse habe die CDU-Fraktion im Rat immer mitgetragen. Noch in der vergangenen Ratssitzung sei der Aktionsplan gegen Rechtsextremismus auf Antrag der CDU-Fraktion ausdrücklich um das Themenfeld Antisemitismus ergänzt worden.
„Diese klare und unmissverständliche Haltung gilt aus Sicht der CDU auch für die städtischen Tochtergesellschaften. Die auf Vorschlag der CDU-Fraktion gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Westfalenhallen werden die Thematik im Rahmen der nächsten Aufsichtsratssitzung ansprechen und sich für einen sensibleren Umgang im Unternehmen einsetzen.“
UPDATE (21.01.2023/8.30 Uhr):
Statement der Westfalenhalle GmbH zur Veranstaltung am 27. März 2023:
„Eine Veranstaltung mit Dr. Daniele Ganser hat zuletzt in 2021 in den Westfalenhallen stattgefunden und verlief ohne Zwischenfälle. Veranstalter des Termins „Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?“ am 27.03.2023 mit Dr. Daniele Ganser ist die NEMA Entertainment GmbH. Diese ist für die inhaltliche Ausrichtung verantwortlich.
Die Westfalenhalle GmbH, die mit ihren Räumlichkeiten als Veranstaltungsort fungiert, hat die Terminanfrage der üblichen gründlichen Überprüfung unterzogen. Der Vertrag wurde anschließend mit dem Veranstalter geschlossen, welcher das Stattfinden des Termins für März 2023 planungsgemäß vorsieht. Dennoch werden wir die Veranstaltung intensiv beobachten wie auch zuletzt vor zwei Jahren. Sollten hierbei Auffälligkeiten registriert werden, behält sich die Westfalenhalle GmbH vor, künftig entsprechend darauf zu reagieren.“
UPDATE (24.01.2023/ 19 Uhr):
Mittlerweile hat uns auch die (noch fehlende) Stellungnahme von
Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion „Die Linke+“, erreicht:
„Wir haben als Fraktion DIE LINKE+ erhebliche Bauchschmerzen mit dem Auftritt von Herrn Ganser in Dortmund. Meine bisherige Recherche zu Herrn Ganser sagt aus, dass das Thema Antisemitismus der Kern des Problems sein dürfte. So sind Vergleiche zwischen dem dritten Reich und der Impfpflicht sicherlich als Relativierung des Holocausts zu sehen. Ähnliche Bezüge hat er beim 9/11 hergestellt und hier eine Mossad/CIA Beteiligung in den Raum gestellt. Antisemitismus ist für DIE LINKE+ ein absolutes No-Go.
Hier hat die Westhallen GmbH wieder einmal fehlendes Fingerspitzengefühl gezeigt, wenn es darum geht ethisch fragwürdige Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Uns wäre es lieber gewesen, diese Veranstaltung gar nicht erst anzunehmen, als dass dann eine politische Debatte und damit eine Erhöhung einer Person zu erzeugen, die diese starke mediale Präsenz gar nicht verdient – hier besteht auch die Gefahr einen ungewollten Beitrag als Werbeplattform für die Bücher von Herrn Ganser zu leisten. Das ist auch der Grund für eine entsprechende Zurückhaltung unsererseits, als es darum ging diese Debatte loszutreten.
Hinsichtlich der Westfalenhalle sei an diese Stelle nur an die Bundeswehrauftritte im Rahmen einer Jugendmesse erinnert, an die gegenwärtig stattfindende Messe Jagd&Hund, bei denen auch Jagdreisen zur Erbeutung von Trophäen seltener Tierarten angeboten werden oder an die regelmäßig stattfindene Messe Intertabak. Das sind alles keine kommunen Aufgaben und fragwürdige Veranstaltungen.“
UPDATE (27.01.2023/ 12 Uhr):
Heiner Garbe, Vorsitzender AfD-Ratsfraktion Dortmund:
„Die Veranstaltung von Dr. Daniele Ganser „Warum ist der Krieg in der Ukraine ausgebrochen?“ am 27. März in der Westfalenhalle ist ein in einer pluralistischen Demokratie normales Veranstaltungsangebot. Der Versuch der Fraktionen der Grünen, der CDU und der SPD, der Westfalenhalle die Veranstaltung unter Berufung auf lokale „Experten“ diverser Polit-Netzwerke zu verhindern, zeugt von einem eklatanten Mangel an Demokratieverständnis.
