Das Rathaus ist eine große Baustelle – und die wird (wie berichtet), immer teurer. Die Kosten für die Sanierung des Rathauses belaufen sich auf mittlerweile 47,5 Millionen Euro. Zuvor nicht eingeplante Kosten für Sonderprojekte wie die Ergänzung und Erneuerung der Medientechnik sowie die Vergrößerung des Ratssaales sorgen für eine Ausweitung des Budgets, welches ursprünglich auf 27 Millionen Euro angesetzt war. Die Bauarbeiten haben bereits im November 2020 begonnen. Jetzt gab es eine Möglichkeit, sich die Baustelle mal genauer anzusehen.
Die Nutzung der Büroräume soll ab März 2023 wieder möglich sein
Die Baustelle des rund 12.000 Quadratmeter großen Gebäudes erstreckt sich vom Keller bis zur oberen Glaskuppel des Rathauses. Dort ereignete sich beim Starkregen im vergangenen Sommer ein folgenschwerer Fehler. Aufgrund eines durch mangelhafte Montage entstandenen Defekts erfolgte ein massiver Wassereinbruch, der zu millionenschweren Schäden und einer Verzögerung der Fertigstellung von einem halben Jahr führte.
Eine wichtige Herausforderung bei der Sanierung: Alle Installationen – Wasser, Strom, Heizung und Klimatechnik – werden auf den heutigen Stand der Technik gebracht. Das gilt auch für die Büroräume: Diese werden dann ab März 2023 mit WLAN und neuster Technik ausgestattet sein. Insgesamt werden rund 120 Kilometer Leitungen neu verlegt.
Auch wenn im März 2023 die Büroräume in der zweiten bis vierten Etage fertig sein sollten, werden die Beschäftigten sich weiterhin auf umfangreiche Bauarbeiten einstellen müssen. Denn die Arbeiten im Erdgeschoss sowie auf der Ratssaal-Ebene werden noch bis zum Jahresende 2023 laufen. Daher bleibt das Rathaus vorerst noch eine Baustelle.
Ein gravierender Wasserschaden verursachte massive Verzögerungen
Ein Grund für die Verzögerungen war der gravierende Wasserschaden: Am 26. und 27. Juni 2021 wurde durch einen Fehler der Bauarbeiter die Ableitung des Regenwassers unterbrochen. Große Mengen Wasser ergossen sich in das Gebäude. Das Wasser floss durch alle Etagen.
„Baulich ein kleiner Fehler, aber mit großen Auswirkungen“, kommentierte Thorsten Glorik, Projektleiter bei der städtischen Immobilienwirtschaft den folgenschweren Fehler, den er als „grobe Fahrlässigkeit“ bewertet.
Damit stand fest: Der ohnehin enge Zeitplan war nicht mehr zu halten. Denn durch das Wasser wurden teils auch bereits vollendete Arbeiten wie Gipskartonwände, große Bereiche der Bodenbeläge – darunter auch der Parkettboden im Bereich des Ratssaales – sowie auch der Estrich beschädigt und Arbeiten verzögert.
Insgesamt sorgt der Wasserschaden für eine Fristenverschiebung von einem halben Jahr. Doch das ist nicht der einzige Grund für die zeitliche Verschleppung.
Ratssaal soll nachträglich erweitert werden – moderne Technik für die Säle
Eine weitere Ursache für die Verzögerung ist hausgemacht. Denn im Ratssaal sowie den großen Sitzungssälen sollen nachträglich noch teure Ergänzungen vorgenommen werden. Am 22. September wird der Stadtrat bei seiner Sitzung im Ausweichquartier in der Westfalenhalle 2 über die Neugestaltung des Ratssaals und der Medientechnik. entscheiden.
