Frühstart in die Freiraumtage?! Statt mit den offiziell angekündigten Aktionen am Montag gingen die Freiraumtage in Dortmund schon am Samstag los: Mit den Worten „Ooops, we did it again“ verkündeten die Besetzerinnen und Besetzer, dass sie erneut ein Gebäude in der Nordstadt besetzt haben. Statt einer Kirche wie im vergangenen Jahr ist es dieses Mal das leerstehende Herdes Gartencenter an der Bornstraße. Es war allerdings nur ein kurzes „Vergnügen“.
Unterstützungsdemo für die Hausbesetzer vor dem ehemaligen Gartencenter
Damit ist es offiziell: Zum dritten Mal seit Ende August wurde in der Dortmunder Nordstadt ein Haus besetzt.
Die Besetzerinnen und Besetzer haben auf dem Onlineportal „Indymedia“ eine Erklärung veröffentlicht, in der sie darlegen, den Kampf um ein unabhängiges Soziales Zentrum zu unterstützen und einen Raum eben dafür schaffen zu
wollen.
Im Moment befinden sich ca. 50 Menschen vor dem Haus, wie viele sich im Gebäude befinden, ist unklar. Die Unterstützerinnen und Unterstützer vor dem Gelände des ehemaligen Gartencenters haben Transparente aufgehängt, auf denen gefordert wird, Freiräume zu erkämpfen.
Kim Wegener von der Initiative „Für ein soziales Zentrum Avanti“ erklärt: „Wir freuen uns über dieses Vorhaben.“ Die Polizei nahm bislang lediglich die Personalien von Iris Bernert-Leushacke auf, die die Spontandemo vor dem Gartencenter angemeldet hatte.
Die Beamten verfolgten die Aktion – griffen aber bisher nicht ein. Sie machten den Anschein, dass sie bislang nicht realisiert hatten, dass auch das Gebäude selbst besetzt war. Die Spontandemo fand ja vor dem Gelände statt – die Teilnehmerinnen und Teilnehmer machten sich somit nicht des Hausfriedensbruchs schuldig.
Verhandlungen mit dem Eigentümer haben begonnen – offener Brief veröffentlicht
Die Aktivistinnen und Aktivisten erklären in einem offenen Brief ihre Motive und stellen sich den Eigentümern vor. Hier der Wortlaut des Schreibens.
Wer sind diese Besetzter*innen?
Wir sind zwischen 15 und 30, Schüler*innen, Arbeiter*innen mit und ohne Job, Student*innen oder Freiberufler. Wir leben größtenteils in der Nordstadt, und wir haben ein Anliegen: Wir wollen ein selbstverwaltetes Soziales Zentrum.
Viele von uns haben sich auf die eine oder andere Weise in die siebentägige Besetzung der Albertus-Magnus-Kirche eingebracht. Mit unserer Besetzung wollen wir die Ziele der Initiative „Für ein soziales Zentrum Avanti“ unterstützen.
Warum dieses Gebäude?
Weil es leer steht. Viele Menschen in der Nordstadt suchen einen Platz für Dinge, die sie gerne organisieren möchten. Gleichzeitig stehen viele Immobilien ungenutzt leer. Wir halten es für illegitim, Räume ungenutzt zu lassen, weil sich keine profitable Nutzung, also ein Käufer oder Mieter finden lässt.
Uns geht es dabei nicht darum, anderen etwas wegzunehmen und Räume einer sinnvollen Nutzung zu entziehen. Allzu oft liegen Gebäude aber über Jahre brach – und da kommen wir ins Spiel.
Raum oder Räumung?
Und wir würden gerne mit ihnen ins Gespräch kommen. Die Polizei, die zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung wahrscheinlich im Anmarsch, wenn nicht schon vor Ort ist, wird ihnen vermutlich raten, Anzeige zu erstatten und uns räumen zu lassen. Das sollten sie sich gut überlegen.
Wir haben nicht vor, dieses Gebäude zu beschädigen. Wir wollen es schließlich nutzen. Der Polizei ist das egal. Wenn sie denen freie Hand geben, werden einige ihrer Türen und Fenster aufgebrochen oder gleich eingetreten. Auf dem Schaden sitzen sie, nicht die Polizei. Fragen sie mal in der Neuapostolischen Kirche nach.
Wenn sie wissen wollen, wie es stattdessen aussehen kann, fragen sie die Anwohner*innen der Albertus-Magnus-Kirche, die vielen Hundert Menschen, die vom 22. bis zum 29. August dort ihre Vorstellung eines Sozialen Zentrums erprobt haben.
Mit Familienfest und Vorträgen, Kino und Kunstausstellung, Hüpfburg und Hausaufgabenhilfe. Das kann hier in der nächsten Woche oder den nächsten Jahren anstelle von Leerstand und Langeweile stattfinden.
Sie sollten sich sich von der Polizei nicht unter Druck setzen lassen. Es ist zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig, eine endgültige Entscheidung zu treffen. Wir können in den nächsten Tagen in Ruhe über eine mögliche Nutzung reden und eine gemeinsame Lösung für die aktuelle Situation finden.
Wir möchte mit ihnen persönlich sprechen.
Eigentümer lehnen offenbar ein Gespräch ab – es gibt wohl Kaufinteressenten
Aus nicht bestätigter Quelle haben die Nordstadtblogger erfahren, dass die Besetzerinnen und Besetzer mittlerweile mit den Eigentümern gesprochen haben. Diese haben aber offensichtlich kein Interesse an einer Verhandlung mit der Gruppe. Angeblich sollen sie einen Käufer für ihr Areal haben.
UPDATE:
Polizei wollte nach Mahnwachen-Ende räumen – traf aber keine Besetzer mehr an
Nur wenige Minuten nachdem die Unterstützer-Demo ihre Mahnwache vor dem Areal des ehemaligen Gartenmarktes beendet hatte, brach die Polizei das Tor und die Eingangstür auf, um das Gebäude zu durchsuchen. Dort trafen die Beamten allerdings trotz mehrfacher Durchsuchungen innen wie außen keinen der vermuteten Besetzer mehr an.
Diese hatten rechtzeitig das Gelände verlassen und dies auch trotzig auf ihrer Seite gepostet: „In diesen Minuten räumt die Polizei das besetzte ehemalige Gartencenter in der Bornstraße 245. Uns Besetzer_innen bekommt sie jedoch nicht!“, heißt es in der Meldung.
Nachdem am Abend klar war, dass die Eigentümer des Gebäudes sich nicht auf Verhandlungen einlassen würden, hätten sie Vorkehrungen getroffen. „Der polizeilichen Räumung und einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch haben wir uns rechtzeitig entzogen“, schreiben sie weiter.
„Unsere Vorhersage ist eingetreten: die Polizei hat ein paar Türen und Fenster eingetreten – Kosten, auf denen die Eigentümer sitzenbleiben werden“, kommentieren sie trotzig. „Wir freuen uns auf die kommende Woche, fertig sind wir noch lange nicht.“
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