Obwohl er seit dem 3. Oktober 2021 tot ist, beschäftigt der bekannteste Dortmunder Neonazi Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt weiterhin Gerichte. Denn der Wahl-Dorstfelder wurde bislang noch immer nicht beigesetzt. Grund war und ist ein bizarrer Rechtsstreit um seine letzte Ruhestätte.
Die Stadt forderte ein anonymes Reihengrab, scheitert aber vor Gericht
Anlass der noch immer laufenden gerichtlichen Auseinandersetzung ist ein Streit über Ort und Grabgestaltung: Denn die Dortmunder Neonazis wollen ihre Galionsfigur auf dem Hauptfriedhof bestatten lassen – allerdings mit einem mutmaßlich opulenten Grab(stein). Die Stadt wollte dies verhindern und drängte auf ein anonymes Reihengrab. ___STEADY_PAYWALL___
Die Stadtspitze befürchtet, dass das Grab zu einer Pilgerstätte werden könnte. Sie befürchtet Demonstrationen wie in Wunsiedel – dort fanden bzw. finden in unterschiedlichster Form und angemeldet von unterschiedlichen Akteuren der Neonazi-Szene Trauermärsche statt. Das wollte die Stadt durch ein anonymes Grab verhindern. Doch vor dem Verwaltungsgericht wurde zumindest im Eilverfahren deutlich, dass nicht die Stadt über Ort und Gestaltung eines Grabes entscheiden kann.
Es gab dem vorläufigen Rechtsschutz der Kläger statt, so dass die Beisetzung nun doch auf dem Hauptfriedhof in Dortmund stattfinden wird. Es geht um ein „Wahlgrab mit einer massiven Betonplatte“. Über die weitere Gestaltung (u.a.die Inschrift) wird noch im Hauptsacheverfahren entschieden, welches aber noch nicht terminiert ist.
Ein bekannter Neonazi-Kader als „Totenfürsorgeberechtigter“
Der Verstorbene soll nach der vorläufigen Einigung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in einem Urnengrab beigesetzt werden. „Bei der Ausgestaltung der Grabstätte sind die Vorschriften zur Herrichtung und Pflege der Grabstätten und zur Gestaltung von Grabmalen nach der Friedhofssatzung für die Friedhöfe der Stadt Dortmund zu beachten“, berichtet die Stadt Dortmund.
Darüber hinaus wurde nach der vorläufigen Einigung geregelt, dass „die Grabstätte keine Inschriften, Gravuren oder sonstige Kennzeichen enthalten darf, die Hinweis auf politische Weltanschauung oder Identität des Verstorbenen geben“. Ein Ergebnis im Hauptsacheverfahren steht noch aus. „Inhalte des laufenden Verfahrens wird die Stadt aktuell weder mitteilen noch kommentieren“, heißt es auf Nachfrage von Nordstadtblogger.
Geklagt hatte übrigens nicht die Familie. Weder seine vier Brüder – sie pflegten offenbar seit Jahren keinen Kontakt zu dem bundesweit bekannten Neonazi – noch sein minderjähriger Sohn führen hier das Verfahren. „Totenfürsorgeberechtigter“ ist Neonazi-Kader Alexander Deptolla.
Dieser organisiert nun auch die Trauerfeier und die Beisetzung, die am kommenden Freitag (21. Januar 2022) um 10 Uhr auf dem Hauptfriedhof (Eingang Talweg) stattfinden wird. Die private Trauerfeier wird unter freiem Himmel stattfinden. Offiziell geht man von 200 Teilnehmenden aus.
Private Trauerfeier ist keine Kundgebung – Friedhofssatzung gibt den Rahmen
Diese Beisetzung findet allerdings nach den Richtlinien der Friedhofssatzung statt – es handelt sich um keine politische Kundgebung. Über die Einhaltung der sich daraus ergebenden „Spielregeln“ werden wohl sowohl die Stadt als auch die Polizei wachen. Denn dort stellt man sich auf eine dreistellige Zahl von Trauergästen ein.
Ein „Trauermarsch“ im Oktober 2021 hatte rund 500 Teilnehmende nach Dortmund gelockt – eine krude Melange aus Neonazis und Hooligans, die „SS-Siggi“ die letzte Ehre erweisen wollten. Vor allem eine jährliche Wiederholung solcher Gedenkmärsche sind der Stadtspitze ein Graus.
Sie hatte offenbar die Hoffnung, dass ihr eine solche „Pilgerstätte“ erspart bliebe: Denn der Leichnam wurde – offenbar von einem szene-affinen Bestatter – nach Rostock überführt und dort eingeäschert. Für die Beisetzung am kommenden Freitag wird nun die Urne wieder nach Dortmund überführt.
Geld spielt dabei offenbar keine Rolle. Denn der Online-Spendenaufruf für die Beisetzung von Siegfried Borchardt – ursprünglich ging es um 10.000 Euro als Spendenziel – wurde binnen weniger Tage auf 20.000 Euro erhöht, weil so viele Spenden eingegangen waren.
Reader Comments
Dirk Mislisch
Verbrennen und die Asche im Klo runter spülen. Das wäre angemessen