Scharfe Kritik an den Plänen von Galeria Karstadt Kaufhof – Stadt Dortmund wirft dem Unternehmen Erpressung vor

Auch der Galeria Kaufhof und das Karstadt-Sport-Haus wurden heute bestreikt.
Mittlerweile stehen alle drei Dortmunder Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof auf der Streichliste.

Seit Tagen bestimmt die angekündigte Schließung aller drei Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof in Dortmund und dutzender weiterer Schließungen bundesweit die Diskussion. Kein gutes Haar lässt Dortmunds OB Ullrich Sierau am Management des Unternehmens und dem österreichischen Investor René Benko. Er wirft ihm Missmanagement, Kommunikationsunfähigkeit, Verantwortungslosigkeit und sogar Erpressungsversuche vor. 

Sierau kritisiert die „Mauer des Schweigens“ bei der Unternehmensführung

Es ist nicht das erste Mal, dass in Dortmund über die Schließung von Standorten von Karstadt bzw. Galeria Kaufhof diskutiert wird. Immer wieder gab es Drohgebilde, zuletzt nach der Fusion der beiden größten deutschen Kaufhausketten. ___STEADY_PAYWALL___

Dortmunds OB Ullrich Sierau rechnet vor, welche Lasten den Kommunen aufgebürdet wurden.
OB Ullrich Sierau. Archivbilder: Alex Völkel

„Immer wieder wurden Schließungen von Niederlassungen in Erwägung gezogen, die aber nachher wie das Hornberger Schießen ausgegangen sind“, erinnerte Sierau an frühere Diskussionen – wohl wissend, dass sich durch Corona die Lage für den Einzelhandel insgesamt verschärft hat. 

Doch die Informationspolitik bzw. eher das Nicht-Informieren der Kommunen bringt den Dortmunder Oberbürgermeister auf die Palme – und wahrscheinlich auch nicht so schnell wieder runter. Denn das Unternehmen hat die betroffenen Kommunen nicht informiert und auch keine Gründe für die Schließung der jeweiligen Häuser genannt. 

Wenn überhaupt, gab es nur sporadische Informationen über die Medien, Betriebsräte oder die Gewerkschaft. Selbst darüber, was die Kriterien für den Erhalt von Standorten sind,  gibt es Stillschweigen – und daher fast auch keine Möglichkeit, durch ein entsprechendes Gegensteuern zum Erhalt beizutragen.

Dortmund hat bereits einen „Runden Tisch“ zum Erhalt der Häuser ins Leben gerufen

Das Karstadt-Stammhaus am Westenhellweg. Foto: Alex Völkel
Dunkle Wolken brauen sich über dem  Karstadt-Stammhaus am Westenhellweg zusammen.

„Wir sind als Kommunen in keiner Weise direkt unterrichtet worden, dass Niederlassungen geschlossen werden sollen. Wir finden es befremdlich und unsäglich“, schimpfte Sierau. Und das, obwohl das Unternehmen beim Fusionsprozess noch betont habe, dass die Unterstützung durch die Kommunen richtig und wichtig für den Erhalt des Unternehmens sei.

Sierau sieht bei Galeria Karstadt Kaufhof eine „Mauer des Schweigens“, die es zu durchbrechen gelte. Das Unternehmen schade sich dadurch: „Das ist nicht nur unhöflich, sondern auch dumm. Es zeigt, dass es Unfähigkeit nicht nur auf Kommunikations- sondern auch auf Kooperationsebene gibt. Wir finden das als Städtegemeinschaft bestürzend, dass sie nicht kooperieren“, sagte Sierau. „Doch wenn man sieht, wie sie mit Beschäftigten umgehen, ist das nicht überraschend.“ 

Die Stadt Dortmund sieht sich nicht nur gesprächsbereit, sondern hat bereits zwei Mal einen Runden Tisch zusammengetrommelt, in dem Cityring, IHK, Handelsverband, DGB, ver.di, die Betriebsräte der drei Dortmunder Standorte mit der Stadt die Möglichkeiten besprechen. Die Eigentümer der Immobilien sitzen (noch) nicht mit am Tisch – doch teilweise gibt es dort bereits Gesprächszusammenhänge. 

OB wertet die Schließungsankündigung als „Erpressungsversuch“ gegen die Vermieter

Zumindest Sierau scheint davon überzeugt, dass sie die eigentlichen Adressaten der angekündigten Schließungen sind. Dortmunds OB geht von einer „versteckten Agenda“ aus, die „bislang nicht offengelegt worden“ sei. Für ihn sind die Schließungsankündigungen vor allem Drohkulissen, um Druck auf die Vermieter*innen der Immobilien auszuüben und die Mietpreise weiter zu drücken. 

