Der Dortmunder Heimatforscher Klaus Winter engagiert sich in vielfältiger Weise für den Erhalt und die Sichtbarmachung der Dortmunder Geschichte. Der Autor unserer Reihe „Nordstadt-Geschichte(n)“ wünscht sich einen Schub für die Präsentation der langen Dortmunder Stadtgeschichte. Hier ist sein Plädoyer für eine konzeptionelle Erweiterung des zukünftigen Stadtarchivs um ein echtes Stadtmuseum. Der nächste Rat wird nach der Kommunalwahl über die Zukunft des Archivs entscheiden.
Die Museumslandschaft der Stadt Dortmund ist vielfältig. Die Liste reicht vom Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) über das Deutsche Fußballmuseum und das Kindermuseum Adlerturm bis zum Apothekenmuseum am Alten Markt, von den Heimatmuseen in Hörde und Lütgendortmund über das LWL-Industriemuseum Zeche Zollern bis zum Ostwallmuseum im Dortmunder U. Dann gibt es noch das Naturkundemuseum, die DASA in Dorstfeld und andere. Man sollte meinen, das sei ein ausreichendes Spektrum, um die Schaulust der Geschichtsinteressierten zu befriedigen. Aber tatsächlich ist das gar nicht der Fall, denn eine Fragestellung bleibt offen!
Das MKK hat die lokalgeschichtlichen Hotspots – ein Stadtmuseum fehlt in Dortmund
Vermutlich hat jedes Museum in Dortmund einen stadtgeschichtlichen Bezug. Mit dem MKK gibt es sogar eines, das lokale Hotspots aufweisen kann, wie den Dortmunder Goldschatz oder den Ausstellungsbereich „Die Neue Stadt“ in der obersten Etage. ___STEADY_PAYWALL___
Weitere Exponate zur heimatlichen Geschichte sind im ehemaligen Sparkassengebäude zwischen Kunst und Kultur verteilt – oder besser ausgedrückt: versteckt! Wer sucht, der findet auch – aber nur isolierte Bruchstücke, keine zusammenhängende Präsentation.
Auf spezielle Fragestellungen geben das Hoesch- und das Brauereimuseum Antworten. Die Stadtentwicklung als Ganzes findet man aber in keinem Dortmunder Museum dargestellt. Ein Stadthistorisches Museum fehlt!
Das Stadtarchiv und das zukünftige Stadtmuseum könnten gemeinsam in den Kronen-Turm
Die für den markanten Turm der ehemaligen Kronenbrauerei an der Märkischen Straße in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie hatte zum Ergebnis, dass ein Umbau des Turms und verbliebener Nebengebäude für Zwecke des Stadtarchivs möglich und auch sinnvoll sei.
15.000 Quadratmeter ständen hier zur Verfügung. Das Dortmunder Stadtarchiv benötigt voraussichtlich 10.000 Quadratmeter. Es sind also Freiflächen vorhanden. Warum diese nicht für ein Stadtgeschichtliches Museum Dortmund nutzen?
Ein solches Museum könnte die Dortmund-spezifischen Exponate des MKK übernehmen. So würde das MKK ein reines Museum für Kunst und Kulturgeschichte ohne den stadthistorischen Blinddarm.
Wenn jedes Dortmunder Museum etwas beisteuert, dann wird’s was mit dem Stadtmuseum
Man darf wohl annehmen, dass auch die Magazine anderer Dortmunder Museen Exponate als Leihgaben zu einer stadtgeschichtlichen Ausstellung im Kronen-Turm beisteuern können. Ihre Existenzberechtigung würden sie dadurch sicherlich nicht in Frage stellen.
Dass die Kombination von Stadtarchiv und Museum nicht ungewöhnlich ist und auch funktioniert, zeigt sich schon in der nächsten Nachbarschaft Dortmunds an dem „Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte“ und dem „Haus der Essener Geschichte“. – Also warum keinen „Turm der Dortmunder Geschichte“ schaffen? Jetzt wäre es an der Zeit, die Weichen dafür zu stellen.
Klaus Winter
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Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen und CDU sprechen sich für ein „Haus der Dortmunder Geschichte“ aus (PM)
Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen und CDU sprechen sich für ein „Haus der Dortmunder Geschichte“ aus
Zur nächsten Sitzung des Ausschusses für Kultur, Sport und Freizeit stellen die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und CDU den Antrag, die Dortmunder Museumslandschaft durch die Einrichtung eines „Haus der Dortmunder Geschichte“ zu ergänzen.
