Von Susanne Schulte
Lädt der Verein Ute zum Sommerfest auf den Spielplatz an der Westerbleichstraße ein, ist immer auch das Jugendamt mit einer großen Crew vor Ort und auch der Nordstadt-Bürgermeister Dr. Ludwig Jörder kommt gerne auf eine Tasse Kaffee vorbei. Seit mehr als 20 Jahren spendiert der Verein – das ist die Familie Brandhoff – der Stadt ein bisschen Luxus in Sachen Kinderbetreuung; in einem Quartier, das diesen Luxus gut brauchen kann.
Familie Brandhoff knausert weder mit Geld noch mit persönlichem Einsatz
Von März bis November spielen jeden Mittwoch, Donnerstag und Freitag zwei bezahlte BetreuerInnen zwei bis vier Stunden lang mit den Jungen und Mädchen – finanziert von einem privaten Verein. Das ist in Dortmund einmalig.
Nicht nur mit Geld, auch mit persönlichem Einsatz knausert die Familie nicht. Gisela Gresselmeyer, geborene Brandhoff, hat während des Festes immer nur zwischendurch mal zehn Minuten Zeit für ein Gespräch.
Sie muss weitere Spielkarten basteln, damit die Kinder am Grill ihre kostenlose Wurst bekommen, sie ist Ansprechpartnerin für alle, die etwas wissen wollen oder Hilfe an ihrem Stand brauchen.
Das Jahr über sitzt sie jeden Monat in der Dienstbesprechung beim Jugendamt, kümmert sich um viele Dinge rund um die Vereinsgeschäfte und kennt auch die Jungen und Mädchen, die auf den Spielplatz kommen: „Ehemalige Kinder kommen jetzt mit ihren eigenen Kindern.“
„Der Spielplatz hat eine schöne Größe und es gibt viel Grün“
1992 gründeten die Familienmitglieder Brandhoff den Verein. Helmut Brandhoff hatte, wie er erzählt, damals 180 000 Mark zur Verfügung, wollte das Geld für soziale Zwecke ausgeben, für Kinder und Jugendliche. Oberbürgermeister Günter Samtlebe schickte ihn zum Jugendamt.
Dort hatte man gleich eine Idee: Gerade wurden engagierte Erwachsene gesucht, die auf sieben Spielplätze für die frisch mit Spielzeug gefüllten Container die Patenschaft übernahmen. Aber man könne doch noch mehr machen, gab Brandhoff zu bedenken und erinnerte an das Geld.
So überlegten Spender und Jugendamt, nicht nur die Container, sondern auch die Kinder betreuen zu lassen. Von Pädagogik-StudentInnen und anderen fähigen Leuten, die dafür bezahlt werden sollten.
Den Spielplatz konnte Helmut Brandhoff sich aussuchen. Er entschied sich für den an der Westerbleichstraße. „Er hat eine schöne Größe, es gibt viel Grün und 1993 war der Bedarf für eine Betreuung schon da.“
8000 Euro kostet das Projekt im Jahr. Das Geld stammt aus den Zinsen des Anfangsbetrages und aus Spenden der Familie. „Das Vermögen, die 90 000 Euro, sind immer noch unangetastet.“ Und das, obwohl der Verein mittlerweile auch den Inhalt des Containers jährlich neu bestückt.
Die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt klappt von Beginn an einwandfrei
Die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt klappt einwandfrei. Die Personen, die sich für die Arbeit auf dem Spielplatz interessieren, werden dort ausgesucht. Angestellt sind sie beim Verein. Sie erhalten 10 Euro Stundenlohn und jede Menge praktische Erfahrung.
Meist bleiben sie drei, vier Jahre dabei, bis ihr Studium endet. Mit der Arbeit auf dem Spielplatz anfangen kann erst, wer schon drei Jahre studiert hat. Es muss nicht unbedingt Pädagogik sein, Sport und Kunst als Studienfächer sind auch gerne gesehen.
Zur Arbeit auf dem Spielplatz gehört auch die Teilnahme an den monatlichen Dienstbesprechungen im Jugendamt sowie an diversen Weiterbildungsangeboten. Daniel Binder, Leiter des Büros für Kinder und Jugendliche bei der Stadt Dortmund, lobt die Brandhoffs: „Die meiste Arbeit liegt beim Verein.“
Einen Dank zurück gibt Gisela Gresselmeyer: „Ohne das Jugendamt könnten wir das Sommerfest nicht stemmen.“
Jugendamt sucht für 240 Spielplätze PatInnen – Diese gucken nach Sauberkeit und Ordnung
Fällt die Spielplatzbetreuung selbst bei schlechtem Wetter kaum aus, war es im vergangenen Jahr das Sommerfest, das ins Wasser fiel. Der Regen hatte das Nutzen der großen Wiese unmöglich gemacht.
So freuten sich jetzt alle um so mehr über die Sonne und die Wärme. Auf der Hüpfburg und in der Street-Kick-Anlage, beim mobilen Minigolf und auf der Rodelbahn hatten die BetreuerInnen vom Verein Ute und vom Jugendamt keine Minute Ruhe. Unterm Zirkuszeltdach ließen sich meist nur die Erwachsenen nieder.
Friedhelm Sohn, Vorsitzender des Kinder- und Jugendausschusses, und Daniel Binder vom Jugendamt sprachen ihre Bitte aus, dass ehrenamtliche SpielplatzpatInnen gesucht werden. Um 350 Spielplätze kümmerten sich 110 PatInnen. Es gibt somit genügend freie Stellen. Die Arbeit ist bei weitem nicht so umfangreich, wie sie der Verein Ute leistet.
Die SpielplatzpatInnen gucken nach Sauberkeit und Ordnung und melden dem Jugendamt kaputte Spielgeräte. Dort, wo es bereits PatInnen gebe, laufe es gut. Friedhelm Sohn, selbst Spielplatzpate, ist begeistert von seiner Aufgabe und wünscht sich viele neue MitstreiterInnen.
Mit Uno, Memory und Mooncar können sich die Kinder stundenlang beschäftigen
Um die zwei Dutzend BetreuerInnen wechseln sich ab, wenn die betreuten Spielenachmittage an der Westerbleichstraße anstehen. Einer von ihnen ist Stefan Prüfer, seit mehr als einem Jahr dabei.
Wenn er und einer seiner Kollegen oder eine Kollegin um 15 Uhr die Container aufschließen, nehmen die Kinder als erstes die so genannten Mooncars unter Beschlag. „Die Jungen spielen aber auch viel Fußball. Da bin ich dann immer dabei“, sagt er.
An den Containern werden dann die Bierzeltgarnituren aufgestellt, wenn es regnet kommt ein Pavillon als Schutz vor der Nässe dazu, und die Gesellschaftsspiele auf den Tisch. „Memory und Uno“, zählt Stefan Prüfer als die Lieblingsspiele der Kinder auf.
Wer nicht spielen will, bastelt oder malt; wer sich gerne bewegt, aber nicht kicken will, schwingt den Federballschläger. Bis zu 30 Kinder sind es jeden Nachmittag, um die sich die BetreuerInnen kümmern. Eine Altersbegrenzung gibt es keine.
Helmut Brandhoff, Vorsitzender des Vereins, schüttelt an diesem Nachmittag viele Hände, umarmt viele Menschen. Viele seiner Familienmitglieder sind gekommen, Neffen, Nichten mit ihren Kindern. Der Verein und dessen Erfolg ist eine Familiensache mit großer Außenwirkung. Er und seine Schwester Gisela Gresselmeyer wünschen sich, dass es weiter so gut läuft und „viele Nachahmer“.