„Ein zeitgemäßer Umbau des Ratssaals und eine technische Ausstattung, die den aktuellen Anforderungen gerecht wird, sind Sonderprojekte, über deren Umsetzung der Rat der Stadt am 22. September entscheidet“, hieß es dazu im Verwaltungsvorstand. Das Budget für die Sanierung des Rathauses erhöht sich um weitere 2,62 Millionen Euro von 39,07 Millionen auf 41,69 Millionen Euro. Hinzu kommen 5,82 Millionen Euro für die erforderliche Medientechnik.
„Die gesellschaftspolitischen Veränderungen in den letzten Jahren haben auch Auswirkungen auf die Strukturen und die Zusammensetzung des Rates der Stadt Dortmund. Zum Beispiel durch eine größere Zahl von Fraktionen. Auch die Anforderungen an die Kommunikation (u.a. Livestreaming) haben sich verändert“, begründet die Stadt Dortmund.
Der neue Ratssaal soll Barrierefreiheit und Transparenz ermöglichen
„Das war beim ersten Beschluss zur Sanierung des Rathauses nicht absehbar“, heißt es weiter in der Begründung – das ist aber in Teilen falsch. Denn schon seit der Kommunalwahl 2014 gibt es Diskussionen darüber, dass die Aufteilung der Bestuhlung und die statische Anordnung der Tische nicht mehr der Zahl der Fraktionen und der Ratsmitglieder gerecht werde.
Geplant sind eine komplette Erneuerung der Möblierung, sich drehende und automatisch nach vorne schiebende Stühle als auch eine Glaswand mit Presse- und Zuschauerplätzen.
„Die Glaswand sorgt für Transparenz“, betont Andreas Grosse-Holz, Fachbereichsleiter der Städtischen Immobilienwirtschaft, beim Rundgang. Insgesamt würde sich der Ratssaal zwar nur um 20 Quadratmeter vergrößern, jedoch könnte ein eingebautes Schienensystem mit vier Reihen für mehr Platz sorgen. Dazu sind rausnehmbare Bodenplatten notwendig, welche die Anpassung an die entsprechende Fraktionsgröße ermöglichen.
Zu Beginn müsse aber eine ganzheitliche Erneuerung erfolgen, weshalb der Ratsaal in den Rohbauzustand versetzt werden muss. Auch die Barrierefreiheit des Plenums wird berücksichtigt. So sind künftig alle Plätze ohne Stufen zu erreichen. Trotz den ganzen Veränderungen, soll die Optik erhalten bleiben.
An ökologische Aspekte wird auch ganz oben gedacht
Auf den ersten Blick unverändert, aber dennoch völlig anders wird es im Dachbereich. Die energetischen Fenster als auch die Begrünung der Dächer sollen den ökologischen Standards gerecht werden. Dazu zählen auch Grünflächen, die nach der Sanierung auf den Dächern angelegt werden. „Die Grünflächen sind pflegeleicht und in der heutigen Praxis üblich“, erklärt Thorsten Glorik.
„Gründächer haben einen kühlenden Effekt für das Gebäude, außerdem nehmen sie Wasser auf und geben es verzögert wieder an die Umgebung ab“, so Glorik. Die Fläche beläuft sich insgesamt auf 1900 Quadratmeter und dient sowohl der Regenwasserrückhaltung aber auch der verbesserten Wärmedämmung und dem Schallschutz des Gebäudes.
Auch die Erneuerung der Fenster durch eine Alu-Glas-Konstruktion mit einer Dreifach-Verglasung, trägt zu der höheren Energieeffizienz des Gebäudes bei. Der Wärmedurchgangskoeffizient wird so geringer, erklärt Andreas Grosse-Holz. Doch der Dachaufbau bleibt: „Wann immer es sinnvoll ist, erhalten wir die vorhandene Bausubstanz.“
Sanierung wurde durch gravierende Sicherheitsmängel initiiert
Ein weiterer Grund für den Umbau liegt in der Sicherheit: Vor dem Umbau wurde das Rathaus weder vollständig behindertengerecht noch wurden die heutigen Sicherheitsansprüche erfüllt.
