Viele Betriebe halten ihren Standort für nicht unternehmerfreundlich

Prognose der IHK: Die deutsche Wirtschaft steht vor dem fünften Krisenjahr in Folge

Stellten den IHK-Jahresbericht 2023 vor (v.r.): Stefan Schreiber, Heinz-Herbert Dustmann und Wulf-Christian Ehrich.
Stellten den IHK-Jahresbericht 2023 vor (v.r.): Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der IHK, Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der IHK und Wulf-Christian Ehrich, stellv. Hauptgeschäftsführer der IHK. Foto: IHK/Stephan Schütze

Schlechte Stimmung in der Wirtschaft? Eine Umfrage der IHK hat ergeben, dass unter rund 360 Unternehmen 83 Prozent sagen, dass ihre aktuelle Lage gut oder befriedigend ist. Im Vergleich zur Umfrage vor einem Jahr ist das eine enorme Verschlechterung. Zudem stufe jedes vierte Unternehmen seine Zukunftsaussichten negativ ein. Die Ergebnisse bestätigen die Annahme der IHK, dass sich die schlechte Stimmung in der Wirtschaft immer mehr verfestigt.

Viele Betriebe zögern mit dringend notwendigen Investitionen vor Ort

17 Prozent der befragten Unternehmen bewerten ihre Lage als schlecht. „Alle Prognosen deuten darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft vor dem fünften Krisenjahr in Folge steht“, schlussfolgert Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der IHK zu Dortmund.

Wegen der ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, wundert es IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann nicht, dass deutsche Unternehmen nicht wirklich wettbewerbsfähig sind.
Aufgrund der ungünstigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, wundert es IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann nicht, dass deutsche Unternehmen nicht wirklich wettbewerbsfähig sind. Foto: IHK/Stephan Schütze

Nach Aussagen der IHK wurden in den Umfragen noch nie zuvor die widrigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen so klar als Risikofaktor Nummer eins benannt.

Auch die Energiepreise, die im internationalen Vergleich immer noch viel zu hoch seien spricht IHK-Präsident Dustmann an. Es wundert ihn nicht, dass deutsche Unternehmen so nicht wirklich wettbewerbsfähig sind.

So resultiere auch daraus, dass viele Betriebe mit dringend notwendigen Investitionen vor Ort zögerten. Neben den hohen Energiepreisen werde aber auch die Zuverlässigkeit der deutschen Wirtschaftspolitik infrage gestellt.

„Die angekündigte Transformation hin zu erneuerbaren Energien ist voller Widersprüche und erkennbarer Rückschläge. Kaum etwas wissen Unternehmen aber weniger zu schätzen als Ungewissheit“, sagt Dustmann.

Mehr als die Hälfte der Betriebe halten ihren Standort für nicht unternehmerfreundlich

In einer weiteren Umfrage der IHK halten mehr als die Hälfte der Betriebe ihren Standort für nicht unternehmerfreundlich. Zu den schlechten Bedingungen zählten bei der Umfrage die hohen Abgaben und Steuern, die marode Verkehrsinfrastruktur und der schlechte Zustand der Innenstädte.

Zudem habe ein weiteres Problem Dimension angenommen – die Bürokratie. „Die Regularien, Auflagen und Vorgaben sind in den vergangenen Jahren fast so stark gestiegen wie die Energiepreise“, sagt Dustmann überspitzt.

IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber, Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann und IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann.
IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber, Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann und IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann. Foto: Oliver Schaper für die IHK Dortmund

Anfang November 2023 war Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann zu Gast in der IHK. Er selbst habe vom “Bürokratie-Burnout” des deutschen Mittelstandes gesprochen und schnelle Hilfe angekündigt.

„Diese Hilfe sei auch dringend notwendig“, bestätigt Dustmann und führt weiter fort, „Denn bisweilen fühlt man sich beim Thema Bürokratie an Schildbürgerstreiche erinnert“. Aus Dortmund seien zwei Beispiele zu der Problematik bekannt.