Dazu würde auch passen, dass insbesondere die Schließung von Häusern in sogenannten A-Lagen angekündigt wurde. „Es handelt sich durchgängig um Standorte in guten und hoch-frequenten Lagen“, so Sierau. Hier sind die Immobilien im Vergleich besonders teuer. 

Anders ließe sich die Strategie des Unternehmens nicht erklären, insbesondere die Häuser zu schließen, die vergleichsweise hohe Umsätze und Kundenfrequenz haben. „Sollte man diese schließen, würde das den Tode auf Raten für das Gesamtunternehmen bedeuten“, scheint sich Sierau sicher. Mit üblichen Kriterien sei diese Auswahl jedenfalls nicht zu begründen. Sierau – ohnehin ein Freund klarer Worte, sieht darin einen „Erpressungsversuch“. 

Kommunen wollen „strukturiert kämpfen“, sich aber nicht erpressen lassen

Doch die Kommunen würden sich nicht erpressen lassen: Sie würden „strukturiert kämpfen“ – dies sei im Städtetag vorbesprochen. Mitte Juli könnten – sollten sie denn erfolgen – die ersten Kündigungen ausgesprochen werden. Der Kündigungsschutz gelte dann bis Mitte Oktober. „Diese Zeit sollten wir nutzen, um Druck auch gegenüber dem Unternehmen aufzubauen. Denn der Umgang ist unanständig und intransparent.“ 

So sieht heute noch das ehemalige Karstadt-Technikhaus. Foto: Joachim vom Brocke
Die angekündigten Schließungen der drei Standorte wären nicht die ersten bei Karstadt. Das ehemalige Technikhaus ist längst abgerissen. Archivfoto: Joachim vom Brocke

Außerdem sprach Sierau eine Warnung an Hauptinvestor René Benko aus, der „seine Verantwortung nur begrenzt“ wahrnehme.

„Er sollte sich überlegen, wie er künftig auf dem Markt auftritt. Sein Kapital ist Vertrauen. Und das Vertrauen hat er nicht nur erschüttert, sondern geradezu zerstört“, sagte Sierau mit Blick auf mögliche neue Projekte, die der Finanzinvestor vielleicht in nächster Zukunft noch anstreben wolle.

„Wir sind gut aufgestellt und haben keine Scheu, uns auch mit anderen Fragen zu befassen. Eine pure Erpressungslandschaft wird es mit uns nicht geben“, gibt sich Dortmunds Noch-OB kämpferisch. 

Der Verwaltungsvorstand will um den Erhalt aller drei Häuser kämpfen. Sie machen rund ein Sechstel der gesamten Verkaufsfläche in der City aus. Einen entsprechenden Leerstand will man also vermeiden – aber nicht um jeden Preis. Natürlich sei Galeria Karstadt Kaufhof ein wichtiger Frequenzbringer – aber eben nicht der Einzige. 

„Wir wissen, dass der Umsatz durchaus zurückgegangen ist. Das lässt den Schluss zu, dass die Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof nicht mehr die Frequenzbringer für die Innenstadt sind, sondern proportional an Bedeutung verloren haben“, so Sierau. Die Aussage, es sei auch eine City ohne die Häuser denkbar, will er sich aber nicht zu eigen machen. „Wir sollten sie mit in die Zukunft nehmen“ – insbesondere auch mit dem Blick auf die Beschäftigten, aber auch die Kund*innen in Dortmund und der Region.

 

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Reader Comments

  1. Katholische Stadtkirche Dortmund (PM)

    Stellungnahme der Katholischen Stadtkirche Dortmund zur angekündigten Schließung der Warenhäuser Karstadt, Karstadt-Sports und Galeria-Kaufhof in Dortmund

    Mit Bestürzung und Unverständnis haben wir die angekündigte Schließung der drei in Dortmund ansässigen Warenhäuser Karstadt, Karstadt-Sports und Galeria-Kaufhof aufgenommen. Wir sprechen den Beschäftigten unsere volle Solidarität aus und hoffen, dass sich die angekündigten Schließungen abwenden und Entlassungen verhindern lassen.

    Unsere Sorgen sind auch die Sorgen und Nöte der Dortmunderinnen und Dortmunder, vor allem jener, die nun um ihren Arbeitsplatz und ihre Zukunft bangen müssen. Hinzu kommt die noch nicht abzusehende negative Entwicklung, die eine Schließung von gleich drei großen Warenhäusern für das Leben und die Kultur in der Innenstadt haben werden.

    Aus unserer Perspektive ist und bleibt der Mensch „Urheber, Mittelpunkt und Ziel allen Wirtschaftens“ (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et Spes, Nr. 63). Diese menschliche Perspektive können wir in der angekündigten Schließung der drei Häuser nicht erkennen, zumal nachvollziehbare Gründe bislang nicht genannt wurden.