Es zeugt auch davon, dass die vielen gut bezahlten Vertreter der Altparteien im Aufsichtsrat der Westfalenhalle dort fehl am Platz sind, weil sie auch die ökonomischen Interessen der in einem starken Wettbewerb stehenden Halle nicht vertreten. Die Westfalenhalle wird mit erheblichen Kapitalzuführungen aus dem Stadt-Etat am Leben gehalten. Warum will man ihr nur Einnahmen wegnehmen, die man letztlich über Eigenkapitalzuführungen am Ende wieder selbst nachschießen muss?
Die AfD-Fraktion steht hinter der Veranstaltung und wird sie in voller Fraktionsstärke natürlich auch besuchen, um sich selbst ein Bild von dem Vortragsereignis zu machen, das offenbar überall sehr viele Menschen anzieht. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind ein hohes demokratisches Gut, das es gerade hier in Dortmund immer wieder zu verteidigen gilt.
Insofern geht es uns hier weniger um die Einzelveranstaltung selbst als um eine Grundsatzhaltung zu einer geplanten undemokratischen politischen Säuberungsaktion. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang den Auftritt des Sängers Xavier Naidoo in Dortmund, den der damalige OB Sierau (SPD) verhinderte.“
Reaktionen
Thomas
Guten Morgen,
ja, man soll Radikalen oder Antisemiten keine Bühne geben.
Die Frage ist nur, warum das passiert ist ? Und warum es 2021 eine ähnliche Diskussion nicht gab ?
Und dieses gibt ganz besonders den „Fassungslos empörten“ sowie den Vorsitzenden des Aufsichtsrates. Diese haben nämlich gepennt; und in meinen Augen wollen sie ein Stück weit mit den Klartext davon ablenken.
Ich hoffe, das die Stadt dennoch eine klare Position finden wird, ohne das wieder ein eine unsägliche Diskussion gibt, welche von den Parteien wieder die bessere ist.
Denn das nervt mich einfach nur noch.
Anderer
Gehen Sie nur hin. Da könnten Sie vlt. ihren Horizont erweitern. Es gibt zum Glück noch Dinge und Stimmen ausserhalb der Cancel culture, olivgrüner Kriegstreiberei, Banderaverharmlosung und Antideutschen Parolen, denen bei Ihnen Raum und Zeit geboten wird.
Sie kämpfen doch für Meinungsfreiheit, Pluralität und gegen Unterdrückung Andersdenkender, nicht wahr?
MfG
Cornelia Wimmer
Ich ärgere mich über Ihre suggestiv-diffamierende Sprache:
Ist es so? Ist Ganser rechtsradikal? Ist er antisemitisch? Können Sie es belegen? Sie MÜSSEN es nicht belegen, denn SIE haben es nicht behauptet??? Weil Sie sich geschickt im man-sagt-dass-Modus bewegen: „Scharfe Kritik… gilt als…. werden Rufe laut…fassungslos…krude Ideen…unsägliche Veranstaltung…“ Assoziativ werden Xavier Naidoo und die Grauen Wölfe ins Gespräch gebracht: Irgendwie gehört der Typ wohl auch in diese Kategorie….
Ich habe Ganser gelesen und verschiedentlich Videos mit ihm gesehen. – Nicht alle, natürlich nicht. In dem, was ich zur Kenntnis genommen habe, kam mit Sicherheit kein rechtsradikaler Gedanke und ebenso sicher keine antisemitische Äußerung vor.
Ich lese und sehe, wie gesagt, Ganser nur sporadisch, finde einige seiner Darlegungen gelungen und teile andere nicht. Aber stimmt deshalb all das, was Sie eingangs so geschickt in indirekter Rede in den Artikel einfließen lassen?
Hehre Gedanken vom Schutz der Meinungsfreiheit und dem Bewahren des demokratischen Spektrums werden geäußert.
Dazu gehört zuallererst, dass man nicht diffamiert.
Vielleicht gehe ich ganz einfach hin und höre mir seinen Vortrag an (und finde mich anschließend kontaktschuld-geschädigt: „Geht zu einem Vortrag von Ganser!!! Untragbar!“) Vielleicht sollte auch der NB jemanden hinschicken. Vielleicht – vielleicht! – müssen Sie Ihre Einschätzung korrigieren?
