Von Alexander Völkel
Mobbing, Unterschlagungen im sechsstelligen Bereich, Verstöße gegen das Arbeitnehmer-Überlassungsgesetz: Die Liste der Vorwürfe von Beschäftigten des Revierparks Wischlingen gegen einen leitenden Mitarbeiter ist lang. Ein entsprechendes Schreiben liegt den Nordstadtbloggern vor. Nach Bekanntwerden hatte der Revierpark den leitenden Mitarbeiter Anfang des Jahres freigestellt. Nach monatelangen internen Ermittlungen durch einen eingeschalteten Wirtschaftsprüfer hat sich das Unternehmen von dem Beschäftigten „einvernehmlich“ getrennt. Doch die internen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen: Es geht jetzt um mögliche Ansprüche gegenüber Dritten – unter anderem einem Leiharbeitsunternehmen, wo die Lebensgefährtin des Ex-Mitarbeiters gearbeitet hat und die Aushilfen des Parks beschäftigt waren. Nicht alle Vorwürfe der Beschäftigten haben sich bisher bestätigt. Doch selbst wenn der bislang bilanzierte finanzielle Schaden nach Aussagen der Verantwortlichen „nicht gravierend“ sein soll, ist jedoch der Vertrauensverlust enorm.
Nordstadtblogger hakt nach: Revierpark nimmt im Beisein eines Anwalts zu den Vorwürfen Stellung
Nordstadtblogger hat daher nachgehakt und drängt auch auf öffentliche Aufklärung: In einem mehr als zweistündigen Gespräch versuchte der Wischlinger Revierpark-Geschäftsführer Bernd Kruse, die von MitarbeiterInnen öffentlich gemachten Verfehlungen einzuordnen bzw. zu entkräften. Und das – ein Novum für die Berichterstattung von Nordstadtblogger – im Beisein eines Rechtsanwalts.
Torsten Brockhoff vertritt die Revierpark Wischlingen GmbH seit Jahren. Bei Bekanntwerden der Verdachtspunkte wurde er beauftragt, das Verfahren juristisch und arbeitsrechtlich zu begleiten. „Er vertritt die Gesellschaft, rechtliche Fragen sind noch nicht abschließend geklärt“, betont Geschäftsführer Bernd Kruse.
Es geht laut Kruse um Mobbing-Vorwürfe gegen und „dolose Handlungen“ des langjährigen leitenden Mitarbeiters. Der Begriff „dolose Handlungen“ (lateinisch dolosus = arglistig, trügerisch) fasst in der Fachsprache der Wirtschaftsprüfer Bilanzmanipulationen, Untreue, Unterschlagung und alle anderen zum Schaden des Unternehmens vorsätzlich durchgeführten Handlungen zusammen.
„Vor solchen Machenschaften ist man nie gefeit bei solcher kriminellen Energie. Manchmal schwindet der Eindruck, was recht und was nicht recht ist“, bedauert der Geschäftsführer. Sehr zum Missfallen des Anwalts, der den Begriff „kriminelle Energie“ für „fehl am Platze“ hält. „Wir sind keine Ermittlungsbehörde“, betont Brockhoff.
Bislang „nur“ interne Untersuchungen – Rechnungsprüfungsamt ist nicht zuständig
Doch Ermittlungsbehörden sind mit dem Fall nicht betraut. Bisher spielt sich das ganze Thema ausschließlich innerhalb des Revierparks und seinen Aufsichtsgremien ab. Denn das Rechnungsprüfungsamt der Stadt – und damit die Kommunalpolitik über den Rechnungsprüfungsausschuss – ist hier nicht zuständig.
Der Revierpark hat – zumindest bislang – keine Anzeige erstattet. Die Prüfung erfolgt durch einen externen Wirtschaftsprüfer. Ein Ergebnis: Der Revierpark hat sich mit dem früheren leitenden Mitarbeiter mittlerweile auf einen Aufhebungsvertrag geeinigt. Weitere, auch rechtliche Schritte sind noch offen.