Dazu Matthias Dudde, Bündnis90/Die Grünen:
„Ein zeitlicher Schwerpunkt des „Hauses der Dortmunder Geschichte“ muss der Zeitraum der vergangenen 200 Jahre sein, in dem Dortmund zur industriellen Großstadt wurde. In dieser Zeit wuchs die Bevölkerung von rund 4.500 zu Beginn der 1820er Jahre auf über 600.000 Menschen heute, sodass ein thematischer Schwerpunkt in der Migrationsgeschichte liegen soll. Heute leben Menschen aus 160 Nationen in der Stadt. Die Anlässe und Gründe in den vergangenen zwei Jahrhunderten nach Dortmund zu kommen waren vielfältig. Die Menschen brachten ihre Persönlichkeit und ihre Arbeitskraft mit und bereicherten damit die städtische Gesellschaft ihrer jeweiligen Zeit. Damit würde ein „Haus der Dortmunder Stadtgeschichte“ gut die industrielle Dortmunder Museumslandschaft mit Hoesch Museum, Brauereimuseum und Zeche Zollern II/IV ergänzen.“
Ute Mais, kulturpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion:
„Gerade wesentliche Veränderungen der wirtschaftlichen Struktur, der Zuwanderung und das veränderte städtebauliche Bild Dortmunds zeigen, dass die Realität in Dortmund keinen Niederschlag findet in der örtlichen Museumsausrichtung. Der Phoenix See, Phoenix West oder Hohenbuschei – um nur einige zu nennen – zeigen, dass sich das Gesicht Dortmunds in den letzten Jahren sehr stark verändert hat. Wo einst noch die Kohle- und Stahlindustrie vorzufinden war, findet sich heute Technologie, Universität und Industrie. Dortmund hat es als fast einzige Ruhrgebietsstadt verstanden, einen industriellen Wechsel zu vollziehen und dabei alle anderen Herausforderungen – wie beispielsweise die Zuwanderung – zu meistern. Genau diese Entwicklung sollte in einem „Haus der Dortmunder Geschichte“ aufgezeigt und dargestellt werden, damit allen BürgerInnen die gesamte historische Entwicklung Dortmunds aufgezeigt wird.“
Und beide Fraktionen sind sich einig:
„Die „Museumsnacht“ zeigt jedes Jahr erneut, wie stark die Nachfrage nach den kulturellen Einrichtungen Dortmunds ist. Eine Verbindung der oben genannten Museen zu einer „Dortmunder Museumsmeile“ würde den Museen in der City noch einmal einen höheren Stellenwert zukommen lassen und könnte über die Grenzen Dortmunds hinaus beworben werden. So wird Kultur erlebbarer und ereignisreicher.“
Klaus Winter
Es ist erfreulich zu lesen, dass sich Bündnis90/Die Grünen und CDU mit einem neuen Museum in der Stadt beschäftigen und dieses auch mit einem lokalen Schwerpunkt bestücken wollen. Aber warum eine Begrenzung des neuen Hauses auf eine zweihundertjährige Migrationsgeschichte?
Bereits seit Jahrzehnten wird immer wieder mal ein stadthistorisches Museum für Dortmund gefordert – bisher vergeblich. Wer Stadtgeschichte sehen will, muss sich im Museum für Kunst und Kulturgeschichte auf eine ausgiebige Suchexpedition einstellen. Die Ergebnisse sind oft wenig befriedigend, um nicht zu sagen: enttäuschend!
Es besteht jetzt die Chance, im Kronenturm an der Märkischen Straße geeignete Räume für das Stadtarchiv einzurichten. Es bleibt bei solcher Nutzung ausreichend Raum für andere Zwecke. Warum sollte ein solcher Zweck nicht ein stadtgeschichtliches Museum sein?
Selbstverständlich kann das Hauptaugenmerk dieses neuen Museums auf den vergangenen zweihundert Jahren liegen. Das ergibt sich aus der Frage nach der Beschaffung der Exponate vermutlich zwangsläufig von selbst.
Machen wir aber bitte doch einen echten Schritt vorwärts: Entwirren wir den Mischmasch im Museum für Kunst und Kulturgeschichte, indem wir dort allein der Kunst und Kulturgeschichte ihren Raum geben, die darin vorhandenen stadtgeschichtlichen Exponate aber in ein eigenes, neues Museum im Kronenturm überführen.
Und bringen wir Stadtarchiv und Stadtgeschichtliches Museum unter ein Dach, um ein echtes Haus der Dortmunder Geschichte zu schaffen, mit dem kurzen Weg zwischen unterschiedlichen stadtgeschichtlichen Quellen. Die Chancen dafür waren noch nie so gut wie jetzt! Nutzen wir sie doch!