Es gibt Städte, die haben die Kühnheit, zu gucken, wer das ist und was er sagt:
„Einer sorgfältigen Analyse geben wir den Vorzug vor einer vorschnellen Prüfung, zumal der Vortrag erst im Mai geplant ist“, teilt der Sprecher (…) mit. Schließlich gebe es Städte, die die Vorträge zugelassen hätten. Die Meinungsfreiheit sei aus Sicht der Verwaltung ein hohes Gut, „grundsätzlich werden jedoch weder Verunglimpfungen und schon gar nicht Antisemitismus in der Stadt eine Bühne bekommen“, verlautet aus Leinfelden. Ein vernünftiger Standpunkt.
Siggi Kowertz
Kann dem nur voll umfänglich zustimmen!
Solvis
Ganser-Vorträge gibt es zuhauf im Netz.
Da kann sich jeder seine Meinung bilden, und dann zu ihm hingehen oder fernbleiben.
Dr. Ganser wird zu keiner radikalen Aktion aufrufen; er erzählt Geopolitik anhand von
belegten Fakten und weißt auf Zusammenhänge hin.
Dieses Hintergrundwissen liefert heute keine Zeitung und keine Politsendung mehr.
Dr. Ganser freut sich sicherlich über den Streisand-Effekt, der ihm durch
diese engstirnigen Parteigranden beschert wird.
Der Meinungsdiskurs hat sich mindestens seit Corona sehr verengt.
Andersdenkende werden dämonisiert.
Was spricht dagegen, sich andere Gedanken anzuhören – ich muß sie ja nicht übernehmen.
Von den vorgetragen Fakten zur Weltmacht USA ist er konform mit Dr. Michael Lüders –
wird der jetzt auch „verboten“?
Glaube wenig – hinterfrage alles – denke selbst!
Stellungnahme der CDU-Fraktion zur geplanten Veranstaltung von Dr. Ganser in den Dortmunder Westfalenhallen (PM)
Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Dortmund zeigt sich irritiert darüber, dass die Westfalenhallen Unternehmensgruppe GmbH als städtisches Tochterunternehmen einem Verbreiter von antisemitischen Thesen und Verschwörungstheorien ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Als Ratsfraktion stellen wir uns unmissverständlich gegen jegliche Form des Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus. Das klare Zeichen muss sein, dass es hierfür keinen Platz in Dortmund gibt und geben darf. Entsprechende politische Beschlüsse hat die CDU-Fraktion im Rat immer mitgetragen.
Noch in der vergangenen Ratssitzung ist der Aktionsplan gegen Rechtsextremismus auf Antrag der CDU-Fraktion ausdrücklich um das Themenfeld Antisemitismus ergänzt worden. Diese klare und unmissverständliche Haltung der Ratspolitik gilt nach Auffassung der CDU auch für die städtischen Tochtergesellschaften. Dementsprechend muss das Ziel konsequenterweise sein, dass die Veranstaltung nicht stattfindet.
Hierzu der stellv. CDU-Fraktionsvorsitzende und Aufsichtsratsvorsitzende der Westfalenhallen Uwe Waßmann: „Hierzu ist auch die Möglichkeit einer Gesellschafteranweisung seitens der Stadt Dortmund als Alleingesellschafterin gegenüber der Geschäftsführung der Westfalenhallen in Betracht zu ziehen.
Gleichzeitig wird die CDU-Fraktion das städtische Rechtsamt um eine juristische Bewertung des Sachverhalts zur nächsten Sitzung des zuständigen Fachausschusses bitten. Des Weiteren werden die CDU-Fraktion und weitere Fraktionen den Vorgang im Rahmen der Ratssitzung am 9. Februar thematisieren.
Die auf Vorschlag der CDU-Fraktion gewählten Aufsichtsratsmitglieder der Westfalenhallen werden die Thematik außerdem im Rahmen der nächsten Aufsichtsratssitzung ansprechen und sich für einen sensibleren Umgang mit solchen Veranstaltungsanfragen im Unternehmen einsetzen.“
Cornelia Wimmer
Liebe CDU,
möchten Sie bitte IRGENDWIE belegen, dass Ganser antisemitisch argumentiert? – In dem Fall würde ich Ihre Stellungnahme unbedingt teilen. – Ich bin mir nur sicher, diesen Beleg gibt es nicht. – Von daher ist Ihre Erklärung zwar im Prinzip völlig in Ordnung, nur im vorliegenden Fall einfach fehl am Platze und suggeriert Eingreifsbedarf, wo keiner ist.