Der Personalrat in Wischlingen – ebenso wie die Gesellschafterversammlung (Gesellschafter sind die Stadt und der Regionalverband Ruhr – kurz RVR) sowie der Verwaltungsrat – sind mit den Vorfällen betraut. „Ein Ruhmesblatt war das sicher alles nicht. Zwischenmenschlich ist gewaltiger Schaden entstanden“, kommentiert Stadtdirektor Jörg Stüdemann – als Dezernent für Beteiligungen auch für den Revierpark zuständig – das leidige Thema.
Das alles passiert in wirtschaftlich schwierigen Zeiten: Nicht wenige Beschäftigte machen sich Sorgen um ihren Job. Nicht (nur) wegen der aktuellen Verfehlungen, sondern auch wegen der chronischen Unterfinanzierung und des millionenschweren Investitionsbedarfs im Park (Nordstadtblogger berichtete ausführlich – Bericht siehe unten).
Der Revierpark Wischlingen beschäftigt 50 feste Kräfte in Voll- und Teilzeit sowie und einen großen Stab von Aushilfen. Diese ebenfalls rund 50 Leute sind Studierende oder geringfügig Beschäftigte, die flexibel oder zu bestimmten Zeiten eingesetzt werden. Sie sind nicht beim Park selbst, sondern bei zwei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt. Dennoch arbeiten sie ausschließlich für den Revierpark.
Rückforderungsansprüche gegen früheren Mitarbeiter und Personaldienstleister
Es sind allerdings seit diesem Jahr zwei andere Personaldienstleister. Denn ein Vorwurf bestand darin, dass der leitende Mitarbeiter und mutmaßlich auch das Verleih-Unternehmen direkt oder indirekt von der Zusammenarbeit mit dem Revierpark profitiert haben könnten. So hat die Lebensgefährtin des Ex-Mitarbeiters für das beauftragte Verleihunternehmen gearbeitet.
„Die Wirtschaftsprüfer beschäftigen sich noch mit den möglichen Forderungen an Dritte. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen“, betont Rechtsanwalt Brockhoff. Noch sei nicht abschließend entschieden, ob weitere Schritte unternommen werden. „Wir haben zivilrechtliche Ansprüche in den Vordergrund zu stellen. Da geht es um Steuergelder und nicht um Kleinigkeiten.“
Ehemalige und aktuelle Beschäftigte hatten Nordstadtblogger in persönlichen Gesprächen berichtet, dass der leitende Mitarbeiter bei Bauarbeiten Leistungen in Höhe von bis zu 250.000 Euro für den eigenen Bedarf „abgezweigt“ haben soll. So soll er angeblich den Kauf seines Hauses über den Park finanziert haben, ebenso wie Anlagen und Fliesen für seinen heimischen Pool sowie Steine und Rasen, dazu Jahreskarten für den Revierpark verschenkt und auch private Caterings über den Park abgerechnet haben.
Der Revierpark bestätigt zwar auch finanzielle Verfehlungen. „Es ging aber nicht ansatzweise um die Summe, die im Raum steht. Der Betrag hat niemanden aus den Socken gehauen“, betont Kruse, ohne ins Detail gehen zu wollen. Gegenüber dem ehemaligen Mitarbeiter habe man bereits Rückforderungsansprüche geltend gemacht, die man auch habe realisieren können, erklärt der Geschäftsführer.
Sein Ziel sei, möglichst alles zurückbekommen. „Da bin ich ganz Sportler.“ Aber er müsse immer die Gesellschafter mitnehmen – vor allem wegen des Prozessrisikos. „Das sollen die Gremien entscheiden“, sagte er mit Blick auf weitere mögliche rechtliche Schritte. Die personelle Vakanz wurde bereits im April beendet: Hendrik Berndsen, der bisher erfolgreiche Arbeit im Hoeschpark geleistet hat, ist als technischer Parkleiter nach Wischlingen gewechselt.
Organisationsuntersuchung: Probleme in Wischlingen alarmieren den städtischen Personalrat
Doch auch eine andere offene Flanke hat der Revierpark derzeit: Dem städtischen Personalrat waren die Vorkommnisse völlig unbekannt. Er wurde erst auf Nachfrage der Nordstadtblogger auf das Thema aufmerksam und zeigte sich alarmiert. Zwar gibt es dort außer Geschäftsführer Bernd Kruse keine städtischen Beschäftigten. Kruse ist aber zugleich Leiter der städtischen Sport- und Freizeitbetriebe und in dieser Funktion nebenamtlicher Geschäftsführer in Wischlingen.