    Als Katholische Kirche in Dortmund setzen wir uns für „gutes Wirtschaften“ ein. Gemeint ist damit ein Unternehmertum, dass an mehr Werten orientiert ist als einzig am Profit. Der gute Ruf der Sozialen Marktwirtschaft bleibt auf wertorientierte Unternehmer angewiesen, die bereitwillig und zupackend auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Gerade das erwarten wir auch von einem Warenhauskonzern. Nicht zuletzt sind die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen eine Pflicht des Unternehmens.

    Besonders in der aktuellen Krise ist es wichtig, dass sich Unternehmen – und viele tun dies – am Gemeinwohl orientieren. Nur so lassen sich die Probleme dieser Gesellschaft lösen: nämlich wenn alle an ihrem Ort, mit ihren Möglichkeiten, ihre Verantwortung wahrnehmen und ihren Beitrag zur Lösung leisten. Nur dann kann eine Gesellschaft aufblühen – nicht, wenn jeder an seinem Ort nur das meiste für sich herausholt.

    Wir appellieren daher an die verantwortlichen Führungskräfte, sich ihrer Verantwortung für Dortmund und die hier lebenden und arbeitenden Menschen bewusst zu sein und danach zu handeln. Gemeinsam mit allen Beteiligen und Betroffenen sollten Lösungen entwickelt werden, die das Gemeinwohl für Dortmund im Blick haben.

    Für die Katholische Stadtkirche Dortmund

    Propst Andreas Coersmeier (Stadtdechant) – Elisabeth Beschorner (Dekanatsreferentin) – Michael Vogt (stellv. Stadtdechant)

  2. Gerda Horitzky

    Die Schuldzuweisung an die Eigentümer von Karstadt/Kaufhof, dass diese
    die Schließung nur vorschieben, um Mietminderung zu erreichen, ist ja
    wohl zu kurz gegriffen.

    Erstens ist die Strategie, wenn sie denn so sein soll, gut zu verstehen
    und zweitens wäre es in dieser schlimmen Zeit vom Eigentümer der
    Immobilie zu erwarten gewesen, dass dieser zu Gesprächen mit
    Karstadt/Kaufhof bereit gewesen wäre.

    Es müssen schließlich alle zusammenhalten.

  3. DGB Mitgliedsgewerkschaften fordern den Erhalt aller Karstadt und Kaufhof Stadtorte in Dortmund

    DGB Mitgliedsgewerkschaften fordern den Erhalt aller Karstadt und Kaufhof Stadtorte in Dortmund

    In seiner heutigen Sitzung verurteilte der DGB-Stadtverband Dortmund die geplante Schließung der Galeria Karstadt Kaufhof und Karstadt Sports Filialen in Dortmund aufs Schärfste. Mit der Schließung wäre der Verlust von über 350 Arbeitsplätzen verbunden. Der DGB sieht sich an der Seite der Mitarbeiter*innen und spricht den Beschäftigten seine volle Solidarität aus.

    Galeria Karstadt Kaufhof und Karstadt Sports leben von der Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter*innen Die Beschäftigten haben in der Vergangenheit durch Lohnverzicht und Stellenabbau immer wieder Opfer gebracht, um die Warenhäuser am Leben zu halten. Sie haben mit Ihrer Arbeit maßgeblich dazu beigetragen, dass die Dortmunder Häuser immer zu den umsatzstärksten Standorten innerhalb des gesamten Konzerns gehörten. Besonders verwerflich wäre es, wenn über diese Ankündigung weiter Druck auf die Beschäftigten ausgeübt werden soll, um Personalkosten zu drücken.

    Das Management ist bis heute ein nachhaltiges und zukunftsgewandtes Sanierungskonzept schuldig geblieben. Es sucht den einfachsten Weg: das Schließen von Filialen und den Abbau von Arbeitsplätzen anstatt in neue Handels- und Produktkonzepte zu investieren. Für das Warenhaus der Zukunft braucht es Experimentierfreudigkeit, Mut und vor allem die Erfahrung der beschäftigten Kolleginnen und Kollegen. Wer die Zukunft gestalten will muss sich den Herausforderungen stellen und diese aber auch sozial und demokratisch gestalten. Dies gilt gerade in Unternehmen, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Von daher sind die Eigentümer gefordert, auch mit Blick auf die Digitalisierung der Branche, Konzepte zu entwickeln und breit angelegte Qualifizierungsmöglichkeiten zu schaffen, um die Beschäftigten in umfassendem Maße mitzunehmen und deren Arbeitsplätze auch in Zukunft zu erhalten.

    Der Dortmunder DGB fordert endlich einen soliden Sanierungsplan aufzustellen, bei dem die Beschäftigungssicherung im Vordergrund steht und Galeria Karstadt Kaufhof sowie Karstadt Sports für Dortmund, aber auch in anderen Städten, zu erhalten.

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