Zum einen die Firma August Alborn aus Dortmund-Dorstfeld, die bei Anschaffung eines neuen Schwerlasttransporters, eine Genehmigung nach § 70 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) von der Bezirksregierung Arnsberg benötigt.

Doch sei damit nicht genug. Für alle anderen Bundesländer müssten durch die jeweiligen Behörden weitere Genehmigungen erfolgen. Bis ein LKW vom Hof fahren dürfe, vergingen durch das bundesweite Anhörungsverfahren und der Zulassung mitunter Monate.

Maßnahmenpaket entlastet Unternehmen um mehr als drei Milliarden Euro pro Jahr

Auch die Dortmunder Volksbank würde durch die langwierigen Genehmigungsverfahren behindert worden sein. So hätten sie schon vor längerer Zeit eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der Hauptgeschäftsstelle platzieren wollen. Doch hätte die Aufstellgenehmigung für den erforderlichen Kran über ein Jahr gedauert.

Ein großes Thema der Jahrespressekonferenz der IHK zu Dortmund war der Bürokratieabbau.
Ein großes Thema der Jahrespressekonferenz der IHK zu Dortmund war der Bürokratieabbau. Foto: IHK/Stephan Schütze

„Die Wirtschaft will tätig werden, die Unternehmen wollen etwas unternehmen – aber es wird ihnen sehr schwer gemacht.“, sagt Dustmann der den Frust und die Verunsicherung bei vielen Betrieben sieht. Doch gibt es einen Hoffnungsschimmer:

Das „Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Bürokratieentlastungsgesetz „BEG IV“)“, wurde im letzten Monat vom Bundeskabinett beschlossen. Dazu gehören die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen, die Abschaffung der Hotelmeldepflicht und die digitale Fluggastabfertigung.

Dieses Paket würde die Unternehmen um mehr als drei Milliarden Euro pro Jahr entlasten, allein das BEG IV trägt hierzu fast 1 Milliarde Euro bei. Damit sind die Mesberger Beschlüsse das größte Bürokratieabbauprogramm, das es in Deutschland je gab.

„Das Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau ist zwar der richtige Schritt in die richtige Richtung. Aber es reicht bei Weitem nicht aus, die deutsche Wirtschaft in die Spur zu bringen“, sagt Dustmann mit Blick auf die Zukunft.


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  1. „Ich kann so nicht arbeiten!“ – #GemeinsamBesseresSchaffen: Unternehmerinnen aus der IHK-Region engagieren sich in einer bundesweiten Kampagne gegen zu viel Bürokratie. (PM IHK)

    Seit heute sind zwei Unternehmerinnen und ein Unternehmer aus dem Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund Teil der Kampagne „Ich kann so nicht arbeiten“ unter dem Hashtag #GemeinsamBesseresSchaffen auf LinkedIn, Facebook und Instagram. Innerhalb der kommenden zehn Tage postet die IHK zu Dortmund Beiträge mit Iris Clasvogt-Zajusch, Geschäftsführerin der optimum rating GmbH, Kamen, Tina Risse-Stock, Geschäftsführerin der Blumen Risse GmbH Schwerte, und Helmut Alborn, Geschäftsführer der August Alborn GmbH & Co. KG, Dortmund. Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) nutzt und veröffentlicht diese Beiträge.

    Aus dem Zuständigkeitsbereich der IHK zu Dortmund mit den Städten Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna kommen mit diesen drei Protagonisten sogar die meisten aller an der Kampagne „#GemeinsamBessersSchaffen – jetzt!“ teilnehmenden IHKs. Mit diesem Aufruf haben die Präsidentinnen und Präsidenten der Industrie- und Handelskammern ihre gemeinsame Resolution für eine Zeitwende in der Wirtschaftspolitik überschrieben. Die Vollversammlung der DIHK hat darin zehn konkrete Punkte formuliert, die mit Lösungsvorschlägen da ansetzen, wo den Unternehmerinnen und Unternehmern in Deutschland am meisten der Schuh drückt.