Im Rahmen einer laufenden Organisationsuntersuchung, die während des Sommers im gesamten Sport-, Bäder, Park- und Freizeitstättenbereich läuft, könnten weitere städtische KollegInnen in einen Eigenbetrieb oder sogar nach Wischlingen überführt werden. Es ist ein sinnvoller und ergebnisoffener Prüfprozess, der vom Rat vor den Sommerferien beschlossen wurde und in dieser Woche abgeschlossen werden soll.
Bislang gilt der Revierpark als gutes Beispiel für erfolgreiches, schnelles und wirtschaftliches Handeln. Die Organisationsstruktur galt als vorbildlich auch für andere städtische Bereiche – daher zum Teil auch die Untersuchung auf mögliche Synergien. Je nach Prüfergebnis und bei zu erwartenden Synergien könnten weitere städtische Beschäftigte in bestehende oder neu zu gründende Eigenbetriebe überführt werden. Bis zu 400 städtische Beschäftigte könnten davon betroffen sein, rechnet der städtische Personalrat Jörg Markau vor.
Doch die von den Beschäftigten geäußerten Vorwürfe über die Wirklichkeit in Wischlingen klingen schwerwiegend – insbesondere der Umgang mit LeiharbeitnehmerInnen warf Fragen auf. So musste ein Teil der LeiharbeitnehmerInnen von Wischlingen ins Freibad Stockheide wechseln, um deren Festanstellung zu verhindern und dem geänderten Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Rechnung zu tragen. Nach drei Monaten Pause können sie erneut für Wischlingen arbeiten.
Auf einige Beschäftigte konnte und wollte der Revierpark allerdings auch nicht für drei Monate verzichten: Daher wurden 18 langjährig entliehene MitarbeiterInnen nun fest in Wischlingen eingestellt – allerdings zunächst mit einem Jahresvertrag. Der städtische Personalrat fordert in der Causa Wischlingen Aufklärung darüber, welche möglichen personellen und tariflichen Probleme es geben könnte. Eine Antwort steht bislang noch aus.
Externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll für lückenlose Aufklärung sorgen
Geschäftsführer Kruse räumt ein, wie schwer ihn die Vorwürfe gegen einen leitenden Angestellten getroffen haben. „Wir haben uns daher zusammengesetzt – im Beisein von Betriebsrat und Rechtsanwalt. „Anschließend haben wir ihn vom Dienst freigestellt und im weiteren Verlauf die Gesellschafter informiert.“
Sowohl die Gesellschafterversammlung als auch der Verwaltungsrat wie die Stadtspitze seien informiert gewesen. Gleichzeitig habe man intern ermittelt und auch „eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der lückenlosen Aufklärung beauftragt. Das ist alles Anfang des Jahres gelaufen“, skizziert Kruse die Schritte.
„Einiges hatte sich erhärtet, daher habe ich mich von dem Mitarbeiter getrennt. Doch es geht nicht mal ansatzweise um die Größenordnung. Der Schaden ist von deutlich geringerem Ausmaß“, betont der Revierpark-Geschäftsführer, ohne konkrete Zahlen nennen zu wollen.
Doch der Vertrauensschaden sei groß, macht auch er deutlich. „Daher musste man sich auch trennen. Er war ja nicht erst ein Jahr da. Sie können sich vorstellen, dass es für alle ein Schlag ins Kontor ist“, ergänzt Rechtsanwalt Torsten Brockhoff.
Interne Kontrollsysteme sind „angemessen und ausreichend“, haben aber nicht funktioniert
Ziel müsse es daher sein, den Ruf und die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft nicht zu beschädigen und das Angebot unter schwierigen Rahmenbedingungen aufrecht zu halten, verdeutlicht Kruse. „Die Situation mit den Gesellschaftern wird dadurch nicht einfacher“, spielt der Geschäftsführer auf den angemeldeten Finanzbedarf an.
