Die Politik steht vor dem zweiten Teil der Bäderdebatte für die Nordstadt: Der Beschluss, das denkmalgeschützte Freibad Stockheide im Hoeschpark zu sanieren, war auch die Vorentscheidung gegen den Neubau eines kombinierten Hallen- und Freibads für die Nordstadt. Nun müssen Entscheidungen zur Zukunft des Nordbads getroffen werden, denn das Hallenbad ist stark sanierungsbedürftig. Insbesondere die Schäden am Betonträgerwerk sind so erheblich, dass ein Ingenieurbüro alle drei Monate die Bausubstanz prüft, um das Bad bis zur nächsten Prüfung wieder freigeben zu können. Die Frage ist nun, unter welchen Rahmenbedingungen eine Sanierung möglich wäre – oder ob ein Neubau vorteilhafter wäre.
Investitionen von mindestens 27 Millionen Euro netto sind nötig
Der Rat wird in seiner Dezember-Sitzung den Grundsatzbeschluss für die Vorbereitung einer Sanierung des Bades oder für einen Neubau an einem anderen Standort fassen. Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt des Ergebnisses der Haushaltsberatungen.
Die Politik hat die Verwaltung vor einem Jahr beauftragt, ein Sanierungsgutachten auf den Weg zu bringen. Parallel befasste sich eine Machbarkeitsstudie mit verschiedenen Flächen im Stadtbezirk Innenstadt-Nord, die für einen möglichen Neubau des Bades als Alternative zu einer Sanierung in Frage kommen könnten. Dazu zählen auch Flächen am Naturmuseum und der Sportplatz Lindenhorster Straße. ___STEADY_PAYWALL___
Die Ergebnisse dieser gutachterlichen Betrachtungen liegen jetzt vor. Sie dienen dem Rat nach den Beratungen in verschiedenen Ausschüssen und der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord als Grundlage für eine Richtungsentscheidung „Sanierung oder Neubau“ – wobei ein Neubau nach jetzigem Stand mindestens sieben Millionen Euro günstiger wäre.
Ein Neubau würde rund 24 Millionen Euro netto kosten
Ein Neubau wird nach der aktuellen Kostenschätzung rund 24 Millionen Euro netto kosten. Dazu kämen noch Kosten von rund 1,23 Millionen Euro netto für die mittelfristig notwendige Herstellung der technischen Autarkie des DHK. Sollte es keine Nachnutzung des alten Bades geben, würde der Abriss zusätzlich mindestens 1,5 Millionen Euro netto kosten.
Für einen Neubau müsste zunächst das Planrecht geschaffen werden. Das bedeutet, dass die Fertigstellung zirka zwei bis drei Jahre länger als eine Sanierung dauern könnte. Die Eröffnung könnte 2031 stattfinden.
Der Neubau bietet nach Ansicht der Sportverwaltung den Vorteil, die Wasser- und Nebenflächen des Bades den modernen Ansprüchen der Besucher:innen und der Energieeffizienz anzupassen. Auch die vom Schulverwaltungsamt geforderte Vergrößerung der Wasserflächen durch ein zusätzliches Lehrschwimmbecken wäre leichter zu realisieren. Diese potentielle Erweiterung ist aber noch nicht Bestandteil der aktuellen Kostenschätzung.
Das angrenzende Dietrich-Keuning-Haus könnte nach Schließung des alten Nordbads die frei gewordenen Flächen nutzen. Diese Entscheidung treffen die Kulturbetriebe. Dafür entstünden weitere Kosten.
Eine Sanierung wäre mit vielen Risiken und einer langen Schließung verbunden
Die Kosten für eine Sanierung werden von der Fachverwaltung auf rund 32,74 Millionen Euro netto geschätzt. Die Sanierung könnte bis 2029 abgeschlossen sein. Die Gutachten belegen, wie komplex diese Variante ist. Denn: Das Nordbad ist baulich und technisch mit dem Dietrich-Keuning-Haus (DKH) verbunden.