Wie gesagt, ich lasse mich gerne belehren.
Ulrich Sander, Dortmund
Es mag Gründe geben, jenen Herrn abzulehnen, der da in der Westfalenhalle reden will. Es ist auffällig und bestürzend, dass nur Äußerungen über den Ukrainekrieg als Beleg für die Ablehnung herangezogen werden. Kritik an dem Kiewer Regime ist also verboten? Es hat den verfassungswidrigen Regimewechsel 2014 in der Ukraine nicht gegeben? Ich weiß nicht, was Dortmunder Zeitungen damals berichteten, aber schon am 25. Februar 2014 durfte in der Süddeutschen Zeitung eine Lilia Shevtsova vom „Carnegie Endowment for international Peace“ ganz eindeutig den „Regimechange“ in Russland verlangen, nachdem ein solcher mit Milliarden US-Dollar und EU- wie NATO-Druck in Kiew gelungen war. „Man müsste im Auge behalten, dass ähnliche Umwälzungen auch in anderen Ländern möglich sind. Für den Kreml ist es eine Existenzfrage. Denn jede Revolution in einem ‚Brudervolk‘ kann in der russischen Gesellschaft den Wunsch wecken, diesem Beispiel zu folgen.“ In der Süddt. Ztg, vom 9. Juli 2016 wurde der stellvertretende US-Verteidigungsminister James Townsend zitiert, der einen US-amerikanischen „militärischen Wiederaufbau in Europa“ ankündigt: Abschreckung aber sei „nur wirksam, wenn man auch tatsächlich in der Lage ist, einen Feind zu besiegen“. Die Entwicklung in der Ukraine rechtfertigt sicher nicht den Krieg Russlands gegen sie, aber diese Entwicklung muss dennoch sehr besorgt machen und benannt werden. Dass das Kiewer Regime korrupt ist (wird derzeit sogar von der EU ausgesagt), dass dort Hitlerverehrer verehrt werden und staatlicherseits russische Dichter verboten werden – Puschkin zu verbieten, ist nicht mal den deutschen Nazis eingefallen – alles nicht wahr? Dass Kiew acht Jahre einen Krieg gegen die eigenen Landsleute in der Ostukraine führte, auch nicht?
Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund kritisiert den geplanten Auftritt von Daniele Ganser in den Westfallenhallen Dortmund (PM)
Am 27. März 2023 möchte der Schweizer Historiker Dr. Daniele Ganser in der Westfalenhalle 2 in Dortmund auftreten. In dem angekündigten Vortrag verspricht er eine Antwort auf die Frage, „warum der Ukraine-Krieg ausgebrochen ist“. Das Problem: Ganser, der sich selbst als „Friedensforscher“ ausgibt, gilt seit Jahren als Verschwörungsideologe.
Bekanntheit erlangte er vor allem durch die Verbreitung von „alternativen Interpretationen“ zum islamistischen Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001. Mit vermeintlich kritischen Fragen verfolgt er das Ziel einer Umkehr von Tätern und Opfern, indem er nahelegt, der Anschlag sei von den USA selbst inszeniert worden.
Anhänger*innen von entsprechenden Verschwörungsnarrativen werden auf diese Weise in ihrer Ansicht bekräftigt. Seit 2019 behauptet Ganser zudem offen, dass das World Trade Center 7 gesprengt worden sei – ein bekannter Mythos der kursierenden Verschwörungser- zählungen rund um den 11. September. Grundlegend für Gansers Denken ist, dass hinter fast allen globalen Krisen und Konflikten die USA bzw. eine amerikanisch geführte Allianz zu verorten sei.
So konstatiert der Amerikanist Michael Butter, der zu Verschwörungstheorien forscht: „Ganser behauptet, der Anschlag auf das Satiremagazin ‚Charlie Hebdo’ könnte eine false-flag-Operation westlicher Geheimdienste gewesen sein; er beschuldigt die USA, hinter dem Putsch in der Ukraine zu stecken; und er hat angedeutet, auch der versuchte Putsch in der Türkei könnte von der CIA initiiert worden sein.“1 Diese Deutungen sind gefährlich, nicht nur weil sie offenkundig falsch sind, sondern auch, weil sie Feindbilder schaffen und Ressentiments aktivieren.