Das Gebäude, bestehend aus vier Etagen, rund 80 Büros und weiteren Besprechungs- und Konferenzräumen, wird, um die Barrierefreiheit gewährleisten zu können, Schutzräume für behinderte Personen bekommen.
In diesen sind gehbehinderte Personen für bis zu 90 Minuten sicher, wenn die Nutzung des Aufzugs im Falle eines Brandes nicht möglich ist. Die Feuerwehr kann die Schutzräume dann über Außentreppen erreichen.
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SPD-Ratsfraktion besucht die Baustelle Rathaus (PM)
Bei einem Besuch der Rathausbaustelle konnten sich die Mitglieder der SPD-Fraktion über den Stand der Sanierungsarbeiten des Rathauses informieren. Insgesamt haben die Bauarbeiten bereits einen hohen Fertigstellungsgrad erreicht und die Bauarbeiten befinden sich im Zeitplan.
„Auch wenn noch eine Menge Arbeit zu erledigen ist, hoffen wir, dass wir als Politik und unsere Geschäftsstelle Ende dieses Jahres wieder in das Rathaus einziehen können. Dann soll auch das Rathaus wieder für die Bürger*innen z.B. für städtische Veranstaltungen geöffnet sein“, erklärt die Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Carla Neumann-Lieven.
„Fehlen wird dann vermutlich noch die erst später beschlossene Medientechnik in den Sitzungsräumen. Diese soll dann aber im Laufe des Jahres folgen. Erfreulich ist, dass in den Sitzungsräumen bereits viel Technik verbaut wurde, wie z.B. auch Induktionsschleifen zur Verbesserung der Barrierefreiheit. Unter anderem hiermit sind somit auch die Wünsche des Behindertenpolitischen Netzwerkes berücksichtigt und umgesetzt worden“, ergänzt der Vorsitzende des Bauausschusses, Hendrik Berndsen.
Das Rathaus hat wieder geöffnet: Modernisiertes Gebäude ist nach drei Jahren Sanierung fit für die Zukunft (PM)
Der Rat der Stadt hat seine Heimat zurück: Nach gut drei Jahren Sanierung ist das Rathaus am Friedensplatz wieder geöffnet. Am Donnerstag (21. März) tagt erstmals der Rat im neuen, größeren Ratssaal.
Bereits am Dienstag (19. März) hatten Dortmunder Kinder und Jugendliche die Gelegenheit, das Rathaus als Ort demokratischer Entscheidungen zu entdecken und zu erleben. Die Schüler*innen waren die ersten, die auf den neuen Sitzen im Ratssaal Platz nehmen und sich zu Wort melden durften.
Bei der offiziellen Feier mit Vertreter*innen aus der ganzen Stadtgesellschaft präsentierte sich das frisch sanierte Rathaus am Mittwochabend (20. März) in neuem Glanz. Festredner war der Autor und Jurist Prof. Dr. Heribert Prantl, der sich in seinem engagierten Beitrag „Demokratie an der Basis“ für eine Stärkung der Selbstverwaltung der Kommunen aussprach. Oberbürgermeister Thomas Westphal erinnerte in seiner Begrüßung an die Worte von Günter Samtlebe, der das neue Rathaus 1989 als damaliger Oberbürgermeister eröffnet hatte. „Mut und Weitblick auch in schwierigen Zeiten zu beweisen – das hat in Dortmund Tradition“, so Westphal. Sein Dank galt allen an der Sanierung beteiligten Gewerken.
Ab November 2020 hatten die Handwerker*innen der vielen Bau- und Fachfirmen die Regie im Rathaus übernommen. Erbaut zwischen 1987 und 1989, stand für das Rathaus nach rund 30 Jahren intensiver Nutzung eine umfassende Modernisierung an. In Spitzenzeiten waren bis zu 80 Handwerker*innen gleichzeitig im Rathaus aktiv.