So ist bei einer Sanierung des Bades zwingend auch das Dach des DKH zu sanieren und dessen technische Autarkie herzustellen. Hinzu kommt, dass sich im näheren Umfeld drei Kitas befinden und das DKH mit dem Nordbad über einer U Bahn-Trasse liegt. Während der Bauphase würde es zu großen Beeinträchtigungen für den Betrieb des DKH und der Kitas kommen.
Trotz der umfassenden fachgutachterlichen Betrachtung gibt es weitere Unwägbarkeiten in Bezug auf Schäden wie zum Beispiel Schadstoffbelastungen. Diese könnten erst im Laufe der Sanierungsarbeiten zu Tage treten. Damit wären weitere Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen verbunden.
Durch die unter dem Nordbad verlaufende U Bahn-Trasse könnten weitere besondere Aufwände in Bezug auf die Statik des Bades notwendig werden. Während der Sanierungsarbeiten gäbe es für den Schul- und Vereinsschwimmsport keine Ersatzwasserflächen im Stadtgebiet. Daher drängte auch die Nordstadt-BV darauf, einen Neubau zu realisieren, bevor das Bad geschlossen wird.
Eine vergleichbar gut geeignete Stelle wie am DKH gibt es nicht
Je nach Entscheidung des Rates für eine der beiden Optionen folgt im nächsten Schritt eine europaweite Ausschreibung über die Planungsleistungen. Über einen Baubeschluss mit einer verbindlichen Kostenberechnung wird der Rat entscheiden, wenn die Ergebnisse aus den Planungen vorliegen.
„Im Beschluss geht es um eine Richtungsentscheidung”, betont die zuständige Dezernentin Birgit Zoerner. Zwar liste die Vorlage auch Vor- und Nachteile von möglichen Neubaustandorten auf, doch eine eingehendere Prüfung der möglichen Standorte gebe es erst, wenn die Politik sich für einen Neubau entschieden habe.
Schwierig ist die Suche nach einer geeigneten Neubaufläche. Alle bislang betrachteten Flächen können die zentrale Lage des jetzigen Nordbads nicht ersetzen. Einen Standort der alle Aspekte – Planrecht, Eigentumsverhältnisse, Erreichbarkeit, Flächengröße – erfüllt, gibt es im Stadtbezirk Innenstadt-Nord nicht.
Nordstadt-BV hatte die Fläche südlich vom DKH ins Gespräch gebracht
In der Auflistung der Standorte gebe es eine ganze Reihe von Flächen, die aber „eher theoretisch“ möglich seien. „Eine tiefergehende Prüfung kann aber noch zu Veränderungen bei der Bewertung führen“, verweist der zuständige Sportdirektor André Knoche auf Flächen, auf die theoretisch ein Neubau von den Grundrissen passe, aber viele Restriktionen oder Nachteile mit sich bringe.
Zu diesen Flächen gehört auch die Fläche südlich vom Keuning-Haus, die mehrfach von der Nordstadt-Politik ins Gespräch gebracht wurde. Sie würde die Zentralität des Standortes sicherstellen und einen Weiterbetrieb des Bades ermöglichen, wenn südlich der Neubau realisiert würde – anders bei einem Abriss und Neubau an bisheriger Stelle.
Die Fläche ist allerdings nur teilweise in Besitz der Stadt. Zudem ist der Platz zwischen Musikschule, Feuerwehr, Arbeitsagentur und Keuning-Haus begrenzt. Ein Neubau würde direkt vor den benachbarten Gebäuden stehen und auch die Wegeverbindungen vom Hauptbahnhof zumindest einschränken oder vielleicht sogar ganz unmöglich machen.
Doch das werde dann im Detail geprüft, wenn sich die Politik für den Neubau und in den Beratungen auch für mögliche Standorte entschieden habe, so Knoche. Zu allen Flächen gebe es ganz viele Fragezeichen – zu allen Flächen stünden in der Vorlage entsprechende Hinweise. „Wenn die Politik es möchte, werden wir auch die theoretisch denkbaren Flächen genauer prüfen“, so Knoche.