Auch in der Corona-Pandemie trat Ganser mit problematischen Aussagen in Erscheinung. In dem Film „Pandamned“ des niederländischen Filmemachers Marijn Poels aus dem Jahr 2022 vergleicht Ganser die von ihm wahrgenommene Trennung von geimpften und ungeimpften Personen mit der Verfolgung von Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus. So behauptet er wörtlich: „Im Dritten Reich Juden und Nazis, da haben die Nazis gesagt, die Juden, das sind Tiere und haben sie vergast. (…) Das heißt, es gab immer lokal in einzelnen Ländern gab es (sic) Wahnsinn, ist ja Wahnsinn. Aber jetzt ist weltweit Wahnsinn. Also das ist neu, dass eigentlich jetzt in der ganzen Welt diese Spaltung zwischen geimpft und ungeimpft ist und dass die zwei Gruppen wie zwei Armeen gegeneinander ziehen.“2
Aussagen wie diese sind eindeutig als antisemitisch und geschichtsrevisionistisch einzustufen, da sie die Shoah relativieren und den mörderischen Antisemitismus des Nationalsozialismus als eine vermeintli- che „Spaltung“ in der Bevölkerung verharmlosen. Der Film selbst verfolgt die bekannte Verschwörungser zählung, dass eine kleine Gruppe von mächtigen Menschen Krisen wie z.B. die Corona-Pandemie initiie- ren, um ihre Ziele umzusetzen. Dies ist nicht nur die gängige Struktur von Verschwörungserzählungen, sondern auch strukturell anschlussfähig für antisemitische Weltbilder, in denen Jüdinnen und Juden als machtvolle und kontrollierende Elite erscheinen.
Dass Ganser solchen Deutungen scheinbar auch selbst anhängt, verdeutlicht seine Unterzeichnung des „Neuen Krefelder Appells“, einem verschwörungsideologischen Dokument aus dem Jahr 2021. 3 In diesem wird u.a. behauptet, dass die „Machthaber“ und „Superreichen“ dieser Welt eine Strategie des „Great Reset” verfolgen.
Die Verschwörungserzählung des „Great Reset“ (zu Deutsch: „großer Neustart“) postuliert, dass die genannten Personenkreise planen, die Menschheit zu reduzieren, um so eine „neue Weltordnung“ zu realisieren. Gesellschaftliche Krisen wie die Corona-Pandemie sollen hierfür ein Vehikel darstellen. Auch diese Erzählung wird immer wieder antisemitisch aufgeladen, indem behauptet wird, dass Jüdinnen und Juden diesen „Reset“ herbeiführen würden. Mit der Unterzeichnung des Dokuments gibt sich Ganser als offener Befürworter solcher Mythen zu erkennen.
Des Weiteren hat Daniele Ganser offenbar auch keine Berührungsängste zum rechtsextremen Milieu: So führte er 2018 ein Gespräch mit dem Neonazi Karl-Heinz Hoffmann, dem Anführer der Anfang der 1980er Jahr verbotenen rechtsterroristischen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ (WSG). Mitglieder der WSG waren für das Attentat auf das Münchener Oktoberfest sowie den antisemitisch motivierten Mord an dem Rabbiner Shlomo Lewin und seiner Frau Frida Poeschke in Erlangen im Jahr 1980 verantwortlich. Moderiert wurde das Gespräch von Jürgen Elsässer, Herausgeber der Zeitschrift „Compact“, welches der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft. 4
Die angeführten Erkenntnisse zeigen, dass es sich bei Daniele Ganser keineswegs um einen harmlosen Redner handelt. Auch wenn er selbst nie mit offenen antisemitischen Aussagen in Erscheinung getreten ist, unterstützt und verbreitet er Theorien, die eine Nähe zu antisemitischen Verschwörungserzählungen aufweisen und bei Personen, die hierfür empfänglich sind, auf fruchtbaren Boden fallen.
Dass Daniel Ganser als Wissenschaftler angekündigt wird, verleiht ihm einem vermeintlich seriösen An- spruch. Er selbst gründete in diesem Sinne das Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER), welches, anders als der Name suggeriert, keine wissenschaftliche Einrichtung ist, sondern nur dazu dient, seine Vorträge und Bücher zu vermarkten. Denn seine Thesen lässt sich Ganser gut entlohnen: Rund 30 Euro sollen Besucher*innen seines Vortrags in der Westfallenhalle für den Eintritt bezahlen.