    Damit Politik und breite Öffentlichkeit die damit verbundenen Probleme der Wirtschaft besser verstehen, wurden anschauliche Beispiele aus der betrieblichen Praxis für die Sozialen Medien aufbereitet – Slogan: „Ich kann so nicht arbeiten“. Der Clou: Auf sämtliche „Ich kann so nicht arbeiten“-Statements folgt jeweils ein zweiter Slide unter der Überschrift „So kann ich arbeiten“, der handfeste Verbesserungsvorschläge für politische Entscheidungen macht.

    Iris Clasvogt-Zajusch, Geschäftsführerin der optimum rating GmbH, Kamen, kann so nicht arbeiten, weil Nachhaltigkeitsberichte uns nachhaltig zu schaffen machen. So kann sie arbeiten:
    Freiwillige und einheitliche Standards erleichtern kleinen und mittleren Unternehmen, ihren Berichtspflichten nachzukommen.
    Eine gesetzliche Obergrenze schützt Unternehmen vor „weitergegebenen“ Berichtspflichten innerhalb der Wertschöpfungskette.
    Die Unterstützung der Unternehmen bei der Transformation hat Vorrang vor den Berichtspflichten.

    Tina Risse-Stock, Geschäftsführerin der Blumen Risse GmbH Schwerte, kann so nicht arbeiten, weil die Bürokratie irre Blüten treibt. So kann sie arbeiten:
    Elektronische Kassen sind an die Finanzverwaltung angebunden.
    Die Kassenbon-Ausgabepflicht ist pragmatisch gelöst.
    Die Verwaltung kommuniziert zuverlässig und transparent.

    Helmut Alborn, Geschäftsführer der August Alborn GmbH & Co. KG, Dortmund, kann so nicht arbeiten, weil ihn verfahrene Genehmigungen blockieren. So kann er arbeiten:
    Vereinfachte Verfahren für Schwertransporte senken den Arbeitsaufwand.
    Eine verbindliche maximale Bearbeitungsdauer erhöht die Planungssicherheit.
    Antrags- und Genehmigungsverfahren neu denken: überregional und digital.

    Weitere Infos zur Kampagne unter http://www.dihk.de/besserjetzt.

  2. Neue Wirtschaftsdaten 2024 der IHK zu Dortmund (PM)

    Die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund hat den Zahlenspiegel „Wirtschaftsdaten“ aktualisiert. Die Neuauflage für das Jahr 2024 enthält die wichtigsten wirtschaftsbezogenen Daten des Westfälischen Ruhrgebiets mit den Städten Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna. Der Inhalt reicht von den Beschäftigten- und Arbeitsmarktzahlen bis hin zur Branchenstruktur der IHK-zugehörigen Unternehmen.

    Die Broschüre enthält für alle Kommunen Bevölkerungsprognosen. Somit sieht man auf einem Blick, wie stark die jeweilige Veränderung der Einwohnerzahlen in den kommenden Jahren voraussichtlich sein wird. Hinzu kommen Informationen über das Bruttoinlandsprodukt, die Bruttowertschöpfung und das Verarbeitende Gewerbe. Einzelhandelskennziffern und Gemeindesteuern sowie Angaben über die Berufs- und Weiterbildungsmaßnahmen vervollständigen den Zahlenspiegel.

    Interessierte können die „Wirtschaftsdaten 2024“ kostenlos bei der IHK zu Dortmund, Tel.: 0231 5417-0, E-Mail: info@dortmund.ihk.de, bestellen. Darüber hinaus sind sie im Internet unter http://www.ihk.de/dortmund/wirtschaftsdaten zum Herunterladen eingestellt.

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