HINTERGRUND:
Potenzielle Neubau-Standorte
(Folgende Standorte nennt die Vorlage der Verwaltung – von ihr stammen auch die Einschätzungen)
Standort 1.2 – Uhlandpark
Grundsätzlich möglich, Gründung durch U-Bahn-Trasse erschwert, Aufgabe des Parks.
Standort 1.3 – Skatepark
Grundsätzlich möglich, Gründung durch U-Bahn-Trasse erschwert, Ersatz für Skatepark notwendig, Baumbestand (Allee) kann nicht erhalten werden.
Standort 1.4 – Fläche südlich des Bestandbaus Richtung Agentur für Arbeit
Grundsätzlich möglich, wichtige Nord-Süd-Wegeverbindung sollte erhalten bleiben, Fläche nicht komplett in städtischem Besitz, Gründung durch U-Bahn-Trasse erschwert, Herausforderungen aufgrund der Baulogistik und des engen Baufeldes, Freiraumverbindung wird unterbrochen, Uhlandpark gerät in Insellage.
Standort 2.1 – Zimmerstraße
Für den Fall eines Neubaus empfiehlt Krieger in seiner Machbarkeitsstudie den Standort „Zimmerstraße“. Eine Empfehlung, die von Seiten des Stadtplanungsamtes in keiner Weise mitgetragen wird. Die Studie berücksichtigt keine klimarelevanten Aspekte und ignoriert die Bedeutung dieser Grün- und Spielfläche für das Quartier und den schützenswerten Baumbestand. Eine Ersatzfläche für den Kinderspielplatz steht im Quartier nicht zur Verfügung. Zudem ist diese Fläche aufgrund ihrer Abmessungen für einen 1:1 Neubau eigentlich zu klein – nur der reine Baukörper könnte dort untergebracht werden.
Standorte 3.1 – 3.5 (Naturmuseum)
Die verschiedenen Flächen sind grundsätzlich geeignet, werden aber von der Planungs- und Umweltverwaltung abgelehnt, weil eine wichtige Grünverbindung vom Fredenbaumpark bis zum geplanten „Grünen Ring Westfalenhütte“ unterbrochen würde. Der Landschaftsplan setzt zudem klare Entwicklungsziele (Grünvernetzung). Da bereits nördlich des Naturmuseums der Neubau einer Kita geplant ist, wird eine weitere Bebauung kritisch gesehen.
Standort 4 – Freibad Stockheide/Hoeschpark
Wird aufgrund der Restriktionen (Denkmalschutz, Flächengröße, Erreichbarkeit) als ungeeignet eingestuft.
Standort 5 – Sportplatz Lindenhorster Straße
Grundsätzlich möglich, aufgrund der Flächengröße auch für ein „Bad mit Flächenattraktivierung“ geeignet. Das Kriterium „Erreichbarkeit“ muss noch einmal detailliert geprüft werden.
Standort 6 – Sportplatz Schützenstraße
Grundsätzlich möglich, aufgrund der Flächengröße auch für ein „Bad mit Flächenattraktivierung“ geeignet. Das Kriterium „Erreichbarkeit“ muss noch einmal detailliert geprüft werden. Lage in Nähe zum Klinikum eher ungünstig.
Weitere betrachtete Standorte:
Darüber hinaus hat das Stadtplanungsamt im Nachgang noch drei weitere Flächen betrachtet, die noch nicht Bestandteil der Machbarkeitsstudie waren. Die Flächen werden wie folgt bewertet:
- Kielstraße 26 und Burgtor (zu klein für einen Neubau, keine Stellplätze möglich)
- Fläche Hbf Nord (Das Areal wird zurzeit überplant, auch Gemeinbedarfseinrichtungen sind vorgesehen. Allerdings muss erst die Eigentümerfrage geklärt und das Planverfahren durchgeführt werden. Nach Aussage des Stadtplanungsamtes Verfügbarkeit nicht vor 2034).
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