Was dort zu erwarten ist, dürfte klar sein: Ganser wird die USA und die NATO für den russischen Angriffskrieg verantwortlich machen sowie weitere Verschwörungserzählungen vor einem größeren Publikum ausbreiten. Seine Nähe zu antisemitischen Verschwörungserzählungen sowie rechtsextremen Akteur*innen macht den Vortag umso problematischer.
Auftritte von Ganser in renommierten Veranstaltungsorten wie der Westfalenhalle verleihen seiner verschwörungsideologischen Propaganda den Anstrich, Bestandteil des intellektuellen gesellschaftlichen Diskurses zu sein und tragen zu ihrer Normalisierung bei. Es ist aus diesen Gründen nicht akzeptabel, dass ein „Star“ der verschwörungsideologischen Szene in einer großen Veranstaltungshalle auftritt, deren alleinige Gesellschafterin zudem die Stadt Dortmund ist.
Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund kritisiert entschieden den geplanten Auftritt von Daniele Ganser in Dortmund und fordert die Verantwortlichen auf, die Bekämpfung von Antisemitismus und Verschwörungsideologien ernst zu nehmen und hieraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen!
Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus ist ein Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Organisationen und städtischen Institutionen, der sich 2018 gegründet hat. Ziel des Netzwerks ist es seither, gegen Antisemitismus in Dortmund vorzugehen und durch Prävention und Intervention wirksam zu bekämpfen.
1 Butter, Michael (2019): Die Methode Ganser, online unter: https://www.republik.ch/2019/04/13/die-methode-ganser
2 Rohrmeier, Sophie (2022): Dieses Verschwörungs-Video enthüllt nichts. Faktenfuchs des Bayrischen Rundfunks, online unter: https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/faktenfuchs-dieses-verschwoerungs-video-enthuellt-nichts,T6pbH6C
3. O.V. (2021): Den Kriegstreibern in den Arm fallen. Neuer Krefelder Apell, online unter: https://peaceappeal21.de/
4. Götschenberg, Michael (2021): „Gesichert extremistisch“, online unter: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/compact-magazin-101.html
Cornelia Wimmer
Liebes Netzwerk,
in Ihrer Stellungnahme kommt – zählen Sie ggf. nach – 12 Mal(!) das Wort „Antisemitismus“ bzw. „antisemitisch“ vor. – Ein einziges Mal im entscheidenden Zusammenhang:
„Auch wenn er (Ganser) selbst nie mit offenen antisemitischen Aussagen in Erscheinung getreten ist….“ Vom Rassismus ist gleich gar nicht mehr die Rede.
Ich teile – siehe Kommentar oben – Gansers Ausführungen zu etlichem NICHT. Sie auch nicht. Soweit sind wir uns einig.
Jemand in fast jedem Abschnitt Antisemitismus zu unterstellen und dabei schmallippig einzuräumen, von ihm sei allerdings nichts Antisemitisches gekommen, stellt mindestens üble Nachrede dar.
Von daher kann man zu meinetwegen jedem inhaltlichen Thema Ganser widersprechen – das gehört zum demokratischen Diskurs – der Antisemitismus-Vorwurf ist hier unredlich und kann als Basis, eine Veranstaltung zu verhindern, nicht gelten gelassen werden.
Wahrscheinlich gilt der ganze Aufstand Gansers Thema: Geschichte des Ukraine-Krieges. Ganser ist ein Gegner weiterer Lieferung schwerer Waffen und spricht sich für Verhandlungen aus. – Ob ich hier auch Verschwörungserzählungen tue? Ich fürchte, nein.
Solvis
Das Netzwerk darf den Auftritt kritisieren.
Unbegreiflich ist diese schon zwanghafte Sammlung an Argumenten.
Aber, wer etwas finden will – der braucht nur zu suchen.
Bei uns allen.
Nordstadtblogger-Redaktion
HINWEIS DER REDAKTION
Wir haben die Kommentarfunktion abgeschaltet, weil fast nur noch Beleidigungen kamen. Bei den Kommentaren, die noch Inhalte und Botschaften „loswerden“ bzw. argumentieren wollten, wiederholten sich die Ausführungen. Sie waren weitgehend identisch und teils auch „Copy/Paste“. Aber das sind wir von solchen „konzertierten Aktionen“ schon gewohnt.