Die Wirtschaftsprüfer haben sich offenbar auch die internen Kontrollsysteme angesehen. Ihr Fazit: „Sie sind angemessen und ausreichend, haben aber nicht funktioniert. Sie wurden nicht eingehalten.“ Daher soll im Rahmen der Jahresabschlussrechnung dieses Thema nochmals genauer betrachtet werden.
Organisatorische Konsequenzen sind offenbar bisher nicht vorgesehen. Doch das letzte Wort ist vielleicht noch nicht gesprochen: „Saublöd ist das allemal. Der Vertrauensverlust hat weitreichende Wirkungen, aber zum Glück gibt es nur einen überschaubaren finanziellen Schaden“, fasst Stadtdirektor Jörg Stüdemann die bisherigen Erkenntnisse zusammen. Dennoch sei dies „ärgerlich und misslich“. Gegenüber Nordstadtblogger machte er rückblickend deutlich, dass solche Vorkommnisse auch organisatorische und personelle Konsequenzen haben müssten.
Eine Forderung, die auch die (ehemaligen) Beschäftigten auf ihrer Liste mit Vorwürfen nennen. Sie fordern allerdings eine externe Ermittlung durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Denn sie glauben nicht, dass die interne Untersuchung umfassend ausfällt. Für sie stellen die Vorwürfe gegenüber dem mittlerweile ausgeschiedenen leitenden Angestellten nur die Spitze des Eisbergs dar.
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Stadt Dortmund (Pressemitteilung)
Neuausrichtung der Sport- und Freizeitbetriebe und Gründung eines Grünflächenamtes
Der Verwaltungsvorstand befasste sich in seiner heutigen Sitzung mit dem Sachstandsbericht zum Prüfauftrag zur organisatorischen Neuausrichtung der Aufgabenbereiche der Sport- und Freizeitbetriebe Dortmund, der Olympiastützpunkt Westfalen gGmbH (OSP) und der Revierpark Wischlingen GmbH (RPW) unter Einbeziehung der stadtbedeutsamen Parks sowie der Dortmunder Bäderlandschaft und der Einrichtung eines Grünflächenamtes.
Das Gremium hatte im Juli beschlossen, eine Organisationsuntersuchung unter Einbeziehung der Tochtergesellschaften OSP und RPW anzustoßen. Vor diesem Hintergrund wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, in denen Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten städtischen Dienststellen, der Tochtergesellschaften sowie des Personalrates mitwirkten.
In allen Arbeitsgruppen wurden zunächst Bestandsanalysen erarbeitet, Aufgaben und Schnittstellen zu anderen Fachbereichen und städtischen Tochtergesellschaften definiert und analysiert sowie Optimierungsbedarfe und –potenziale aufgezeigt.
Im Zuge der Neuausrichtung der bundesweiten Olympiastützpunkte ist beabsichtigt, die sportfachlichen Aufgaben der drei NRW-Olympiastützpunkte zusammenzuführen und unter dem Dach des Landessportbundes NRW zu vereinen.
Sofern die zum 1. Januar 2019 geplante Abspaltung der sportfachlichen Abteilung umgesetzt wird, werden zukünftig unter dem Dach der OSP gGmbH nur noch Aufgaben zur Bewirtschaftung der Sportstätten (Eissportzentrum, Ruderleistungszentrum, Helmut-Körnig-Halle) wahrgenommen.
Die RPW GmbH betreibt als 50-prozentige Tochter der Stadt Dortmund das Freizeitbad, die Saunalandschaft, die Eishalle und bewirtschaftet einen zirka 39 Hektar großen Park.
Näher untersucht werden soll daher, wie die Aufgaben der städtischen Tochtergesellschaften OSP und RPW zukünftig enger zusammengeführt werden können. Hierzu stehen noch Gespräche mit den beteiligten Gesellschaften aus.
Zum 2. Januar 2020 richtet die Stadt Dortmund ein Grünflächenamt ein. Es wird aus den Aufgabenbereichen Stadtgrün (Planung und Bauausführung) und Technische Dienste (gewerblich gärtnerischer Bereich) gebildet. Diese Aufgaben sind zurzeit im Tiefbauamt angesiedelt. Thema des Grünflächenamtes wird ab dem Jahr 2020 auch die Erarbeitung des „Dortmunder Masterplan Grün“ sein.