
In wenigen Tagen ist es wieder soweit: Der Tradition folgend wird es wieder Ostermärsche für den Frieden und gegen den Krieg geben. Auch in der Rhein-Ruhr Region bereitet man sich darauf vor. Ambitioniert erhofft man sich eine größere Beteiligung als es in den letzten Jahren der Fall war.
Die Sorge um den Frieden in Deutschland
Auch in Deutschland beschäftigen sich viele Menschen mit der Lage, die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und durch der Krieg im Nahen Osten geschaffen wurde. Frieden ist nicht mehr selbstverständlich. Verhandlungen der Kriegsparteien sind dringend geboten, um dem sinnlosen Sterben Tausender Menschen ein Ende bereiten zu können. Das fordern die Vorbereiter:innen der diesjährigen Ostermärsche mit Nachdruck. Ebenfalls die Maßnahmen und Leitlinien der deutschen Politik nehmen sie in den Blick, indem sie eine Abkehr von Aufrüstungsvorhaben fordern, die sie als „Kriegsvorbereitung“ verstehen. Auch die Einführung einer Wehrpflicht nach schwedischem Modell (nur Freiwillige werden zum Dienst an der Waffe eingezogen) kritisieren sie.

Der Zweifel an der deutschen Politik ist nicht zu übersehen, ebenso nicht, dass der durch die Politik der Putin-Russen eingetretene Vertrauensverlust nicht benannt wird. Gleichwohl wird sich durch die diesjährigen Proteste eine Sichtweise artikulieren, die beachtet werden soll. ___STEADY_PAYWALL___
Ein vielfältiges Programm rahmt den diesjährigen Ostermarsch Rhein-Ruhr. Bereits am Karfreitag gibt es eine Auftaktveranstaltung in Gronau, bevor der Ostermarsch am Karsamstag in Köln und Duisburg mit einer Kundgebung und einer kurzen Marschetappe beginnt. Weiter geht es am Ostersonntag mit Veranstaltungen in Essen, Gelsenkirchen, Wattenscheid, Herne und Bochum. Seinen Abschluss findet der Ostermarsch wieder in Dortmund mit einem Demonstrationszug vom Wilhelmplatz in Dorstfeld zum Hansaplatz.
Neben Redebeiträgen von Joachim Schramm (DFG-VK) und Friedrich Laker (Pfarrer der Pauluskirche) auf dem Wilhelmsplatz in Dorstfeld sowie von Michael von Schulenberg (ehem. UN-Diplomat) und Andrea Hornung (SDAJ) auf dem Hansaplatz gibt es musikalische Beiträge und diverse Infostände.
Tradition und Gegenwart der Ostermärsche
Ostermärsche werden im Rahmen der Friedensbewegung seit den 1960er Jahren veranstaltet. Besonders in den Zeiten des Kalten Krieges wurden sie von der Zustimmung verschiedenster Bevölkerungsgruppen getragen. So beispielsweise auch der „Krefelder Appell“ im Jahr 1980 durch 1500 außerparlamentarische Initiativen, oder jene Großdemonstration bei der im Herbst 1981 im Bonner Hofgarten 300.000 Menschen gegen den Nato-Doppelbeschluss demonstrierten (die Veranstalter waren im Vorfeld durch 800 Organisationen unterstützt worden). Das ist heutzutage unter den veränderten Vorzeichen – u.a. russischer Angriffskrieg und latente Bedrohung weiterer Länder Europas durch den gewaltbereiten Kreml – offensichtlich anders.