Das Gebäude ist nun technisch und energetisch auf dem neusten Stand. Fenster, Wasser- und Stromversorgung, Heizung und Kühlung, Aufzüge und Sicherheitstechnik wurden erneuert. Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Klimaanpassung waren dabei zentrale Ziele.
Höhere Kosten durch Corona und Co.
Die Corona-Pandemie, ein von einer der auf der Baustelle arbeitenden Unternehmen verschuldeter großer Wasserschaden und der neue, größere Rat der Stadt sorgten im bereits laufenden Umbau für Umplanungen und Zwangspausen – und am Ende auch für höhere Kosten. Die krisenbedingten Teuerungsraten in der Bauwirtschaft kamen noch dazu, so dass die Investitionen schließlich bei 39,07 Millionen Euro für den Rathausumbau und 8,44 Millionen Euro für das Sonderprojekt Ratssaal lagen.
Unter anderem durch die Corona-Pandemie wurde klar, dass das Rathaus technisch fortschrittlicher ausgestattet werden musste als geplant. Hinzu kamen neue gesetzliche Regelungen und Vorschriften des Landes NRW, um die Handlungs- und Beschlussfähigkeit in Ausnahmesituationen wie einer Pandemie sicherzustellen.
Auch die Kommunalwahlen im September 2020 veränderten die Anforderungen an das Rathaus. Der zuvor auf sechs Fraktionen ausgelegte Ratssaal muss nun sieben Fraktionen beherbergen. Mehr Parteien, mehr Fraktionen, mehr Ratsmitglieder – eine Tendenz, die sich fortsetzen könnte. 2022 beschloss der Rat eine modernere Medientechnik und die Vergrößerung des Ratssaals. Dies bedeutete Zusatzkosten von ca. 8,5 Millionen Euro – und eine Verzögerung.
Transparenter Ratssaal
Das nun um 20 Quadratmeter vergrößerte Plenum ist barrierefrei und besitzt eine verglaste Trennwand zur Bürger*innenhalle für mehr Transparenz. Tische und Stühle können flexibel errichtet und entsprechend der Sitzverteilung im Rat angepasst werden. Inspiration holten sich die Planer*innen aus dem Landtag in Düsseldorf.
Eine moderne Wiedergabe- und Präsentationstechnik mit Kameras und Bildschirmen, die die sprechenden Ratsmitglieder automatisch übertragen, schafft die Voraussetzungen für hybride Sitzungen, Livestreams und Videokonferenzen – auch in den anderen Sälen. Hinzu kommen ein größerer Regieraum, Zuschauer*innenplätze auch für Rollstuhlfahrende, ein eigenständiger Pressebereich und eine Interview-Ecke für Pressegespräche.
Das frisch sanierte Gebäude hat einen Primärenergiebedarf von 29 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr – ein Topwert nach Neubaustandard. Die wesentlich geringeren Betriebskosten werden den städtischen Haushalt langfristig entlasten. Erstmals gibt es nun begrünte Dachflächen auf 2.500 Quadratmetern. Sie halten das Regenwasser zurück wie ein Schwamm, verbessern die Wärmedämmung und den Schallschutz des Gebäudes. Projektsteuerer der Rathaus-Sanierung war die Städtische Immobilienwirtschaft.
Die Rathaussanierung in Stichpunkten
fünf Geschosse auf rund 16.000 qm Bruttogeschossfläche
umfassende Modernisierung: Gebäudehülle, Innenräume, Brandschutz, Sanitär-Anlagen, Elektro- und EDV-Verkabelungen, Förderanlagen, Lüftung, Heizung, Heizflächen, Gründach
Sonderprojekt: Medientechnik und Vergrößerung Ratssaal
Das Rathaus in Zahlen
60 km Elektrokabel
85 km Datenkabel
2.500 qm Fläche Gründach
5.700 qm neue Trockenbauwände (ohne Wasserschaden)
10.000 qm neue Flächen abgehängte Decken
30.000 qm gemalerte Fläche
4.200 qm neuer Parkettboden