„Über 50 Initiativen, Organisationen und Parteien rufen auf zum Ostermarsch Rhein-Ruhr, außerdem 260 Einzelpersonen aus der Region“, heißt es auf der Website der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) zum Ostermarsch 2025.
Schaut man genauer hin, so sind unter den aufgeführten 52 Organisationen neben acht regionalen DFG-VK-Gruppen, ebenfalls acht der LINKEN, vier der DKP und zwei des SDAJ. Das verengt den Protest politisch auf eine bestimmte Richtung. Anders als in vergangenen Jahren bildet die Basis der Organisierenden offensichtlich nicht (mehr) die breite Bevölkerung ab.
Das wirft ein Licht auf die Tatsache, dass sich viele – vielleicht sogar die meisten – Menschen in Deutschland mit dem Motto des Ostermarschs „Friedensfähig statt kriegstüchtig! Kriege beenden, Aufrüstung stoppen!“ nicht so einfach identifizieren wollen. Angesichts der gegenwärtigen Bedrohungslage ist eine Mehrheit der Deutschen nämlich für höhere Verteidigungsausgaben. Denn Friedensfähigkeit kann durchaus darauf beruhen, dass Staaten sich wehrhaft zeigen. Dazu bedarf es nun mal der Aufrüstung, die eben keineswegs impliziert, dass sie erfolgt, weil ein Staat Kriege beginnen und führen will. Jedenfalls gilt das für Deutschland. Wer anderes behauptet, trifft nicht die Wirklichkeit.
Kriege beenden und verhindern
Die fürchterlichen Kriege in der Ukraine und in Nahost fordern täglich viele Menschenleben. Überdies werden die Lebensgrundlagen derjenigen zerstört, die überleben. Jeder vernünftige Mensch wird all das mit Trauer und Empörung begleiten. Und sicherlich wünschen sich die allermeisten Menschen in Deutschland einen Bestand des Friedens im eigenen Land und ein Ende der Kriege in der Ukraine, in Nahost und anderswo. Warum, so möchte man fragen, haben die heutigen Ostermärsche dann nicht den entsprechenden Zulauf?

„Angesichts erster Verhandlungsversuche steht die Forderung nach einem schnellstmöglichen Waffenstillstand in beiden Konflikten im Mittelpunkt unserer Forderungen“, schreiben die Dortmunder Mitorganisatoren vom Rhein-Ruhr Ostermarsch.
„Mit Empörung beobachten wir, wie Deutschland und andere europäische Staaten weiter auf Waffenlieferungen an die Ukraine setzen, statt den begonnenen Verhandlungsprozess zu unterstützen. Auch gegen den Beschluss über die Aufhebung der Schuldengrenze für die Aufrüstung der Bundeswehr richtet sich der Protest der Ostermarschierer:innen.“
Und schon hier werden manche stocken, denn Waffenlieferungen erfolgen ja nicht anstelle von Verhandlungen – denen sich im Falle des Krieges gegen die Ukraine bisher bekanntermaßen ja nur der Aggressor Putin verweigert. Und auch über die Aufrüstung der Bundeswehr kann man, durchaus begründet, anderer Meinung sein. „Es ist bei den Ostermärschen nicht unser Anliegen die Vielfalt der möglichen Meinungen abzubilden, sondern eben nur unsere Sicht“, erklärt Joachim Schramm und fügt hinzu, dass aber bei anderen Gelegenheiten in Diskussionen zur Sprache kommt, was der eigenen Meinung auch mal widerspricht.
Problematisch: Der eigentliche Aggressor und Friedensgegner wird nicht benannt
Ulrich (Uli) Sander, ehemaliger Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und ebenfalls ehemaliger Redakteur und stellvertretender Chefredakteur des DKP-Parteiorgans Unsere Zeit lud bereits im Januar in einem Kommentar auf Nordstadtblogger.de zur Teilnahme am Ostermarsch ein und forderte im Namen der Demonstrierenden u.a. „Verhandlungen mit dem Ziel der sofortigen Beendigung des Krieges in der Ukraine und in Nahost!“ oder den „Aufbau einer neuen europäischen Friedensordnung gegenseitiger Sicherheit, friedliche Koexistenz mit Russland und auch mit China!“

Da aber verschwiegen wird, wer der Aggressor ist, der sich überdies der friedlichen Zusammenarbeit in der globalen Staatengemeinschaft verweigert, und weil man den Eindruck gewinnen kann, dass der Bundesregierung unterstellt wird, für den Frieden und dessen Sicherung zu wenig oder das Falsche zu tun, werden viele Menschen wohl auf eine Teilnahme an einem derart konnotierten Ostermarsch verzichten.
Schade eigentlich, denn das Thema ist ebenso wichtig wie der vielleicht auch mal kontroverse Austausch über die Grenzen der eigenen Meinung hinaus. Aber vielleicht kommen solche Gespräche ja zustande, wenn am Osterwochenende die gut vorbereiteten Veranstaltungen von vielen Menschen – in Dortmund rechnet man mit 500 bis 600 Teilnehmenden – besucht werden.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!